Entscheidungsdatum: 25.10.2012
1. § 90a HGB findet auf Wettbewerbsabreden Anwendung, die nach der formellen Beendigung des Handelsvertretervertrags vereinbart werden, wenn sich die Parteien über wesentliche Elemente der Wettbewerbsabrede schon während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages geeinigt haben (Abgrenzung von BGH, Urteil vom 5. Dezember 1968, VII ZR 102/66, BGHZ 51, 184).
2. Sieht das Wettbewerbsverbot eine Überschreitung der in § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB genannten zeitlichen, örtlichen und/oder gegenständlichen Grenzen vor, so ist es nicht insgesamt unwirksam, sondern nur im Umfang der Überschreitung.
Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 27. Januar 2011 werden zurückgewiesen.
Von den bis zum 4. April 2012 entstandenen Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 87 % und die Beklagte 13 %, von den anschließend entstandenen Kosten tragen die Klägerin 82 % und die Beklagte 18 %.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten darum, ob die zwischen ihnen nach Beendigung eines Handelsvertretervertrages vereinbarte Wettbewerbsabrede wirksam ist und ob der Klägerin, die die Wettbewerbsabrede für unwirksam hält, gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch zusteht, weil sie sich an das Wettbewerbsverbot gehalten hat und ihr deshalb Gewinn entgangen ist.
Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen. Der Geschäftsführer der Klägerin, G., war seit 1983 als Versicherungsvertreter für die Beklagte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig. Im Jahr 1999 bot die Beklagte G. den Abschluss einer Vereinbarung (sog. "Geschäftswertmodell") an, in der die Modalitäten einer etwaigen Beendigung des Vertretervertrages geregelt werden sollten. Das Angebot sah vor, dass G. einen Ausgleich für die ihm durch eine Vertragsbeendigung künftig entgehenden Provisionen erhält. Unter bestimmten Voraussetzungen sollte ihm eine Mindestzahlung in Höhe einer durchschnittlichen Jahresprovision garantiert sein, auf die seine etwaigen Ausgleichsansprüche gemäß § 89b HGB angerechnet werden sollten. Das Angebot stand unter der Voraussetzung, dass G. innerhalb eines Monats nach seinem Ausscheiden ein Wettbewerbsverbot unterzeichnet, das gelten sollte, solange G. Abfindungsbeträge beanspruchen konnte. Das waren sechs Jahre. G. stimmte dem Angebot zu, nachdem er sich mit der Beklagten auf einige besondere Regelungen, darunter die Erhöhung der garantierten Zahlung auf die 1,8-fache durchschnittliche Jahresprovision verständigt hatte.
Im Jahr 2001 vereinbarten die Beklagte, die Klägerin und G., dass seine Stellung im Versicherungsvertretervertrag mit allen Rechten und Pflichten auf die Klägerin übergeht. Im August 2005 kündigte die Beklagte den Vertretervertrag zum 28. Februar 2006. Seit Anfang 2006 verhandelten die Parteien über die Modalitäten der Vertragsbeendigung und schlossen sodann am 27. März 2006 eine Vereinbarung darüber. Nach dieser Vereinbarung erhält die Klägerin unter anderem "entsprechend den Bedingungen zum Geschäftswertmodell einen Betrag in Höhe von 736.402,90 € garantiert". Zur Abwicklung der Stornoreserve und zu einigen anderen Punkten sind Detailregelungen getroffen worden. Weiterhin durfte die Klägerin für die Dauer von drei Jahren - vom 1. März 2006 an gerechnet - nicht als Vermittlerin für Versicherungsunternehmen oder Finanzdienstleister im Inland tätig sein. Für die Dauer von zwei Jahren galt das Verbot auch im Ausland, soweit die Beklagte dort ihre Produkte vertrieb. In Abgrenzung dazu waren einige Geschäfte aufgeführt, die die Klägerin bzw. G. weiterhin ausüben durften, etwa Wertpapierhandel oder Immobilienvermittlung. Bei Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot konnte die Beklagte nach vorheriger Abmahnung eine Vertragsstrafe von 10.000 € von der Klägerin verlangen. Durch die Vereinbarung sollten die wechselseitigen Ansprüche, einschließlich eines etwaigen Ausgleichsanspruchs der Klägerin nach § 89b HGB, abgegolten sein. Mit der Zahlung nach dem "Geschäftswertmodell" wurde auch der Ausgleich der Klägerin für das Wettbewerbsverbot abgegolten.
Die Klägerin hielt die Wettbewerbsabrede in der Folgezeit für unwirksam. Sie forderte mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 von der Beklagten, auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots zu verzichten. Dem kam die Beklagte nicht nach. Die Klägerin befolgte deshalb in der vereinbarten Zeit das Wettbewerbsverbot.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt festzustellen, dass die Wettbewerbsabrede unwirksam sei. Weiter hat sie beantragt, die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.046.724,47 € zu verurteilen sowie von weiteren 95.156,77 € monatlich für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 29. Februar 2009. Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben. Es hat die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 767.086,35 € sowie für die Monate Dezember 2008 bis Februar 2009 jeweils in Höhe von 30.683,45 € pro Monat, längstens bis zur Rechtskraft des Feststellungsausspruchs, verurteilt. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Klägerin ihren Feststellungsantrag infolge Zeitablaufs für erledigt erklärt und die Feststellung der Erledigung beantragt. Das Berufungsgericht hat diesen geänderten Feststellungsantrag nur teilweise für begründet erachtet. Es hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 368.201,40 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Der Senat hat durch Beschluss vom 4. April 2012 entschieden, dass die Revision der Klägerin nur insoweit zugelassen ist, als sie sich gegen die Abweisung des Antrags auf Zahlung von Schadensersatz und gegen die Abweisung des Feststellungsantrags wendet, soweit diese darauf beruht, dass der ursprüngliche Feststellungsantrag unbegründet gewesen ist. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Übrigen hat der Senat zurückgewiesen; die insoweit ebenfalls eingelegte Revision hat er verworfen. Die Klägerin beantragt in der Revisionsinstanz noch, das Berufungsurteil aufzuheben, soweit die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags im Umfang der Zulassung der Revision und des Antrags auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von weiteren 1.762.482,05 € abgewiesen worden ist. Die Beklagte beantragt, die Klage unter Aufhebung des Berufungsurteils insgesamt abzuweisen.
Beide Revisionen sind unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BeckRS 2012, 09399 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
1. Der geänderte Feststellungsantrag habe nur zum Teil Erfolg. Eine Partei könne die Feststellung beantragen, dass der Rechtsstreit hinsichtlich eines Streitgegenstandes erledigt sei. Dieser Antrag sei begründet, wenn die Klage bei Rechtshängigkeit insoweit zulässig und begründet gewesen und die Zulässigkeit oder Begründetheit im Laufe des Prozesses weggefallen sei. Die Klägerin habe ursprünglich die Feststellung beantragt, dass die Wettbewerbsabrede unwirksam sei. Dieser Antrag sei teilweise begründet gewesen, nämlich für das Wettbewerbsverbot im Ausland betreffend den Zeitraum vom 5. Februar 2007 (Datum der Rechtshängigkeit der Klage) bis 29. Februar 2008 und für das Wettbewerbsverbot im Inland betreffend den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 28. Februar 2009. Der Rechtsstreit habe sich insoweit mit dem Ablauf der vereinbarten Laufzeit des Wettbewerbsverbots erledigt. Unbegründet sei der Antrag auf Feststellung der Erledigung des Wettbewerbsverbots im Inland vom 5. Februar 2007 bis zum 29. Februar 2008 gewesen. Denn insoweit sei die Wettbewerbsabrede wirksam.
Die Unwirksamkeit der Wettbewerbsabrede insgesamt ergebe sich nicht aus § 307 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift sei nicht anwendbar, weil die Wettbewerbsabrede individuell ausgehandelt worden sei. Die Klägerin habe auf die konkrete Ausgestaltung der Vereinbarungen vom 27. März 2006, auch auf die des Wettbewerbsverbots, Einfluss genommen, der zu einer wesentlichen Änderung des Umfangs des Wettbewerbsverbots geführt habe.
Die Wettbewerbsabrede sei jedoch teilweise unwirksam, soweit sie zum Nachteil der Klägerin von § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB abweiche.
Die Wirksamkeit der Wettbewerbsabrede sei nach § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB mit § 92 Abs. 2 HGB zu beurteilen. § 90a HGB sei anwendbar. Die Wettbewerbsabrede sei nach Beendigung des Versicherungsvertretervertrages am 27. März 2006 vereinbart worden. Das "Geschäftswertmodell" habe noch keine bindende Einigung über ein Wettbewerbsverbot enthalten. Die Wettbewerbsabrede sei auch nicht zeitlich mit dem Ende des Versicherungsvertretervertrages zusammengefallen. Zwar bestätige die Vereinbarung vom 27. März 2006 die Beendigung des Vertretervertrages zum 28. Februar 2006; die Beendigung selbst sei aber schon vorher aufgrund der Kündigung eingetreten.
Es sei allerdings streitig, ob § 90a HGB für Wettbewerbsabreden gelte, die nach Beendigung des Handelsvertretervertrages geschlossen werden. Das sei zu bejahen. Der Auffassung, die § 90a HGB in einem solchen Fall für nicht anwendbar halte, könne nicht gefolgt werden. Denn die Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl.EG Nr. L 382, S. 17, fortan: Handelsvertreter-Richtlinie oder HV-RL) gebiete eine europarechtskonforme Auslegung des § 90a HGB dahin, dass auch nach Beendigung des Vertrages getroffene Wettbewerbsabreden dem Anwendungsbereich dieser Regelung unterfielen.
Die Wettbewerbsabrede erweise sich als unwirksam, soweit sie den nach § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB zulässigen Zeitraum und den dort beschriebenen räumlichen und gegenständlichen Bereich überschreite. Sie sei auf den gesetzlich zulässigen Inhalt zu reduzieren. Insoweit bleibe sie wirksam.
Eine vollständige Unwirksamkeit der Wettbewerbsabrede folge nicht aus § 138 BGB, denn § 90a HGB gehe vor, wenn nur die in § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB genannten Umstände zu prüfen seien. Weitere relevante Umstände lägen nicht vor.
2. Die Klägerin könne von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 368.201,40 € verlangen. Seit dem 1. März 2008 sei das Wettbewerbsverbot für das Inland nicht mehr wirksam gewesen. Zwischen den Parteien habe Rechtsunsicherheit über die Geltung der Wettbewerbsabrede bestanden. Die Klägerin habe zur Beseitigung dieser Rechtsunsicherheit die Beklagte zu einem Verzicht auf das Wettbewerbsverbot aufgefordert. Die Beklagte hätte nach Treu und Glauben für die Zeit ab 1. März 2008 einen Verzicht erklären müssen. Das habe sie pflichtwidrig nicht getan. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen habe die Klägerin daher in der Folgezeit den Wettbewerb im Inland unterlassen. Dafür könne sie von der Beklagten abstrakt berechneten Schadensersatz für entgangenen Gewinn im Zeitraum vom 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 beanspruchen. Ein weitergehender Schadensersatzanspruch auf der Grundlage einer konkreten Schadensberechnung stünde der Klägerin nicht zu.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
A. Revision der Klägerin
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Antrag, die Erledigung des zunächst gestellten Feststellungsantrags festzustellen, nur teilweise, nämlich insoweit begründet ist, als die Wettbewerbsabrede unwirksam ist. Die Wettbewerbsabrede ist nicht insgesamt unwirksam, sondern in den durch § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB gezogenen Grenzen wirksam, d.h. soweit sie sich auf die Vermittlung von Versicherungsverträgen und Finanzdienstleistungen im Inland für die Dauer von zwei Jahren erstreckt.
a) Die Wirksamkeit der Wettbewerbsabrede beurteilt sich nicht nach § 307 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, weil es sich bei der Abrede zwischen den Parteien nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, da sie im Einzelnen ausgehandelt worden ist, § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB. Hiergegen wendet sich die Revision vergebens.
Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass das Aushandeln einer Vertragsbedingung mehr erfordert als bloßes Verhandeln. Der Verwender muss vielmehr den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel - also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen - ernsthaft zur Disposition stellen und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können (BGH, Urteil vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04, NJW-RR 2005, 1040; Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488, 3489; Urteil vom 5. Dezember 1995 - X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783, 787 jeweils m.w.N.). Es ist dabei nicht notwendig, dass der Verwender eine Klausel "von Grund auf" zur Disposition stellt; ausreichend ist, dass der andere Teil auf die Modalitäten des gesetzesfremden Kerns Einfluss nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488, 3489). Das Aushandeln setzt auch nicht voraus, dass eine vorformulierte Klausel tatsächlich abgeändert wird. Bei unverändertem Text kann ein Aushandeln vorliegen, wenn sich der andere Teil nach gründlicher Erörterung mit der Regelung einverstanden erklärt hat (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1995 - X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783, 787; Urteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283, 2285). Wird ein Klauselwerk an mehreren zentralen Punkten abgeändert, kann dies dafür sprechen, dass die Parteien alle sachlich damit zusammenhängenden Bedingungen in ihren Gestaltungswillen aufgenommen und damit das ganze Klauselwerk ausgehandelt haben (vgl. Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 305 BGB Rn. 55; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 305 BGB Rn. 41 jeweils m.w.N.).
Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ein Aushandeln der Wettbewerbsabrede angenommen. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte auf einem Wettbewerbsverbot überhaupt bestanden hat. Denn § 90a HGB geht grundsätzlich von der Zulässigkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote aus. AGB-rechtlich relevant kann nur die Ausgestaltung eines Wettbewerbsverbots im Einzelfall sein. Entscheidend ist daher, ob die Klägerin auf die konkrete Ausgestaltung Einfluss nehmen konnte. Das war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Danach tauschten sich die Parteien mehrfach über den Inhalt des anvisierten Wettbewerbsverbots aus, unterbreiteten sich wechselseitig entsprechende Entwürfe und nahmen zu den Entwürfen der Gegenseite Stellung. Hierbei konnte die Klägerin gegenüber der Vorlage der Beklagten wesentliche Änderungen durchsetzen. So wurde die Laufzeit des Wettbewerbsverbots für das Ausland auf zwei Jahre verkürzt. Bestimmte Tätigkeiten, wie etwa die Vermittlung von Immobilienfinanzierungen oder bestimmte Beratungsleistungen wurden von dem Verbot ausgenommen.
Nicht gefolgt werden kann der Revision der Klägerin darin, dass die Dauer des Wettbewerbsverbots für das Inland nicht ausgehandelt worden sei. Die Klägerin hatte sich zunächst zur Dauer des Wettbewerbsverbots nicht geäußert, woraufhin die Beklagte ein dreijähriges Verbot einheitlich für das In- und Ausland vorschlug. Daraufhin bot die Klägerin an, die Verbotsdauer für das Inland bei drei Jahren zu belassen, sie für das Ausland jedoch auf zwei Jahre abzukürzen. Dies wurde vereinbart.
Unzutreffend ist auch der weitere Angriff der Revision, jedenfalls die Abgeltung der Karenzentschädigung nach § 90a Abs. 1 Satz 3 HGB durch die Abfindung nach dem "Geschäftswertmodell" sei nicht ausgehandelt. Hierzu stellt das Berufungsgericht im Ausgangspunkt fest, dass es sich bei dem "Geschäftswertmodell" um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten handelt. Garantiert ist der Klägerin dort unter anderem der Ausgleich in Höhe eines durchschnittlichen Jahreseinkommens. Darauf ist der Anspruch des Vertreters gemäß § 89b HGB anzurechnen. Die in diesen Bedingungen geregelten Ausgleichszahlungen sind von dem Abschluss eines Wettbewerbsverbots durch den Versicherungsvertreter abhängig. Sowohl schon bei der Vereinbarung des "Geschäftswertmodells" mit G., dem Rechtsvorgänger der Klägerin, als auch im Zusammenhang mit der Vereinbarung des Wettbewerbsverbots mit der Klägerin sind Teile dieser Regelung von der Beklagten ernsthaft zur Disposition gestellt und sogar geändert worden. Mit der Vereinbarung des "Geschäftswertmodells" ist G. ausdrücklich abweichend von Ziffer 2 der Bedingungen zum "Geschäftswertmodell" als garantierte Einmalzahlung ein Betrag, der dem 1,8-fachen des durchschnittlichen Jahreseinkommens entspricht, zugesagt worden. In ihrem ersten Entwurf der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots vom 4. Januar 2006 setzte die Beklagte das "Geschäftswertmodell" voraus und sah die Abgeltung der Karenzentschädigung durch die Abfindung nach dem Modell vor. Darauf schlug die Klägerin eine Einmalzahlung in Höhe des 1,8-fachen Jahreseinkommens vor, die sie mit 745.259,09 € bezifferte. Von Detailregelungen zu weiteren Punkten abgesehen, sollten den Parteien keine weiteren wechselseitigen Ansprüche aus dem Vertretervertrag zustehen. Nachdem die Beklagte einen weiteren Entwurf übersandt hatte, unterbreitete die Klägerin am 21. März 2006 einen Gegenvorschlag. Dort bezifferte sie das 1,8-fache Jahreseinkommen mit 736.402,90 €. Die wechselseitigen Ansprüche einschließlich eines Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB sollten damit abgegolten sein. Darauf legte die Beklagte der Klägerin zwei Schriftstücke vor. In dem einen war unter anderem geregelt, dass der Klägerin entsprechend den Bedingungen zum "Geschäftswertmodell" 736.402,90 € garantiert würden. Damit seien alle wechselseitigen Ansprüche, einschließlich eines etwaigen Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB abgegolten. Das zweite Schriftstück enthielt die Regelung des Wettbewerbsverbots nebst der Formulierung, dass mit der Abfindung nach dem "Geschäftswertmodell" auch der Ausgleich für das Wettbewerbsverbot abgegolten werde. Beide Parteien unterzeichneten die Schriftstücke am 27. März 2006. Aus alldem ergibt sich, dass die die ursprüngliche Garantiesumme des "Geschäftswertmodells" übersteigende Ausgleichszahlung individuell mit G. ausgehandelt war. Von der Klägerin stammt auch der Vorschlag, mit der Ausgleichszahlung nicht nur die Karenzentschädigung, sondern auch den im "Geschäftswertmodell" nur anzurechnenden Ausgleich nach § 89b HGB abzugelten sowie andererseits eine umfassende Abgeltung auch der Ansprüche der Beklagten zu vereinbaren. Damit ist die Höhe des Ausgleichs für das Wettbewerbsverbot insgesamt zwischen den Parteien ausgehandelt worden.
b) Die Wettbewerbsabrede ist teilweise, nämlich in den durch § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB - der auf den Fall Anwendung findet - vorgegebenen Grenzen wirksam. Im Übrigen ist sie unwirksam. Soweit sie wirksam ist, war der ursprüngliche Feststellungsantrag unbegründet und ist auch der auf die Feststellung seiner Erledigung gerichtete Feststellungsantrag unbegründet.
aa) § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, als Maßstab für die Beurteilung der Wettbewerbsabrede heranzuziehen. Nach dieser Vorschrift kann eine Abrede, die den Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt, für längstens zwei Jahre von der Beendigung des Vertragsverhältnisses an getroffen werden. Sie darf sich nur auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis und nur auf die Gegenstände erstrecken, hinsichtlich deren sich der Handelsvertreter um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften für den Unternehmer zu bemühen hat.
Die Klägerin ist ein Versicherungsvertreter. Allerdings finden gemäß § 92 Abs. 2 HGB auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Versicherer - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen, die hier nicht in Betracht kommen - die Vorschriften über das Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer Anwendung. Das gilt auch für die Anwendung des § 90a HGB (vgl. Brüggemann in Großkommentar HGB, 4. Aufl., § 92 Rn. 4; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1996, 285).
Das vereinbarte Wettbewerbsverbot ist eine Wettbewerbsabrede im Sinne des § 90a Abs. 1 Satz 1 HGB. Es beschränkte die Klägerin nach Beendigung des Versicherungsvertretervertragsverhältnisses in der Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit. Das Gesetz enthält keine Aussage dazu, wann diese Abrede getroffen worden sein muss. Dem Wortlaut lässt sich insbesondere keine Einschränkung dahin entnehmen, dass eine nach Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffene Wettbewerbsabrede nicht von der Regelung erfasst wäre.
Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet keine einschränkende Auslegung dahin, dass sie auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden wäre. Die Vorschrift dient dazu, den Handelsvertreter davor zu schützen, dass ihm der Unternehmer, von dem er wirtschaftlich abhängig ist, eine Wettbewerbsabrede aufzwingt (vgl. BT-Drucks. 1/3856, S. 37; BGH, Urteil vom 5. Dezember 1968 - VII ZR 102/66, BGHZ 51, 184, 187). Die Klägerin ist in diesem Sinne schutzwürdig.
Zwar wurde die Wettbewerbsabrede nach der formellen Beendigung des Handelsvertretervertrags getroffen. In seinem Urteil vom 5. Dezember 1968 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, die Abhängigkeit des Handelsvertreters vom Unternehmer höre mit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses auf. Von diesem Augenblick an stünden sich die Vertragsparteien nicht mehr in ihrer Eigenschaft als Unternehmer und Handelsvertreter gegenüber. Deshalb fielen Wettbewerbsabreden, die erst nach Vertragsende getroffen würden, nicht mehr unter die Regelung des § 90a HGB, auch wenn sie im Zusammenhang mit dem früheren Handelsvertreterverhältnis stünden (BGH, Urteil vom 5. De-zember 1968 - VII ZR 102/66, BGHZ 51, 184, 187; bestätigt im Urteil vom 24. November 1969 - VII ZR 146/67, BGHZ 53, 89, 90 und Urteil vom 30. Dezember 1970 - VII ZR 141/68, BGHZ 55, 124, 126; dem folgend etwa BFH, BFH/NV 2008, 1491, 1492; OLG Nürnberg, Urteil vom 26. Januar 2011 - 12 U 1503/10, juris Rn. 65 f.; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 90a Rn. 11; Busche in Oetker, HGB, 2. Aufl., § 90a Rn. 15; MünchKommHGB/von Heuningen-Huene, 3. Aufl., § 90a Rn. 13; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 90a Rn. 6; Schröder in Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, 4. Aufl., Bd. 1, Kap. X Rn. 67). Dabei komme es nicht darauf an, ob der Handelsvertreter im Einzelfall schutzwürdig sei, vielmehr liege der Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 90a HGB eine generalisierende Betrachtung zugrunde (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1968 - VII ZR 102/66, BGHZ 51, 184, 188; Köhler in Festschrift für Rittner, S. 265, 266 Fn. 7).
Ein vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor. Mit dem "Geschäftswertmodell" ist ein wesentliches Element der späteren Wettbewerbsabrede bereits während der Laufzeit des Versicherungsvertretervertrags und damit in der Zeit, in der der Handelsvertreter typischerweise vom Unternehmer abhängig ist, vereinbart worden. Diese Vereinbarung eröffnete der Klägerin die Chance, nach Beendigung des Vertrages Ansprüche gegen die Beklagte zu erwerben, die jedoch davon abhängig waren, dass sie sich noch einem Wettbewerbsverbot unterwarf. Die Vereinbarung des "Geschäftswertmodells" machte damit für die Klägerin nur dann einen Sinn, wenn sie schon zu dem Zeitpunkt jedenfalls prinzipiell bereit war, die Wettbewerbsabrede zu treffen. Zwar blieb sie rechtlich frei darin, sich bei Beendigung des Vertrages einer solchen Tätigkeitsbeschränkung zu unterwerfen. Faktisch wurde sie hierdurch aber einem Druck unterworfen, dies zu tun, weil sie nur auf diese Weise die Ansprüche aus dem "Geschäftswertmodell" realisieren konnte, die sie bereits während der Laufzeit des Vertretervertrages gesichert vor Augen hatte. In diese Situation ist sie bereits durch die Vereinbarung des "Geschäftswertmodells" geraten, die zu einem Zeitpunkt geschah, in dem der Handelsvertreter eines besonderen Schutzes bedarf.
bb) Überschreitet die Wettbewerbsabrede die durch § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB gezogenen Grenzen, so führt das nicht zu ihrer Unwirksamkeit. Sie bleibt vielmehr in diesen Grenzen wirksam. Das gilt sowohl im Fall der Überschreitung der Höchstdauer des Wettbewerbsverbots nach Halbsatz 1 als auch bei Überschreitung seiner örtlichen und gegenständlichen Vorgaben nach Halbsatz 2 der Vorschrift. Das Berufungsgericht hat die Wettbewerbsabrede zutreffend in diese gesetzlichen Schranken zurückgeführt. Eine weitergehende Unwirksamkeit der Wettbewerbsabrede aus anderen Gründen hat es zu Recht verneint.
(1) Nach einhelliger Meinung zu § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB a.F. - der frühere Satz 2 entspricht dem heutigen Satz 2 Halbsatz 1 - führt eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Dauer des Wettbewerbsverbots nicht insgesamt zu seiner Unwirksamkeit. Vielmehr tritt an die Stelle der unzulässig langen Frist die gesetzliche Höchstdauer von zwei Jahren (BGH, Urteil vom 25. November 1963 - VII ZR 29/62, BGHZ 40, 235, 239; Urteil vom 16. November 1972 - VII ZR 53/72, BGHZ 59, 387, 391; OLG München, BB 1963, 1194; Brüggemann in Großkommentar HGB, 3. Aufl., § 90a Anm. 2 mit § 74a Anm. 5; Sonnenschein in Heymann, HGB, § 90a Rn. 32). Für die auf den Fall anzuwendende aktuelle Fassung der Vorschrift gilt nichts anderes (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 90a Rn. 31; MünchKommHGB/von Heuningen-Huene, 3. Aufl., § 90a Rn. 29; Busche in Oetker, HGB, 2. Aufl., § 90a Rn. 45; Schröder in Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, 4. Aufl., Bd. 1, Kap. X Rn. 67; Emde, Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 90a Rn. 51). Das stellt auch die Revision nicht in Frage.
(2) Bei Überschreitung der in § 90a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB genannten örtlichen und gegenständlichen Grenzen eines Wettbewerbsverbots findet ebenfalls eine Reduktion auf den gesetzlich zulässigen Gehalt statt. Das ergibt sich eindeutig aus dem Willen des Gesetzgebers. § 90a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB ist durch Gesetz vom 23. Oktober 1989 (BGBl. I S. 1910) eingeführt worden. In der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drucks. 11/3077, S. 10) heißt es dazu: "Die Bestimmung in § 90a Abs. 4, nach der abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen nicht getroffen werden können, gilt auch für die neue Regelung des § 90a Abs. 1 Satz 2. Eine Abrede, welche die in § 90a Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebenen Beschränkungen nicht beachtet, ist nicht nichtig; ihr Inhalt bestimmt sich vielmehr nach dem gesetzlichen Schutzumfang". Das entspricht dem Verständnis der weit überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (BezG Dresden, DB 1991, 1620; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene, 3. Aufl., Rn. 29, 69; Ruß in Glanegger u.a., HGB, 7. Aufl., § 90a Rn. 2; Thume in Röhricht/von Westphalen, HGB, 3. Aufl., HGB, § 90a Rn. 6; Keßler in NK/HGB, § 90a Rn. 20; Busche in Oetker, HGB, 2. Aufl., § 90a Rn. 45; Löwisch in Ebenroth u.a., HGB, 2. Aufl., § 90a Rn. 19; Genzow in Ensthaler, HGB, 7. Aufl., § 90a Rn. 20; a.A. Emde, Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 90a Rn. 51; Schröder in Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, 4. Aufl., Bd. 1, Kap. X Rn. 66).
Entgegen der Revision ist keine andere Beurteilung im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Wettbewerbsverboten von aus Sozietäten ausgeschiedenen Freiberuflern geboten. Danach hängt in jenen Fällen die Wirksamkeit der Wettbewerbsabrede davon ab, dass sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreitet. Überschreitet die Abrede ausschließlich die zeitlichen Grenzen, ist sie im Übrigen aber unbedenklich, kommt eine geltungserhaltende Reduktion auf die erlaubte Dauer in Betracht. Die Missachtung der gegenständlichen und räumlichen Grenzen führt dagegen zur Nichtigkeit des Verbots gemäß § 138 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2005 - II ZR 159/03, NJW 2005, 3061, 3062; Urteil vom 14. Juli 1997 - II ZR 238/96, NJW 1997, 3089, 3090 jeweils m.w.N.). Diese Differenzierung wird damit begründet, dass bei einer nicht nur zeitlichen Überschreitung der zulässigen Grenzen das Gericht den übrigen Inhalt der Vereinbarung rechtsgestaltend festlegen müsste. Das überdehnt den dem Gericht eingeräumten Gestaltungsspielraum. Zudem widerspricht eine weitergehende geltungserhaltende Reduktion dem mit § 138 BGB verfolgten Zweck, den Betroffenen das Risiko der Nichtigkeit ihrer Vereinbarung zuzuweisen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1997 - II ZR 238/96, NJW 1997, 3089, 3090 m.w.N.).
Diese Erwägungen können auf die Beurteilung der Wettbewerbsabrede eines ausgeschiedenen Versicherungsvertreters nicht übertragen werden. Anders als in den von der Revision angeführten Fällen liegt mit § 90a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB eine gesetzliche Vorgabe für die Zulässigkeit von Wettbewerbsabreden in örtlicher und gegenständlicher Hinsicht vor. Dem Gericht wird daher nicht angesonnen, aus einer Vielzahl denkbarer Gestaltungsvarianten zu wählen. Vielmehr beschränkt sich das Gericht darauf, die Abrede auf das gesetzlich vorgegebene, zulässige Maß zurückzuführen. Auch das Argument der Zuweisung des Nichtigkeitsrisikos entfaltet keine Überzeugungskraft. Erschöpft sich der Rechtsverstoß in der Überschreitung der zeitlichen, örtlichen oder gegenständlichen Grenzen des Wettbewerbsverbots, wird ein gesetzmäßiger Zustand durch Anwendung des § 90a HGB hergestellt. Dieses vom Gesetzgeber gewünschte Ergebnis, das auch dem Parteiwillen Rechnung trägt, würde konterkariert, wäre das Wettbewerbsverbot bei einer Überschreitung der örtlichen oder gegenständlichen Grenzen im gleichen Umfang nichtig, wie das in den oben beschriebenen Fällen im Rahmen des § 138 BGB angenommen wird.
(3) Nicht zu beanstanden ist vor diesem Hintergrund auch, dass das Berufungsgericht § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB als Spezialregelung zu § 138 BGB angesehen hat, soweit es um die Wirksamkeit einer Wettbewerbsabrede in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht geht. Die Nichtigkeit der Wettbewerbsabrede nach § 138 BGB hat es rechtsfehlerfrei verneint, weil Umstände, die über die genannten Aspekte hinausgingen und die geeignet sein könnten, ein Sittenwidrigkeitsurteil zu tragen, nicht festgestellt sind. Die Revision zeigt insoweit keinen übergangenen Vortrag auf.
(4) Ebenso wenig nötigt die Handelsvertreter-Richtlinie zu einer anderen Bewertung. Es unterliegt keinem vernünftigen Zweifel, dass Art. 20 HV-RL insoweit keine für die Klägerin günstigere Auslegung von § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB gebietet.
Da Versicherungsvertreter von der Handelsvertreterrichtlinie nicht erfasst werden (vgl. Art. 1 Abs. 2 HV-RL), ergibt sich die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung nicht aus dem Europarecht selbst. Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB ist jedoch wegen des Gebots der einheitlichen Auslegung des nationalen Rechts erforderlich. § 90a HGB dient der Umsetzung von Art. 20 HV-RL (BT-Drucks. 11/3077, S. 6, 10). Der deutsche Gesetzgeber stellt gemäß § 92 Abs. 2 HGB die Versicherungsvertreter den Handelsvertretern gleich. Eine gespaltene Auslegung des § 90a HGB je nachdem, ob er direkt oder kraft des Verweises des § 92 Abs. 2 HGB Anwendung findet, kommt nicht in Betracht. Denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Handelsvertreter und Versicherungsvertreter hinsichtlich der nachvertraglichen Wettbewerbsabreden unterschiedlich behandeln wollte (vgl. BT-Drucks. 1/3856, S. 39).
Erfasst die Richtlinie Wettbewerbsabreden, die nach der Beendigung des Handelsvertretervertrags getroffen werden, hätte das keine Abweichung vom Auslegungsergebnis des Senats zur Folge. In zeitlicher Hinsicht ist die Wettbewerbsabrede nach Art. 20 Abs. 3 HV-RL längstens zwei Jahre nach Beendigung des Vertragsverhältnisses wirksam (englische Fassung: "… shall be valid for not more then two years …"; französische Fassung: "… n´est valable que pour une période maximale de deux ans …"). Das belegt eindeutig, dass ein Wettbewerbsverbot, das länger als zwei Jahre gelten soll, nicht entfällt, sondern auf zwei Jahre reduziert wird. Ebenso ist nach Art. 20 Abs. 2 Buchstabe b HV-RL eine Wettbewerbsabrede nur gültig, wenn und soweit sie sich auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis sowie auf die Warengattungen erstreckt, die gemäß dem Vertrag Gegenstand seiner Vertretung sind. Aus dem "soweit" (englische Fassung: "… valid only if and to the extent that …"; französische Fassung: "… n´est valable que si et dans la mesure où …") folgt klar, dass die Unwirksamkeit der Wettbewerbsabrede nur in dem Umfang eintritt, in dem die Vorgaben der Regelung - der diejenigen des § 90a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB entsprechen - überschritten werden.
Nichts anderes gälte, sollte, wie die Revision der Beklagten meint, Art. 20 HV-RL auf nach Vertragsbeendigung abgeschlossene Wettbewerbsabreden - auch in der hier vorliegenden Verknüpfung mit der vorherigen Vereinbarung des "Geschäftswertmodells" - keine Anwendung finden. Denn dann bildete § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB in der Auslegung durch den Senat eine nach Art. 20 Abs. 4 HV-RL zulässige weitere Beschränkung der Anwendbarkeit der Wettbewerbsabrede.
Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedarf es angesichts dieses eindeutigen Befundes nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs 283/81, Slg. 1982, 3415, 3430 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.).
(5) Das Berufungsgericht hat das Wettbewerbsverbot zutreffend auf den nach § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB zulässigen Inhalt reduziert. Die Dauer des Wettbewerbsverbots war auf zwei Jahre zu beschränken, § 90a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 HGB. Das Wettbewerbsverbot erstreckte sich räumlich auf das Inland, weil die Klägerin nach der gelebten Vertragspraxis im gesamten Inland aktiv war, so dass dieses dem ihr zugewiesenen Bezirk (§ 90a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB) entspricht. Für das Ausland entfiel das Verbot dagegen vollständig, weil die Klägerin nicht außerhalb der Bundesrepublik tätig gewesen war. In gegenständlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sich die Klägerin für die Beklagte um die Vermittlung und den Abschluss verschiedenartiger Versicherungsverträge, Fondsbeteiligungen und Verträge zur betrieblichen Altersvorsorge zu bemühen hatte. Es ist daher mit Recht davon ausgegangen, dass das Wettbewerbsverbot die Vermittlungs- und Beratungstätigkeit für Versicherungs- oder sonstige Finanzdienstleistungsunternehmen erfasst, mit Ausnahme der in der Wettbewerbsabrede gestatteten Geschäfte.
2. Der Klägerin steht ein über die zuerkannten 368.201,40 € hinausgehender Schadensersatzanspruch nicht zu. Die gegen diese Auffassung des Berufungsgerichts erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.
B. Revision der Beklagten
1. Der Angriff der Revision dagegen, dass das Berufungsgericht dem Feststellungantrag teilweise stattgegeben hat, bleibt aus den ausgeführten Gründen (oben A.1.b) ohne Erfolg.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin den Schadensersatz in Höhe von 368.201,40 € zugesprochen. Die Beklagte hat sich jedenfalls dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, weil sie nicht - wie von der Klägerin vorprozessual gefordert - auf die Einhaltung der Wettbewerbsabrede verzichtet hat, soweit diese unwirksam war. Die außerprozessuale Geltendmachung unberechtigter Ansprüche oder nicht bestehender Rechte kann innerhalb einer Vertragsbeziehung eine Pflichtverletzung darstellen, die zu einem Schadensersatzanspruch führen kann. Eine Partei, die von ihrem Vertragspartner etwas verlangt, das ihr nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, oder ein Gestaltungsrecht ausübt, das nicht besteht, verletzt ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147 Rn. 12; Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238 Rn. 17). Einer solchen Rechtsanmaßung steht wertungsmäßig die Weigerung gleich, auf die Durchsetzung eines nicht bestehenden aber zwischen den Parteien streitigen Rechts zu verzichten. Vor diesem Hintergrund stellt das rechtswidrige Festhalten des anderen Teils an einem unwirksamen Wettbewerbsverbot eine Pflichtverletzung dar.
Die Beklagte hat diese Pflichtverletzung zu vertreten, weil sie fahrlässig gehandelt hatte, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie hat nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ihr fehlendes Verschulden darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Der Gläubiger eines Wettbewerbsverbots handelt, indem er auf dessen Einhaltung pocht, nicht fahrlässig, wenn er seinen Rechtsstandpunkt sorgfältig überprüft und dieser plausibel ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147 Rn. 13; Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238 Rn. 20). Das Berufungsgericht hat sich diesbezüglich den Erwägungen des Landgerichts angeschlossen und eine Entlastung der Beklagten im Hinblick auf das ausführliche Schreiben verneint, mit dem die Klägerin ihr Begehren, die Beklagte möge auf die Durchführung des Wettbewerbsverbots verzichten, begründet hatte. Diese tatrichterliche Wertung, die von der Revision nicht angegriffen wird, ist revisionsrechtlich hinzunehmen. Auf dieser Grundlage konnte die Klägerin Schadensersatz für den wegen der Befolgung des unwirksamen Wettbewerbsverbots entgangenen Gewinn beanspruchen. Dessen abstrakte Berechnung (§ 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO) unter Heranziehung des Durchschnittsgewinns der letzten drei Jahre begegnet keinen Bedenken.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Safari Chabestari Halfmeier
Leupertz Kartzke