Entscheidungsdatum: 05.10.2011
1. NV: Der Begriff des Hauptbehälters i.S. des § 41 Satz 1 Nr. 1 EnergieStV erfasst keine Kraftstoffbehälter, die von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaut worden sind .
2. NV: Dies gilt selbst für den Fall einer Arbeitsteilung zwischen einem Autohersteller und einem Karosseriebauer .
I. Bei einer Kontrolle des in den Niederlanden zugelassenen LKW der Marke DAF der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) durch Beamte des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt --HZA--) wurde festgestellt, dass sich an der Beifahrerseite des Fahrzeugs ein Kraftstoffbehälter mit der Aufschrift "DAF" und auf der Fahrerseite ein weiterer Kraftstoffbehälter ohne diese Aufschrift befand. Der Fahrer des LKW gab an, in Belgien getankt zu haben. Das HZA sah den mit "DAF" beschrifteten Tank als Hauptkraftstoffbehälter und den anderen Behälter, der ein Fassungsvermögen von 819 Liter aufwies, als Zusatztank an. Dieser Tank war mit 390 Liter Dieselkraftstoff befüllt. Davon ließ das HZA 20 Liter abgabenfrei und forderte für die restlichen 370 Liter mit Steuerbescheid vom 20. April 2010 Energiesteuer in Höhe von 179,71 € an.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, das HZA habe die Energiesteuer zu Recht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) erhoben. Bei dem auf der Fahrerseite angebrachten Tank handele es sich nicht um einen Hauptbehälter i.S. von § 41 Satz 1 Nr. 1 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung. Insbesondere aus einer Stellungnahme der Firma DAF vom 25. August 2010 ergebe sich eindeutig, dass das Fahrzeug ab Werk lediglich mit einem 430 Liter fassenden Tank ausgerüstet worden sei. Als Hersteller des Fahrzeugs könne nur die Firma DAF angesehen werden, nicht jedoch der Vertragshändler, von dem die Klägerin den LKW erworben habe. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung könne keine Steuerbefreiung für den Tankinhalt von Behältern gewährt werden, die von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaut worden seien.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Zu klären sei die Frage, wie die Begriffe "Hersteller" und "Hauptbehälter" im Sinne des EnergieStG auszulegen seien. Weiterhin sei im Streit, ob nicht der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) anzurufen sei. Im Streitfall habe die Klägerin von einem Vertragshändler ein Fahrzeug ohne Sonderausstattung erworben. Eine Initiative zum Umbau des Fahrzeugs habe sie nicht ergriffen. Das FG habe den Herstellerbegriff auf den eigentlichen Produzenten, nämlich die Firma DAF, verengt, und damit die energiesteuerrechtlichen Vorschriften rechtsfehlerhaft ausgelegt. Fehlerhaft sei auch die Auslegung des Begriffs des Hauptbehälters. Der EuGH habe eine Aufgabenverteilung zwischen dem Hersteller und einem Dritten anerkannt. Die Europäische Kommission habe inzwischen einen Entwurf zur Neufassung der Energiesteuerrichtlinie vorgelegt. Mit diesem Entwurf werde klargestellt, dass sowohl die vom Hersteller als auch von Dritten eingebauten Behälter als Hauptbehälter anzusehen seien. Unter dem Gesichtspunkt der Steuergleichheit und Steuergerechtigkeit bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf die Ausgestaltung der nationalen Regelung.
Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es ist der Ansicht, dass der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukomme.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
Einer Rechtsfrage kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie klärungsbedürftig ist. Das ist sie, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, weil mehrere Lösungen vertretbar sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28). An der zu fordernden Klärungsbedürftigkeit fehlt es jedoch, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG in seiner Entscheidung getan hat, wenn die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231). Darüber hinaus ist eine Rechtsfrage auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587).
2. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen zu den Begriffen des Herstellers und des Hauptbehälters sind bereits durch die Rechtsprechung des EuGH zum Begriff des Hauptbehälters in Art. 112 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 (VO Nr. 918/83) des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L/105/1) dahingehend beantwortet worden, dass der eng auszulegende Befreiungstatbestand nicht auf Kraftstoffbehälter angewendet werden kann, die von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaut worden sind (EuGH-Urteil vom 3. Dezember 1998 C-247/97, Slg. 1998, I-8095). Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich die diese Rechtsauffassung auf das Energiesteuerrecht übertragen (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2008 VII B 21/08, BFH/NV 2009, 219).
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom FG in Bezug genommene Entscheidung des EuGH dahingehend verstanden werden kann, dass selbst bei einer Arbeitsteilung, bei der sich ein Autohersteller auf den Bau des Fahrgestells beschränkt und ein Karosseriebauer den --auf die speziellen Bedürfnisse des Nutzers ausgerichteten-- Spezialaufbau vornimmt, nur der Hersteller des Fahrgestells als Hersteller des jeweiligen Fahrzeugs angesehen werden kann und es ausgeschlossen ist, ein Unternehmen, das sich lediglich mit Karosseriebau beschäftigt, als Hersteller im Sinne der VO Nr. 918/83 anzusehen (vgl. auch Senatsentscheidung in BFH/NV 2009, 219). Dies muss auch für den Fall gelten, dass ein Behälter nicht vom Hersteller, sondern von einem Vertragshändler eingebaut wird. Insoweit gibt der Streitfall keine Veranlassung, die Rechtsprechung des Senats zu überdenken.
3. Aus dem Entwurf für eine Neufassung der Energiesteuerrichtlinie lässt sich nichts anderes entnehmen. In der Begründung des Entwurfs wird auf eine für erforderlich gehaltene Aktualisierung des Richtlinientextes in Bezug auf die Definition für Hauptbehälter hingewiesen. Durch die Änderung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Kraftstoffbehälter nicht ausschließlich vom Hersteller in die Nutzfahrzeuge eingebaut werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich nicht nur um eine Klarstellung, sondern um eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift. Nach den Vorschlägen der Europäischen Kommission soll sich die Energiesteuerbegünstigung künftig auch auf Behälter erstrecken, die von anderen Unternehmen als von der Herstellerfirma eingebaut worden sind. Der Umstand, dass die Kommission einen Änderungsbedarf erkannt und nunmehr eine entsprechende Änderung der Richtlinie vorgeschlagen hat, deutet darauf hin, dass die gegenwärtige Rechtslage eine Begünstigung von Zusatztanks nicht zulässt. Wie auch die Mitgliedstaaten erkannt haben, ist die Regelung des Art. 24 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABlEG Nr. L 283/51) einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Wie das FG zutreffend entschieden hat, ist die Rechtslage insoweit eindeutig.
4. Im Übrigen kann die bloße Behauptung der Klägerin, die nationale Regelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen (BFH-Beschluss vom 21. Februar 2002 XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035, m.w.N.). Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift den behaupteten Verfassungsverstoß im Einzelnen darlegen. Erforderlich ist hierzu eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte rechtliche Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil (BFH-Beschlüsse vom 26. September 2002 VII B 270/01, BFH/NV 2003, 480, und vom 3. April 2001 VI B 224/99, BFH/NV 2001, 1138). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht, denn sie setzt sich mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Ausprägung des Gleichheitssatzes im Steuerrecht nicht einmal ansatzweise auseinander.