Entscheidungsdatum: 09.08.2012
Eine Entscheidung über die Kosten im Sinne des § 567 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor, wenn darüber zu entscheiden ist, ob der Gerichtsvollzieher mit Recht die Vollstreckung einer Hauptforderung verweigert hat, weil er im Gegensatz zum Gläubiger der Auffassung ist, eine außerhalb der Zwangsvollstreckung erfolgte Zahlung des Schuldners habe dessen nicht zur Vollstreckung angemeldete Kostenforderung nicht getilgt.
Auf die Rechtsmittel der Gläubigerin werden der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 28. September 2010 aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - Dresden vom 4. Dezember 2007 abgeändert.
Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, gemäß dem Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin wegen Mobiliarvollstreckung und ihrem Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vom 18. Mai 2007, geändert mit Schreiben vom 20. Juni 2007 und mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2007, den Restbetrag in Höhe von 148,07 € nebst Zinsen bei dem Schuldner einzuziehen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden dem Schuldner auferlegt.
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.
Am 2. Oktober 2006 erteilte sie dem Gerichtsvollzieher einen (ersten) Vollstreckungsauftrag, in dem die Adresse des Schuldners falsch angegeben war. Am 1. November 2006 erklärte der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsauftrag für erledigt, da der Schuldner unter der im Vollstreckungsauftrag angegebenen Adresse nicht zu ermitteln sei. Im Anschluss nahm die Gläubigerin den Vollstreckungsauftrag aufgrund einer angeblich mit dem Schuldner geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung zurück.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. März 2007 übersandte die Gläubigerin dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners eine Forderungsaufstellung über einen Gesamtbetrag von 1.577,33 €, die unter anderem die Position "ZV-Auftrag 02.10.2006 150,50 €" enthielt. Nachdem er von der Gläubigerin die Vollstreckungsunterlagen, in denen 132,50 € Anwaltskosten und 18 € Gerichtsvollziehergebühren für den Vollstreckungsauftrag vom 2. Oktober 2006 ausgewiesen waren, erhalten hatte, überwies der Schuldner ihr am 3. April 2007 den Betrag von 150,50 € unter Angabe des folgenden Verwendungszwecks: "Schlussrate KFB LG I. und ZV Gebühren".
Am 18. Mai 2007, geändert mit Schreiben vom 20. Juni 2007, erteilte die Gläubigerin dem Gerichtsvollzieher einen neuen Vollstreckungsauftrag. In der beigefügten Forderungsaufstellung brachte die Gläubigerin von den dort aufgeführten Kosten des ersten Vollstreckungsauftrages in Höhe von 150,50 € die Zahlung des Schuldners vom 3. April 2007 in Abzug und wies darauf hin, dass die Forderung in dieser Höhe gemäß § 367 Abs. 2 BGB berücksichtigt sei. Sie begehrte die Vollstreckung der verbleibenden restlichen Hauptforderung nebst Zinsen. Bei der Ausführung dieses Vollstreckungsauftrages berücksichtigte der Gerichtsvollzieher die Kosten des ersten Vollstreckungsauftrages nicht, da es sich nach seiner Auffassung um nicht notwendige Kosten handelte, und brachte die vom Schuldner geleistete Zahlung in Höhe von 150,50 € von den weiteren zu vollstreckenden Forderungen in Abzug.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat die hiergegen gerichtete Vollstreckungserinnerung der Gläubigerin zurückgewiesen. Während des Erinnerungsverfahrens zog der Gerichtsvollzieher weitere Beträge von dem Schuldner ein, so dass noch eine Restforderung in Höhe von 148,07 € nebst Zinsen verbleibt. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, den verbleibenden Restbetrag nebst Zinsen bei dem Schuldner einzuziehen.
II.
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht meint, die sofortige Beschwerde der Gläubigerin sei nach § 567 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil der danach maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes nicht erreicht werde. Von § 567 Abs. 2 ZPO seien alle Fälle erfasst, in denen der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsauftrag mit der Begründung ablehne, dieser habe eine Kostenposition zum Gegenstand, die nicht berechtigt sei. Das Gesetz differenziere nicht danach, ob die Weigerung des Gerichtsvollziehers damit begründet werde, dass er kostenrechtliche Bedenken gegen solche Forderungen erhebe, die vom Vollstreckungsgläubiger als Kosten geltend gemacht würden, oder ob er die Verrechnung geleisteter Zahlungen auf die Kosten beanstande.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zu Unrecht als nach § 567 Abs. 2 ZPO unzulässig angesehen.
§ 567 Abs. 2 ZPO setzt voraus, dass eine "Entscheidung über Kosten" betroffen ist. Daran fehlt es.
aa) Allerdings ist anerkannt, dass zu den Entscheidungen über Kosten gemäß § 567 Abs. 2 ZPO auch Entscheidungen im Zusammenhang mit der Beitreibung von Zwangsvollstreckungskosten nach § 788 ZPO gehören (vgl. OLG Köln, Rpfleger 1993, 146; OLG Stuttgart, JurBüro 1989, 1740, 1741; OLG Hamm, Rpfleger 1977, 109; OLG Düsseldorf, JMBl. NW 1963, 31; LG Saarbrücken, Beschluss vom 11. Februar 2004 - 5 T 57/04, juris; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 567 Rn. 20; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 567 Rn. 31; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn. 731). Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 110).
bb) Eine Entscheidung über die Kosten liegt aber nicht vor, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nur wegen einer Hauptforderung betreibt und der Gerichtsvollzieher diese Vollstreckung verweigert, weil er im Gegensatz zum Gläubiger der Auffassung ist, eine außerhalb der Zwangsvollstreckung erfolgte Zahlung des Schuldners habe dessen nicht zur Vollstreckung angemeldete Kostenforderung nicht getilgt. Denn in diesem Fall ergeht allein eine Entscheidung darüber, ob die Vollstreckung wegen der Hauptforderung durchgeführt werden muss. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Gerichtsvollzieher zur Tilgungswirkung der betreffenden Zahlung eine andere Auffassung vertritt als der Gläubiger. Damit wird kein Zusammenhang mit einer vom Gerichtsvollzieher im Rahmen der Zwangsvollstreckung eventuell zu berücksichtigenden Kostenfrage begründet, der es rechtfertigen würde, die Entscheidung über die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung wegen der Hauptforderung als Entscheidung über die Kosten anzusehen. Denn es geht in erster Linie um die Frage, ob die materiell-rechtliche Tilgungswirkung durch eine Zahlung außerhalb der Zwangsvollstreckung eingetreten ist.
b) So liegt der Fall hier.
Der Schuldner hat den Betrag von 150,50 € an die Gläubigerin bezahlt, nachdem diese ihm die Vollstreckungsunterlagen zugesandt hatte, aus denen sich Anwaltskosten von 132,50 € und Kosten des Gerichtsvollziehers von 18 € ergaben. Zu Recht hat die Gläubigerin das als zweckgebundene Zahlung auf die Kosten des Vollstreckungsauftrags vom 2. Oktober 2006 angesehen. Sie hat dementsprechend in ihrem Vollstreckungsauftrag darauf hingewiesen, dass dieser Teil ihrer Forderung vom Schuldner erfüllt worden sei. Damit hat sie den Vollstreckungsauftrag auf die restliche Forderung beschränkt. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Kosten von 150,50 € noch in ihrer Kostenaufstellung enthalten waren, denn ihnen wurde sogleich die zweckgebundene Zahlung gegenübergestellt.
Mit diesem Vollstreckungsauftrag hat sie Art und Umfang der Vollstreckung verbindlich bestimmt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., vor § 704 Rn. 19, § 753 Rn. 7). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt grundlegend von demjenigen, der der vom Beschwerdegericht zitierten Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken (Beschluss vom 11. Februar 2004 - 5 T 57/04, juris) zugrunde lag. Dort begehrte die Gläubigerin allein die Beitreibung von Kosten der Zwangsvollstreckung (Zwangsvollstreckungsgebühren).
Der Gerichtsvollzieher hat die Zwangsvollstreckung verweigert, weil er der Auffassung ist, die Kostenforderung wegen des Vollstreckungsauftrags vom 2. Oktober 2006 sei zu Unrecht erhoben worden, die Zahlung habe deshalb keine Tilgungswirkung haben können und sei auf die Hauptforderung anzurechnen. Diese materiell-rechtliche Beurteilung von Vorgängen außerhalb des Verfahrens der Zwangsvollstreckung begründet keinen Zusammenhang, der es rechtfertigen könnte, die Entscheidung über die Frage, ob die Zwangsvollstreckung wegen der Hauptforderung fortgesetzt werden muss, als Entscheidung über die Kosten der Zwangsvollstreckung anzusehen.
3. Weitere Gesichtspunkte, die die Weigerung des Gerichtsvollziehers zur Beitreibung der restlichen Hauptforderung in Höhe von (nunmehr noch) 148,07 € nebst Zinsen rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Senat konnte daher nach § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst entscheiden und den Gerichtsvollzieher entsprechend dem Antrag der Gläubigerin anweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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