Entscheidungsdatum: 28.06.2016
Zur Beachtung des Gesichtspunkts der Prozessökonomie bei dem Erlass eines Grundurteils.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. September 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden für das Revisionsverfahren nicht erhoben.
Von Rechts wegen
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Beschädigung eines Abwasserkanals in Anspruch.
Im Frühjahr 2002 beauftragte die Streithelferin die Beklagte als Nachunternehmerin im Rahmen von Erschließungsmaßnahmen mit der Herstellung eines Spundwandverbaus als Baugrubensicherung für einen geplanten Sandfang. Dazu sollten etwa 12,7 m lange Spundbohlen in das Erdreich eingebracht und nachfolgend ein Erdaushub bis etwa 9,8 m unter der Geländeoberkante vorgenommen werden. In einer Nähe von etwa 80 cm zu der Baugrube verläuft der im Eigentum der Klägerin stehende Abwasserkanal mit einem Durchmesser von 80 cm. Eine zum Zwecke der Beweissicherung am 5. April 2002 vorgenommene Befahrung des Kanals mit einer Kamera ergab, dass dieser keine Schäden aufwies.
Am 8. April 2002 begann die Beklagte mit den Tiefbauarbeiten. Die verrohrten Bohrungen parallel zur Wasserleitung wurden bis zum 12. April 2002 abgeschlossen. Am 16. April 2002 begannen in diesem Bereich die Spundwandeinpressarbeiten. Die Beklagte führte parallel dazu ab dem 17. April 2002 Lockerungsbohrungen an der Querseite des Verbaus durch. Am 23. April 2002 waren die Arbeiten beendet. Andere Unternehmen waren in diesem Bereich in diesem Zeitraum nicht tätig. Eine am 2. Mai 2002 durchgeführte erneute Befahrung des Kanals ergab auf einer Länge von 16 m Setzungen bis zu 16 cm.
Die Klägerin ließ den Abwasserkanal erneuern und verlangt die hierfür aufgewendeten Kosten in Höhe von 393.565,95 € erstattet. Sie behauptet, die Beklagte habe bei den Arbeiten gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen.
Das Landgericht hat dem Klageantrag dem Grunde nach stattgegeben. Das Kammergericht hat die dagegen gerichteten Berufungen der Beklagten und der Streithelferin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Erlass des Grundurteils sei verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Entscheidung dieser Art sei zulässig, wenn nach Auffassung des Tatrichters sämtliche den Grund des Anspruchs betreffenden Einwendungen zur Entscheidung reif seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei ein Grundurteil unzulässig, wenn die Tatsachen für Grund und Höhe annähernd dieselben seien oder in einem so engen Zusammenhang stünden, dass die Herausnahme einer Grundentscheidung unzweckmäßig und verwirrend sei. Das Landgericht habe diese Anforderungen beachtet, auch wenn zwischen Schadensgrund und Schadenshöhe regelmäßig insoweit ein Zusammenhang bestehe, dass ein Schaden in einer relevanten Höhe entstanden sein müsse, um eine Ersatzpflicht auszulösen. Wenn - wie hier - zunächst generell das Vorliegen eines Schadens und darüber hinaus noch dessen Umfang bestritten werde, sei die Entscheidung durch ein Grundurteil praxisgerecht und sinnvoll.
Der Klägerin stehe als Eigentümerin des streitgegenständlichen Kanals ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Eine Eigentumsverletzung liege vor. Es stehe aufgrund der Befahrung des Kanals fest, dass dieser am 5. April 2002 keine Schäden aufgewiesen habe und am 2. Mai 2002 auf einer Länge von 16 m Setzungen von bis zu 16 cm vorgelegen hätten. Daran müsse die Beklagte sich festhalten lassen. Der Senat sei davon überzeugt, dass es sich bei der Senkung des Kanals um eine Einwirkung auf die Sache gehandelt habe, durch die deren bestimmungsgemäße Brauchbarkeit nicht nur geringfügig beeinträchtigt worden sei.
Die Klägerin habe auch eine Pflichtverletzung der Beklagten bewiesen. Es sei nicht zu beanstanden, dass nicht mehr geklärt werden könne, durch welches konkrete Verhalten bei den Baumaßnahmen die Beklagte gegen bestimmte Regeln der Technik verstoßen habe. Es sei entscheidend darauf abzustellen, dass sich vor den gefahrträchtigen Arbeiten der Beklagten der Abwasserkanal in einem einwandfreien Zustand befunden habe, dies nach Abschluss der Arbeiten nicht mehr der Fall gewesen sei, und während dieses Zeitraums Dritte gefahrenträchtige Arbeiten in dem betreffenden Baubereich nicht durchgeführt hätten. Bei den in Rede stehenden Bohrungen und Pressungen handele es sich um Arbeiten, die ohne weiteres zu Setzungen in unmittelbarer Nähe führen könnten. Von daher habe die Beklagte als Fachfirma in verstärktem Maße darauf zu achten gehabt, die allgemeinen Regeln der Technik bei der Durchführung ihrer Arbeiten einzuhalten. Komme es im nachfolgenden Prozess zu einem Streit, ob und welche Pflichtverletzung das bauausführende Unternehmen begangen habe, reiche es zunächst aus, wenn die Klägerin als geschädigte Eigentümerin einen Sachverhalt vortrage, der den Schluss zulasse, dass allein die Arbeiten der Beklagten den hier geltend gemachten Schaden verursacht hätten.
Der Sachverständige Dr.-Ing. S. habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass nur zwei Ursachen zu der Versackung der Abwasserleitung geführt haben könnten. Einrütteleffekte infolge dynamischer Einwirkungen habe der Sachverständige bezogen auf die Größe der Verformung bei der mindestens mitteldichten Lagerung der Böden unterhalb der Abwasserleitung ausgeschlossen. Als zweite mögliche Ursache habe der Sachverständige einen Bodenentzug unter der Abwasserleitung genannt. Dieser habe entweder durch Bodeneintritt über schadhafte Stellen in das Leitungsrohr oder bei der Herstellung der Austauschbohrungen erfolgen können. Ersteres habe der Sachverständige nachvollziehbar ausgeschlossen. Damit sei als einzige erkennbare Ursache ein Bodenentzug bei Herstellung der Austauschbohrungen in Betracht gekommen. Der Sachverständige habe in diesem Zusammenhang mögliche fehlerhaft ausgeführte Arbeitsgänge geschildert, ohne sich wegen der mangelhaften Dokumentation im Einzelnen festlegen zu können, welcher Arbeitsgang tatsächlich fehlerhaft durchgeführt worden sei.
Bei einer derartigen Sachlage sei es unabhängig von einer etwa bestehenden Dokumentationspflicht Sache der Beklagten, sämtliche Arbeitsschritte unter Beweisantritt konkret zu beschreiben und in diesem Zusammenhang vorzutragen, wer diese auf welche Weise und in welcher Reihenfolge durchgeführt habe. Das Vorbringen der Beklagten dazu sei unzureichend. Die Beklagte räume ein, ihre Arbeiten nicht im Einzelnen protokolliert zu haben. Es könne dahinstehen, ob darin ein Verstoß gegen DIN-Normen zu sehen sei. Jedenfalls sei es der Beklagten angesichts der latenten Gefährlichkeit der von ihr durchgeführten Arbeiten in Bezug auf das Eigentum der Klägerin zumutbar und möglich gewesen, einzelne Arbeitsgänge zu dokumentieren und festzuhalten, wer diese durchgeführt habe.
Das Vorbringen der Klägerin zu dem ihr entstandenen Schaden sei für den Erlass des Grundurteils ausreichend. Es sei nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe bestehe. Dabei sei ohne Belang, ob hier ein Austausch des Abwasserkanals zwingend erforderlich gewesen sei oder auch kostengünstigere Maßnahmen ausgereicht hätten. Nach Überzeugung des Senats könne kein Zweifel daran bestehen, dass das Absacken des Kanals einen Sanierungsbedarf beziehungsweise einen Instandsetzungsbedarf bei der Klägerin hervorgerufen habe. Aus den Erläuterungen des Sachverständigen Dr.-Ing. K. im Termin ergebe sich, dass damit eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit einhergegangen und eine Verformung eingetreten sei, die zu einem erheblichen Risiko eines auch kurzfristigen Versagens geführt habe. Damit sei zumindest wahrscheinlich, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe bestehe. Ob die Klage in voller Höhe gerechtfertigt sei, werde Gegenstand des Betragsverfahrens sein.
II.
Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Zwar greift die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen einer schuldhaften Eigentumsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 31, 831 BGB zu Unrecht bejaht, nicht durch.
a) Das Berufungsgericht hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt gezeigt (§ 286 Abs. 1 ZPO), dass die am 2. Mai 2002 an dem streitgegenständlichen Kanal festgestellte Absenkung auf einer der Beklagten zuzurechnenden schuldhaften Verletzungshandlung beruht. Es hat greifbare Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin, die genannte Beschädigung sei durch eine der Beklagten zuzurechnende Verletzungshandlung verursacht worden, rechtsfehlerfrei für erwiesen erachtet. Auf dieser Grundlage hat es weiter zutreffend angenommen, dass die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast zu den von ihr durchgeführten Arbeitsgängen die Behauptung einer schuldhaften Verletzungshandlung nicht ausreichend bestritten und damit zugestanden hat, § 138 Abs. 2 und 3 ZPO.
aa) Die tatrichterliche Beweiswürdigung unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Revisionsrechtlich überprüfbar ist - soweit entsprechende Fehler gerügt werden (§ 559 Abs. 2 ZPO) - nur, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, VersR 2014, 1130 Rn. 28 mwN; vom 12. Mai 2015 - VI ZR 63/14, VersR 2015, 895 Rn. 13).
Solche Fehler zeigt die Revision nicht auf. Soweit sie meint, den Entscheidungsgründen sei nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1999 - IV ZR 181/98, NJW-RR 1999, 1184 unter II 2 a), zu der Überzeugung gelangt sei, dass die Beklagte eine Handlung begangen habe, auf der die festgestellte Eigentumsverletzung beruhe, verkennt sie, dass das Berufungsgericht (lediglich) greifbare Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin für erwiesen erachtet und die Verletzungshandlung wegen des nicht ausreichenden Vortrags der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast als zugestanden angesehen hat, § 138 Abs. 2 und 3 ZPO.
bb) Das begegnet keinen Bedenken. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte die ihr im Hinblick auf die konkrete Ausführung der von ihr durchgeführten Arbeiten obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt hat.
(1) Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 210 Rn. 18; vom 10. Februar 2013 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11; vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, VersR 2016, 666 Rn. 47 f. - jameda.de II; jeweils mwN). Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. So hat beispielsweise der Frachtführer darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret angewendet hat, sowie Angaben zu den näheren Umständen der Schadensentstehung zu machen. Er muss insbesondere mitteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte (BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, NJW 2012, 3774 Rn. 17).
(2) Nach diesen Grundsätzen traf die Beklagte hinsichtlich der konkreten Ausführung der von ihr vorgenommenen Arbeiten die sekundäre Darlegungslast. Denn die Klägerin hatte vorgetragen und bewiesen, dass als Ursache für den am 2. Mai 2002 festgestellten Schaden nur die Arbeiten der Beklagten in Betracht kommen. Wie diese Arbeiten konkret abgelaufen sind, konnten allein die Organe und Mitarbeiter der Beklagten wahrnehmen. Die Klägerin stand insoweit außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs.
Soweit die Revision meint, Vortrag zu den einzelnen von der Beklagten durchgeführten Arbeitsschritten sei auch der Klägerin möglich gewesen, weil sie über die Bautagebücher verfügt habe, trifft das nicht zu. Der Sachverständige Dr.-Ing. S. hat die Bautagebücher ausgewertet, konnte aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mangels aussagekräftiger Dokumentation eine Zuordnung der in Betracht kommenden Pflichtverletzungen zu den jeweiligen Leistungen der Beklagten nicht vornehmen. Die Bautagebücher haben der Klägerin mithin nicht ermöglicht, den erforderlichen Vortrag zu halten.
(3) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass es der Beklagten möglich und zumutbar gewesen wäre, sämtliche Arbeitsschritte konkret zu beschreiben und in diesem Zusammenhang vorzutragen, wer diese auf welche Weise und in welcher Reihenfolge durchgeführt hat. Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten dazu nicht für ausreichend erachtet hat.
Auf die Frage, ob die Beklagte darüber hinaus im Sinne einer Obliegenheit gegenüber sich selbst verpflichtet gewesen wäre, die vorgenommenen Arbeitsschritte zu protokollieren, kommt es nicht an. Die Revision zeigt schon nicht auf, dass der Beklagten der von dem Berufungsgericht im Rahmen der sekundären Darlegungslast abverlangte Vortrag wegen Zeitablaufs oder aus anderen Gründen nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre.
b) Es kann deshalb dahin stehen, ob sich der geltend gemachte Anspruch auch aus § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 909 BGB ergibt, wobei insoweit die Beklagte zu beweisen hätte, dass sie für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt hatte.
2. Zu Recht rügt aber die Revision, dass das angefochtene Grundurteil nicht hätte ergehen dürfen.
a) Nach § 304 Abs. 1 ZPO darf das Gericht ein Zwischenurteil über den Grund (im Folgenden auch: Grundurteil) erlassen, wenn der Klageanspruch nach Grund und Betrag streitig und der Grund des Anspruchs zur Entscheidung reif ist. Als Zwischenurteil erledigt die Vorabentscheidung über den Grund lediglich einen Teil des Streitstoffes; durch sie wird der geltend gemachte Anspruch weder ganz noch zum Teil aberkannt oder zuerkannt (BGH, Urteil vom 3. November 1978 - IV ZR 61/77, VersR 1979, 25 unter I).
Die Vorschrift des § 304 ZPO beruht auf der Erwägung, dass regelmäßig für die Entscheidung über den Anspruchsgrund andere Tat- und Rechtsfragen in Betracht kommen als für die Entscheidung über den Betrag des Anspruchs. In solchen Fällen kann die Erledigung des Rechtsstreits gefördert werden, wenn über den Grund vorabentschieden wird. Die Regelung entspringt daher prozesswirtschaftlichen Gründen. Bei ihrer Anwendung und Auslegung ist vor allem den Erfordernissen der Prozessökonomie Rechnung zu tragen. Der Erlass eines Grundurteils ist daher immer dann unzulässig, wenn dies nicht zu einer echten Vorabentscheidung des Prozesses, sondern zu einer ungerechtfertigten Verzögerung und Verteuerung des Prozesses führt (Senat, Urteil vom 13. Mai 1980 - VI ZR 276/78, MDR 1980, 925 unter II 2 a; BGH, Urteil vom 6. Juni 1962 - IV ZR 41/62, LM Nr. 18 zu § 304 ZPO).
b) So liegt es angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles hier.
aa) Das Berufungsgericht hat Inhalt und Bindungswirkung des Grundurteils des Landgerichts zu Lasten der Klägerin geändert, ohne nach der von ihm durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme Feststellungen dazu zu treffen, ob - wie von der Beklagten behauptet - hinsichtlich des am 2. Mai 2002 auf einer Länge von 16 m mit Senkungen bis zu 16 cm feststellbaren Schadens ein selbständig abgrenzbarer Teilschaden vorliegt.
(1) Die Bindungswirkung des Zwischenurteils über den Grund ergibt sich aus § 318 ZPO. Ihr Umfang richtet sich danach, worüber das Gericht wirklich entschieden hat. Dies ist durch vom Revisionsgericht selbständig vorzunehmende (Senat, Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, NJW-RR 2014, 1118 Rn. 18 mwN) Auslegung von Urteilsformel und Entscheidungsgründen zu ermitteln. Eine Bindung an Tatbestand und Entscheidungsgründe tritt insoweit ein, als sie den festgestellten Anspruch kennzeichnen, mithin dessen Inhalt bestimmen. Das Grundurteil hat für das Betragsverfahren Bindungswirkung, soweit es den Klageanspruch bejaht hat und dessen Höhe durch den anerkannten Klagegrund gerechtfertigt ist. Es legt fest, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände bereits - für die Parteien bindend - abschließend im Grundverfahren geklärt sind (Senat, Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, NJW-RR 2014, 1118 Rn. 17 mwN).
(2) Das Landgericht hat den Zahlungsantrag der Klägerin, der sich auf die Erneuerung des gesamten Abwasserkanals mit einer Länge von 59,99 m bezieht, ohne Einschränkung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Sein Urteil bezieht sich ausweislich des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe auch auf die nach dem 2. Mai 2002 - unstreitig - auf einer Länge von 43 m mit einer Absackung bis 32 cm entstandene Beschädigung des Kanals. Zur Begründung hat es ausgeführt, sofern nach dem 2. Mai 2002 und möglicherweise ursächlich durch andere an den Baumaßnahmen beteiligte Unternehmen weitere Setzungen eingetreten seien, hafte die Beklagte der Klägerin für den gesamten Schaden gemäß § 840 Abs. 1 BGB jedenfalls gesamtschuldnerisch.
Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Landgericht den Vortrag der Beklagten übergangen hat, sie habe für die Ausweitung der Beschädigung auf eine Länge von 43 m sowie Absenkungen bis 32 cm keinen Ursachenbeitrag gesetzt, sowie, bei der am 2. Mai 2002 auf einer Länge von 16 m feststellbaren Absenkung handele es sich um einen selbständig abgrenzbaren Teilschaden. Es hat daher - nachdem bereits das Landgericht zu der Frage der Pflichtverletzung und der dadurch verursachten Einschränkung der hydraulischen Funktion des Kanals ein Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. S. eingeholt hatte - im Rahmen einer kosten- und zeitintensiven Beweisaufnahme Beweis über die Behauptung der Klägerin erhoben, schon der am 2. Mai 2002 eingetretene (Teil-)Schaden habe den Austausch des (gesamten) Kanals erfordert, §§ 823 Abs. 1, 249 BGB. Dazu hat es ein Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. K. sowie drei Ergänzungsgutachten eingeholt und den Sachverständigen mündlich angehört.
Bei seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht indes zu der Frage der Erforderlichkeit des Austausches des Kanals keine Feststellungen getroffen. Es hat ausgeführt, die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung stelle sich nicht, weil der Anspruch dem Grunde nach entstanden sei, ohne dass es dabei auf Leistungen anderer Gewerke nach dem 2. Mai 2002 ankomme. Es hat damit Inhalt und Bindungswirkung des Grundurteils zu Lasten der Klägerin dahin beschränkt, dass am 2. Mai 2002 auf einer Länge von 16 m des Kanals auf einer schuldhaften Verletzungshandlung der Beklagten beruhende Setzungen bis zu 16 cm vorlagen, die einen Instandsetzungsbedarf bei der Klägerin hervorgerufen haben, und offen gelassen, ob die Klägerin auch für die am 19. Juli 2002 und am 5. August 2002 festgestellten Beschädigungen haftbar ist.
bb) Wenn das Berufungsgericht indes die Frage, ob bereits die am 2. Mai 2002 eingetretene Absenkung den Austausch des (gesamten) Kanals erforderte, zum Gegenstand des Grundverfahrens machte, durfte es sie im Urteil nicht ungeklärt lassen. Dies widerspricht dem Ziel der Vorschrift des § 304 ZPO, die vorrangig prozesswirtschaftlichen Zwecken dient. Es führt zu einer Verlängerung und Verteuerung des Prozesses und zu der Notwendigkeit einer erneuten Beweisaufnahme über Tatsachen, die bereits Gegenstand einer Beweisaufnahme im Grundverfahren waren. Der Beklagten ist auch nicht zuzumuten, dass sie - wenn die Klage schließlich zu einem erheblichen Teile abgewiesen werden sollte - die Kosten des Rechtsmittelverfahrens im Grundverfahren einschließlich der überflüssigen Beweisaufnahme voll zu tragen hat (Senat, Urteil vom 29. Mai 1956 - VI ZR 205/55, BGHZ 20, 397, 398; Senat, Urteil vom 13. Mai 1980 - VI ZR 276/78, aaO).
Es kann daher dahinstehen, ob - wie die Revision meint - das Grundurteil schon deshalb an einem Rechtsfehler leidet, weil nicht zweifelsfrei zum Ausdruck gekommen ist, dass das Berufungsgericht die Klärung der Frage, ob ein abgrenzbarer Teilschaden vorliegt, dem Betragsverfahren vorbehalten wollte (vgl. BGH, Urteile vom 3. April 1987 - V ZR 35/86, NJW-RR 1987, 1277; vom 24. März 1999 - VIII ZR 121/98, NJW 1999, 2440, 2442).
cc) Das Berufungsgericht hätte entweder den gesamten Rechtsstreit einer Entscheidung zuführen oder die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen müssen, § 538 Abs. 1 und 2 ZPO.
Es hat ausweislich seines Hinweisbeschlusses vom 28. November 2011 richtig erkannt, dass die Frage, ob ein selbständig abgrenzbarer Teilschaden vorliegt, mit weiteren im Rahmen des Betragsverfahrens zu klärenden Tatsachen in einem engen Zusammenhang steht. Denn die Beklagte hat auch geltend gemacht, dass die von der Klägerin zur Schadensbeseitigung vorgenommene Maßnahme nicht erforderlich gewesen sei, weil einfachere - und damit kostengünstigere - Maßnahmen (sogenannte "Inliners" oder "Packers") zur Beseitigung des Schadens ausgereicht hätten. Beide Fragen hängen so eng zusammen, dass nach Grund- und Betragsverfahren getrennte Beweisaufnahmen unzweckmäßig und verwirrend sind (vgl. BGH, Urteile vom 3. November 1978 - IV ZR 61/77, aaO unter II; vom 23. September 1992 - IV ZR 199/91, VersR 1992, 1465 unter I 1 und 3).
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht gemeint, es könne das Betragsverfahren nur dann an sich ziehen, wenn beide Parteien dem zustimmen. Es hat von einer vollständigen Klärung der zwischen den Parteien streitigen Fragen im Rahmen der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme abgesehen, weil die Beklagte ihre Zustimmung verweigert hat. Das war rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hätte vielmehr - gegebenenfalls nach entsprechendem Hinweis und Stellung eines Zurückverweisungsantrags durch eine Partei (vgl. BGH, Urteile vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1627; vom 22. September 2008 - II ZR 257/07, NJW 2009, 431 Rn. 12) - eine Ermessensentscheidung dahin treffen müssen, ob es die Sache insgesamt an sich ziehen und oder an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen wolle (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 220/03, MDR 2005, 921 Rn. 17; Musielak/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 538 Rn. 28).
III.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben. Die Sache ist mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Der Senat weist darauf hin, dass das Berufungsgericht gehalten ist, dem Grunde und der Höhe nach abschließend zu entscheiden und eine Zurückverweisung nicht mehr in Betracht kommt. Das dem Berufungsgericht in § 538 ZPO eingeräumte Ermessen hat sich angesichts der bisherigen Verfahrensdauer und der verfahrensfehlerhaften Vorgehensweise des Berufungsgerichts so reduziert, dass nur noch die Entscheidung, von einer Zurückverweisung abzusehen, ermessensfehlerfrei ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03, NJW-RR 2004, 1537 unter III). Eine Zurückverweisung der Sache würde zu einer weiteren, nicht mehr hinnehmbaren Verzögerung des Verfahrens führen. Das ist den Parteien nicht zuzumuten. Sie haben einen Anspruch darauf, dass das Berufungsgericht angesichts der im Berufungsverfahren bereits begonnenen, kosten- und zeitintensiven Beweisaufnahme die Sache nunmehr sachgerecht fördert und selbst entscheidet.
Die Entscheidung über die Niederschlagung der Kosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Galke von Pentz Offenloch
Roloff Müller