Entscheidungsdatum: 12.03.2015
1. Verhinderung des Vorsitzenden im Sinne des § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG ist nur eine vorübergehende Verhinderung. Unzulässig ist deshalb die dauernde oder für eine unabsehbare Zeit erfolgende Vertretung des ordentlichen Vorsitzenden (im Anschluss an BGH, Urteil vom 13. September 2005, VI ZR 137/04, BGHZ 164, 87).
2. Als ein die entsprechende Anwendung von § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG rechtfertigender Fall der Verhinderung des Vorsitzenden ist auch sein endgültiges Ausscheiden aus dem Spruchkörper wegen Elternzeit und anschließender Beurlaubung (hier: insgesamt zwei Jahre und vier Monate) anzusehen.
3. Eine dauernde Verhinderung des Vorsitzenden über einen Zeitraum von sieben Monaten und 23 Tagen ist grundsätzlich nicht mit § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG vereinbar.
Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Grund- und Teilend-Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 28. Mai 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als eine Kürzung der Haftung der Beklagten zu 1 wegen eines der Klägerin zuzurechnenden Mitverschuldens der Stadt W. und des Projektsteuerers I. sowie eine Beschränkung der Haftung der Beklagten zu 1 gemäß § 9 Nr. 9.2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen abgelehnt worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens einschließlich der durch die Nebeninterventionen verursachten Kosten, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin verfolgt gegenüber der Beklagten zu 1 (im Folgenden: Beklagte) Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Ingenieurleistungen im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Bodenverbesserung einer Grundstücksfläche in einem Gewerbegebiet nahe der Stadt W.
Die Beklagte und die Stadt W. verbindet ein Ingenieurvertrag vom 16. Juni/2. Juli 1998, wonach die Beklagte Leistungen für die Baumaßnahme "Baureifmachung Gewerbegebiet H., Geländeregulierung" zu erbringen hatte. Gegenstand des Vertrags waren die Vor-, Entwurfs-, Genehmigungs- sowie Ausführungsplanung, die Vorbereitung und das Mitwirken bei der Vergabe sowie die Bauoberleitung und die örtliche Bauüberwachung. Gemäß § 2 Nr. 2.2.1 des Ingenieurvertrags waren bei den Leistungen der Beklagten die Hinweise eines Baugrundgutachtens zu berücksichtigen.
Die Allgemeinen Vertragsbedingungen (im Folgenden: AVB) zu dem Vertrag enthalten in § 9 folgende Regelung:
"9.1. Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche des Auftraggebers richten sich nach den gesetzlichen Vorschriften, soweit nachfolgend nichts anderes vereinbart ist.
9.2. Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber bei Verzug oder bei einem sonstigen schuldhaften Verstoß gegen seine Vertragspflichten die dadurch bedingten Mehrkosten der Baumaßnahme, den Schaden an der baulichen Anlage und die vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten anderen Schäden in voller Höhe zu ersetzen; für den übrigen Schaden haftet er je nach Schadensereignis bis zur Höhe der im Vertrag vereinbarten Deckungssumme der Haftpflichtversicherung."
Die Deckungssumme für Schäden, die nicht Personenschäden sind, beträgt nach § 7 des Ingenieurvertrags 500.000 DM.
Mit einem weiteren Ingenieurvertrag nebst Ergänzung beauftragte die Stadt W. unter dem 20./21. Juli/7. September 1998 das I. Ingenieurbüro (im Folgenden: Projektsteuerer I.) mit der Durchführung des Projektmanagements des Vorhabens "Industrie- und Gewerbegebiet H.".
Nummer 1.2 des Vertrags enthält u.a. folgende Regelung:
"Der Auftragnehmer ist gegenüber anderen fachlich Beteiligten als Projektleiter des Auftraggebers weisungsberechtigt und entscheidungsbefugt, sofern nicht der Auftraggeber sich diese Weisungen oder Entscheidungen ausdrücklich vorbehält."
In Ausführung der ihr beauftragten Leistungen erstellte die Beklagte in der Folge ein Leistungsverzeichnis, welches Gegenstand des Vergabeverfahrens für die auf dem Grundstück durchzuführenden Maßnahmen war, und eine Ausführungsplanung, worin jeweils für den Bereich Baulos 1 (Baureifmachung Fläche B) eine Verdichtung des Bodens durch das Verfahren "dynamische Intensivverdichtung" (im Folgenden: DYNIV-Verfahren) vorgesehen war. Die Vorgaben in der Ausführungsplanung lauteten insoweit:
"Auf der Teilfläche, auf der organogene Böden erkundet wurden, ist vorgesehen, mittels dynamischer Intensivverdichtung (DYNIV) eine Verbesserung des Baugrundes zu erreichen.
Auf dieser Fläche steht das Grundwasser oberflächennah an. Ein Bodenaustausch der bis zu 8 m mächtigen organogenen Böden war daher auszuschließen.
(…) Zur Erreichung besserer Tragfähigkeiten sind Schottersäulen bis in tragfähige Schichten hinabzubringen.
(…) Die Baumaßnahme ist so durchzuführen, dass die Restsetzungen in fünf Jahren weniger als 10 cm betragen."
Zum Zeitpunkt der Erstellung der Ausführungsplanung lag der Beklagten das von dem Nebenintervenienten B. im Auftrag der Stadt W. erstellte Baugrundgutachten vor.
Mit der Ausführung der von der Beklagten geplanten Bodenverbesserungsmaßnahmen wurde eine ARGE beauftragt, die aus den zwischenzeitlich in Insolvenz gefallenen Unternehmen I. GmbH und I. W. B. mbH bestand.
Unter dem 22. Oktober 1998 reichte die I. W. B. mbH bei der Stadt W. ein Nachtragsangebot über 8.934.005,64 DM ein, in dem es u.a. heißt:
"Aus den beiliegenden Voruntersuchungen unseres Nachunternehmers F. G. GmbH ergibt sich, dass die organogenen Weichschichten in Teilbereichen der zu verdichtenden Flächen über die in den Vertragstexten angegebenen Tiefen erheblich hinausgehen. (…)
Aus unserem Technischen Erläuterungsbericht (…) ist zu entnehmen, dass dieses technische System am o.g. Bauvorhaben nur bis 8 m anwendbar ist. Die im Vertrag vereinbarten Setzungsdifferenzen von 1 cm und die Gesamtsetzungen sind mit dem beauftragten Verdichtungssystem bei organogenen Weichschichten in Tiefen größer als 8 m am o.g. Bauvorhaben in Teilflächen nicht realisierbar. (…)
Zur Einhaltung der Vertragsparameter bieten wir Ihnen folgenden Nachtrag gemäß anliegendem Leistungsverzeichnis an (…)"
Dieses Nachtragsangebot zog die I. W. B. mbH auf Empfehlung des Projektsteuerers I. zurück, teilte aber mit Schreiben vom 19. November 1998 u.a. mit,
"dass unseres Erachtens in den Bereichen organogener Bodenschichten, die bis unterhalb der Tiefe von 7,10 m HN reichen, erhebliche Setzungen in der nächsten Zeit auftreten werden. Diese Langzeitsetzungen scheinen uns für jede weiteren Bauvorhaben auf diesem Gelände unverträglich zu sein.
Sollten zusätzliche Maßnahmen zur Verminderung der zu erwartenden Setzungen erforderlich sein, sind wir gerne bereit, Ihnen die Ausführung in einem Nachtrag nach Ihren technischen Vorgaben anzubieten."
Vom 26. November 1998 datiert ein an die Stadt W. adressiertes Schreiben der Beklagten, dem eine mit "Begründung für den Einsatz des DYNIV für die Bodenverbesserung" überschriebene Anlage beigefügt war, in der u.a. die Wirktiefe des DYNIV-Verfahrens mit 8,0 m angegeben wird und für Bereiche, in denen aufgrund von stattgefundenen Bohrungen tieferliegende organogene Schichten festgestellt wurden, Sondermaßnahmen als erforderlich beschrieben werden.
Die Klägerin, die die von den Bodenverbesserungsmaßnahmen betroffene Fläche von der Stadt W. erworben und dort ein Spanplattenfaserwerk errichtet hat, nimmt, soweit für die Revision noch von Interesse, die Beklagte auf Schadensersatz wegen aufgetretener Setzungen, deren Maß bis zu 69 cm beträgt, und der damit verbundenen Zerstörung von Erschließungsanlagen, insbesondere Straßen und Leitungen, in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Grundurteil zu einer Haftungsquote von 100 % stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Tenor des landgerichtlichen Urteils in ein Grund- und Feststellungsurteil abgeändert. Während das Landgericht die Beklagte verurteilt hat, weil der Klägerin Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht der Stadt W. zuständen, hat das Berufungsgericht eigene Schadensersatzansprüche der Klägerin aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ausgeurteilt und auf dieser Grundlage die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis bestätigt.
Mit der vom Berufungsgericht und vom Senat teilweise zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren in der Berufungsinstanz gestellten Antrag auf Abänderung des Grundurteils des Landgerichts und Klageabweisung weiter.
Die Revision führt im tenorierten Umfang zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Die Revision ist nur in beschränktem Umfang zugelassen.
1. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zulassung der Revision ist wirksam auf die Frage beschränkt, ob die Haftung der Beklagten wegen eines der Stadt W. und damit auch der Klägerin zuzurechnenden Mitverschuldens des Projektsteuerers I. zu kürzen ist.
a) Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort zugelassene Revision entsprechend einschränkt. Die Beschränkung ergibt sich aber durch Auslegung der Urteilsgründe.
Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - VII ZR 189/13, juris Rn. 38; Urteil vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360 Rn. 13; Urteil vom 3. Juni 2014 - II ZR 100/13, WM 2014, 1546 Rn. 10; Beschluss vom 27. März 2014 - III ZR 387/13, juris Rn. 4; Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, NJW 2014, 2029 Rn. 60 - insoweit in BGHZ 199, 237 nicht abgedruckt; jeweils m.w.N.).
Das Berufungsgericht hat in den Gründen des Berufungsurteils ausgeführt, die Revision werde zugelassen, weil der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Gesamtschuldverhältnis zwischen Ingenieur und Projektentwickler anzunehmen sei, grundsätzliche Bedeutung zukomme. Erörtert wird diese Frage allein im Kontext des von der Beklagten erhobenen Einwands, die Stadt W. und damit auch die Klägerin, die ihre Rechte von der Stadt W. ableitet, müssten sich ein etwaiges Mitverschulden des Projektsteuerers I. nach § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen. Damit hat das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung erkennbar auf diesen Gesichtspunkt beschränkt und die übrigen zwischen den Parteien im Streit stehenden Fragen von der Zulassung ausgenommen.
b) Eine Beschränkung mit diesem Inhalt ist zulässig.
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2014 - XII ZR 111/12, WM 2014, 2280 Rn. 33; Urteil vom 10. Juli 2014 - VII ZR 189/13, juris Rn. 40).
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Zulassung der Revision auf ein der Klägerin zurechenbares Mitverschulden des Projektsteuerers I. betrifft einen in diesem Sinn tatsächlich und rechtlichen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, der sich vom Grund der Haftung (schuldhafte Planungsfehler des in die Haftung genommenen Ingenieurs) trennen lässt (vgl. BGH, Urteile vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, NJW-RR 2014, 1118 Rn. 8; vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 11; vom 21. Januar 2010 - I ZR 215/07, NJW-RR 2010, 909 Rn. 16). Dementsprechend hätte auch die Beklagte selbst ihre Revision auf die Frage einer Haftungskürzung wegen der Zurechnung eines Mitverschuldens des Projektsteuerers I. beschränken können.
2. Darüber hinaus hat der Senat die Revision auf die von der Beklagten vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde insoweit zugelassen, als das Berufungsgericht eine Haftungskürzung wegen eines eigenen Mitverschuldens der Stadt W. und eine summenmäßige Haftungsbeschränkung der Beklagten aufgrund § 9 Nr. 9.2 der AVB abgelehnt hat.
II.
Das Berufungsurteil ist im tenorierten Umfang bereits deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht bei Erlass des angefochtenen Urteils nicht ordnungsgemäß besetzt war, § 547 Nr. 1 ZPO.
1. Bei nicht ordnungsgemäßer Besetzung des Gerichts ist der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO gegeben. Ein Besetzungsmangel im Sinne dieser Bestimmung liegt insbesondere vor, wenn bei der Geschäftsverteilung gegen die Vorschriften der §§ 21e - 21g GVG verstoßen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2005 - VI ZR 137/04, BGHZ 164, 87; Beschluss vom 11. Juli 1985 - VII ZB 6/85, BGHZ 95, 246). Damit kann eine Revision gegen ein Berufungsurteil auf die Rüge gestützt werden, dass - wie die Beklagte erstmals nach der Entscheidung über ihre Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht hat - das Berufungsgericht mangels geschäftsplanmäßiger Einsetzung eines Vorsitzenden Richters nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen ist (BGH, Urteil vom 13. September 2005 - VI ZR 137/04, BGHZ 164, 87 ff.). Ob das Gericht ordnungsgemäß besetzt war, beurteilt sich nach dem Inhalt des Geschäftsverteilungsplans, der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung galt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210 Rn. 14; Urteil vom 13. September 2005 - VI ZR 137/04, BGHZ 164, 87, 90).
2. Ausgehend hiervon ist die von der Revision erhobene Verfahrensrüge begründet. Das Berufungsgericht war zum Zeitpunkt der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden mündlichen Verhandlung vom 23. April 2013 nicht ordnungsgemäß besetzt, weil er entgegen den Regelungen in § 21f Abs. 1, § 115 GVG nicht in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Berufsrichtern entschieden hat. Die als Vorsitzende tätig gewordene Richterin am Oberlandesgericht M. war nicht gemäß § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG zur Vertretung des Vorsitzenden berufen, weil zu diesem Zeitpunkt keine "Verhinderung" im Sinne dieser Vorschrift mehr vorgelegen hat.
a) Im Zeitpunkt der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden mündlichen Verhandlung vom 23. April 2013 war der als Berufungsgericht entscheidende 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts R. seit sieben Monaten und 23 Tagen ohne ordentlichen Vorsitzenden. Der vormalige Vorsitzende hatte nach der vom erkennenden Senat eingeholten dienstlichen Stellungnahme des Präsidenten des Oberlandesgerichts R. unter dem 30. Juni 2012 für die Zeit ab dem 1. September 2012 bis zum 31. August 2013 Elternzeit sowie für die Zeit ab dem 1. September 2013 bis zum 31. Dezember 2014 eine Beurlaubung aus familiären Gründen beantragt. Beide Anträge wurden am 17./18. Juli 2012 bewilligt.
Das Verfahren zur Wiederbesetzung der Vorsitzendenstelle wurde durch das Justizministerium des Landes M.-V. ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Präsidenten des Oberlandesgerichts R. im Dezember 2012 eingeleitet, nachdem der Neuausschreibung bis Ende November 2012 haushaltsrechtliche Bedenken entgegenstanden. Nach Eingang mehrerer Bewerbungen forderte das Justizministerium am 26. März 2013 die Beurteilungen für die Bewerberinnen und Bewerber an. Für eine noch im Juni 2013 eingegangene Bewerbung wurde die Beurteilung Anfang Juli 2013 angefordert. Ende August 2013 lag dem Justizministerium der Besetzungsbericht vor. Am 22. November 2013 stellte ein unterlegener Bewerber beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel der Untersagung der Besetzung der Stelle mit dem ausgewählten Bewerber.
Seit dem 1. September 2012 wurde der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts R. durchgehend von der Richterin am Oberlandesgericht M. als der vom Präsidium bestimmten Vertreterin gemäß § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG geführt. In den von der Beklagten vorgelegten Geschäftsverteilungsplänen des Oberlandesgerichts R., Stand 17. Oktober 2012 und Stand 5. November 2013, ist für den 4. Zivilsenat als Vorsitzender "N.N." eingetragen. Erst zu Beginn des Geschäftsjahres 2014 wurde die Vakanz im Vorsitz durch die Aufteilung des Senats und die Bestellung von drei Interimsvorsitzenden beendet.
Ausweislich der im Revisionsverfahren eingeholten dienstlichen Stellungnahme des Präsidiums des Oberlandesgerichts R. wurde die durch den Weggang des vormaligen Vorsitzenden zum 1. September 2012 entstandene Situation erstmals in einer Sitzung am 15. August 2012 erörtert. Aufgrund einer Mitteilung des Präsidenten habe das Präsidium überwiegende Anhaltspunkte dafür gesehen, dass es zu einer Neuausschreibung der Stelle komme. Eine ungebührliche, die übliche Dauer übersteigende Verzögerung des Besetzungsverfahrens sei nicht erkennbar gewesen, weshalb zu diesem Zeitpunkt weder für eine Auflösung des Senats noch für eine Besetzung des Senats mit einem anderen Vorsitzenden Richter eine zwingende Veranlassung gesehen worden sei. Die Situation sei dann erneut in der Präsidiumssitzung vom 27. November 2012 anlässlich der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans 2013 erörtert worden. Aufgrund der Information durch den Präsidenten, die vakante Vorsitzendenstelle sei nunmehr zur Ausschreibung vorgesehen, sei das Präsidium zu der Einschätzung gelangt, dass mit einer Neubesetzung der Stelle nun in absehbarer Zeit gerechnet werden könne. Von der Möglichkeit, den Senatsvorsitz zusätzlich auf einen der anderen Senatsvorsitzenden des Oberlandesgerichts zu übertragen, sei wegen der allgemeinen Geschäftslage des Hauses abgesehen worden. Die alternativ erörterte Möglichkeit, den Senat aufzulösen und die dort behandelten Sachgebiete auf andere Senate des Oberlandesgerichts zu verteilen, sei wegen der zu erwartenden Neubesetzung der Stelle verworfen worden. Eine erneute Befassung des Präsidiums mit der Besetzung des Vorsitzes im 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts R. vor der maßgeblichen, dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden mündlichen Verhandlung vom 23. April 2013 hat nicht stattgefunden.
b) Unter Berücksichtigung dieser Umstände des Einzelfalls kann von einer zulässigen Vertretung des Vorsitzenden am 23. April 2013 in entsprechender Anwendung von § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG nicht mehr gesprochen werden.
aa) Gemäß § 21f Abs. 1, § 115 GVG führen den Vorsitz in den Spruchkörpern beim Oberlandesgericht neben dem Präsidenten die Vorsitzenden Richter. Nur bei Verhinderung des Vorsitzenden führt stellvertretend nach § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz. § 21f GVG hat zum Ziel, dass die Führung der Senate Richtern anvertraut wird, die vermöge ihrer besonderen Auswahl die Güte und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung durch den Senat, dem sie vorsitzen, in besonderem Maße gewährleisten (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 153/54, BGHZ 16, 254, 256; Beschluss vom 11. Juli 1985 - VII ZB 6/85, BGHZ 95, 246, 247). Dies zwingt dazu, die Vorschrift des § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG eng auszulegen und als Verhinderung im Sinne dieser Vorschrift nur die vorübergehende tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit, den Vorsitz zu führen, anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 1987 - 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 381; Beschluss vom 11. Juli 1985 - VII ZB 6/85, BGHZ 95, 246, 247; Urteil vom 28. Mai 1974 - 4 StR 37/74, NJW 1974, 1572 f.; BVerwG, NJW 1986, 1366, 1367). Die dauernde oder für eine unabsehbare Zeit erfolgende Vertretung des ordentlichen Vorsitzenden ist dagegen unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2005 - VI ZR 137/04, BGHZ 164, 87, 90; Urteil vom 29. Mai 1987 - 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 381; Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 153/54, BGHZ 16, 254, 256; BVerwG, NJW 2001, 3493; NJW 1986, 1366, 1367). Eine dauernde "Verhinderung" erfordert gegebenenfalls eine Berücksichtigung im Geschäftsverteilungsplan des laufenden Geschäftsjahrs, § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG (BGH, Urteil vom 13. September 2005 - VI ZR 137/04, BGHZ 164, 87, 90; BVerwG, NJW 1986, 1366, 1367).
bb) Als einen die entsprechende Anwendung von § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG rechtfertigenden Fall der Verhinderung des Vorsitzenden wird nach der übereinstimmenden höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das - durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand, durch Abordnung oder durch Tod bedingte - endgültige Ausscheiden eines Vorsitzenden aus dem Spruchkörper angesehen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2013 - 4 StR 556/12, NStZ-RR 2013, 259; Urteil vom 29. Mai 1987 - 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 381 f.; Beschluss vom 11. Juli 1985 - VII ZB 6/85, BGHZ 95, 246, 247; BSG, NJW 2007, 2717 f.; BFHE 190, 47, 52 f.; 155, 470, 471; BVerwG, NJW 2001, 3493; NJW 1986, 1366, 1367). Da es sich bei dieser Vakanz aber tatsächlich um eine dauernde Verhinderung des Vorsitzenden handelt, kann dieser normwidrige Zustand bis zur Wiederbesetzung der Stelle nur für eine kurze Übergangszeit hingenommen werden (BVerwG, NJW 2001, 3493; NJW 1986, 1366, 1367; vgl. auch BVerfGE 18, 423, 426 und BSG, NJW 2007, 2717, 2718).
cc) Grundsätzlich ist bei der Prüfung der zur Behebung des normwidrigen Zustands gebotenen Maßnahmen zwischen der Wiederbesetzung einer frei gewordenen Planstelle durch die Justizverwaltung und der Zuweisung des Vorsitzes des Spruchkörpers an einen Vorsitzenden Richter durch das Präsidium des Gerichts im Rahmen der Geschäftsverteilung nach § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG oder nach § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG zu unterscheiden. Während eine Wiederbesetzung durch die Justizverwaltung in aller Regel mit einer Ausschreibung der Stelle, dem Treffen der Auswahlentscheidung, der Mitteilung der Entscheidung an die unterlegenen Bewerber unter Einräumung einer ausreichenden Rechtsschutzfrist und unter Umständen der Beteiligung von Mitwirkungsgremien wie Richterwahlausschüssen und Präsidialräten verbunden ist und damit mehrere Monate oder länger in Anspruch nehmen kann, besteht für die Neuverteilung der Geschäfte durch das Gerichtspräsidium eine schnellere Handlungsmöglichkeit und Handlungspflicht (BVerwG, NJW 2001, 3493; OLG Rostock, OLGR 2008, 254, 256). Wie lange das Präsidium im Falle der nicht nahtlosen Besetzung der Stelle eines Vorsitzenden mit der Entscheidung zuwarten darf, einen anderen Vorsitzenden zusätzlich mit dem vakant gewordenen Senatsvorsitz zu betrauen oder den Senat aufzulösen und seine Richter und Rechtssachen anderen Senaten zuzuschreiben, lässt sich nicht allgemeingültig und losgelöst vom Grund der Verhinderung beantworten (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2013 - 4 StR 556/12, NStZ-RR 2013, 259; BSG, NJW 2007, 2717, 2718).
dd) Der vorliegende Fall zeichnet sich durch eine nicht langfristig vorhersehbare Vakanz im Vorsitz infolge eines Antrags auf Elternzeit mit anschließender Beurlaubung aus. Dies rechtfertigt es nicht, die für die Besetzungsrüge maßgebliche Vakanz von sieben Monaten und 23 Tagen als noch hinnehmbar einzustufen. Spätestens ab dem Zeitpunkt der Bewilligung der Anträge auf Elternzeit und Beurlaubung Mitte Juli 2012 war sowohl für das Justizministerium des Landes M.-V. als auch für das Präsidium des Oberlandesgerichts R. vorhersehbar, dass der bisherige ordentliche Vorsitzende des 4. Zivilsenats ab dem 1. September 2012 für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren sein Amt nicht ausüben würde, mithin in seiner Person ein Fall der dauernden Verhinderung vorliegen würde, auf den sowohl die Justizverwaltung als auch das Präsidium im Rahmen ihrer Aufgaben und Kompetenzen in der gebotenen Weise zu reagieren hatten. Sowohl der Justizverwaltung als auch dem Präsidium sind insoweit Versäumnisse anzulasten.
Für die Justizverwaltung bestand Anlass, die Stelle umgehend nach Bewilligung der beantragten Elternzeit, spätestens aber zum 1. September 2012 neu auszuschreiben. Die Zeitspanne von sechs Wochen zwischen Kenntnis vom Bevorstehen der Vakanz und deren Eintritt musste ausreichen, um die Frage der Nachbesetzung der Stelle zu klären, denn eine den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes widersprechende Besetzung eines Spruchkörpers lässt sich nicht mit haushaltsrechtlichen Gründen rechtfertigen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 1985 - VII ZB 6/85, BGHZ 95, 246 ff.; BFHE 155, 470, 471). Stattdessen wurde das Verfahren zur Wiederbesetzung der Stelle erst im Dezember 2012 eingeleitet.
Auch das Präsidium des Oberlandesgerichts R. ist seiner Aufgabe, im Rahmen seiner Befugnisse zur Geschäftsverteilung für eine den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Besetzung des 4. Zivilsenats Sorge zu tragen, nicht gerecht geworden. Ausgehend von der Annahme, dass eine zeitnahe Neuausschreibung der freiwerdenden Stelle durch das Justizministerium erfolgen würde, mag es in der Präsidiumssitzung vom 15. August 2012 zunächst noch gerechtfertigt gewesen sein, von einer die entsprechende Anwendung des § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG rechtfertigenden vorübergehenden Verhinderung des Vorsitzenden ab dem 1. September 2012 auszugehen. Bedenklich war es indes schon, an dieser Sichtweise auch in der Präsidiumssitzung vom 27. November 2012 noch festzuhalten. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt war absehbar, dass das Besetzungsverfahren für die Stelle, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ausgeschrieben war, nicht in angemessener Zeit abgeschlossen sein würde. Das Präsidium wäre daher bei der Beschlussfassung vom 27. November 2012 zumindest gehalten gewesen, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, sich zeitnah des Problems noch einmal anzunehmen. Angesichts der bereits seit dem 1. September 2012 andauernden Vakanz hätte sich das Präsidium spätestens im Februar 2013 mit der Angelegenheit erneut befassen müssen. Nachdem das Justizministerium Ende Februar 2013 noch nicht einmal die für die Besetzungsentscheidung notwendigen Beurteilungen der Bewerber angefordert hatte und die Neubesetzung auch nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in Aussicht gestellt war, bestand keine Rechtfertigung mehr dafür, den bestehenden Zustand noch für eine weitere ungewisse Zeitdauer fortbestehen zu lassen. Das Präsidium hätte spätestens für die Zeit ab 1. März 2013 Maßnahmen nach § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG ergreifen können und müssen und entweder den Vorsitz zusätzlich auf einen oder mehrere der anderen Senatsvorsitzenden des Oberlandesgerichts übertragen oder aber den Senat auflösen und dessen Geschäfte auf die anderen Senate des Oberlandesgerichts umverteilen müssen. Die zu Beginn des Geschäftsjahres 2014 getroffenen Maßnahmen zeigen, dass dem Präsidium Handlungsoptionen zur Verfügung standen, die geeignet gewesen wären, den gesetzwidrigen Zustand im Vorsitz des 4. Zivilsenats zu beenden. Die gemäß § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG gebotenen Maßnahmen waren bis zum 23. April 2013 nicht getroffen, obwohl die Zeit ausgereicht hätte, um sie zu treffen.
III.
In der neu eröffneten Berufungsverhandlung wird sich das Berufungsgericht mit den von der Beklagten im Revisionsverfahren vorgebrachten weiteren Rügen zu beschäftigen haben, soweit sich diese auf die Beurteilung der Fragen eines eigenen Mitverschuldens der Stadt W., eines der Stadt W. zuzurechnenden Fremdverschuldens des Projektsteuerers I. sowie einer summenmäßigen Haftungsbeschränkung aufgrund § 9 Nr. 9.2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen beziehen. Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Da die Rechte des in die Schutzwirkung des Vertrags einbezogenen Dritten nicht weiter reichen können als die des Vertragspartners selbst, muss es sich die Klägerin unmittelbar nach § 254 Abs. 1, 2 BGB haftungsmindernd entgegenhalten lassen, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden der Stadt W. mitgewirkt oder diese gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung verstoßen hat (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1960 - VII ZR 148/59, BGHZ 33, 247, 250).
2. Soweit das Berufungsgericht jegliches eigenes Mitverschulden der Stadt W. an der Entstehung des Schadens verneint hat, begegnet die vom Berufungsgericht gegebene Begründung in Teilen Bedenken. Die bisherige rechtliche Würdigung berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Stadt W. auf das ihr vor der Bauausführung durch die Schreiben der ARGE vom 22. Oktober/19. November 1998 sowie das Schreiben der Beklagten vom 26. November 1998 in gewissem Umfang bekannt gewordene Risiko von Setzungen bei Ausführung des DYNIV-Verfahrens in der ursprünglich vorgesehenen Weise keine Rücksicht genommen hat und darauf der von der Klägerin geltend gemachte Schaden beruht.
Nach der Rechtsprechung des Senats darf der Auftraggeber die Baumaßnahme nicht ohne Weiteres auf der Grundlage offenkundiger Risiken vornehmen lassen, denn der Auftraggeber, dem sich aufgrund der Kenntnis tatsächlicher Umstände eine bestimmte Gefahrenlage aufdrängen muss, verstößt regelmäßig gegen die in seinem eigenen Interesse gemäß § 254 Abs. 1 BGB bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, wenn er die Augen vor der Gefahrenlage verschließt und das Bauvorhaben ohne Weiteres durchführt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - VII ZR 4/12, BauR 2013, 1472 Rn. 29 = NZBau 2013, 515; Urteil vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 209/11, BauR 2013, 624 Rn. 27 f. = NZBau 2013, 244; Urteil vom 19. Mai 2011 - VII ZR 24/08, BauR 2011, 1494 Rn. 30 = NZBau 2011, 483; Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 8/10, BauR 2011, 869 Rn. 43 ff. = NZBau 2011, 360).
Diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht bei der Würdigung der an die Stadt W. gerichteten Schreiben der ARGE vom 22. Oktober/19. November 1998 und der Beklagten vom 26. November 1998 nicht hinreichend Rechnung getragen. Zur Beurteilung steht die Frage, ob die Stadt W. gegen die in ihrem eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, verstoßen hat, indem sie als Auftraggeberin trotz ihr bekannter Risiken auf der unveränderten Ausführung des DYNIV-Verfahrens bestanden hat und sich dadurch genau diejenigen Risiken - erhebliche Setzungen - verwirklicht haben, vor denen sie von den Baubeteiligten vor der Bauausführung in gewissem Umfang gewarnt worden war.
Sie durfte nicht die Augen vor der zu Tage getretenen Problematik verschließen und ohne angemessene Reaktion selbst oder durch den von ihr insoweit eingesetzten Projektsteuerer I. die Anweisung erteilen, das DYNIV-Verfahren in der ursprünglich geplanten und beauftragten Weise ohne Zusatzmaßnahmen auszuführen.
3. In Bezug auf die Stellung und das Verhalten des Projektsteuerers I. weist der Senat darauf hin, dass sich die Klägerin nicht damit entlasten kann, nicht die Stadt W., sondern der Projektsteuerer I. habe unter Hintanstellung der in den Schreiben vom 22. Oktober/19. November 1998 der ARGE sowie dem Schreiben vom 26. November 1998 mitgeteilten Bedenken die Anweisung getroffen, das DYNIV-Verfahren in der ursprünglich beauftragten Weise ohne Zusatzmaßnahmen auszuführen. Soweit die Stadt W. im Rahmen der sie als Auftraggeberin treffenden Obliegenheit, sich selbst vor den Schäden offenkundiger oder bekannter Risiken der Bauausführung zu bewahren, an ihrer Stelle den Projektsteuerer I. als Ansprechpartner und Entscheidungsträger eingesetzt haben sollte, ist der Projektsteuerer I. im Verhältnis zu den anderen Baubeteiligten, auch der Beklagten, als Erfüllungsgehilfe der Stadt W. anzusehen, so dass sie für ein etwaiges Verschulden des Projektsteuerers nach § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 Satz 1 BGB einstehen muss (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., § 31 Rn. 22 und 12. Aufl., Einleitung, Rn. 430; Eschenbruch, Projektmanagement und Projektsteuerung, Rn. 1670, 1674; Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 8. Aufl., Einführung Rn. 698; Korbion, Baurecht, Teil 14 Rn. 116; Schill, Der Projektsteuerungsvertrag, S. 104). Dies steht nicht im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Senats zur begrenzten Mitverantwortung des Auftraggebers gegenüber Planern (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juni 2013 - VII ZR 4/12, BauR 2013, 1472 Rn. 27 ff.; vom 4. Juli 2002 - VII ZR 66/01, BauR 2002, 1719, 1720 = NZBau 2002, 616; vom 10. Juli 2003 - VII ZR 329/02, BauR 2003, 1918, 1920 f. = NZBau 2003, 567; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., Teil 12 Rn. 749 f.). Dass den Auftraggeber im Verhältnis zu seinem planenden Architekten oder Ingenieur ein Mitverschulden treffen kann, wenn sich ihm aufgrund der Kenntnis tatsächlicher Umstände eine bestimmte Gefahrenlage aufdrängen muss, er hiervor aber die Augen verschließt und das Bauvorhaben ohne Weiteres durchführt, hat der Senat mehrfach entschieden (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juni 2013 - VII ZR 4/12, BauR 2013, 1472 Rn. 29 = NZBau 2013, 515; vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 209/11, BauR 2013, 624 Rn. 27 f. = NZBau 2013, 244; vom 10. Februar 2011 - VII ZR 8/10, BauR 2011, 869 Rn. 43 ff. = NZBau 2011, 360). Wenn der Auftraggeber sich zur Erfüllung seiner insoweit bestehenden Mitwirkungs-, Handlungs- und Entscheidungsobliegenheiten eines Dritten bedient, muss er sich dessen Verschulden zurechnen lassen.
4. Auch die Erwägungen des Berufungsgerichts zu der Frage der Haftungsbeschränkung der Beklagten aufgrund § 9 Nr. 9.2 AVB begegnen Bedenken.
Vorbehaltlich ergänzenden Sachvortrags der Parteien und der neu zu treffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klausel wie folgt auszulegen, wenn das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass es sich um eine von der Stadt W. verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung handelt:
Nach dem Wortlaut von § 9 Nr. 9.2 AVB soll der Auftragnehmer dem Auftraggeber bei Verzug oder bei einem sonstigen schuldhaften Verstoß gegen seine Vertragspflichten für die dadurch bedingten Mehrkosten der Baumaßnahme, den Schaden an der baulichen Anlage und die vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten anderen Schäden in voller Höhe ersatzpflichtig sein; für den übrigen Schaden haftet er je nach Schadensereignis bis zur Höhe der im Vertrag vereinbarten Deckungssumme der Haftpflichtversicherung. Die mangelhaften Ingenieurleistungen der Beklagten, derentwegen die Klägerin Schadensersatz verlangt, sind aus der Sicht eines verständigen Auftragnehmers ein "sonstiger schuldhafter Verstoß gegen seine Vertragspflichten" im Sinne von § 9 Nr. 9.2 AVB, so dass die Beklagte der Höhe nach summenmäßig unbegrenzt haftet, soweit von ihr Ersatz der Mehrkosten der Baumaßnahme oder Ersatz für die Schäden an der baulichen Anlage oder aber Ersatz für solche Schäden gefordert wird, die auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen. Unter die "übrigen Schäden", für die die Haftungsbegrenzung bis zur Höhe der im Vertrag vereinbarten Deckungssumme (500.000 DM) eingreifen soll, fallen im Umkehrschluss diejenigen Schäden, die nicht zur Gruppe "Schäden an der baulichen Anlage" gehören und die nur durch einfache oder leichte Fahrlässigkeit der Beklagten verursacht wurden. Bei zutreffendem Verständnis der Klausel müssen daher die von der Klägerin geltend gemachten Schäden in den Blick genommen werden und es muss geprüft werden, ob diese unter die Gruppe "Schäden an der baulichen Anlage" im Sinne von § 9 Nr. 9.2 AVB fallen oder - wenn nicht - ob der Beklagten Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann.
Eick Kartzke Jurgeleit
Graßnack Feilcke