Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 01.09.2010


BFH 01.09.2010 - VII R 35/08

Aufrechnung der Finanzbehörde mit vorinsolvenzlichen Steuerschulden gegen einen Umsatzsteuervergütungsanspruch des Insolvenzschuldners, der im Rahmen einer aus dem Insolvenzbeschlag freigegebenen gewerblichen Tätigkeit erworben worden ist


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
01.09.2010
Aktenzeichen:
VII R 35/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Thüringer Finanzgericht, 10. April 2008, Az: 1 K 757/07, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzschuldner eine gewerbliche Tätigkeit durch Freigabe aus dem Insolvenzbeschlag ermöglicht, fällt ein durch diese Tätigkeit erworbener Umsatzsteuervergütungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse und kann vom FA mit vorinsolvenzlichen Steuerschulden verrechnet werden .

Tatbestand

1

I. Über das Vermögen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) ist seit September 2003 ein Insolvenzverfahren anhängig. Steuerforderungen aus vorinsolvenzlicher Zeit in Höhe von rd. 8.700 € sind offen. Seit März 2005 betreibt der Kläger wieder ein Einzelunternehmen. Der Insolvenzverwalter hat alle hierfür benötigten Aktiva und Passiva endgültig und bedingungslos aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben. Für Mai 2005 hat der Kläger aufgrund eines hohen Vorsteuerabzugs einen Umsatzsteuervergütungsanspruch in Höhe von rd. 4.140 € erworben. Gegen diesen Anspruch hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Aufrechnung mit seinen Umsatzsteuerforderungen für Januar und Februar 2003 erklärt und in dem in diesem Verfahren angefochtenen Abrechnungsbescheid festgestellt, dass der Vergütungsanspruch des Klägers dadurch erloschen sei.

2

Die hiergegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1485 veröffentlichte Urteil abgewiesen. In dem Urteil heißt es, der Aufrechnung stehe § 96 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO) nicht entgegen, weil der Vergütungsanspruch aufgrund der Freigabe nicht in die Insolvenzmasse falle. Die durch § 294 Abs. 3 InsO für die Wohlverhaltensphase angeordnete Beschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit von Insolvenzgläubigern greife nicht ein, das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO sei mit einem Aufrechnungsverbot nicht gleichzusetzen.

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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, der die Verletzung des materiellen Rechts rügt. Das FG habe übersehen, dass eine Aufrechnung in den Grenzen des § 294 InsO erst dann wieder möglich sei, wenn das Insolvenzverfahren auf-gehoben ist. Das sei jedoch im Streitfall nicht geschehen. Der vom FA erklärten Aufrechnung stehe einstweilen das Aufrechnungsverbot des § 294 Abs. 3 InsO entgegen.

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Die Regelung des § 295 Abs. 2 InsO, dass der selbständig tätige Schuldner durch Zahlungen an den Treuhänder die Insolvenzgläubiger so stellen muss, wie wenn er ein Dienstverhältnis eingegangen wäre, habe bei einem selbständig Tätigen dieselbe Funktion wie § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO bei einem nichtselbständigen Schuldner. Daher müsse das Aufrechnungsverbot des § 294 Abs. 3 InsO, das die Aufrechnung von der Abtretungserklärung erfasster Bezüge gegen den Schuldner grundsätzlich verbietet, analog auf die von einem Selbständigen an den Treuhänder zu leistenden Zahlungen angewendet werden. Der Vorsteuervergütungsbetrag sei ein Vermögenswert, der an den Treuhänder abzuführen ist, denn er stelle für einen selbständig tätigen Schuldner eine Einnahme dar, die mit der Erzielung seiner Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit zwangsläufig verbunden ist. Der Vorsteuervergütungsanspruch des Schuldners rühre im Streitfall allein daraus her, dass er gemäß § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht Schuldner der auf seinen Leistungen ruhenden Umsatzsteuer ist, sodass in solchen Fällen zwangläufig ein Vorsteuerüberhang entstehe. Ein Schuldner, bei dem § 13b UStG eingreife, dürfe jedoch nicht schlechter gestellt werden als ein Schuldner, bei dem § 13b UStG nicht einschlägig ist.

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Ferner stehe der Aufrechnung § 294 Abs. 2 InsO entgegen, wonach jedes Abkommen des Schuldners mit einzelnen Insolvenzgläubigern nichtig ist, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird. Dabei sei der Begriff Abkommen vor dem Hintergrund des Schutzzweckes dieser Vorschrift nicht nur auf vertragliche Vereinbarungen anzuwenden, sondern erfasse jegliche Handlung des Insolvenzschuldners, die dazu beiträgt, dass hinter dem Rücken der anderen Gläubiger Vermögensverschiebungen vorgenommen werden können. In der Erbringung von Leistungen, die einen Vorsteuervergütungsanspruch zur Folge haben, liege eine solche Handlung des selbständig tätigen Insolvenzschuldners. Sondervorteil sei die dem Insolvenzgläubiger verschaffte Aufrechnungsmöglichkeit. Zudem werde die Befriedigung anderer Gläubiger infolge der Verringerung der Insolvenzmasse beeinträchtigt, wenn der Schuldner infolge der Aufrechnung nicht mehr in der Lage sei, an den Treuhänder Zahlungen in solcher Höhe zu leisten, wie sie sich aus einem angemessenen Dienstverhältnis ergäben.

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Überdies fehle es aber auch an der Gegenseitigkeit der aufgerechneten Forderungen. Aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 3. Juli 2008 (gemeint offenbar: IX ZB 182/07, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2008, 3494) sei zu folgern, dass der BGH das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners als eine eigenständige Haftungsmasse ansehe, die von der vom Insolvenzbeschlag betroffenen Haftungsmasse getrennt sei. Jene neue Haftungsmasse stehe nur den Neugläubigern zu. Zu dieser ausschließlich den Neugläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsmasse gehöre im Streitfall der Vorsteuervergütungsanspruch. Die Umsatzsteuerforderung des FA richte sich hingegen gegen das Vermögen, welches zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuzüglich eines Neuerwerbs des Klägers bis zum Zeitpunkt der Freigabe vorhanden war.

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Dem entspreche es, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) in dem Urteil vom 28. Juni 2000 V R 87/99 (BFHE 192, 132, BStBl II 2000, 639) entschieden habe, dass Vorsteuer, die im Bereich der Konkursmasse angefallen ist, nicht von der Umsatzsteuer abgesetzt werden darf, die für den konkursfreien Unternehmensteil anzusetzen ist. Derselbe Rechtsgedanke spiegele sich auch in der Entscheidung des BFH vom 7. April 2005 V R 5/04 (BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848) wider, wonach Steuerschulden, die aus einer insolvenzfreien Tätigkeit des Schuldners herrühren, keine Masseverbindlichkeiten darstellen.

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Nur diese Beurteilung stehe auch im Einklang mit dem Insolvenzrecht. Denn Zweck des Insolvenzverfahrens sei eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger, denen das Gesetz als Haftungssubstrat neben der Alt- auch die sog. Neumasse zuweise. § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO schließe --klarstellend-- die Aufrechnung von Neugläubigern gegenüber Masseforderungen aus. Anderenfalls käme es durch jede weitere Betätigung des Schuldners mit dem freigegebenen Geschäftsbetrieb zu einer Bevorzugung des FA, dem mit jedem umsatzsteuerpflichtigen Umsatz eine Aufrechnungsmöglichkeit erwachse. Des Weiteren führe eine solche Aufrechnung zu einer Benachteiligung anderer Neugläubiger durch Minderung der ihnen zur Verfügung stehenden Haftungsmasse.

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Die Revision rügt schließlich, dass durch die Betrachtungsweise des FA einem Insolvenzschuldner eine selbständige Tätigkeit unmöglich werde, weil er seine Forderungen nicht verwirklichen könne. Das gelte besonders in dem vorliegenden Fall, in dem die Auftraggeber des Klägers gemäß § 13b UStG Schuldner der Umsatzsteuer seien, sodass der Kläger seinen Anspruch auf Erstattung von Vorsteuern angesichts erheblicher Insolvenzforderungen nicht verwirklichen könne.

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Das FA weist darauf hin, dass Ansprüche auf Rückzahlung von Lohn- oder Einkommensteuer, aber auch alle sonstigen Ansprüche nach § 37 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung (AO) nicht zu den an den Treuhänder in der Wohlverhaltensphase abgetretenen Forderungen gehörten und die Aufrechnung gegen sie mit Ansprüchen eines Insolvenzgläubigers folglich nicht nach § 294 Abs. 3 InsO ausgeschlossen sei. Bei einem Vorsteuervergütungsanspruch handle es sich nicht um einen an den Treuhänder abgetretenen Anspruch (Hinweis auf das BGH-Urteil vom 21. Juli 2005 IX ZR 115/04, BGHZ 163, 391). Ein Vorsteuervergütungsanspruch entstehe durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit auch nicht zwangsläufig, wie der Kläger meine. Ihn anders als die Bezüge eines nichtselbständig tätigen Schuldners zu behandeln führe nicht zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung, weil der selbständig Tätige das Risiko trage, seine Gläubiger wie durch eine angemessene nichtselbständige Tätigkeit befriedigen zu können, und er deshalb mit einem Nichtselbständigen nicht zu vergleichen sei.

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Auch § 294 Abs. 2 InsO sei nicht einschlägig. Zwar sei im Schrifttum umstritten, ob "Abkommen" im Sinne dieser Vorschrift nicht auch einseitige Rechtsgeschäfte sein könnten. Diese seien indes durch die in § 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO geregelten Obliegenheiten erfasst. Es könne dem in der Wohlverhaltensphase befindlichen Selbständigen aufgrund des von ihm zu tragenden wirtschaftlichen Risikos auch nicht angelastet werden, von wem er Aufträge akquiriere.

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Es fehle schließlich auch an einer Obliegenheitsverletzung, in deren Folge das den Gläubigern zur Verfügung zu stellende Vermögen geschmälert worden ist. § 294 Abs. 3 InsO schließe nicht jegliche Aufrechnung aus. § 295 Abs. 2 InsO verlange lediglich von dem Schuldner, durch seine selbständige Tätigkeit ein angemessenes Einkommen zu erzielen und dieses an den Treuhänder abzuführen; ob und in welcher Höhe darin Vorsteuervergütungen enthalten sind, sei ohne Belang.

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Auch die Gegenseitigkeit von Forderung und Gegenforderung sei gegeben, da der Steuervergütungsanspruch des Klägers aus dem sog. Neuerwerb wegen der bedingungslosen Freigabe durch den Insolvenzverwalter dem Kläger und nicht dem Insolvenzverwalter zustehe und der Kläger zugleich Schuldner der rückständigen Umsatzsteuer sei. Der Betrachtung des Klägers über die getrennten Haftungsmassen sei nicht zu folgen. Der Kläger sei Beteiligter des Steuerschuldverhältnisses sowohl in der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wie nach Freigabe von Vermögensgegenständen aus dem Verfahren. Ob das Verfahren als solches aufgehoben worden sei, sei dabei ohne Bedeutung.

Entscheidungsgründe

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II. Der erkennende Senat kann gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss entscheiden, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Revision des Klägers nicht begründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden.

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Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Die Aufrechnungsvoraussetzungen sind in dem angefochtenen Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) zu Recht bejaht worden. Es besteht auch kein Aufrechnungsverbot.

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1. Aufgrund der von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), ist davon auszugehen, dass dem Kläger ein Umsatzsteuervergütungsanspruch aus der Festsetzung für Mai 2005 zustand, dass diesem Anspruch Steuerforderungen des FA für Januar und Februar 2003 --also Besteuerungszeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens-- gegenüberstanden und dass die allgemeinen Voraussetzungen der Aufrechnung (§ 226 Abs. 1 AO, §§ 387 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs; zur Aufrechnungsbefugnis im Insolvenzverfahren vgl. § 94 InsO) vorlagen. Dass der Kläger Schuldner und Gläubiger vorgenannter Forderungen ungeachtet ihrer Entstehung vor bzw. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist --und diese deshalb nicht etwa verschiedenen Rechtspersönlichkeiten zuzuordnen sind--, ist vom FG eingehend und zutreffend dargelegt worden; dem ist nichts hinzuzufügen (vgl. insbesondere BFH-Urteil in BFHE 192, 132, BStBl II 2000, 639).

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2. Es fehlt entgegen der Ansicht der Revision auch nicht deshalb an der Aufrechnungsvoraussetzung der Gegenseitigkeit von Hauptforderung und Gegenforderung, weil das FA dem Kläger Umsatzsteuervergütung schuldet, ohne dass dessen Forderung wie sonstiger Neuerwerb dem Insolvenzbeschlag unterläge, die Gegenforderungen des FA hingegen Insolvenzforderungen sind, also solche, die --vorbehaltlich der Möglichkeit einer Aufrechnung-- nach Maßgabe des Verteilungsplans aus der Insolvenzmasse zu befriedigen sind.

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Zutreffend geht die Revision allerdings davon aus, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Folge hat, dass das Vermögen des Schuldners in zwei Teilmassen aufgeteilt wird, die einem unterschiedlichen Rechtsregime unterworfen sind. Dazu gehört insbesondere, dass der Schuldner über die Insolvenzmasse nicht mehr verfügen und aus der Insolvenzmasse zu befriedigende Forderungen nicht mehr begründen kann (§ 80 Abs. 1 InsO) und dass seine Gläubiger weder wegen vor noch wegen während des Verfahrens begründeter Forderungen in die Insolvenzmasse vollstrecken können (§ 89 Abs. 1 InsO).

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Unbeschadet der an diesen Vorschriften deutlich werdenden strukturellen Unterscheidung zweier Vermögensmassen, die der InsO zugrunde liegt (vgl. dazu u.a. Sinz in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 96 Rz 65 passim; Blersch/von Olshausen in Breutigam/Blersch/Goetsch, Insolvenzrecht, § 96 Rz 14; Kübler in Kübler/Prütting/Bork-Lüke, InsO, § 96 Rz 58), enthält diese indes kein allgemeines Verbot, Ansprüche der einen gegen Forderungen, die in die andere fallen, zu verrechnen bzw. ein Gebot, die Trennung der vorgenannten Vermögensmassen in jeder Hinsicht strikt durchzuführen und insbesondere Insolvenzgläubigern als Haftungssubstrat ausschließlich die Insolvenzmasse zuzuweisen, wie die Revision offenbar meint. Eine solche Folgerung ziehen aber selbst vorgenannte Schrifttumsstimmen trotz der Betonung der sog. separatio bonorum nicht, wenn auch mitunter § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO lediglich deklaratorische Bedeutung beigelegt wird (vgl. Sinz in Uhlenbruck, a.a.O., m.w.N.). Ob Forderungen miteinander während eines Insolvenzverfahrens wirksam verrechnet werden können, ist deshalb nicht schlicht eine Frage der Zuordnung zu den genannten Vermögensmassen, sondern von der Reichweite etwaiger in der InsO geregelter Aufrechnungsverbote abhängig.

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Etwas anderes lässt sich, anders als die Revision meint, auch nicht aus dem Beschluss des BGH in NJW 2008, 3494 herleiten. Das von der Revision ferner in diesem Zusammenhang angeführte BFH-Urteil in BFHE 192, 132, BStBl II 2000, 639 betrifft die Frage der umsatzsteuerrechtlichen Veranlagung und ist schon deshalb für die Frage der Aufrechenbarkeit aus einer solchen Veranlagung herrührender Forderungen nicht ergiebig, das BFH-Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 deshalb nicht, weil es ausschließlich auf der Anwendung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO beruht, um den es hier nicht geht. Der erkennende Senat braucht deshalb nicht näher zu erörtern, ob er dieser Entscheidung, die im Schrifttum auf Widerspruch gestoßen ist (vgl. Obermair, Der Neuerwerb - eine unendliche Geschichte, Deutsches Steuerrecht 2005, 1561; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 18 Rz 822; Voigt/Gerke, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht 2002, 1054), folgen könnte.

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3. Der vom FA erklärten Aufrechnung steht, anders als die Revision meint, kein Aufrechnungsverbot entgegen, sodass die Aufrechnung des FA wirksam und der angefochtene Bescheid mithin rechtmäßig ist.

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a) Die insolvenzrechtlichen Aufrechnungsverbote sind --sieht man von den in § 95 InsO enthaltenen Einschränkungen der Aufrechnungsbefugnis ab, die hier offenkundig nicht einschlägig sind-- in § 96 Abs. 1 InsO geregelt. Von den dort aufgeführten vier Verboten kann im Streitfall vornehmlich das erste in Betracht gezogen werden, welches das FG geprüft und mit Recht für nicht anwendbar gehalten hat. Denn § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO erklärt eine Aufrechnung nur dann für unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist. Im Streitfall ist das FA indes den vom Kläger erworbenen Umsatzsteuervergütungsanspruch nicht zur Insolvenzmasse schuldig geworden. Denn der Insolvenzverwalter hat --wirksam-- die vom Kläger durch die von ihm während des Insolvenzverfahrens neu aufgenommene gewerbliche Tätigkeit erworbenen Ansprüche aus dem Insolvenzbeschlag --abweichend von § 35 Halbsatz 2 InsO a.F.-- freigegeben. Deshalb fällt der strittige Vergütungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse.

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Ob sich der Kläger im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung des FA in der Wohlverhaltensphase befand, wovon das FG und die Beteiligten ausgehen, und ob das Insolvenzverfahren über sein Vermögen in jenem Zeitpunkt noch andauerte, ist in diesem Zusammenhang ohne jede erkennbare Bedeutung. Weder ist eine Aufrechnung im Insolvenzverfahren --vorbehaltlich der §§ 95, 96 InsO-- unzulässig, noch enthält der die Restschuldbefreiung und damit die Wohlverhaltensphase betreffende Achte Teil der InsO Aufrechnungsverbote, die hier in Betracht gezogen werden könnten. Dass sich aus § 294 Abs. 1 InsO, der Zwangsvollstreckungen in das Vermögen des Schuldners verbietet, kein Aufrechnungsverbot ergibt, hat der erkennende Senat bereits entschieden (Urteil des Senats vom 21. November 2006 VII R 1/06, BFHE 216, 1, BStBl II 2008, 272).

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b) Im Verfahren der Restschuldbefreiung sind allerdings Forderungen des Schuldners unter Umständen einer Aufrechnung deshalb entzogen, weil dieser sie gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO an einen vom Gericht für das Verfahren bestellten Treuhänder abgetreten hat und § 294 Abs. 3 InsO die Aufrechnungsmöglichkeiten insofern einschränkt. Wie sich aus jener Vorschrift ergibt, bezieht sich die Abtretung allerdings nur auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge. Dass unter diese Begriffe Umsatzsteuervergütungsansprüche nicht fallen, bedarf keiner näheren Ausführung.

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Anders als die Revision meint, kann jene Vorschrift auch nicht entsprechend auf Einnahmen eines Schuldners angewandt werden, der als selbständig Tätiger keine Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder sonstige laufende Bezüge i.S. des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO hat, aber --weil das so ist-- gemäß § 295 Abs. 2 InsO von seinen Einnahmen etwas abführen muss, was dem entspricht, was er bei Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit erlangen könnte. Eine solche Analogie muss hinsichtlich eines Steuervergütungsanspruchs schon daran scheitern, dass sich die Abführungspflicht in keiner Weise gegenständlich auf einen solchen vom Schuldner erlangten Anspruch beziehen lässt, ja überhaupt nicht unmittelbar auf die Einnahmen des Schuldners bezogen ist, sondern auf dessen fiktive Einnahmen aus einer anderen (nichtselbständigen) Tätigkeit. Der Schuldner wird deshalb seiner Pflicht auch nicht ledig, weil er eine Einnahme infolge einer Aufrechnung des FA verliert, sondern muss, wenn ihn das zur Erfüllung jener Pflicht außer Stande setzen sollte, wie es die Revision in Erwägung zieht, von der betreffenden selbständigen Tätigkeit Abstand nehmen.

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c) Dass es eine vom Insolvenzverwalter freigegebene unternehmerische Tätigkeit eines Insolvenzschuldners erleichterte, wenn dieser davor sicher wäre, dass sein Schuldner nicht seine nicht befriedigten Forderungen gegen etwaige durch jene Tätigkeit erworbene Forderungen aufrechnet, und dass er daran insbesondere im Verhältnis zum FA ein Interesse hat, weil er es insoweit nicht in der Hand hat, sich den Schuldner selbst auszusuchen und dadurch eine solche Aufrechnungslage nicht entstehen zu lassen, hat den Gesetzgeber nicht veranlasst, vorgenannte Umsatzsteuervergütungsansprüche in die Abtretung an den Treuhänder einzubeziehen oder insoweit ein Aufrechnungsverbot aufzustellen. Dabei muss es jedenfalls de lege lata bewenden. Eine solche Zwangslage, Forderungen gegenüber aufrechnungsbefugten Altgläubigern begründen zu müssen, kann im Übrigen nicht nur im Verhältnis zum FA auftreten, weshalb umso weniger angenommen werden kann, der Gesetzgeber der InsO habe unabsichtlich versäumt, den Insolvenzschuldner insofern gegen eine Aufrechnung zu schützen.

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d) Die Überlegung der Revision schließlich, die Insolvenzgläubiger sollten durch Verteilung der Insolvenzmasse, also des bei Eröffnung des Verfahrens vorhandenen Vermögens des Insolvenzschuldners zuzüglich des von ihm --ohne eine Freigabe durch den Insolvenzverwalter-- im Verfahren Hinzuerworbenen, befriedigt werden, vermag an alledem nichts zu ändern. Unbeschadet dieses die InsO in der Tat prägenden Grundgedankens ist, wie ausgeführt, Insolvenzgläubigern ebenso wie Neugläubigern eine Aufrechnung im Rahmen der vorgenannten Bestimmungen nicht verwehrt; jene sind dadurch ähnlich privilegiert wie Absonderungsberechtigte (§ 49 InsO), durch deren Vorzugsrechte ebenso im Ergebnis eine Schmälerung der Insolvenzmasse eintritt, worin sich nur umso mehr zeigt, dass der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger (nur) aus der Insolvenzmasse (zahlreiche) Durchbrechungen kennt. Auch dass Vorsteuer, die durch Verwaltung des mit dem Insolvenzbeschlag belegten Vermögens angefallen ist, nicht von der Umsatzsteuer abgesetzt werden kann, die für den freigegebenen Unternehmensteil anzusetzen ist (so BFH-Urteil in BFHE 192, 132, BStBl II 2000, 639), lässt nicht die Schlussfolgerung zu, gegen den vom Insolvenzbeschlag nicht umfassten Vergütungsanspruch des Klägers könnten Insolvenzforderungen nicht aufgerechnet werden. Einer solchen Schlussfolgerung steht auch entgegen, dass jenes Urteil nicht die Verrechnung mit Insolvenzforderungen, sondern mit Masseforderungen betrifft; es beruht also auf dem Gedanken, dass die Masse erhalten werden muss und nicht vor der Verteilung durch eine freigegebene Tätigkeit des Insolvenzschuldners geschmälert werden darf. Darum geht es hier nicht, weil die vom Kläger bekämpfte Aufrechnungserklärung die Masse nicht schmälert, sondern im Gegenteil mittelbar stärkt, weil sie zur Befriedigung anderenfalls aus der Masse zu befriedigender Forderungen des FA führt und die zur Aufrechnung herangezogene Forderung des Schuldners infolge Freigabe ohnehin nicht der Masse zugute käme.

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e) Auch § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO steht der Aufrechnung des FA nicht entgegen. Er schließt die Aufrechnung von Neugläubigern gegenüber Masseforderungen aus. Hier geht es aber um den gewissermaßen umgekehrten Fall einer Aufrechnung von Altgläubigern gegenüber Neuerwerb, den jedoch die Masse gerade nicht für sich beanspruchen kann. Warum auf diesen Fall vorgenannte Vorschrift sollte entsprechend angewandt werden können, erschließt sich nicht; es erschließt sich weder unter dem von der Revision angeführten Gesichtspunkt, es komme anderenfalls durch jede weitere Betätigung des Schuldners mit dem freigegebenen Geschäftsbetrieb zu einer "Bevorzugung" des FA, dem mit jedem umsatzsteuerpflichtigen Umsatz eine Aufrechnungsmöglichkeit erwachse, noch unter dem Gesichtspunkt, dass eine Aufrechnung andere Neugläubiger durch Minderung der für sie verbleibenden Haftungsmasse "benachteilige". Denn die Revision scheint zu verkennen, dass es zu den typischen Wirkungen bestehender Aufrechnungslagen gehört, dem Gläubiger in einem ggf. nachfolgenden Insolvenzverfahren die Möglichkeit einer gleichsam abgesonderten Befriedigung zu verschaffen --welche auch sonst bei entsprechender Berechtigung sogar eine Vollstreckung in die Insolvenzmasse ermöglichte--. Die Revision berücksichtigt ebenso wenig, dass jene "Bevorzugung" von Altgläubigern, die dem Schuldner etwas während des Verfahrens schuldig werden, vom Gesetzgeber, der sich --abweichend von der früheren Konkursordnung-- für den Insolvenzbeschlag auch des Neuerwerbs entschieden hat, in Kauf genommen worden ist, obwohl sie die Möglichkeiten des Schuldners, (für eine neue Erwerbstätigkeit in der Regel unabdingbare) neue Schulden zu begründen, zu beeinträchtigen geeignet ist; dagegen fällt die von der Revision beklagte Beeinträchtigung des gemäß § 13b UStG von Umsatzsteuerschuldnerschaft verschonten --jedoch einer Aufrechnung des FA gegen dadurch wahrscheinliche Vergütungsansprüche ausgesetzten-- Schuldners schwerlich ins Gewicht.

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f) Schließlich hält die Revision der vom FA erklärten Aufrechnung zu Unrecht § 294 Abs. 2 InsO entgegen, wonach jedes Abkommen des Schuldners mit einzelnen Insolvenzgläubigern nichtig ist, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird. Denn selbst wenn man diese Vorschrift auch auf einseitige Rechtsgeschäfte des Schuldners sollte anwenden müssen, fehlt es doch daran, dass der Schuldner die strittige Aufrechnungslage nicht aufgrund seines freien Beliebens geschaffen und dem FA dadurch einen Vorteil "verschafft" hat. Diese ist vielmehr die gesetzliche Folge der vom Schuldner im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit abgeschlossenen Geschäfte, woran auch nichts ändert, dass infolge der in § 13b UStG getroffenen Regelung ihr Eintritt nur umso wahrscheinlicher oder sogar, wie die Revision meint, zwangsläufig ist. Dass § 294 Abs. 2 InsO gleichsam ein Gebot an den Schuldner richtet, alles zu unterlassen, was eine Aufrechnungslage zur Folge hat --etwa auch die Erbringung einer entgeltlichen Leistung an einen Altgläubiger ohne Vorkasse--, ist der Vorschrift schwerlich zu entnehmen.