Entscheidungsdatum: 08.07.2010
Die Anordnung des Gerichts, dass ein Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens binnen einer bestimmten Frist Klage zu erheben habe, ist unanfechtbar. Ergeht die Anordnung durch das Beschwerdegericht, ist hiergegen auch bei Zulassung durch das Beschwerdegericht keine Rechtsbeschwerde statthaft .
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Februar 2008 wird als unzulässig verworfen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert: 2.500 €
I.
Die Antragsgegnerin zu 8 (im Folgenden: Antragsgegnerin) begehrt, der Antragstellerin gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO eine Frist zur Klageerhebung zu setzen.
Die Antragstellerin ließ in den Jahren von 1999 bis 2001 ein Gebäude einschließlich einer Tiefgarage umbauen und erweitern. Im Anschluss traten Feuchtigkeitsschäden auf. Die Antragstellerin hat gegen acht Antragsgegner die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beantragt, das der Feststellung verschiedener Mängel, ihrer Ursachen, der Kosten ihrer Beseitigung sowie der Verantwortlichkeit für die Mängel diente. Nach Erstellung eines Sachverständigengutachtens hat die Antragstellerin andere Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens, nicht jedoch die Antragsgegnerin zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Die Mängel sind durch andere Antragsgegner beseitigt worden.
Nachdem die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin eine Erstattung der bei dieser entstandenen außergerichtlichen Kosten abgelehnt hatte, hat letztere einen Antrag auf Fristsetzung gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO gestellt. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Antragstellerin aufgegeben, binnen eines Monats nach Rechtskraft der Anordnung Klage gegen die Antragsgegnerin zu erheben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragstellerin, die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts zurückzuweisen.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht führt aus: Zweck von § 494 a ZPO sei es, die Lücke zu schließen, die verbleibe, wenn der Antragsteller aufgrund eines für ihn ungünstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren auf die Erhebung der Klage in der Hauptsache verzichte. Das solle nicht dazu führen, dass der Antragsteller der Kostenpflicht entgehe, die sich aus der Abweisung der Klage in der Hauptsache ergäbe. Durch die Fristsetzung gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO solle nach der Beendigung eines selbständigen Beweisverfahrens innerhalb einer angemessenen Frist geklärt werden, ob der Antragsteller wegen der mangelnden Erfolgsaussicht einer Klage von dieser absehen wolle. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Antrag gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO aufgrund eines widersprüchlichen Verhaltens des Antragsgegners rechtsmissbräuchlich wäre. Das sei dann der Fall, wenn der Antragsgegner den im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mangel während oder nach der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens beseitigt habe und im Widerspruch zu diesem Verhalten anschließend einen Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten geltend machen wolle. Dies gelte entsprechend, wenn ein Antragsgegner die Mangelbeseitigung zumindest auch geschuldet habe und ihm die Erfüllung dieser Verpflichtung durch einen anderen Antragsgegner wie eigenes Verhalten zuzurechnen sei. Eine solche Zurechnung fremden Verhaltens setze allerdings eine Zurechnungsnorm voraus. Diese sei gegeben, wenn der untätige Antragsgegner die Mangelbeseitigung als Gesamtschuldner geschuldet habe, da er dann durch die Mangelbeseitigung gemäß § 422 BGB von seiner entsprechenden Verpflichtung frei geworden sei. Wenn diese Verpflichtung zwischen den Parteien streitig sei, so sei sie nicht im selbständigen Beweisverfahren, das nicht der Klärung materiell-rechtlicher Fragen diene, aufzuklären, sondern gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren mit Hilfe einer Feststellungsklage.
Die Antragsgegnerin habe von ihrem Recht Gebrauch gemacht, Fristsetzung zur Klageerhebung zu beantragen, ohne dass dies rechtsmissbräuchlich sei. Die Antragstellerin habe nicht einmal behauptet, dass die Antragsgegnerin die Beseitigung der vom Sachverständigen festgestellten Mängel geschuldet habe.
2. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist unstatthaft und damit unzulässig.
a) Nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts die Rechtsbeschwerde statthaft, falls das Beschwerdegericht sie in dem Beschluss zugelassen hat. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn das Gesetz eine Anfechtung der Entscheidung ausschließt. Die Bindungswirkung des § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt nur hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - VIII ZB 44/09, WuM 2010, 44; Beschluss vom 29. Januar 2009 - VII ZB 79/08, BauR 2009, 1001 = NZBau 2009, 309 = ZfBR 2009, 353; Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210; Beschluss vom 27. Februar 2003 - I ZB 22/02, BGHZ 154, 102; Beschluss vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02, NJW 2003, 211; Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Beschluss vom 12. September 2002 - III ZB 43/02, NJW 2002, 3554). So liegt der Fall hier.
b) Gegen die Anordnung gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO, binnen einer bestimmten Frist Klage zu erheben, ist kein Rechtsmittel statthaft (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2004 - V ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1580 = MDR 2004, 1325 Tz. 8; OLG Hamm, BauR 2002, 522; MünchKommZPO/Schreiber, 3. Aufl., § 494 a Rdn. 3; Prütting/Gehrlein/Ulrich, ZPO, 1. Aufl., § 494 a Rdn. 6; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 494 a Rdn. 3). Die allenfalls in Betracht kommende sofortige Beschwerde findet nach § 567 Abs. 1 ZPO gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Amts- oder Landgerichte nur statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es sich um eine Entscheidung handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Beides ist hier nicht der Fall. Eine ausdrückliche Bestimmung liegt nicht vor. Die Anordnung der Klageerhebung gibt dem Gesuch statt und weist es nicht zurück. Diese Unanfechtbarkeit des stattgebenden Beschlusses nach § 494 a Abs. 1 ZPO erklärt sich damit, dass der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens hierdurch noch nicht unmittelbar beschwert wird. Erst der Beschluss, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat, wenn er der Anordnung nicht nachgekommen ist, ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, § 494 a Abs. 2 ZPO. Ob bei dieser Rechtslage der Meinung gefolgt werden kann, im Rahmen dieser Anfechtung könne nicht mehr geltend gemacht werden, die Fristsetzung sei zu Unrecht ergangen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2004 - V ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1580 = MDR 2004, 1325; OLG Hamm, BauR 2007, 751; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 494 a Rdn. 3), ist nach Auffassung des Senats zweifelhaft, kann hier jedoch offenbleiben.
c) Ist danach eine Fristsetzung durch das Ausgangsgericht gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO unanfechtbar, so ändert sich hieran nichts dadurch, dass die Fristsetzung erst im Beschwerdeverfahren durch das Beschwerdegericht erfolgt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02, NJW 2003, 211; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 574 Rdn. 15; HK-ZPO/Kayser, 3. Aufl., § 574 Rdn. 11; Prütting/Gehrlein/Lohmann, ZPO, 1. Aufl., § 574 Rdn. 17).
3. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache zutreffend ist. Ein Fall der rechtsmissbräuchlichen Antragstellung (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - VII ZB 56/07, BauR 2010, 651 = NZBau 2010, 368 = ZfBR 2010, 357; Beschluss vom 19. Dezember 2002 - VII ZB 14/02, BauR 2003, 575 = NZBau 2003, 216 = ZfBR 2003, 257) liegt ersichtlich nicht vor.
Eine Unzulässigkeit eines Antrags auf Fristsetzung zur Klageerhebung kann entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht daraus hergeleitet werden, dass eine solche Klage wegen der Beseitigung der Mängel nicht mehr erhoben werden könne. Vielmehr bleibt in diesen Fällen die Möglichkeit, als Klage im Sinne des § 494 a Abs. 1 ZPO eine Klage auf Feststellung zu erheben, dass der Antragsgegner zu der Mängelbeseitigung verpflichtet war (BGH, Beschlüsse vom 1. Juli 2004 - V ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1580; vom 12. Februar 2004 - V ZB 57/03, BauR 2004, 1181). Die Rechtsbeschwerde weist zwar zutreffend auf den Grundsatz hin, dass auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses nicht geklagt werden kann (vgl. MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl., § 256 Rdn. 28). Ob dieser Grundsatz hier anwendbar ist, kann offenbleiben. Er gilt jedenfalls nicht ausnahmslos (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1981 - V ZR 80/80, WM 1981, 1050). Hier ist ein Rechtsschutzbedürfnis deshalb zu bejahen, weil gerade die prozessuale Kostenerstattungspflicht nach dem in § 494 a ZPO angelegten System von der Begründetheit von Ansprüchen aus dem durch das selbständige Beweisverfahren betroffenen Rechtsverhältnis abhängig ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Bauner Eick
Halfmeier Leupertz