Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 24.02.2011


BGH 24.02.2011 - VII ZB 20/09

Selbstständiges Beweisverfahren: Umdeutung einer unzulässigen einseitigen Erledigungserklärung in eine Antragsrücknahme


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
24.02.2011
Aktenzeichen:
VII ZB 20/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Thüringer Oberlandesgericht, 30. Januar 2009, Az: 5 W 379/08, Beschlussvorgehend LG Gera, 10. Juli 2008, Az: 3 OH 6/07
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Eine im selbstständigen Beweisverfahren unzulässige einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers ist regelmäßig in eine Antragsrücknahme mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO umzudeuten. Das gilt auch dann, wenn das Beweissicherungsinteresse zum Zeitpunkt der Erklärung entfallen war (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010, VIII ZB 14/10, WuM 2011, 46) .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 30. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich dagegen, dass ihm in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten eines von ihm eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens auferlegt worden sind.

2

Der Antragsteller hat zur Klärung angeblicher Mängel einer vom Antragsgegner installierten Heizungsanlage gegen diesen ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet. Den zunächst mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragten Sachverständigen hat der Antragsteller mit Erfolg wegen Befangenheit abgelehnt. Eine weitere Verzögerung des Verfahrens trat ein, weil der Antragsgegner den Einzelrichter - auch in einem Beschwerdeverfahren ohne Erfolg - wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Bevor dem Verfahren Fortgang gegeben worden ist, ließ der Antragsteller die Mängel vollständig beseitigen, nach seiner Behauptung, weil zwischenzeitlich ein Wasserschaden im Bereich der Fußbodenheizung entstanden war. Dies hat er dem Landgericht mitgeteilt und die Auffassung vertreten, dass ein Fall der "sachlichen Erledigung" des Verfahrens eingetreten sei.

3

Auf Antrag des Antragsgegners hat das Landgericht dem Antragsteller die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Antragsteller weiterhin die Zurückweisung des Antrags des Antragsgegners erreichen.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

5

1. Das Beschwerdegericht hat sich der Begründung des Landgerichts angeschlossen, dass die Kostentragungspflicht des Antragstellers aus einer entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO folge. Mit der Mitteilung des Antragstellers, dass die Mangelbeseitigung durch Dritte zwischenzeitlich abgeschlossen worden sei, habe er hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er eine Fortführung des Verfahrens nicht mehr wünsche, zumal diesem durch die Beseitigung des Mangels die Grundlage entzogen worden sei. Da in einem selbständigen Beweisverfahren eine einseitige Erledigungserklärung hinsichtlich der Hauptsache nicht in Betracht komme, sei die Mitteilung deshalb allein im Sinne einer Antragsrücknahme zu interpretieren, was die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 ZPO nach sich ziehe. Das Beschwerdegericht meint weiter, dass der Grund für die Rücknahme des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens in einem Ereignis liege, das auf einer freien Willensentscheidung des Antragstellers, nämlich der vollständigen Mängelbeseitigung vor Abschluss des Verfahrens, beruhe. Denn zuvor habe der Antragsteller darum gebeten, von der Bestellung eines neuen Gutachters zunächst abzusehen. Stattdessen hätte er ebenso gut das Beweisverfahren weiter betreiben und das Gericht auf die Dringlichkeit hinweisen können. Hinzu komme, dass selbst nach Mängelbeseitigung eine Begutachtung des schadhaften Rohres der Fußbodenheizung zur Ursachenfindung hätten erfolgen können. Damit sei der Fall vergleichbar mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 2004 - VII ZB 23/03, BauR 2005, 133 = NZBau 2005, 42 = ZfBR 2005, 174.

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2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

7

a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass eine vom Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens erklärte Erledigung des Verfahrens, der sich der Antragsgegner nicht anschließt, regelmäßig als Antragsrücknahme aufzufassen ist, wenn das Verfahren nach dem Willen des Antragstellers endgültig beendet sein soll. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits in dem vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Beschluss vom 14. Oktober 2004 - VII ZB 23/03, aaO, entschieden. Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem die Entscheidung des Antragstellers, das Verfahren nicht fortführen zu wollen, nicht auf einem Ereignis beruhte, das das Interesse des Antragstellers an der Beweiserhebung entfallen ließ.

8

b) Ob die Annahme des Beschwerdegerichts, eine derartige Situation sei auch im vorliegenden Fall gegeben, zutrifft, kann dahinstehen. Denn der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung nach Erlass der angefochtenen Entscheidung auch auf jene Fälle ausgedehnt, in denen das Beweissicherungsinteresse infolge einer nach Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens vorgenommenen Mängelbeseitigung entfallen ist (BGH, Beschluss vom 21. September 2010 - VIII ZB 73/09, WuM 2011, 61; Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VIII ZB 14/10, WuM 2011, 46). Diesen Entscheidungen lagen Fälle zugrunde, in denen der Antragsgegner vor Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens die Mängelbeseitigung vorgenommen hatte.

9

Auch in diesen Fällen kann das Ziel des Antragstellers, das selbständige Beweisverfahren sofort zu beenden, nur durch eine Antragsrücknahme erreicht werden. Durch die hiermit verbundene für den Antragsteller nachteilige Kostentragungspflicht des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO wird die kostenrechtliche Situation des Antragstellers nicht verschlechtert. Denn deutete man die auch bei einem Wegfall des Beweissicherungsinteresses unzulässige einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers nicht in eine Antragsrücknahme um, hätte dies zur Konsequenz, dass das Begehren des Antragstellers auf (weitere) Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens aufrechterhalten bliebe und vom Gericht nunmehr als unzulässig zurückzuweisen wäre, was ebenfalls mit einer Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers verbunden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VIII ZB 14/10, aaO Rn. 10).

10

Für die Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO besteht auch in diesen Fällen ein Bedürfnis. Kommt es im selbständigen Beweisverfahren nicht zur Erhebung verwertbarer Beweise (§ 493 ZPO), kann in einem nachfolgenden Hauptsacheprozess keine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens getroffen werden. In diesem Fall besteht eine Regelungslücke, die dadurch zu schließen ist, dass bereits im selbständigen Beweisverfahren über die Kostentragungspflicht zu befinden ist, weil der Antragsgegner hieran regelmäßig ein berechtigtes Interesse hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VIII ZB 14/10, aaO Rn. 13). Dies gilt nicht nur dann, wenn der Antragsgegner den Wegfall des Beweissicherungsinteresses verursacht hat, sondern erst recht, wenn - wie hier - der Antragsteller dafür verantwortlich ist.

III.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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