Entscheidungsdatum: 16.11.2010
NV: § 818 Abs. 3 BGB findet auf den Rückzahlungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO keine Anwendung. Ein Wegfall der Bereicherung führt daher nicht zum Wegfall des abgabenrechtlichen Rückzahlungsanspruchs.
I. Für den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war mit Bescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) vom 8. März 2001 Eigenheimzulage ab 2001 in Höhe von 4.000 DM (2.045,17 €) jährlich festgesetzt worden; die Beträge sollten auf ein Konto bei der S-Bank gezahlt werden. Bei der Anmeldung eines Unternehmens im Februar 2003 gab der Kläger im Fragebogen als "Bankverbindung, die für die Erstattung aller Steuerarten gilt" ein Konto bei der K-Bank an. Am 14. März 2005 und am 14. März 2006 zahlte das FA jeweils 2.045,17 € auf dieses Konto. Im Dezember 2008 hob das FA die Festsetzung der Eigenheimzulage für die Jahre 2005 und 2006 auf, weil der Kläger die Wohnung in diesen Jahren nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken genutzt hatte, und forderte die Rückzahlung der Eigenheimzulage für diese Jahre in Höhe von jeweils … €.
Demgegenüber machte der Kläger geltend, dass ihm für die Jahre 2005 und 2006 keine Eigenheimzulage auf das von ihm angegebene Konto gezahlt worden sei. Soweit Zahlungen des FA auf das Geschäftskonto bei der K-Bank eingegangen seien, habe er diese nicht als Zahlungen der Eigenheimzulage erkennen können, zumal er dem FA das Ende der Eigennutzung der betreffenden Wohnung mitgeteilt habe; er habe die Zahlungen als Steuererstattungen für seinen Gewerbebetrieb angesehen. Das FA erließ daraufhin einen Abrechnungsbescheid, mit welchem es einen aus der Zahlung der Eigenheimzulage 2005 und 2006 sowie aus Säumniszuschlägen abzüglich verrechneter Eigenheimzulage 2004 resultierenden Gesamtrückstand in Höhe von … € feststellte.
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Das FG urteilte, dass der Abrechnungsbescheid zu Recht ergangen sei, weil der Kläger überzahlte Eigenheimzulage gemäß § 14 des Eigenheimzulagengesetzes zurückzuzahlen habe. Die Überzahlung ergebe sich daraus, dass das FA Eigenheimzulage für 2005 und 2006 auf das Konto bei der K-Bank gezahlt habe und die Festsetzung der Eigenheimzulage für diese Jahre später aufgehoben worden sei. Nach den ihm erkennbaren Umständen habe der Kläger die auf dieses Konto geleisteten Zahlungen vom 14. März 2005 und 14. März 2006 nur als Zahlungen des FA auf die Eigenheimzulage ansehen können. Wollte man dies nicht annehmen, wäre der angefochtene Abrechnungsbescheid jedenfalls im Ergebnis rechtmäßig, weil es keinen Rechtsgrund für eine (vom Kläger beim Empfang der Zahlung angeblich angenommene) Steuererstattung gebe, weshalb das FA diese gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurückfordern dürfe. Die Rückforderung verstoße auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Der Kläger habe nicht annehmen dürfen, die Beträge, welche als Zahlungen der Eigenheimzulage erkennbar gewesen seien, behalten zu dürfen. Vielmehr habe er damit rechnen müssen, dass das FA die Festsetzung der Eigenheimzulage aufheben werde, nachdem er das geförderte Objekt nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Gestalt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Unstreitig sei, dass er entreichert sei und das Geld in gutem Glauben, dass die Überweisungen zu Recht erfolgt seien, ausgegeben habe. Der Grundsatz von Treu und Glauben führe dazu, dass er sich auf Entreicherung berufen könne.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.
1. Grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfragen wirft der Streitfall nicht auf. Es ist vielmehr durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt, dass § 818 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auf den Rückzahlungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO keine Anwendung findet. Selbst wenn der Rechtsgedanke des § 812 Abs. 1 BGB bei der Anwendung von § 37 Abs. 2 AO herangezogen wird, führt ein Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 und § 819 Abs. 1 BGB) nicht zugleich zum Wegfall des abgabenrechtlichen Rückzahlungsanspruchs (Senatsurteil vom 6. Februar 1990 VII R 97/88, BFHE 160, 197, BStBl II 1990, 671; Senatsbeschlüsse vom 9. April 1991 VII B 168/90, BFH/NV 1992, 148; vom 27. April 1998 VII B 296/97, BFHE 185, 364, BStBl II 1998, 499; BFH-Beschlüsse vom 19. September 1997 V B 39/97, BFH/NV 1998, 280; vom 13. März 2000 VI B 286/99, BFH/NV 2000, 1088; vom 28. März 2001 VI B 256/00, BFH/NV 2001, 1117).
Soweit die Beschwerde geltend macht, dass dem Rückzahlungsanspruch des FA der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehe und es für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, ob der Rückzahlungsanspruch nach Treu und Glauben dann ausgeschlossen ist, wenn neben den Voraussetzungen der ungerechtfertigten Bereicherung mehrere schwere Fehlleistungen des FA sowie ein Organisationsverschulden vorliegen und der Steuerpflichtige aufgrund des Wissens und Erfahrungshorizonts eines Laien auf die Rechtmäßigkeit der Leistung vertrauen durfte, wäre diese Frage in einem Revisionsverfahren schon nicht klärungsfähig, weil das FG keine Feststellungen zu den seitens der Beschwerde behaupteten schweren Fehlleistungen bzw. einem Organisationsverschulden des FA getroffen und es den festgestellten Sachverhalt auch nicht dahin gewürdigt hat, dass der Kläger auf die Rechtmäßigkeit der ihm geleisteten Zahlungen des FA vertrauen durfte. Das FG hat vielmehr angenommen, dass der Kläger anhand der seinerzeit gegebenen Umstände aus seiner Sicht zu der Erkenntnis hätte gelangen müssen, dass es sich bei den am 14. März 2005 und 14. März 2006 vom FA geleisteten Zahlungen um die Eigenheimzulage für die Jahre 2005 und 2006 gehandelt habe und dass --auch wenn er geglaubt haben sollte, das betreffende Konto nur für betriebliche Steuern angegeben zu haben-- nicht erkennbar sei, aufgrund welcher nachvollziehbarer Tatsachen er zu der Auffassung hätte gelangen können, ihm seien mit den fraglichen Zahlungen betriebliche Steuern erstattet worden.
Wenn die Beschwerde insoweit eine andere Auffassung vertritt als das FG, wendet sie sich gegen die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, legt jedoch keinen Grund für die Zulassung der Revision dar.
2. Die ordnungsgemäße Erhebung einer Divergenzrüge setzt voraus, dass der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeitet und gegenüberstellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Juli 2002 II B 33/01, BFH/NV 2002, 1482, und vom 11. September 2003 X B 103/02, BFH/NV 2004, 180).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie entnimmt den von ihr angeführten Divergenzentscheidungen keine abstrakten Rechtssätze, um sie einem hiervon abweichenden Rechtssatz aus dem angefochtenen FG-Urteil gegenüberzustellen. Darüber hinaus sind die angeführten angeblichen Divergenzentscheidungen im Streitfall nicht einschlägig. In dem Senatsbeschluss in BFH/NV 1992, 148 ist von einem möglichen Ausschluss des Rückzahlungsanspruchs nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht die Rede. Das Senatsurteil vom 27. Oktober 1992 VII R 49/92 (BFH/NV 1993, 449) betrifft die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung und hält insoweit § 37 Abs. 2 AO ausdrücklich für nicht anwendbar.