Entscheidungsdatum: 12.03.2015
Eine vertragliche Regelung in einem Handelsvertretervertrag über eine sog. Sprunghaftung, wonach dem Handelsvertreter ein Provisionsanspruch für von ihm vermittelte Zeitschriftenabonnementverträge nur dann zustehen soll, wenn der Kunde das Abonnement während der festgelegten Sprunghaftungsfrist voll bezahlt hat, ist wegen Verstoßes gegen § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB i.V.m. § 139 BGB nichtig. Der Handelsvertreter kann als Provision den üblichen Satz gemäß § 87b Abs. 1 HGB verlangen.
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. November 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Er fordert von der Beklagten die Zahlung restlicher Provisionen für von der Schuldnerin vermittelte Zeitschriftenbelieferungsverträge.
Die Schuldnerin betrieb ein Call-Center im Telemarketingbereich und vermittelte für die Beklagte aufgrund eines am 12. November 2003 geschlossenen Dienstleistungsvertrags Zeitschriftenbelieferungsverträge. Die Werbetelefonate mit den Kunden sollten nach einem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Leitfaden geführt werden. Die Vertragsparteien kooperierten auf der Grundlage unterschiedlicher Vergütungssysteme. Nach dem zunächst praktizierten sog. Brutto-Vergütungssystem hatte die Schuldnerin Anspruch auf eine fixe Vergütung für die Vermittlung des Abschlusses eines Zeitschriftenabonnements, die unabhängig von der konkreten Laufzeit des Abonnements zu zahlen war. Zum 20. Dezember 2004 stellte die Beklagte das Vergütungssystem auf eine Netto-Vergütung um, bei der die Zahlung der Provision von der Haltbarkeit des jeweiligen Abonnements abhängig sein sollte. Am 13. Februar 2006 schlossen die Schuldnerin und die Beklagte eine Rahmenvereinbarung, die in § 9 Nr. 3 folgende von den Vertragsparteien bereits ab Anfang 2005 beachtete Regelung über eine sog. Sprunghaftung enthielt:
"A. [Anm.: die Schuldnerin] haftet für die abgeschlossenen Abonnements gemäß der in der Anlage 3 definierten Sprunghaftung. Ein Fall von Sprung liegt vor, wenn der von A. geworbene Abonnent innerhalb einer in der Anlage 3 festzulegenden Sprunghaftungsfrist das Abonnement nicht bezahlt.
Liegt ein Fall von Sprung vor, so hat die VKG [Anm.: die Beklagte] einen Anspruch gegen A. auf Rückerstattung der für das jeweils zugrunde liegende Abonnement an A. gezahlten Provision. ...
..."
In den Jahren 2005 bis 2007 vermittelte die Schuldnerin für die Beklagte ausschließlich sog. 8 für 6-Abonnements, bei denen der Kunde für einen Bezug der Zeitschrift über einen Zeitraum von 8 Monaten lediglich 6 Monatsbeiträge zu zahlen hatte. Nach Ablauf von 8 Monaten konnte das Abonnement vom Kunden ohne Einhaltung von Kündigungsfristen beendet werden. Gemäß Anlage 3 zur Rahmenvereinbarung beträgt die Sprunghaftungsfrist bei 8 für 6-Abonnements 27 bezahlte Wochen. Die Beklagte nahm für solche von der Schuldnerin vermittelten Abonnements Provisionsrückbelastungen vor, wenn die Kunden nicht über 27 Wochen hinweg den Bezugspreis vollständig gezahlt hatten. Dabei stornierte sie die der Schuldnerin gutgeschriebene Provision auch dann in vollem Umfang, wenn die Kunden bereits für einen gewissen Zeitraum Zahlungen geleistet hatten. Der Kläger hält diese Stornierungen für unzulässig und fordert die Auszahlung der von der Beklagten wegen der Sprunghaftung einbehaltenen Beträge für von der Schuldnerin vermittelte 8 für 6-Abonnements aus den Jahren 2005, 2006 und 2007 im Umfang von insgesamt 1.290.654,87 € brutto.
Das Landgericht hat der Klage im Umfang von 982.093,70 € stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers, mit der er seinen ursprünglichen Zahlungsanspruch weiterverfolgt hat, zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter. Der Kläger hat Anschlussrevision eingelegt mit dem Ziel, die Verurteilung der Beklagten auf seinen ursprünglich gestellten Zahlungsantrag zu erreichen.
Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung der Beklagten ausgeführt, auf die Vertragsbeziehungen zwischen der Schuldnerin und der Beklagten sei Handelsvertreterrecht anzuwenden. Es gebe weder Zweifel an der Selbständigkeit der Tätigkeit der Schuldnerin noch an der ständigen Betrauung mit der Vermittlung von Geschäften der Beklagten. Durch die Sprunghaftungsregelung in § 9 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung sei der Teilprovisionsanspruch aus § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB nicht wirksam ausgeschlossen worden. Die vom Landgericht zur Ermittlung der Höhe der Teilprovision gewählte Berechnungsmethode, wonach die Einmalprovision auf 27 Wochen verteilt werde, sei nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte auf einen Zeitraum von 4,5 Jahren abstelle, welchen sie für ein "break even", das heißt ein auskömmliches wirtschaftliches Ergebnis, angeblich benötige, handele es sich um eine bloße Zielvorstellung der Beklagten, die keinen Eingang in die rechtsgeschäftliche Einigung der Parteien gefunden habe.
Auch die Anschlussberufung des Klägers sei in der Sache nicht begründet. Die Nichtdurchführung der Verträge sei nicht von der Beklagten zu vertreten, so dass zu ihren Gunsten § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB eingreife. Es könne dahinstehen, ob das Landgericht die Beweisaufnahme auf eine Stichprobe habe beschränken dürfen. Die Beklagte habe unter Würdigung aller Umstände des Falles von vornherein keine Obliegenheit zur eigenen Nachbearbeitung gehabt, weil die von ihr anzumahnenden und einzuklagenden Einzelbeträge jeweils auch in absoluter Hinsicht geringfügig gewesen seien und zudem aufgrund der Besonderheiten der für die Wirksamkeit der Sprunghaftungsregelungen gestalteten Provisionshöhe im Wesentlichen dem Handelsvertreter als Provision zugestanden hätten, so dass die Nachbearbeitung für sie wirtschaftlich unsinnig gewesen sei. Die Schuldnerin habe während des laufenden Vertrags außerdem nie in irgendeiner Form darauf gedrungen, dass die Beklagte die zum Sprung gegangenen Abonnements nachbearbeitete.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Dem Kläger kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung weder ein Provisionsanspruch gegen die Beklagte im Umfang von 982.093,70 € zugesprochen noch der darüber hinaus geltend gemachte weitere Provisionsanspruch ganz oder teilweise aberkannt werden.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass auf das zwischen der Schuldnerin und der Beklagten bestehende Vertragsverhältnis die für Handelsvertreter geltenden Regeln anzuwenden sind.
a) Nach § 84 Abs. 1 HGB ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Das Berufungsgericht hat die Selbständigkeit der Schuldnerin zutreffend als gegeben angesehen, weil sie als Kapitalgesellschaft auf eigenes wirtschaftliches Risiko am Wirtschaftsleben teilgenommen hat. Die zur Abgrenzung eines persönlich abhängigen Angestellten (§ 84 Abs. 2 HGB) von einem selbständigen Handelsvertreter (§ 84 Abs. 1 HGB) entwickelten Kriterien (vgl. Emde in Staub, HGB Großkommentar, 5. Aufl., § 84 Rn. 24 ff. m.w.N.) finden lediglich dann Anwendung, wenn der Handelsvertreter eine natürliche Person ist. Handelt es sich dagegen wie im vorliegenden Fall um eine Kapitalgesellschaft, ist diese stets selbständige Gewerbetreibende im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB (vgl. Emde in Staub, aaO, § 84 Rn. 30; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene, 3. Aufl., § 84 Rn. 21).
b) Die Schuldnerin war nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien auch im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB ständig damit betraut, für die Beklagte Geschäfte zu vermitteln. Hierzu genügt nicht, dass der Handelsvertreter nach der Vereinbarung mit dem Unternehmer für diesen nicht nur einmal, sondern immer wieder Geschäfte vermittelt; vielmehr muss er nach dieser Vereinbarung dazu verpflichtet sein, sich ständig um Geschäfte zu bemühen: nicht der Umstand, dass Geschäftsbeziehungen von längerer Dauer bestehen, sondern die beiderseitige, auf Dauer berechnete Bindung ist entscheidend (vgl. BGH, Urteile vom 1. April 1992 - IV ZR 154/91, NJW 1992, 2818, 2819; vom 12. November 1986 - I ZR 107/84, MDR 1987, 375; vom 4. Dezember 1981 - I ZR 200/79, MDR 1982, 545, 546; vom 18. November 1971 - VII ZR 102/70, MDR 1972, 230 m.w.N.). Wer dagegen zwar des Öfteren Geschäfte für einen anderen vermittelt, ohne aber zu Bemühungen hierzu verpflichtet zu sein, ist nicht Handelsvertreter, sondern gegebenenfalls Makler (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1971 - VII ZR 102/70, aaO).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Schuldnerin ständig mit Vermittlungsleistungen für die Beklagte im Zusammenhang mit dem Abschluss von Zeitschriftenbelieferungsverträgen betraut gewesen. Aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Dienstleistungsvertrags war die Schuldnerin verpflichtet, sich aufgrund der ihr erteilten Einzelaufträge ständig um die Vermittlung von Zeitschriftenabonnementverträgen für die Beklagte zu bemühen. Einer Verpflichtung der Schuldnerin zu fortlaufenden Vermittlungsbemühungen für eine unbestimmte Vielzahl von Vertragsabschlüssen steht nicht der Umstand entgegen, dass ihr seitens der Beklagten Adresslisten von Kunden übergeben wurden, die sie abzuarbeiten hatte. Die Schuldnerin war aufgrund dessen nicht lediglich mit der Vermittlung bestimmter Geschäfte beauftragt, was für die Annahme eines Handelsvertreterverhältnisses im Regelfall nicht ausreicht (vgl. Emde in Staub, HGB Großkommentar, 5. Aufl., § 84 Rn. 67; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 84 Rn. 42; Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 84 Rn. 38; OLG Bamberg, BB 1965, 1167 f.). Sie hatte sich vielmehr innerhalb des ihr zugewiesenen Kundenkreises um den Abschluss möglichst vieler Zeitschriftenabonnementverträge zu bemühen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreichend. Die ständige Betrauung im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB erfordert im Übrigen nicht, dass das Vertragsverhältnis langfristig oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wird (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 1992 - IV ZR 154/91, NJW 1992, 2818, 2819). Unerheblich ist danach, dass die Beklagte der Schuldnerin im Rahmen des bestehenden Dienstleistungsvertrags jeweils Einzelaufträge zur Vermittlung von Zeitschriftenabonnements erteilt hat.
c) Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es außerdem nicht deswegen an der für die Qualifikation als Handelsvertreter erforderlichen Vermittlungstätigkeit der Schuldnerin, weil deren Mitarbeiter bei der Führung der Werbegespräche mit den Kunden den von der Beklagten zur Verfügung gestellten Gesprächsleitfaden zu beachten hatten. Der Umstand, dass für den Abschluss der Abonnementverträge genaue Weisungen der Beklagten bestanden, steht der Annahme, die Schuldnerin sei als Handelsvertreterin tätig geworden, nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1982 - I ZR 60/80, WM 1982, 1152, 1153). Vermittlung ist in erster Linie auf den Abschluss von Geschäften gerichtete Tätigkeit, die den Abschluss vorbereitet und ermöglicht; sie ist Einwirken auf den Dritten (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1982 - I ZR 68/80, NJW 1983, 42). Die vom Handelsvertreter zu erbringende Vermittlungstätigkeit setzt dabei nicht die Erbringung von Diensten höherer Art voraus. Ausreichend ist, dass die Tätigkeit des Handelsvertreters für den Abschluss des von ihm vermittelten Geschäfts mitursächlich geworden ist (vgl. BGH, Urteile vom 5. April 2006 - VIII ZR 384/04, NJW-RR 2006, 976, Rn. 19; vom 20. Februar 1986 - I ZR 105/84, NJW-RR 1986, 709, 710; vom 11. März 1982 - I ZR 27/80, NJW 1982, 1757, 1758).
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Dass die Tätigkeit der Schuldnerin für die Geschäftsabschlüsse mitursächlich gewesen ist, die dem streitgegenständlichen Provisionsanspruch zugrunde liegen, stellt auch die Revision nicht in Abrede. Im Übrigen fehlt es nicht völlig an einer von der Schuldnerin zu erbringenden eigenen Vermittlungsleistung. Der von der Beklagten entwickelte Leitfaden enthält lediglich einen schematischen Ablaufplan für die zu führenden Werbegespräche, der die Mitarbeiter der Schuldnerin nicht der Aufgabe enthob, das auf Seiten des Kunden bestehende mögliche Interesse an einem von der Beklagten vertriebenen Zeitschriftenmagazin im Gespräch zu ermitteln oder zu wecken.
2. Zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass die Vereinbarung in § 9 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung in Verbindung mit Anlage 3 (sog. Sprunghaftung), gegen die zwingende Vorschrift in § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB verstößt, mit der Vorgaben gemäß Art. 10 Abs. 2 und Abs. 4 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (im Folgenden: RL) in deutsches Recht umgesetzt werden (vgl. BT-Drucks. 11/3077, S. 8). Die vertragliche Vereinbarung ist unwirksam, soweit hierdurch Provisionsansprüche der Schuldnerin auch dann vollständig ausgeschlossen sein sollen, wenn der Kunde den Abonnementvertrag teilweise erfüllt hat.
a) § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB bestimmt, dass der Handelsvertreter unabhängig von einer Vereinbarung Anspruch auf Provision hat, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat. Die Vertragsbestimmung in § 9 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung in Verbindung mit der in Anlage 3 festgelegten Sprunghaftungsfrist schließt ihrem Inhalt nach dagegen einen Provisionsanspruch der Schuldnerin auch dann vollständig aus, wenn der Kunde das von dieser vermittelte Abonnement über einen Zeitraum hinweg bezahlt, der den als Sprunghaftungsfrist festgelegten Zeitraum von 27 Wochen unterschreitet. Da der Kunde den Abonnementvertrag in diesem Fall teilweise erfüllt hat, verstößt der vollständige Ausschluss eines Provisionsanspruchs gegen die zwingende Vorschrift des § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB.
b) Soweit die Revision meint, § 9 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung falle nicht unter den Anwendungsbereich von § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Parteien können aufgrund vertraglicher Vereinbarungen das Entstehen eines (Teil-) Provisionsanspruchs nicht davon abhängig machen, dass der Dritte seinen Pflichten aus dem vermittelten Vertrag über einen gewissen Zeitraum hinweg nachkommt (a.A. Emde, Vertriebsrecht, 3. Aufl., § 87 Rn. 14). Denn durch eine solche Vertragsregelung würde die zwingende Vorschrift des § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB umgangen.
3. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Schuldnerin stehe nach § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB eine Teilprovision zu, die entsprechend dem Verhältnis des Zeitraums, in dem der Kunde für das Abonnement Zahlungen an die Beklagte geleistet hat, zu der vereinbarten Sprunghaftungsfrist von 27 Wochen anteilig zu berechnen sei. Die vertragliche Regelung über die Sprunghaftung in § 9 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung in Verbindung mit Anlage 3 ist wegen Verstoßes gegen § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB in Verbindung mit § 139 BGB nichtig. Die Schuldnerin kann als Provision den üblichen Satz gemäß § 87b Abs. 1 HGB verlangen.
a) Die vertragliche Regelung über die Sprunghaftung kann nicht in einen unwirksamen und einen wirksamen Teil aufgespalten werden. Der Verstoß gegen § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB erfasst vielmehr die gesamte Vertragsbestimmung. Eine Teilnichtigkeit einer Vertragsbestimmung kann nach § 139 BGB nur angenommen werden, wenn ein verbleibender Teil als selbständige Regelung Bestand haben kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2008 - V ZR 14/08, NJW 2009, 1135 Rn. 10; vom 14. November 2000 - XI ZR 248/99, BGHZ 146, 37, 47; vom 4. Februar 1994 - V ZR 277/92, NJW 1994, 1470, 1471). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Vereinbarung einer von der Haltbarkeit des vermittelten Abonnementvertrags abhängigen Netto-Vergütung verliert vielmehr insgesamt den von den Vertragsparteien mit ihr verfolgten Sinn, wenn die für den Provisionsanspruch maßgebliche Bedingung, dass der vom Handelsvertreter vermittelte Vertrag von dem Kunden über einen gewissen Mindestzeitraum hinweg erfüllt wird, wegen Verstoßes gegen die zwingende gesetzliche Vorschrift in § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB nicht wirksam vereinbart werden kann. Denn mit der Vereinbarung einer Netto-Vergütung in Form einer Sprunghaftungsregelung wird dem Handelsvertreter das Risiko dafür auferlegt, dass der von ihm vermittelte Abonnementvertrag mit dem Kunden dauerhaft und damit für den Unternehmer gewinnbringend ist. Die vereinbarte Sprunghaftungsfrist dient dabei dazu, den Zeitraum festzulegen, der - statistisch gesehen - die Erwartung rechtfertigt, dass der Vertrag mit dem Kunden über einen Zeitraum hinweg fortgeführt wird, der ihn für den Unternehmer wirtschaftlich rentabel macht. Im Gegenzug verpflichtet sich der Unternehmer, eine höhere Provision an den Handelsvertreter zu zahlen. Ein von der statistischen Haltbarkeit des vom Handelsvertreter vermittelten Vertrags abhängiges Provisionsmodell kann jedoch dann nicht mehr entsprechend dem von den Parteien vereinbarten Inhalt und der damit einhergehenden Risikoverteilung teilweise aufrechterhalten werden, wenn im Hinblick auf die zwingende Vorschrift des § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB die hierfür zentrale Sprunghaftungsregelung nicht wirksam vereinbart werden kann.
b) Der zuerkannte Teilprovisionsanspruch ergibt sich auch nicht bei Anwendung der Verhandlungsklauseln in den vertraglichen Vereinbarungen. Die Vertragsparteien haben in dem Dienstleistungsvertrag und der Rahmenvereinbarung für den Fall, dass eine oder mehrere Bestimmungen des Vertrags unwirksam sind, vereinbart, eine der unwirksamen Regelung wirtschaftlich möglichst nahekommende rechtswirksame Regelung zu treffen. Nach dem vorstehend Gesagten kann eine der vertraglichen Sprunghaftungsregelung wirtschaftlich vergleichbare Provisionsvereinbarung, die es ermöglicht, die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Provision von einer gewissen Mindesthaltbarkeit des Abonnements abhängig zu machen, im Hinblick auf die zwingende Vorschrift des § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB nicht wirksam vereinbart werden. Die von den Parteien für den Fall der Unwirksamkeit einer Vertragsbestimmung vereinbarte Verhandlungsklausel läuft damit ins Leere.
c) Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht, wenn die durch die Unwirksamkeit einer Vertragsbestimmung hervorgerufene Vertragslücke durch Heranziehung des dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; vom 24. Juni 1982 - VII ZR 244/81, NJW 1982, 2190, 2191; vom 10. Juli 1963 - VIII ZR 204/61, BGHZ 40, 91, 103 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Gemäß § 87b Abs. 1 HGB ist, wenn die Höhe der Provision nicht bestimmt ist, der übliche Satz als vereinbart anzusehen. Hiermit wird den Vertragsparteien für den Fall, dass die Provisionsvereinbarung unwirksam ist, eine sachgerechte Regelung zur Ermittlung der dem Handelsvertreter zustehenden Provision zur Verfügung gestellt.
4. Das Berufungsgericht hat zur Höhe des üblichen Provisionssatzes - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben, soweit es sowohl zum Nachteil der Beklagten als auch des Klägers entschieden hat. Insoweit ist weder auszuschließen, dass dem Kläger ein geringerer als der zuerkannte noch dass ihm ein über den titulierten Anspruch hinausgehender Provisionsanspruch zusteht. Die angefochtene Entscheidung ist vielmehr insgesamt aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
III.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass ein der Schuldnerin zustehender Provisionsanspruch nicht gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB entfallen ist. Nicht tragfähig ist insoweit allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe bereits deshalb keine Nachbearbeitung geschuldet, weil diese wirtschaftlich allein der Schuldnerin zugutegekommen wäre. Diese Annahme ist von Denkfehlern beeinflusst. Denn die Nachbearbeitung des Abonnements fördert in jedem Fall auch die Chance der Beklagten, dass das Abonnement über einen Zeitraum hinweg bestehen bleibt, der es ihr ermöglicht, hieraus Gewinn zu erzielen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei zur Nachbearbeitung der Abonnementverträge nicht verpflichtet, erweist sich jedoch deswegen im Ergebnis als zutreffend, weil angesichts der geringfügigen Forderungsbeträge eine Nachbearbeitung der nicht oder nicht vollständig ausgeführten Verträge nicht gefordert werden kann. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Instanzgerichte ist anerkannt, dass ein Nachweis von Nachbearbeitungsbemühungen vom Unternehmer nicht verlangt werden kann, wenn die ausstehenden Zahlungsbeträge verhältnismäßig geringfügig sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1971 - VII ZR 54/70, MDR 1972, 135 f.; OLG Celle, OLGR 2001, 267, 268). Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Auf die Frage, ob eine ausreichende Nachbearbeitung der Abonnementverträge anhand einer Stichprobe festgestellt werden kann und ob die Beklagte möglicherweise aus rechtlichen Gründen an einer Nachbearbeitung der Abonnementverträge gehindert war, kommt es danach nicht entscheidend an.
Eick Kartzke Jurgeleit
Graßnack Sacher