Entscheidungsdatum: 02.11.2016
1. NV: Es ist in der Rechtsprechung des BFH geklärt, dass bei verspäteter Abgabe einer Einkommensteuererklärung ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden kann, wenn zu den Besteuerungsgrundlagen gesondert und einheitlich festzustellende Einkünfte gehören, für die im Zeitpunkt der Abgabe der Einkommensteuererklärung noch keine Feststellungserklärung abzugeben ist .
2. NV: Es ist nicht klärungsbedürftig, dass bei der Bemessung der Höhe eines Verspätungszuschlags gemäß § 152 Abs. 2 Satz 2 AO, die u.a. an die festgesetzte Steuer und die Höhe der Abschlusszahlung anknüpft, auch gemäß § 162 Abs. 5 AO geschätzte Einkünfte aus einem noch nicht ergangenen Grundlagenbescheid einbezogen werden können .
Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Januar 2016 9 K 9121/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Die Beschwerde ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet und daher insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln an einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Darlegung-- nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
a) Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) halten sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob bei Steuerpflichtigen in der Einkommensteuerveranlagung Beteiligungseinkünfte geschätzt festgesetzt werden können und bei verspäteter Abgabe der Einkommensteuererklärung in die Bemessung eines Verspätungszuschlags mit einzubeziehen sind, wenn die Feststellungserklärung für den noch zu erlassenden Grundlagenbescheid noch nicht abzugeben ist und die Beteiligungseinkünfte bei Abgabe der Einkommensteuererklärung nicht bekannt sind.
b) Diese Rechtsfrage ist indes --anders als die Kläger anführen-- durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bereits teilweise geklärt und im Übrigen unmittelbar aus dem Gesetz heraus zu beantworten. Sie ist damit nicht klärungsbedürftig.
aa) So hat der BFH zur Befugnis des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--), einen Verspätungszuschlag festsetzen zu können, geklärt, dass ein Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe einer Einkommensteuererklärung gemäß § 152 der Abgabenordnung (AO) gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt werden kann, wenn Feststellungserklärungen für eine Mitunternehmerschaft, der dieser angehört, noch nicht erstellt sind (BFH-Entscheidungen vom 30. April 1987 IV R 42/85, BFHE 149, 429, BStBl II 1987, 543; vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BFHE 183, 21, BStBl II 1997, 642; vom 12. Dezember 2003 XI B 86/03, BFH/NV 2004, 466; s.a. BFH-Beschluss vom 10. April 1997 II B 120/96, BFH/NV 1997, 731). Dies ziehen auch die Kläger nicht in Zweifel.
bb) Hinsichtlich der Einbeziehung der gemäß §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO geschätzten, weil noch nicht gesondert und einheitlich festzustellenden, Einkünfte des Klägers in die Festsetzung der Steuer und die Bemessung des Verspätungszuschlags gemäß § 152 Abs. 2 AO ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage ebenfalls nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich aus dem Gesetz heraus eindeutig beantworten. Die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage folgt nicht schon allein daraus, dass der BFH über diese Rechtsfrage bisher noch nicht entschieden hat. Einer Rechtsfrage kommt mangels Klärungsbedürftigkeit eine grundsätzliche Bedeutung dann nicht zu, wenn sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung BFH-Beschluss in BFH/NV 1997, 731).
§ 152 Abs. 2 Satz 1 AO knüpft an die festgesetzte Steuer und die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannten Ermessenskriterien an. Neben der Anzahl und Dauer der Verspätung ist der Höhe der Abschlusszahlung ein erhebliches Gewicht beizumessen. Die Höhe der Abschlusszahlung stellt in der Regel die Richtschnur für die Bemessung der Höhe des Zuschlags dar (BFH-Urteil vom 18. August 2015 V R 2/15, BFH/NV 2015, 1665, Rz 18, m.w.N.). Die Abschlusszahlung, welche sich aus der Differenz zwischen festgesetzter Steuer und geleisteten Vorauszahlungen ergibt, kann auch auf gemäß §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO geschätzten Einkünften beruhen, die noch gesondert und einheitlich festzustellen sind. Das Gesetz enthält insoweit keine Einschränkung. Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass sich die Höhe des Verspätungszuschlags nach der insgesamt zu entrichtenden Steuer und nicht nach der Steuer bemisst, die auf die Einkünfte entfällt, welche die Erklärungspflicht ausgelöst haben (BFH-Beschluss vom 26. Mai 2011 VIII B 180/10, BFH/NV 2011, 1478; nachgehend Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2011 2 BvR 1547/11, Steuer-Eildienst 2011, 788) oder sie wie hier auch auf geschätzten Einkünften beruht, die im Rahmen einer später abzugebenden gesonderten und einheitlichen Feststellung noch zu ermitteln sind.
cc) Aus der Einbeziehung geschätzter Besteuerungsgrundlagen in die festgesetzte Steuer und die Höhe der zu leistenden Schlusszahlung in die Bemessung des Verspätungszuschlags erleiden die Kläger im Übrigen auch nicht zwangsläufig einen endgültigen Nachteil. Knüpft der Verspätungszuschlag maßgeblich auch an die Höhe der Abschlusszahlung an, ist bei einem auf Grundlage des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ergehenden Änderungsbescheid, der zu einer Herabsetzung der Steuerschuld und damit der Abschlusszahlung führt, erneut zu prüfen, in welchem Umfang die für die Festsetzung des Verspätungszuschlags maßgebenden Gesichtspunkte noch gegeben sind, weil sich durch die Herabsetzung der Steuerschuld die für die Ausübung des Ermessens maßgebenden Gesichtspunkte ändern können (BFH-Urteile vom 29. März 1979 V R 69/77, BFHE 128, 17, BStBl II 1979, 641; vom 8. September 1994 IV R 20/93, BFH/NV 1995, 520; BFH-Beschluss vom 19. November 2013 XI B 50/13, BFH/NV 2014, 295).
2. Soweit die Kläger den Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erwähnen und andeuten, eine Zulassung der Revision sei zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO erforderlich, weil die aufgeworfene Rechtsfrage eine Vielzahl von Fällen betreffe, fehlt es ebenfalls an der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage. Dieser Zulassungsgrund stellt einen Spezialfall der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dar und setzt die Darlegung und das Vorliegen einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage ebenso voraus (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. März 2016 VIII B 25/14, BFH/NV 2016, 1021, Rz 19). Hieran fehlt es (s. oben unter 1.b bb).
3. Auch kommt die Zulassung nicht wegen der von den Klägern gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gerügten Verfahrensfehler in Betracht.
a) Soweit die Kläger geltend machen, das Finanzgericht (FG) habe ihnen entgegen seiner aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO resultierenden Verpflichtung nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt, sodass ein Verfahrensfehler gemäß § 119 Nr. 3 FGO vorliege, fehlt es bereits an einer den Vorgaben des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden schlüssigen Darlegung dieses Verfahrensfehlers.
Sowohl aus dem Tatbestand des FG-Urteils als auch aus der Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung gemäß § 105 Abs. 5 FGO ist ersichtlich, dass das FG den Vortrag der Kläger zur Kenntnis genommen hat. Dem Tatbestand der Entscheidung ist unmittelbar zu entnehmen, dass die in die Bemessungsgrundlage des Verspätungszuschlags einbezogenen gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte vom FA geschätzt wurden und die gesonderte und einheitliche Feststellungserklärung für das Streitjahr zum Zeitpunkt der vorzeitigen Anforderung der Einkommensteuererklärung noch nicht abzugeben war. Das FG hat demnach den tatsächlichen Vortrag der Kläger berücksichtigt und unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung und eigene Erwägungen in den Entscheidungsgründen des Urteils entschieden, dass trotz dieses Umstands die Bemessung des Verspätungszuschlags nach § 152 Abs. 2 AO durch das FA unter Einbeziehung der geschätzten gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte erfolgen durfte und die Ermessensentscheidung des FA von ihm auch im Übrigen nicht beanstandet wurde.
b) Die weiteren Rügen, das FG habe die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt und gegen den Inhalt der Akten (§ 96 Abs. 2 FGO) verstoßen, werden ebenfalls nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
Dem Vortrag der Kläger lässt sich bereits nicht entnehmen, warum das FG sich ihm von Amts wegen aufdrängende Tatsachenermittlungen nicht durchgeführt oder der Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt haben soll, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entsprochen haben könnte oder es bei der Entscheidungsfindung eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen haben könnte. Das FG hat den von den Klägern als durch das FG nicht berücksichtigte Tatsache gerügten Umstand, dass die in die Bemessungsgrundlage des Verspätungszuschlags einbezogenen gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte vom FA geschätzt wurden und die gesonderte und einheitliche Feststellungserklärung für das Streitjahr zum Zeitpunkt der vorzeitigen Anforderung der Einkommensteuererklärung noch nicht abzugeben war, wie auch den Beteiligtenvortrag der Kläger hierzu im Tatbestand wiedergegeben und damit berücksichtigt.
Die Kläger stützten sich zur Darlegung der geltend gemachten Verfahrensfehler darauf, die Vorentscheidung habe sich nicht hinreichend mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt und sei lückenhaft begründet. Ihr Vortrag beinhaltet wie bei einer Revisionsbegründung im Kern die Rüge, die Vorentscheidung sei rechtlich fehlerhaft. Sie legen damit aber nicht die behaupteten Verfahrensfehler dar.
4. Von der Wiedergabe des Tatbestands und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.