Entscheidungsdatum: 09.03.2016
NV: Legt der Steuerpflichtige eine Nichtzulassungsbeschwerde persönlich ein, obwohl in der Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich auf den Vertretungszwang hingewiesen worden war, kommt auch bei Rücknahme der Beschwerde keine Nichterhebung der Gerichtskosten gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG wegen unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse in Betracht .
Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs -Kostenstelle- vom 20. März 2015 KostL ... (VII B 11/15) wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
I. Das Finanzgericht (FG) wies mit Urteil vom 4. Dezember 2014 5 K 2900/14 die Klage des Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) auf Feststellung der Zahlungsverjährung bestimmter Steuerforderungen als unzulässig ab. Zur Begründung verwies das FG auf die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Klage gegen einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung.
Am 16. Januar 2015 legte der Kostenschuldner Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein. Der Senat führt diese Beschwerde unter dem Aktenzeichen VII B 11/15. Nachdem die Geschäftsstelle des Senats den Kostenschuldner mit Schreiben vom 22. Januar 2015 auf den Vertretungszwang gemäß § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und den Ablauf der Rechtsmittelfrist hingewiesen hatte, nahm der Kostenschuldner seine Beschwerde zurück. Daraufhin stellte der Senat das Verfahren VII B 11/15 mit Beschluss vom 25. Februar 2015 ein.
Mit der streitigen Kostenrechnung vom 20. März 2015 KostL … stellte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) dem Kostenschuldner Gerichtskosten gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Höhe von 2.641 € in Rechnung. Dies entspricht einer vollen Gebühr auf Grundlage des Streitwerts in Höhe von 343.600 €.
Mit seiner Erinnerung macht der Kostenschuldner geltend, er habe die Beschwerde rein vorsorglich aufgrund des Rats der Geschäftsstelle des Senats zurückgenommen. Ein juristischer Laie habe nicht wissen können, dass zuvor schon Kosten entstanden seien. Aufgrund der fehlenden Vertretung durch einen Rechtsbeistand und der abgelaufenen Rechtsbehelfsfrist sei die Beschwerde im Übrigen unwirksam. Das Verfahren hätte sich deshalb auch ohne Rücknahme erledigt. In jedem Fall widerspreche die Kostenrechnung in Höhe von 2.641 € dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Grundsatz von Treu und Glauben.
Das Amtsgericht … hob das am … 2013 über das Vermögen des Kostenschuldners eröffnete Insolvenzverfahren mit öffentlicher Bekanntmachung vom … 2013 auf. Das Bundesamt für Justiz teilte dem Kostenschuldner die Niederschlagung der Kostenforderung in Höhe von 2.641 € mit. Den Erlass der Forderung hatte es zuvor abgelehnt.
II. Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
1. Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 5 GKG durch den Einzelrichter.
2. Die von dem Kostenschuldner persönlich eingelegte Erinnerung ist statthaft und zulässig. Anträge und Erklärungen können im Erinnerungsverfahren gemäß § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht werden. Dies gilt trotz des Vertretungszwangs gemäß § 62 Abs. 4 FGO auch für die beim BFH geführten Erinnerungsverfahren (BFH-Beschluss vom 20. August 2012 I E 2/12, BFH/NV 2013, 46).
3. Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Die Kostenrechnung vom 20. März 2015 ist nicht zu beanstanden.
a) Mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz (§ 66 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 19 GKG) können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, d.h. gegen Ansatz und Höhe einzelner Kosten oder gegen den zugrunde liegenden Streitwert (BFH-Beschluss vom 18. August 2015 III E 4/15, BFH/NV 2015, 1598).
Die vom Kostenschuldner persönlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde war zwar wegen Verletzung des Vertretungszwangs gemäß § 62 Abs. 4 FGO unwirksam. Entgegen der Auffassung des Kostenschuldners führte dies aber nicht dazu, die Beschwerde als völlig gegenstandslos zu behandeln. Vielmehr war sie im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens zu bearbeiten und hätte ohne die vom Kostenschuldner erklärte Rücknahme als unzulässig zurückgewiesen werden müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 13. März 2002 VII B 7/02, BFH/NV 2002, 943). Mit Abschluss des Verfahrens fallen somit Gerichtskosten nach Nr. 6500 oder 6501 des in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG enthaltenen Kostenverzeichnisses an. Im Streitfall sind die Gerichtskosten wegen der Rücknahme zutreffend gemäß Nr. 6501 auf eine volle Gebühr abgesenkt worden.
Auch die Höhe der Gebühr ist nicht zu beanstanden. Sie richtet sich insbesondere nach dem Streitwert, der Art des Verfahrens sowie der Art und Weise des Abschlusses des Verfahrens. Dies sind sachgerechte Kriterien, die im Rahmen einer zulässigen Pauschalisierung u.a. den vom Gericht benötigten Aufwand berücksichtigen. Selbst wenn das Gericht im Einzelfall einen besonders geringen Aufwand gehabt haben sollte, können entgegen der Auffassung des Kostenschuldners weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch der Grundsatz von Treu und Glauben zu einer Minderung der Gebühren führen, zumal die Nichterhebung der Gerichtskosten nach § 21 GKG sowie die vom Kostenschuldner bereits durchgeführten Verfahren der Niederschlagung und des Erlasses der Gerichtskosten zur Verfügung stehen.
Gegen die Höhe des Streitwerts hat der Kostenschuldner keine Einwände erhoben. Die Kostenrechnung geht hier zutreffend von dem Steuerbetrag aus, über dessen Zahlungsverjährung gestritten worden ist (§ 52 Abs. 1 und 3 GKG).
b) Die Nichterhebung der Kosten gemäß § 21 GKG kommt im Streitfall nicht in Betracht. Es liegen weder eine unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG noch eine unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG vor.
Das FG hat in seiner Rechtsmittelbelehrung zutreffend auf den Vertretungszwang beim BFH hingewiesen. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der Kostenschuldner diese Belehrung nicht beachtet hat. Insbesondere genügt ihr Hinweis auf den "Status" des juristischen Laien nicht, um angesichts dieser Belehrung von einer unverschuldeten Unkenntnis der prozessualen Rechtslage auszugehen. Denn entweder hat er den Vertretungszwang zur Kenntnis genommen und ihn bewusst nicht beachtet; dann fehlt es an der Unkenntnis. Oder er hat die unmissverständliche Rechtsbehelfsbelehrung nicht oder nicht vollständig zur Kenntnis genommen, so dass seine Unkenntnis auf Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt beruht und somit nicht unverschuldet ist (vgl. BFH-Beschluss vom 4. September 2014 VIII E 4/14, nicht veröffentlicht). Im Übrigen wusste der Kostenschuldner spätestens nach Abschluss des FG-Verfahrens, dass die Inanspruchnahme der Gerichte mit Gerichtskosten verbunden ist.
4. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).