Entscheidungsdatum: 04.07.2013
Der Beschwerde des Beklagten wird teilweise stattgegeben.
Der Beschluss des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Mai 2012 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage in Höhe von 7.768,44 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.
Von einer Begründung wird insoweit abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
Gegenstandswert: 31.248,07 € (zugelassener Teil: 7.768,44 €)
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein mit der Widerklage geltend gemachter Vorschussanspruch des Beklagten zur Beseitigung von Mängeln.
Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit Innenputzarbeiten für sein Haus. Streitig ist insbesondere der Umfang des erteilten Auftrags. Der Beklagte behauptet, die Klägerin sei damit beauftragt gewesen, eine tapezierfähige Putzoberfläche im gesamten Haus herzustellen; der Altputz habe abgeschlagen und erneuert werden sollen. Die Klägerin behauptet, sie habe nur die unverputzten Wände verputzen sollen; den Altputz habe sie nur an bestimmten Stellen ausbessern sollen. Streitig ist auch der Tapezierungszustand der Räume bei Auftragsvergabe. Der Beklagte behauptet dazu, dass vor Angebotserstellung nicht eine Wand tapeziert gewesen sei.
Mit der Widerklage hat der Beklagte einen Kostenvorschuss für die Beseitigung nicht tragfähigen Altputzes sowie für das Neuaufbringen von Putz verlangt, zunächst für das Obergeschoss in Höhe von 7.768,44 €. Der Beklagte hat die Widerklage später in Höhe von 23.479,63 € im Hinblick auf das Erdgeschoss erweitert.
Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin zur Erneuerung des vorhandenen Altputzes verpflichtet habe. Das Landgericht hat unter anderem darauf abgestellt, dass sich die Aussagen der vom Beklagten benannten Zeugin F. und des von der Klägerin benannten Zeugen Sch. entgegenstünden. Die Aussage der Zeugin F. decke sich auch nicht mit den Bekundungen des von der Klägerin beauftragten Nachunternehmers, des Zeugen G.
Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt er sein Zahlungsverlangen weiter.
II.
1. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt: Dem Beklagten stehe kein Vorschussanspruch gemäß § 637 Abs. 3 BGB zu. Er habe nicht bewiesen, dass die Klägerin den gesamten Altputz habe erneuern sollen. Durch die Zeugenvernehmung sei keine Klärung erzielt worden. Die erstinstanzliche Beweiswürdigung sei nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf das Erdgeschoss habe der Beklagte nicht dargelegt, dass der von der Klägerin aufgebrachte Putz mangelhaft sei.
2. Der Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist teilweise, nämlich soweit es Putzarbeiten im Obergeschoss betrifft, stattzugeben, weil insoweit die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, § 544 Abs. 6 und 7 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in zweifacher Weise verletzt, weil es entscheidungserhebliches Beweisanerbieten des Beklagten unberücksichtigt gelassen hat.
a) Die Beschwerde macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht einen Berufungsangriff des Beklagten übergangen hat, der sich gegen die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen Sch. und G. bzw. deren persönliche Glaubwürdigkeit richtete. Zum Tapezierungszustand bei Auftragsvergabe haben die Zeugen Sch. und G. bekundet, dass das Haus zum Zeitpunkt der Vergabeverhandlungen überwiegend tapeziert gewesen sei (so der Zeuge Sch.) bzw. ganz oder teilweise, er sei sich aber nicht sicher (so der Zeuge G.).
Die Zeugin F. hat hingegen bekundet, es sei nicht eine Wand tapeziert gewesen. Dazu hat der Beklagte bereits in erster Instanz zwei weitere Zeugen angeboten, die Zeugen Fr. und L. Auf diese Beweisangebote hat der Beklagte in der Berufungsbegründung Bezug genommen. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Zeugen Fr. und L. nicht gehört hat, die der Beklagte zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen Sch. und G. bzw. zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen benannt hat.
b) Zudem hat das Berufungsgericht das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf rechtliches Gehör unter einem weiteren Gesichtspunkt verletzt. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16. März 2009 Lichtbilder vorgelegt und behauptet, aus ihnen ergebe sich, dass vor Beginn der Arbeiten der Klägerin keine Tapete angebracht gewesen sei. Die Richtigkeit des Aufnahmedatums hat der Beklagte durch die Zeugin F. unter Beweis gestellt. Dem ist das Berufungsgericht nicht nachgegangen.
3. Die Gehörsverstöße sind entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat nicht nachvollziehbar ausgeführt, dass die Beweisangebote aus seiner Sicht nicht geeignet sind, die Glaubwürdigkeit der Zeugen Sch. und G. und die Glaubhaftigkeit ihrer Bekundungen zu erschüttern. Es ist daher nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht den Nachweis des vom Beklagten behaupteten Auftragsumfangs bei Erhebung des Zeugenbeweises und Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen Sch. und G. als geführt ansehen und den geltend gemachten Vorschussanspruch für das Obergeschoss zusprechen wird.
III.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die erstinstanzlich gehörten Zeugen Sch. und G. unter Umständen vom Berufungsgericht erneut zu vernehmen sind, § 398 ZPO. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen (d.h. seine Glaubwürdigkeit) noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit (d.h. die Glaubhaftigkeit) seiner Aussage betreffen (BGH, Beschluss vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 7; siehe auch Urteil vom 29. Sep-tember 2011 - VII ZR 87 11, BauR 2012, 115 = NZBau 2011, 746 Rn. 16; Beschluss vom 14. Mai 2013 - XI ZR 274 12, juris Rn. 14). Danach ist es dem Berufungsgericht verwehrt, ohne erneute Vernehmung der Zeugen Sch. und G. von ihrer Unglaubwürdigkeit bzw. von der Unglaubhaftigkeit ihrer Aussagen oder von der Verlässlichkeit der Aussage der Zeugin F. auszugehen.
Im Hinblick auf den vom Beklagten behaupteten Vertragsumfang wird zu beachten sein, dass der vereinbarte Werklohn dafür nach den Feststellungen des Berufungsgerichts viel zu niedrig war und dass das Alter des Putzes nach dem Befund des Sachverständigen keinen Anlass gab, diesen abzuschlagen.
Kniffka Eick Halfmeier
Kosziol Jurgeleit