Entscheidungsdatum: 19.08.2010
1. NV: Hat der Vorsitzende über einen Antrag auf Aufhebung oder Verlegung des Termins bis zum Termin nicht entschieden, können mit der Nichtzulassungsbeschwerde nur solche Mängel geltend gemacht werden, die als Folge der verfahrensfehlerhaften Behandlung des Antrags dem Urteil selbst anhaften.
2. NV: Ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht, dass er den Termin nicht wahrnehmen konnte, dessen Aufhebung oder Verlegung er beantragt hatte, kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Mit der Behauptung, der Vorsitzende habe entgegen seiner ausdrücklichen Ankündigung im Schreiben vom 23. Dezember 2009 verfahrensfehlerhaft über den Antrag des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung überhaupt nicht entschieden, wird ein Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision führen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), nicht geltend gemacht.
a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung entscheidet der Vorsitzende über einen Antrag auf Aufhebung oder Verlegung eines Termins. Insofern besteht ein Anspruch auf eine Entscheidung, die grundsätzlich auch vor dem anberaumten Termin ergehen muss. Die Nichtbeachtung dieses Anspruchs kann jedoch im Regelfall mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend gemacht werden. Denn nach § 128 Abs. 2 FGO können weder Verfügungen des Vorsitzenden noch Beschlüsse des Senats über eine beantragte Terminsänderung mit der Beschwerde angefochten werden. Da dem Endurteil vorangegangene Entscheidungen, die nach der FGO unanfechtbar sind, nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 FGO), kann auch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine insofern bloß formell fehlerhafte Entscheidung des Finanzgerichts (FG) über einen Terminsänderungsantrag gestützt werden.
b) Geltend gemacht werden können in solchen Fällen nur solche Mängel, die als Folge der (verfahrensrechtlich fehlerhaften) Behandlung des Terminsänderungsantrags dem angefochtenen Urteil selbst anhaften, z.B. weil einem Beteiligten dadurch die Teilnahme an dem Termin zu Unrecht versagt und damit sein Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt worden ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640, m.w.N.). Eine solche Auswirkung der möglicherweise verfahrensfehlerhaften Behandlung des Verlegungsantrags durch den Vorsitzenden ist im Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich. Zwar hat an der mündlichen Verhandlung für den Kläger niemand teilgenommen. Der Kläger hat es jedoch versäumt, für sich und seinen Prozessbevollmächtigten im Einzelnen darzulegen, aufgrund welcher Umstände sie daran gehindert waren, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Dabei ergibt sich aus den zur Begründung des Terminsverlegungsantrags mitgeteilten Tatsachen nur, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 12. Januar 2010 um 6:50 Uhr von einer zehntägigen USA-Reise zurückkehren sollte. Danach wäre der Prozessbevollmächtigte tatsächlich jedoch nicht gehindert gewesen, den auf den 14. Januar 2010 um 11 Uhr anberaumten Termin wahrzunehmen. Es ist deshalb auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger mangels Verlegung des Termins an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen konnte. Wer einen Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung beim FG gestellt hat, muss im Übrigen davon ausgehen, dass die mündliche Verhandlung stattfinden wird, solange ihn keine gegenteilige Mitteilung erreicht hat (vgl. BFH-Beschluss vom 12. November 1998 V B 99/98, BFH/NV 1999, 647).
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die vom Kläger als verfassungswidrig gerügte Übermaßbesteuerung beruht in erster Linie auf den gesetzlichen Grenzen des Verlustrücktrags (§ 10d des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Weil der Rücktrag von Verlusten nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitfall anwendbaren Fassung auf zwei Jahre begrenzt war, sind die streitgegenständlichen Forderungsausfälle beim Kläger nicht mehr steuerwirksam geworden. Diese eindeutige gesetzliche Wertung kann nicht durch Billigkeitsmaßnahmen unterlaufen werden. Dasselbe gilt, soweit der Kläger geltend macht, dass die Verluste früher hätten berücksichtigt werden müssen. Denn die darauf gerichtete Klage ist rechtskräftig abgewiesen worden und es ist nicht Zweck der Billigkeitsprüfung, die Rechtskraft eines Gerichtsurteils zu unterlaufen (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 163 Rz 40, m.w.N.). Ob das FG unter diesen Umständen die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung überhaupt hätte prüfen dürfen, kann hier offenbleiben.
In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist das FG im Übrigen davon ausgegangen, dass nach dem Eintritt der Bestandskraft eines Steuerbescheids ein Erlass der Steuer aus sachlichen Gründen nur in Betracht kommt, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig falsch ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar war, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit zu wehren (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 30. September 1996 X B 131/96, BFH/NV 1997, 326). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
Ferner kommt ein Erlass aus sachlichen Gründen nicht schon deswegen in Betracht, weil eine bestandskräftig festgesetzte Steuer in Widerspruch zu einer später entwickelten Rechtsprechung steht (vgl. BFH-Urteile vom 22. September 1976 I R 68/74, BFHE 120, 200, BStBl II 1977, 15; vom 30. Oktober 1990 VII R 106/87, BFH/NV 1991, 509; vom 13. Januar 2005 V R 35/03, BFHE 208, 398, BStBl II 2005, 460; BFH-Beschluss vom 7. April 2005 V B 36/04, BFH/NV 2005, 1230). Danach kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf die Überlegung stützen, dass einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2008 im Umkehrschluss zu entnehmen sein müsste, dass Steuern erlassen werden müssen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die zugrunde liegende Vermögensmehrung tatsächlich nicht realisiert werden konnte.