Entscheidungsdatum: 15.04.2014
Ein Rechtsmittel darf nicht wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist verworfen werden, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag bezüglich dieser Fristversäumung noch nicht entschieden ist und nicht gleichzeitig entschieden wird.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Kempten vom 23. August 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 4.000 €
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung ehrenrühriger Äußerungen in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Februar 2013 abgewiesen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 1. März 2013 zugestellt. Am Morgen des 3. April 2013 (Mittwoch nach Ostern) fand der zuständige Wachtmeister die Berufung des Klägers in dem Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts vor und versah sie, weil sie sich nach seiner Darstellung über der um Mitternacht fallenden Klappe befand, mit dem Eingangsstempel 3. April 2013. Der Kläger macht geltend, die Rechtsanwaltsfachangestellte ihres Prozessbevollmächtigten, Frau D., habe die Berufung gemeinsam mit weiteren Schriftsätzen am 2. April 2013 gegen 17.45 Uhr in den Nachtbriefkasten eingeworfen. Hilfsweise hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin D. und des für die Leerung des Nachtbriefkastens zuständigen Wachtmeisters. Es hat die Berufung durch Urteil als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt, dass es über den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag des Klägers nicht entschieden hat.
1. Gemäß § 238 Abs. 1 ZPO ist das Wiedereinsetzungsverfahren entweder vorab durchzuführen oder mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Über den Wiedereinsetzungsantrag ist aber spätestens zusammen mit der Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zu befinden. Unzulässig ist es, ein Rechtsmittel wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist zu verwerfen, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag bezüglich dieser Fristversäumung noch nicht entschieden ist und nicht gleichzeitig entschieden wird (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 1985 - VI ZB 9/85, juris; BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - VIII ZB 127/06, juris Rn. 5 f.; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, 4. Aufl, § 238 Rn. 7; Prütting/Gehrlein/Milger, ZPO, 5. Aufl., § 238 Rn. 7; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 238 Rn. 1; Musielak/Grandel, ZPO, 10. Aufl., § 238 Rn. 1 f.; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 34. Aufl., § 238 Rn. 3).
2. Die angefochtene Entscheidung beruht auf diesem Rechtsfehler. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht anders entschieden hätte, wenn es den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist berücksichtigt hätte.
Galke Wellner Diederichsen
Pauge von Pentz