Entscheidungsdatum: 26.03.2019
Aus einem Berufungsurteil, gegen das die Revision stattfindet, muss zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Fehlen solche Darstellungen, hat das Revisionsgericht das Urteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dies gilt auch für ein Protokollurteil (Fortführung Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16, NJW 2017, 3449).
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 31. Januar 2018 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Das Urteil ist gegen die Beklagten zu 1) vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Es hat dieses Urteil nach mündlicher Verhandlung am Ende der Sitzung verkündet und Entscheidungsformel und -gründe in das von allen Richtern unterzeichnete Sitzungsprotokoll aufgenommen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Schadensersatzbegehren weiter.
I.
Über die Revision war, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagten zu 1) richtet, antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Beklagte im Revisionstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war; inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis des Beklagten, sondern auch insoweit auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f.)
II.
Die Revision des Klägers ist schon deshalb begründet, weil das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält.
1. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert das Berufungsurteil die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Diese Darlegungen können bei Verkündung des Urteils im Verhandlungstermin zwar in das Protokoll aufgenommen werden (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO), eine Absenkung der an die Darlegungen zu stellenden Anforderungen ist damit aber nicht verbunden. Deshalb müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung auch im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll einschließlich der in ihm enthaltenen Bezugnahmen so erschließen, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60, 61 f.; vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03, VersR 2005, 958; BGH, Urteile vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 3/17, NZM 2017, 732 Rn. 7 f.; vom 8. Februar 2006 - XII ZR 57/03, NJW 2006, 1523 Rn. 5 f. jeweils mwN).
2. Diese Anforderungen erfüllt das Berufungsurteil nicht. Die im Wesentlichen auf Rechtsausführungen beschränkte Urteilsbegründung, die weder eine Bezugnahme auf das Urteil erster Instanz noch eigene Feststellungen zum Sach- und Streitstand oder Ausführungen zum weiteren Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz enthält, lässt in keiner Weise erkennen, auf welchen konkreten Lebenssachverhalt der Kläger sein Ersatzbegehren stützt. Soweit das Berufungsgericht tatsächliches Vorbringen der Parteien erwähnt, genügen diese Angaben ohne Kenntnis des weiteren Tatsachenstoffs nicht, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, insbesondere können auch die Rechtsauführungen des Berufungsgerichts nur in Kenntnis der tatsächlichen Urteilsgrundlagen gewürdigt werden (vgl. dazu Senatsurteil vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03, VersR 2005, 958 f.; BGH, Urteil vom 21. September 2016 - VIII ZR 188/15, NJW 2016, 3787 Rn. 7). Dem Urteil lässt sich zwar noch entnehmen, dass das Vermögen einer Beteiligungsgesellschaft in deliktsrechtlich relevanter Weise verschoben worden sein soll. Es erschließt sich aber nicht, in welcher Form der Kläger an dieser Gesellschaft beteiligt gewesen sein soll, auf Grund welcher Handlungen oder Unterlassungen die Beklagten für einen etwaigen Verlust des Klägers einstandspflichtig sein sollen und welchen konkreten Schaden der Kläger nach seinem Vortrag erlitten haben will. Eine revisionsrechtliche Überprüfung des Urteils ist auf solcher Grundlage nicht möglich (zu einem parallelen Sachverhalt und zur Zulassungsfrage vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - IX ZR 66/18, ZIP 2019, 380 Rn. 7, 10 ff.).
III.
Aus diesen Gründen ist das Berufungsurteil von Amts wegen gem. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16, VersR 2017, 965 Rn. 6; vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60, 63 jeweils mwN).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht dem Beklagten zu 1) als säumiger Partei der Einspruch zu, soweit die Revision des Klägers Erfolg hat. Der Einspruch ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Teilversäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Wellner |
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