Entscheidungsdatum: 27.08.2014
Die (gewerbliche) Vermittlung von Druckaufträgen gegen Provision durch eine Werbeagentur in der Rechtsform einer GbR führt zur Umqualifizierung ihrer im Übrigen ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit, wenn die Nettoumsatzerlöse aus den Provisionen 3 v.H. der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft oder den Betrag von 24.500 € übersteigen.
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) wurde zum 1. Januar 2007 als Werbeagentur mit einer Tätigkeit auf dem Gebiet des Webdesigns in der Rechtsform einer GbR von zwei jeweils zur Hälfte beteiligten Gesellschaftern gegründet. Zum 30. Juni 2008 beendete sie ihre Tätigkeit, die dann von einer GmbH fortgeführt wurde.
Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und erklärte ihre Einkünfte als solche aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Sie erklärte für 2007 Nettoumsatzerlöse in Höhe von 253.774 € sowie Privatentnahmen für PKW- und Telefonnutzung in Höhe von 5.556 € und für 2008 Nettoumsatzerlöse in Höhe von 167.724 € und Privatentnahmen für PKW- und Telefonnutzung in Höhe von 3.162 €.
In den Nettoumsatzerlösen waren Einnahmen aus Provisionszahlungen mehrerer Druckereien für die Vermittlung von Druckaufträgen in Höhe von 10.840 € (2007) und 8.237 € (2008) enthalten.
Nach Durchführung einer Außenprüfung erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) am 27. Juli 2009 (2007) und 22. Oktober 2009 (2008) Bescheide über die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages in Höhe von 3.505 € (2007) und 1.435 € (2008). Dabei legte er einen Gewinn in Höhe von 118.656 € (2007) und in Höhe von 65.506 € (2008) zugrunde.
Das FA sah die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als gegeben an, da die Provisionszahlungen als gewerbliche Einnahmen die Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von 1,25 v.H. des Gesamtumsatzes, die der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11. August 1999 XI R 12/98 (BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229) als unschädlich angesehen habe, überschritten hätten.
Die hiergegen nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhobene Klage war erfolgreich. Mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 625 veröffentlichten Urteil vom 14. September 2011 3 K 447/10 hat das Finanzgericht (FG) der Klage stattgegeben.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, das FG habe zu Unrecht die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG für nicht anwendbar gehalten.
Der Auffassung des FG, die gewerbesteuerliche Freibetragsregelung sei als Abgrenzungsmerkmal für die Definition einer Geringfügigkeitsgrenze heranzuziehen, sei nicht zu folgen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Für die Klägerin ist trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Entgegen der Auffassung des FG hat das FA die Einkünfte der Klägerin zu Recht in vollem Umfang als gewerbliche Einkünfte der Besteuerung zugrunde gelegt.
Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin mit ihrer Haupttätigkeit, dem Betrieb einer "Werbeagentur" mit einer "Tätigkeit auf dem Gebiet des Webdesigns" die Voraussetzungen einer freiberuflichen --hier allein in Betracht kommenden-- künstlerischen Tätigkeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt.
Denn die Klägerin hat durch die Vermittlung von Druckaufträgen jedenfalls auch eine originär gewerbliche Tätigkeit i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ausgeübt, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dazu führt, dass ihre Einkünfte in vollem Umfang als solche aus Gewerbebetrieb gelten. Die originär gewerblichen Umsätze der Klägerin sind nicht von derart untergeordneter Bedeutung, dass es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, von der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG abzusehen (s. unter II.2.).
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Nach Satz 2 der Vorschrift ist unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen.
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer oHG, einer KG oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen) ausübt. Die GbR ist eine Personengesellschaft im Sinne dieser Norm (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. November 2012 IV R 37/10, BFH/NV 2013, 910, m.w.N.).
2. Die Einkünfte der Klägerin werden durch die erzielten Vermittlungsprovisionen nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG insgesamt zu solchen aus Gewerbebetrieb.
Bei der Vermittlung von Druckaufträgen handelt es sich um eine originär gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG (s. hierzu unter II.2.b). Diese Tätigkeit ist --entgegen den Feststellungen des FG-- nicht von so untergeordneter Bedeutung, dass die Umqualifizierung aller Einkünfte der Klägerin in gewerbliche Einkünfte --bei unterstellter künstlerischer Tätigkeit der Klägerin im Übrigen-- unverhältnismäßig wäre (s. hierzu unter II.2.c).
a) Im Unterschied zur sog. gemischten Tätigkeit eines Einzelunternehmers, bei dem gleichzeitig verrichtete gewerbliche und freiberufliche Betätigungen selbst bei sachlichen und wirtschaftlichen Berührungspunkten in der Regel getrennt zu beurteilen sind, fingiert die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG für gemischt tätige Personengesellschaften sämtliche Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb, wenn die Personengesellschaft neben nicht gewerblichen Tätigkeiten gleichzeitig eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Unerheblich ist dabei nach dem Wortlaut der Norm, ob der gewerblichen Tätigkeit im Rahmen des gesamten Unternehmens nur geringfügige wirtschaftliche Bedeutung zukommt (BFH-Urteile vom 10. August 1994 I R 133/93, BFHE 175, 357, BStBl II 1995, 171; vom 19. Februar 1998 IV R 11/97, BFHE 186, 37, BStBl II 1998, 603).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsmäßigkeit der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gerade im Hinblick auf diese Ungleichbehandlung zwischen Einzelunternehmen und Personengesellschaften und die erheblichen steuerrechtlichen Folgen --die grundsätzlich unabhängig von der Höhe der gewerblichen Einkünfte und des Verhältnisses zum Gesamtgewinn eintreten-- grundsätzlich bestätigt (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, BFH/NV 2008, Beilage 3, 247, unter C.II.). Die mit der Typisierung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verbundenen Nachteile stehen danach in einem vertretbaren Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Zielen, die Ermittlung der Einkünfte auch gewerblich tätiger Personengesellschaften durch Fiktion nur einer Einkunftsart zu vereinfachen und das Gewerbesteueraufkommen zu schützen.
Dabei ist das BVerfG allerdings davon ausgegangen, dass die gewerbesteuerliche Belastung auf ein zumutbares Maß gemildert wird durch die Möglichkeit, mit Hilfe gesellschaftsrechtlicher Gestaltungen der Abfärberegelung auszuweichen (sog. Ausgliederungsmodell - vgl. hierzu BFH-Urteile vom 12. Juni 2002 XI R 21/99, BFH/NV 2002, 1554; in BFHE 186, 37, BStBl II 1998, 603, jeweils m.w.N.), durch die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG und schließlich durch die restriktive Rechtsprechung des BFH zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, u.a. durch den Ausschluss einer die Einkunftsart insgesamt fingierenden Wirkung einer originär gewerblichen Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß (BFH-Urteile in BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229; vom 30. August 2001 IV R 43/00, BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152; vom 29. November 2001 IV R 91/99, BFHE 197, 400, BStBl II 2002, 221).
b) Voraussetzung für die Anwendung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist zunächst, dass die Gesellschaft sowohl gewerbliche als auch von diesen zu trennende nicht gewerbliche Einkünfte erzielt, d.h. dass die unterschiedlichen Tätigkeiten nicht derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen. Ist die Tätigkeit der Gesellschaft hingegen wegen untrennbarer Verflechtung der Tätigkeiten einheitlich als originär gewerblich zu qualifizieren, ergibt sich die Gewerbesteuerpflicht unmittelbar aus § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Liegt hingegen eine einheitliche freiberufliche Tätigkeit vor, entfällt die Anwendung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Schmidt/Wacker, EStG, 33. Aufl., § 15 Rz 186, m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Vermittlung von Druckaufträgen an eine Druckerei eine originär gewerbliche Tätigkeit i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, die getrennt von der Tätigkeit der Klägerin als Werbeagentur/Webdesign zu betrachten ist. Denn eine derartige Verflechtung, dass sich die Vermittlung und die kreative Tätigkeit unlösbar bedingen, liegt nicht vor. So könnten die Werbeaufträge auch ohne die Vermittlung an Druckereien stattfinden und es wird auch kein einheitlicher Erfolg in Form von Erstellung des Produkts und Vermittlung an eine Druckerei geschuldet. Dafür spricht bereits, dass die Vermittlungsprovision von der Druckerei selbst und nicht von den Kunden der Klägerin gezahlt wird. Es wird vielmehr eine weitere, gesondert vergütete Leistung von der Klägerin an die Druckerei erbracht.
c) Diese gewerblichen Einkünfte der Klägerin sind nicht so gering, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im Streitfall ausschließt.
aa) Aufgrund der dargestellten Rechtsprechung des BVerfG, das die Verhältnismäßigkeit der Abfärberegelung u.a. auf der Grundlage der restriktiven Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch den BFH bejaht hat, hält der Senat an der Rechtsprechung fest, dass einer originär gewerblichen Tätigkeit einer ansonsten Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielenden Personengesellschaft dann keine die übrige Tätigkeit der Gesellschaft umqualifizierende Wirkung zukommt, wenn es sich um eine gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß handelt (BFH-Urteile in BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229; in BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152; in BFHE 197, 400, BStBl II 2002, 221; BFH-Beschluss vom 8. März 2004 IV B 212/03, BFH/NV 2004, 954).
bb) Eine Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß, die nicht dazu führt, dass die gesamte Tätigkeit der Personengesellschaft einheitlich als gewerblich fingiert wird, liegt dann vor, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 v.H. der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.
(1) Ob es sich bei der gewerblichen Tätigkeit um eine äußerst geringfügige Tätigkeit handelt, die nicht zur Umqualifizierung der übrigen Einkünfte führt, kann nur anhand eines Vergleichs beider Tätigkeiten festgestellt werden.
Als geeigneter Vergleichsmaßstab ist das --im Regelfall ohne Schwierigkeiten zu ermittelnde-- Verhältnis der Nettoumsätze der gewerblichen Tätigkeit zu den Gesamtnettoumsätzen der Gesellschaft aus selbständiger Arbeit und gewerblicher Tätigkeit heranzuziehen. Die erwirtschafteten Umsätze erlauben bei typisierender Betrachtung Rückschlüsse auf den auf die verschiedenen Tätigkeiten entfallenden zeitlichen und finanziellen Aufwand der Gesellschaft und damit darauf, ob der gewerblichen Tätigkeit eine völlig untergeordnete Bedeutung zukommt.
(2) Hinsichtlich der Höhe des Anteils der gewerblichen Umsätze folgt der Senat nicht der Auffassung des FA, wonach lediglich ein Anteil von 1,25 v.H. als äußerst geringfügig anzusehen ist. Zwar hat der BFH bereits entschieden, dass jedenfalls bei einem Anteil der gewerblichen Umsatzerlöse in Höhe von 1,25 v.H. der Gesamtumsatzerlöse eine gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Umfang vorliege (BFH-Urteil in BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229; bestätigt im BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010 VIII R 50/09, BFHE 232, 162, BStBl II 2011, 506, bei dem die gewerblichen Umsätze jedoch noch unter 1 v.H. lagen). Eine Entscheidung, dass höhere gewerbliche Umsätze immer zum Eintritt der Abfärbewirkung führen, war damit jedoch nicht getroffen. So hat der BFH bereits im Urteil in BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229 darauf hingewiesen, dass erst bei gewerblichen Umsätzen in Höhe von 6 v.H. ein äußerst geringer Umfang nicht mehr vorliegen dürfte (unter Hinweis auf das BFH-Urteil in BFHE 175, 357, BStBl II 1995, 171). In einem späteren summarischen Verfahren wurde zumindest ein Umsatzanteil in Höhe von 2,81 v.H. des Gesamtumsatzes noch als äußerst geringfügig angesehen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 954).
(3) Der erkennende Senat hält auf dieser Grundlage einen gewerblichen Umsatzanteil von 3 v.H. typisierend noch für von so untergeordneter Bedeutung, dass eine Umqualifizierung der gesamten Einkünfte unverhältnismäßig wäre. Dabei sind die Nettoumsätze zugrunde zu legen, um das Verhältnis der Umsätze bei unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen nicht zu verfälschen.
cc) Zur Vermeidung einer Privilegierung von Personengesellschaften, die besonders hohe freiberufliche Umsätze erzielen und damit in größerem Umfang gewerblich tätig sein könnten und unter Berücksichtigung des Normzwecks, das Gewerbesteueraufkommen zu schützen, ist es außerdem erforderlich, den Betrag der gewerblichen Nettoumsatzerlöse, bei dem noch von einem äußerst geringfügigen Umfang ausgegangen werden kann, auf einen Höchstbetrag in Höhe von 24.500 € zu begrenzen. Dieser orientiert sich an dem gewerbesteuerlichen Freibetrag für Personengesellschaften nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG. Denn im Regelfall droht dann kein Ausfall von Gewerbesteuer, wenn bereits die gewerblichen Umsätze unter dem gewinnbezogenen Freibetrag in Höhe von 24.500 € liegen.
(1) Allerdings handelt es sich bei dem Freibetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG um eine Gewinn- und nicht um eine Umsatzgrenze. Auch liegt der Zweck dieser Regelung nicht in der Freistellung von Kleingewerbetreibenden von der Gewerbesteuer, sondern in der Herstellung einer vergleichbaren gewerbesteuerlichen Belastung im Vergleich zu Kapitalgesellschaften durch Berücksichtigung eines fiktiven Unternehmerlohnes (vgl. zur Kritik FG Münster, Urteil vom 19. Juni 2008 8 K 4272/06 G, EFG 2008, 1975).
(2) Gleichwohl ist es sachgerecht, den für Personengesellschaften geltenden gewerbesteuerlichen Freibetrag als Umsatzgrenze für eine typisierende Einschränkung der Abfärbewirkung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG heranzuziehen.
Der Normzweck des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG steht einer Anwendung des Freibetrages als absolute Umsatzgrenze im Rahmen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht entgegen. Denn wenn auch eine Freistellung von geringen gewerblichen Einkünften nicht Zweck der Norm ist, so ist sie doch deren Ergebnis. Da gewerbliche Erträge in dieser Höhe nicht mit Gewerbesteuer belastet werden, droht insoweit auch nicht die Gefahr von Steuerausfällen.
Dass eine Gewerbesteuerpflicht der ansonsten freiberuflichen Einkünfte dann nicht geboten ist, wenn die gewerblichen Einkünfte für sich genommen keine Gewerbesteuer zeitigen würden, steht im Übrigen auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, wonach auch eine Gewerbesteuerbefreiung der gewerblichen Einkünfte auf die freiberuflichen Einkünfte "abfärbt", so dass im Ergebnis keine Gewerbesteuer entsteht (BFH-Urteil in BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152).
Es würde jedoch dem vorrangigen Zweck der Abfärberegelung --der vereinfachten weil einheitlichen Einkünfteermittlung-- zuwider laufen, den Freibetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG --wie dort vorgesehen-- im Rahmen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Gewinngrenze zu berücksichtigen, da dies eine getrennte Einkünfteermittlung für die verschiedenen Tätigkeiten --mit den damit verbundenen Zuordnungs- und Aufteilungsschwierigkeiten-- zur Folge hätte. Die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebotene Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG darf nicht dazu führen, dass damit der eigentliche Normzweck gefährdet wird (so auch Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 1426; Korn in Korn, § 18 EStG Rz 153; Kempermann, Deutsches Steuerrecht 2002, 664). Die Berücksichtigung des Freibetrages als Umsatzgrenze vermeidet derartige Schwierigkeiten.
(3) Der Senat folgt damit nicht der Auffassung des FG, von der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG schon dann abzusehen, wenn eine Trennung der selbständigen von den gewerblichen Einkünften ohne Schwierigkeiten möglich ist, und die gewerblichen Einkünfte, d.h. der Gewinn, unter dem Freibetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG liegen.
dd) Das weitere Argument der Vorinstanz, die gewerblichen Umsätze dürften aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch deswegen nicht zu einer Umqualifizierung führen, weil die festgesetzte Gewerbesteuer (15.071 € und 6.170 €) höher oder beinahe so hoch wie die originär gewerblichen Einkünfte sei, hält der Senat für nicht sachgerecht. Denn die definitive Gewerbesteuerbelastung wird durch die Möglichkeit der Anrechnung auf die Einkommensteuerschuld der Gesellschafter nach § 35 EStG wesentlich gemindert.
3. Das FG-Urteil beruht auf einer abweichenden Rechtsauffassung. Das Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO) und die Klage abweisen.
Denn nach den oben aufgestellten Maßstäben beliefen sich die von der Klägerin erzielten originär gewerblichen Umsatzerlöse in den Streitjahren auf 10.840 € und 8.237 €. Dies entspricht einem Anteil von 4,27 v.H. und 4,91 v.H. der Gesamtnettoumsatzerlöse (253.774 € und 167.724 €). Damit liegen die gewerblichen Umsatzerlöse über dem noch als äußerst geringfügig anzusehenden Anteil von 3 v.H. der Gesamtnettoerlöse. Dass die Umsätze den Höchstbetrag von 24.500 € nicht überschreiten, ist alleine nicht ausreichend, um von einer äußerst geringfügigen gewerblichen Tätigkeit ausgehen zu können.