Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 19.12.2018


BGH 19.12.2018 - VII ZR 192/18, VII ZR 220/18

Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
19.12.2018
Aktenzeichen:
VII ZR 192/18, VII ZR 220/18
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:191218BVIIZR192.18.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend KG Berlin, 28. August 2018, Az: 21 U 24/16, Teilurteilvorgehend LG Berlin, 10. Februar 2016, Az: 8 O 209/12
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Verfahren VII ZR 192/18 und VII ZR 220/18 werden zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Das Verfahren VII ZR 192/18 führt.

Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Schlussurteil des Kammergerichts Berlin vom 9. Oktober 2018 bis zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde einzustellen, wird abgelehnt.

Der Hilfsantrag, den Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der Verurteilungssumme abzuwenden, wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Das Landgericht hat die Beklagten wie Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.901,09 € nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die auf Zahlung von insgesamt 508.977,42 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Kosten gerichtete Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es der Klägerin auferlegt. Das Urteil hat es gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags für vorläufig vollstreckbar erklärt.

2

Auf die Berufung der Klägerin, die auf eine über das landgerichtliche Urteil hinausgehende weitere Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 503.076,33 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Kosten angetragen hat, hat das Berufungsgericht durch Teilurteil vom 28. August 2018 wie folgt erkannt:

"I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts vom 10. Februar 2016 in Ziff. 1 bis 3 abgeändert. Seine Ziff. 1 und 2 lauten fortan wie folgt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 142.328,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2012 sowie weitere 2.115,82 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. April 2012 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen mit Ausnahme des Schadensersatzanspruchs, den die Klägerin auf Pflichtverletzungen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Gewerk Abdichtungsarbeiten (Ziff. 6 der Klageschrift, S. 17 ff) stützt. Insoweit bleibt die Entscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, mit Ausnahme der Entscheidung über den dem Schlussurteil vorbehaltenen Teil des Klage- und Berufungsantrags.

III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

IV. Dieses und fortan auch das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird in dem unter B. Vll. erläuterten Umfang zugelassen."

3

Hiergegen haben alle Parteien Revision und Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Verfahren VII ZR 192/18).

4

Das Berufungsgericht hat durch Schlussurteil "gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO" vom 9. Oktober 2018 wie folgt erkannt:

"I. In Ergänzung des Teilurteils vom 28. August 2018 wird das Urteil des Landgerichts vom 10. Februar 2016 auf die Berufung der Klägerin dahin abgeändert, dass seine Ziff. 1 und 2 fortan wie folgt lauten:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 150.863,38 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2012 sowie weitere 2.115,82 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. April 2012 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 70 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 30 % zu tragen. Die Kosten der Streithelferin hat die Klägerin zu 70 % zu tragen.

IV. Das vorliegende Schlussurteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen."

5

Das Berufungsgericht hat von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO gestützt.

6

Einen Antrag der Beklagten auf Ergänzung des Schlussurteils hinsichtlich der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.

7

Gegen dieses Schlussurteil wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde (Verfahren VII ZR 220/18).

II.

8

Die Beklagten stellen die im Tenor näher bezeichneten Anträge zur Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Schlussurteil. Sie sind der Auffassung, aus dem Schlussurteil könne die Klägerin ohne Sicherheitsleistung vorläufig 150.863,38 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten gegen sie vollstrecken. Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft von der Anordnung einer Abwendungsbefugnis abgesehen, weil es zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass gegen das Schlussurteil kein Rechtsmittel mehr möglich sei.

III.

9

Die Verfahren sind gemäß § 147 ZPO gemäß der übereinstimmenden Anregung der Parteien zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Die betroffenen Ansprüche sind in einer Klage geltend gemacht worden und die Kostenentscheidung des Schlussurteils betrifft beide Verfahren.

IV.

10

Die beantragte einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Schlussurteil des Berufungsgerichts ist abzulehnen.

11

1. Die Voraussetzungen einer Einstellung gemäß § 544 Abs. 5 Satz 2, § 719 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Beklagten haben weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass ihnen die - nach ihrer Auffassung in Höhe eines Hauptsachebetrags von 150.863,38 € mögliche - Vollstreckung aus dem Schlussurteil einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

12

2. Auch der Hilfsantrag der Beklagten ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten können Entscheidungen des Berufungsgerichts über die vorläufige Vollstreckbarkeit vom Bundesgerichtshof nicht korrigiert werden. Sie sind nach § 718 Abs. 2 ZPO einer Anfechtung entzogen. Eine Änderung der Entscheidung kann deshalb ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 719 Abs. 2 ZPO erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZR 147/06 Rn. 3 m.w.N., NJW-RR 2007 1138; Beschluss vom 12. Oktober 2018 - IV ZR 224/18 Rn. 10).

13

Im Übrigen ist entgegen der Auffassung der Beklagten die Annahme des Berufungsgerichts, gegen sein Schlussurteil sei kein Rechtsmittel gegeben, im Hinblick auf die Anfechtungsmöglichkeit der Entscheidung in der Hauptsache zutreffend. Unbeschadet der in diesem Fall unzweckmäßigen Wiedergabe des durch die Berufungsurteile insgesamt geänderten Ausspruchs des Landgerichts ergibt die Auslegung des Tenors des Schlussurteils, dass die Beklagten durch dieses in der Hauptsache nur zur Zahlung von (weiteren) 8.535,18 € nebst Zinsen verurteilt worden sind. Denn das Teilurteil vom 28. August 2018 wird nach Ziffer I des Schlussurteils durch dieses ausdrücklich ergänzt. Wie schon im Teilurteil hat das Berufungsgericht lediglich die landgerichtlich bereits erfolgte Verurteilung sowie seine Verurteilungen jeweils in einem neuen Tenor zusammengefasst. Damit ist der Tenor des Schlussurteils nicht ohne den Tenor des Teilurteils verständlich. Aus dem Vergleich beider Aussprüche ergibt sich, dass in der Hauptsache (Ziffer I) lediglich eine weitere Verurteilung von 8.535,18 € nebst Zinsen erfolgt ist. Diese Verurteilung, auf die sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach Ziffer IV bezieht - was auch die Klägerin in ihrer Stellungnahme nicht in Zweifel zieht -, erreicht nicht die für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO notwendige Beschwer.

14

Das Berufungsgericht hat allerdings übersehen, dass seine im Schlussurteil für den Rechtsstreit insgesamt getroffene Kostenentscheidung (Ziffer III), auf die sich die Vollstreckbarkeitserklärung (Ziffer IV) ebenfalls erstreckt, anfechtbar ist. Denn zum einen erstreckt sich die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in dem Teilurteil auch auf die zugehörige, im Schlussurteil enthaltene Kostenentscheidung. Das Schlussurteil ergänzt insoweit lediglich das vorausgegangene Teilurteil und bildet mit diesem eine Einheit, weil die Kostenentscheidung eine notwendige Folge der Entscheidung in der Hauptsache ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 243/03, NJW 2004, 3045, juris Rn. 30). Entsprechendes hat außerdem für die Möglichkeit der Anfechtung der Kostenentscheidung in einem Schlussurteil mit einer Nichtzulassungsbeschwerde zu gelten, wenn gegen das Teilurteil eine Nichtzulassungsbeschwerde statthaft und eingelegt ist.

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