Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 22.07.2010


BGH 22.07.2010 - VII ZR 62/09

Nichtzulassungsbeschwerde im Bauprozess: Gehörsverstoß bei Übergehen entscheidungserheblichen Parteivortrags


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
22.07.2010
Aktenzeichen:
VII ZR 62/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG München, 3. März 2009, Az: 9 U 2793/08, Urteilvorgehend LG München I, 10. März 2008, Az: 24 O 12406/02, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird teilweise stattgegeben.

Das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. März 2009 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Widerklage zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

Streitwert: 112.359,75 Euro

Stattgebender Teil: 18.069,53 Euro

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um gegenseitige Ansprüche aufgrund eines vermeintlichen Vertrags über die schlüsselfertige Erstellung von Fertigdoppelhaushälften sowie eines Vertrages über einen Keller und eine Garage.

2

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Verzugs und Nichterfüllung des Vertrages über die Fertigdoppelhaushälften und des Kellers. Die Beklagte begehrt widerklagend Entschädigung wegen unberechtigter Kündigung sowie Restwerklohn.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 10.374,27 Euro verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und den Kläger auf die Anschlussberufung der Beklagten zur Zahlung von 18.069,53 Euro verurteilt. Es hat die Revision nicht zugelassen.

4

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er die Zulassung der Revision begehrt, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.

II.

5

1. Das Berufungsgericht schließt sich ohne nähere Begründung der Beurteilung des Landgerichts an, dass die Beklagte gegen den Kläger nach unstreitiger Kündigung des Vertrages über die "Doppelparker-Garage" vom 15. November 2000 einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 20.243,95 Euro hat.

6

Das Landgericht hat angenommen, die Ablehnung der Mängelbeseitigung durch den Kläger und die Kündigung seien unberechtigt gewesen. Der Kläger habe eine Frist zur Mängelbeseitigung unter anderem hinsichtlich der Attika und der Dachabdeckung gesetzt. Die Attika habe jedoch zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fertig gestellt werden können, da das geschuldete Haus noch nicht errichtet gewesen sei. Aus demselben Grund habe die Dachabdeckung nicht fertig gestellt werden können.

7

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers beanstandet insofern mit Recht, dass das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfG NJW 2000, 131 = BauR 1999, 1211 = ZfBR 1999, 331) verletzt hat.

8

Der Kläger hat im Schriftsatz vom 5. Dezember 2006 ausdrücklich unter Beweisantritt darauf hingewiesen, dass Attika und Dachabdeckung unabhängig von der Fertigstellung des Hauses mangelhaft hergestellt worden seien.

9

Mit diesem Vortrag hat sich das Berufungsgericht nicht befasst. Es hat ebenso wie das Landgericht nicht zur Kenntnis genommen, dass die Beseitigung der Mängel an Attika und Dachabdeckung nach dem Vortrag des Klägers nicht von der Fertigstellung des Hauses abhing.

10

3. Auf dem Verfahrensverstoß kann das Urteil des Berufungsgerichts beruhen; denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieses Vortrags zu einer anderen Beurteilung der Fristsetzung zur Mängelbeseitigung und der damit verbundenen Kündigung gelangt wäre. Das Berufungsgericht wird sich gegebenenfalls auch mit den weiteren im Beschwerdeverfahren erhobenen Rügen befassen müssen, die dem Senat gerechtfertigt erscheinen.

III.

11

Soweit der Kläger die Zulassung der Revision in weiterem Umfang begehrt, war die Beschwerde zurückzuweisen. Bedenken gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kaufvertrag über die Fertigdoppelhaushälften sei nur ein Angebot und das Antwortschreiben der Beklagten sei eine Ablehnung dieses Angebots gewesen verbunden mit einem neuen Antrag an den Kläger, den dieser nicht angenommen habe, rechtfertigen die Zulassung nicht, weil ein entscheidungserheblicher Zulassungsgrund nicht vorliegt.

12

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung über die Zulassung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).

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