Entscheidungsdatum: 13.09.2016
1. Werden Haupt- und Hilfsantrag in erster Instanz abgewiesen und hat die Berufung hinsichtlich des Hauptantrags Erfolg, ist die Abweisung des Hilfsantrags ohne Weiteres gegenstandslos.
2. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unabhängig von dem Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer zulässig, wenn und soweit das Berufungsgericht eine Berufung teilweise verworfen hat.
Der Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird teilweise stattgegeben.
Das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 18. Dezember 2013 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers hinsichtlich der Hilfsanträge als unzulässig verworfen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers verworfen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen der Kläger 4/5 und der Beklagte 1/5. Die durch die Nebeninterventionen verursachten Kosten trägt der Kläger zu 4/5; im Übrigen tragen sie die Streithelfer selbst.
Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und die in diesem Verfahren durch die Nebeninterventionen entstandenen Kosten trägt der Kläger.
In Abänderung der Festsetzung durch die Vorinstanzen wird der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens auf 25.000 € und der Streitwert des Berufungsverfahrens auf 26.894,80 € festgesetzt.
Der Streitwert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird auf bis zu 7.000 € festgesetzt.
I.
Die Parteien sind Nachbarn. Zugunsten des Grundstücks des Klägers bestand ein Wegerecht. Der Beklagte wollte bauliche Veränderungen an seinem Grundstück vornehmen. Die Parteien vereinbarten mit notariellem Vertrag vom 16. August 2006 die Verlegung des bisherigen Weges und die Befestigung des neu anzulegenden Weges sowie der anzulegenden Zufahrt. Die neu zu errichtende Zufahrt sollte hiernach durch ein Fachunternehmen auf Kosten des Eigentümers des dienenden Grundstücks errichtet werden. Der Beklagte ließ die Arbeiten von seinen Streithelfern ausführen. Der Kläger rügte die Arbeiten als mangelhaft.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zu verurteilen, bestimmte näher bezeichnete Mängelbeseitigungsarbeiten durchzuführen, sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm infolge der bisherigen Schlechterfüllung entstandene Schäden zu ersetzen (Anträge zu 1 und 2), hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, der Rückänderung der Grunddienstbarkeit zuzustimmen (Hilfsantrag zu 1), sowie den Beklagten zu verurteilen, binnen Halbjahresfrist nach Rechtskraft den entsprechenden Grundstückszustand wieder herzustellen (Hilfsantrag zu 2).
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Mit seiner Berufung hat der Kläger den erstinstanzlichen Antrag zu 1 weiterverfolgt. Den erstinstanzlichen Feststellungsantrag zu 2 hat er auf gerichtlichen Hinweis umgestellt dahingehend, dass er nunmehr beantragt hat, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.894,80 € zu zahlen. Hilfsweise hat er die beiden erstinstanzlichen Hilfsanträge weiterverfolgt.
Das Berufungsgericht hat dem Klageantrag zu 1 teilweise stattgegeben. Die teilweise bestehen gebliebene Abweisung dieses Antrags zu 1 nimmt der Kläger hin. Den (geänderten) Antrag zu 2 hat das Berufungsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers bezüglich der Hilfsanträge zu 1 und 2 hat das Berufungsgericht als unzulässig erachtet.
Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, soweit sein Zahlungsantrag (Antrag zu 2) zurückgewiesen sowie die Berufung als unzulässig verworfen worden ist.
II.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem notariellen Vertrag vom 16. August 2006 um einen Vertrag sui generis mit inhaltlicher Anlehnung an das Werkvertragsrecht handele.
Der Antrag zu 1 sei insoweit begründet, als der Kläger bestimmte Mangelbeseitigungsarbeiten hinsichtlich einer näher beschriebenen Pflasterfläche verlangen könne. Im Übrigen sei er unbegründet. Der Antrag zu 2 habe keinen Erfolg, weil er im Wege einer in der Berufungsinstanz unzulässigen Klageänderung zum Prozessgegenstand erhoben worden sei. Soweit der Kläger auch die Hilfsanträge zu 1 und 2 mit der Berufung weiterverfolge, sei diese bereits unzulässig. Der Kläger habe im Berufungsverfahren Angriffe gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Hilfsanträge nicht vorgetragen.
III.
1. Die Beschwerde führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Berufung des Klägers hinsichtlich der Hilfsanträge zu 1 und 2 als unzulässig verworfen worden ist.
a) Die Beschwerde ist insoweit unabhängig von dem Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer zulässig, § 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO. Diese Vorschrift gilt auch, wenn und soweit das Berufungsgericht eine Berufung teilweise verworfen hat. Das ist hinsichtlich der Hilfsanträge der Fall, was eine Auslegung des Berufungsurteils ergibt. Trotz der nicht differenzierenden Formulierung im Tenor, dass die Berufung im Übrigen zurückgewiesen werde, folgt aus den Entscheidungsgründen einleitend unter II. sowie unter II. 5. eindeutig, dass das Berufungsgericht die Berufung hinsichtlich der Hilfsanträge als unzulässig erachtet hat.
b) Auch die für die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde notwendige Beschwer des Beschwerdeführers (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 544 Rn. 6) ist gegeben. Zwar liegt keine Beschwer darin, dass die Hilfsanträge in erster Instanz abgewiesen worden sind und es durch die Verwerfung der dagegen gerichteten Berufung hierbei geblieben wäre. Denn diese Entscheidung des Landgerichts entfiel automatisch aufgrund der auflösenden Bedingung, unter der sie stand und die eingetreten ist, indem der Hauptantrag in der Berufungsinstanz (teilweise) Erfolg hatte (vgl. unten c)).
Jedoch ist eine Partei schon dann beschwert, wenn das Berufungsgericht die Berufung in einem Punkt als unzulässig verwirft, der nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug ist (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 89/90, NJW 1991, 703, 704, juris Rn. 14-17).
c) Das Berufungsgericht hat, wie die Beschwerde zu Recht rügt, durch die Entscheidung über die Hilfsanträge den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Denn hiermit hat das Berufungsgericht gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen. Ein solcher Verstoß stellt zugleich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zum Nachteil der hiervon betroffenen Partei dar (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 308 Rn. 6 m.w.N.). § 308 Abs. 1 ZPO ist auch dann verletzt, wenn das Gericht zum Nachteil des Klägers über einen Antrag entscheidet, den er nicht (mehr) gestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684, juris Rn. 13).
So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat jedenfalls den Kern des Inhalts der Anträge verkannt, auch wenn es deren Wortlaut richtig wiedergegeben hat. Der Kläger hat seine Hilfsanträge für den Fall des Unterliegens mit den Hauptanträgen gestellt. Da das Berufungsgericht dem Hauptantrag zu 1 teilweise stattgegeben hat, ist die Entscheidung des Landgerichts zu den Hilfsanträgen hinfällig geworden. Das hätte das Berufungsgericht beachten müssen. Eine eigene Entscheidung zu den Hilfsanträgen durfte deshalb nicht mehr ergehen. Dass die Bedingung, unter der die Hilfsanträge standen, schon dann nicht eingetreten ist, wenn einem Hauptantrag auch nur teilweise stattgegeben wurde, ergibt sich aus dem eindeutigen Sinn der Anträge. Der Antrag zu 1 richtete sich auf die Herstellung des vereinbarten Zustandes nach Verlegung des Weges. Die Hilfsanträge waren dagegen darauf gerichtet, den Zustand nach dem ursprünglichen Wegerecht wieder herzustellen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerde bedeutet dies allerdings nicht, dass das Berufungsgericht die Hinfälligkeit der landgerichtlichen Abweisung der Hilfsanträge hätte aussprechen müssen. In dem Fall, dass Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen werden und die hinsichtlich des Hauptantrags eingelegte Berufung Erfolg hat, ist die Abweisung des Hilfsantrags ohne Weiteres gegenstandslos (Musielak/Voit/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 528 Rn. 5; BeckOK ZPO/Wulf, Stand: 1. Juli 2016, § 528 Rn. 7; a.A. MünchKommZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 528 Rn. 42).
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist im Übrigen unzulässig. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 € nicht, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO. Die Beschwer des Klägers beträgt hinsichtlich des mit der Beschwerde weiterverfolgten Zahlungsanspruchs 6.894,80 €. Entgegen der Auffassung der Beschwerde sind diesem Wert wegen der Verwerfung der Berufung hinsichtlich der beiden Hilfsanträge nicht für jeden Hilfsantrag weitere 20.000 € hinzuzurechnen, mit denen das Berufungsgericht diese Anträge bewertet hat. Denn diese Hilfsanträge werden mit der beabsichtigten Revision nicht weiterverfolgt. Die Beschwerde geht zutreffend selbst davon aus, dass die Bedingung, unter der sie gestellt waren, nicht mehr eintreten kann, weil der Klageantrag zu 1 bereits teilweise Erfolg gehabt hat. Die Verwerfung der Berufung hinsichtlich der Hilfsanträge, die die Beschwerde beseitigt haben möchte, hat keinen erkennbaren Wert, der die Beschwer erhöhen könnte. Hierzu ist nichts ersichtlich und von der Beschwerde auch nichts dargelegt. Die Belastung mit den Kosten, die durch die Verwerfung der Berufung hinsichtlich der Hilfsanträge entstanden ist, hat bei der Berücksichtigung der Beschwer außen vor zu bleiben.
3. Eine Zurückverweisung gemäß § 544 Abs. 7 ZPO kommt hier ausnahmsweise nicht in Betracht, weil keine weitere Entscheidung in der Hauptsache mehr notwendig wird (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2014 - XI ZR 126/13). Die Kostenentscheidung kann der Senat selbst treffen. Sie beruht auf § 92 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
4. Der Senat hat die Streitwertfestsetzungen der Instanzgerichte abgeändert, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG; die Hilfsanträge bleiben außer Betracht, § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1984 - VIII ZR 217/83, WM 1985, 264, 267 f., juris Rn. 59).
Eick Halfmeier Kartzke
Jurgeleit Sacher