Entscheidungsdatum: 05.10.2017
1. NV: Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation (IVF) sind als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) auch dann zu berücksichtigen, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.
2. NV: Da die Aufwendungen dazu dienen, die Fertilitätsstörung der Steuerpflichtigen auszugleichen, sind sie als insgesamt --einschließlich der auf die Bereitstellung und Aufbereitung des Spendersamens entfallenden Kosten-- auf dieses Krankheitsbild abgestimmte Heilbehandlung darauf gerichtet, die Störung zu überwinden. Eine Aufteilung der Krankheitskosten kommt insoweit nicht in Betracht.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 15. November 2016 9 K 1718/13 aufgehoben.
Die Einkommensteuer für das Jahr 2008 wird unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2008 vom 16. September 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2010 des Beklagten auf den Betrag festgesetzt, der sich bei der Berücksichtigung von zusätzlichen Krankheitskosten in Höhe von XX.XXX € als außergewöhnliche Belastung ergibt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Revision des Beklagten wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
I.
Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin) lebte im Streitjahr (2008) in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie leidet an X. Da sie infolgedessen weder auf natürlichem Weg noch durch alleinige Insemination empfangen kann, unterzog sie sich im Streitjahr einer Sterilitätsbehandlung in Form einer In-vitro-Fertilisation (IVF) mit heterologer Insemination (Fremdsamenspende). Die Behandlungen wurden in Hessen und Berlin durchgeführt.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin Aufwendungen in Höhe von XX.XXX € als außergewöhnliche Belastungen geltend, die fast vollständig auf die künstliche Befruchtung entfielen.
Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung nicht als außergewöhnliche Belastung an. Der gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegte Einspruch blieb in diesem Punkt ebenfalls erfolglos. Das FA war der Ansicht, die Berücksichtigung der Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Krankheitskosten komme nicht in Betracht, weil es sich um eine Fremdsamenspende gehandelt habe und die Maßnahme damit nicht in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen worden sei. Es erkannte lediglich XX € als außergewöhnliche Belastungen an.
Mit ihrer im Anschluss erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Berücksichtigung weiterer Krankheitskosten in Höhe von XX.XXX € als außergewöhnliche Belastungen. Das Finanzgericht (FG) gab dem Begehren mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 473 veröffentlichten Gründen überwiegend statt. Es war im Wesentlichen der Ansicht, aufgrund der Empfängnisunfähigkeit der Klägerin stelle die IVF eine medizinisch indizierte Heilbehandlung dar, so dass die Kosten für die eigentliche Behandlung als außergewöhnliche Belastungen abziehbar seien. Dies gelte jedoch nicht für die im Zusammenhang mit der Fremdsamenspende getätigten Aufwendungen. Diese seien der Klägerin nicht zwangsläufig entstanden, da ihre Kinderlosigkeit zugleich maßgeblich darin begründet gewesen sei, dass sie in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebe.
Mit ihren Revisionen rügen sowohl die Klägerin als auch das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 16. September 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2010 dahin zu ändern, dass weitere Krankheitskosten in Höhe von XX.XXX € berücksichtigt werden, sowie die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
II.
Die Revision der Klägerin ist überwiegend begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die von der Klägerin in Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung getragenen Aufwendungen zu Unrecht aufgespalten und die auf die Samenspende entfallenden Kosten nicht als zwangsläufig i.S. von § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beurteilt. Die Revision des FA ist entsprechend unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
a) In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass Krankheitskosten --ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung-- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427, und vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596; vom 2. September 2010 VI R 11/09, BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119).
b) Im Hinblick auf die für den Abzug nach § 33 EStG erforderliche Zwangsläufigkeit wird nicht danach unterschieden, ob ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder medizinisch indizierte Hilfsmittel der Heilung dienen oder lediglich einen körperlichen Mangel ausgleichen sollen. Deshalb werden regelmäßig auch Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, obwohl der körperliche Mangel durch die betreffende Maßnahme nicht behoben, sondern nur "umgangen" oder kompensiert wird (Senatsurteil vom 16. Dezember 2010 VI R 43/10, BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414, Rz 13). An der einzigen Ausnahme im BFH-Urteil vom 28. Juli 2005 III R 30/03 (BFHE 210, 355, BStBl II 2006, 495) --kein Abzug von Aufwendungen für künstliche Befruchtungen einer unverheirateten empfängnisunfähigen Frau-- hat der BFH nicht festgehalten (BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 III R 47/05, BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871). Denn die Empfängnisunfähigkeit einer Frau ist --unabhängig von ihrem Familienstand-- eine Krankheit (BFH-Urteil in BFHE 210, 355, BStBl II 2006, 495, unter II.4.a). Dementsprechend erkennt der BFH in ständiger Rechtsprechung Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität an, wenn diese in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird (BFH-Urteile in BFHE 210, 355, BStBl II 2006, 495; in BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871; vom 21. Februar 2008 III R 30/07, BFH/NV 2008, 1309; Senatsurteile in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414, und vom 17. Mai 2017 VI R 34/15, BFHE 258, 358).
c) Voraussetzung ist allerdings weiter, dass die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang steht. Denn eine nach nationalem Recht verbotene Behandlung kann keinen zwangsläufigen Aufwand i.S. des § 33 Abs. 1 EStG begründen (Senatsurteil in BFHE 258, 358). Vielmehr ist von den Steuerpflichtigen zu erwarten, dass sie gesetzliche Verbote beachten. Aufwendungen für nach objektiv-rechtlichen Maßstäben verbotene Behandlungsmaßnahmen sind selbst dann nicht zwangsläufig, wenn sie nicht straf- oder bußgeldbewehrt sind (Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. November 2014 B 1 KR 19/13 R, BSGE 117, 212, Rz 11, zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung) oder wegen eines Strafausschließungsgrundes nicht geahndet werden (FG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2003 18 K 7931/00 E, EFG 2003, 1548; FG München, Beschluss vom 21. Februar 2000 16 V 5568/99, EFG 2000, 496). Als außergewöhnliche Belastungen sind daher Kosten für eine künstliche Befruchtung nur zu berücksichtigen, wenn die aufwandsbegründende Behandlung insbesondere nicht gegen das deutsche Embryonenschutzgesetz verstößt und --wie bereits unter b) ausgeführt-- mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte im Einklang steht (zuletzt Senatsurteil in BFHE 258, 358).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Aufwendungen der Klägerin für die medizinisch angezeigte künstliche Befruchtung als Krankheitskosten zu beurteilen und damit steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen (unter a). Der Umstand, dass die Klägerin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, steht einer Berücksichtigung nicht entgegen (unter b).
a) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat deshalb bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war die Klägerin infolge X empfängnisunfähig. Demzufolge hat das FG die gegebene Unfruchtbarkeit der Klägerin zutreffend als Krankheit und die vorgenommene IVF als aus medizinischer Sicht erforderliche Heilbehandlung beurteilt.
aa) Die IVF ist eine zur Behandlung dieser Krankheit --bei Mann wie Frau-- spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Unerheblich ist, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt ist, die Ursachen der Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohnt gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden ist. Von der Linderung einer Krankheit kann vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder --wie vorliegend-- eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird (Senatsurteil in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414, Rz 18; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 3. März 2004 IV ZR 25/03, BGHZ 158, 166). Insoweit ging es bei der IVF-Behandlung entgegen der Ansicht des FA nicht um eine Behandlung des X, sondern --wie vom FG zutreffend ausgeführt-- um die Behandlung der als Folge des X aufgetretenen Empfängnisunfähigkeit der Klägerin.
bb) Unschädlich ist, dass die IVF im Streitfall mit heterologem Samen durchgeführt wurde (vgl. Senatsurteil in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414, Rz 19, für den Fall einer heterologen künstlichen Befruchtung bei einem verheirateten Paar). Im Fall einer gleichgeschlechtlichen (Frauen-)Partnerschaft ist bereits vom Grunde her eine künstliche Befruchtung unter Verwendung homologen Samens, d.h. des Samens des Ehemannes oder des Partners in stabiler Partnerschaft (vgl. die Begriffsbestimmung unter 1.5. der (Muster-)Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer (Novelle 2006) --Muster-RL--, Deutsches Ärzteblatt 2006, 1392/94), ausgeschlossen, das betroffene Paar vielmehr auf die Verwendung von heterologem Samen, d.h. Spendersamen, angewiesen. Die künstliche Befruchtung einer unter Sterilität leidenden Frau in fester Partnerschaft zielt --wie auch eine homologe oder heterologe künstliche Befruchtung wegen Sterilität eines heterosexuellen Partners-- auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit des Paares unter Ersetzung der durch Krankheit behinderten Körperfunktion der sterilen Frau durch eine medizinische Maßnahme.
b) Entgegen der Auffassung des FA steht der Umstand, dass die Klägerin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, der Anerkennung der Krankheitskosten nicht entgegen.
So können Aufwendungen einer empfängnisunfähigen, in einer festen bzw. festgefügten Partnerschaft lebenden Frau --und damit ohne Rücksicht auf ihren Familienstand-- für Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung durch IVF nach der Rechtsprechung des BFH als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein (BFH-Urteile in BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871; in BFH/NV 2008, 1309).
aa) Zwar stellt die Rechtsprechung des BFH --wie oben ausgeführt-- darauf ab, dass die Maßnahme zur Sterilitätsbehandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen wird (BFH-Urteile in BFHE 210, 355, BStBl II 2006, 495; in BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871; in BFH/NV 2008, 1309; Senatsurteile in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414, und in BFHE 258, 358; zustimmend Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 33 Rz 54 "Befruchtung"). Für die Prüfung dieser Frage ist dabei in der Regel die Richtlinie heranzuziehen, die von der Ärztekammer des die Behandlung durchführenden Arztes erlassen wurde.
Die von den Landesärztekammern erlassenen Berufsordnungen legen fest, dass bei speziellen medizinischen Maßnahmen oder Verfahren, die ethische Probleme aufwerfen und zu denen die Ärztekammer Richtlinien zur Indikationsstellung und zur Ausführung als Bestandteil der Berufsordnungen festgelegt hat, die Ärztinnen und Ärzte diese zu beachten haben. Die Landesärztekammern haben bis auf den Freistaat Bayern sowie die Länder Berlin und Brandenburg auf Grundlage der Muster-RL der Bundesärztekammer eigene Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion erlassen. Zusätzlich enthält die Muster-RL der Bundesärztekammer einen Kommentar, der nicht verbindlich ist und den lediglich einige Landesärztekammern übernommen haben. Dem Kommentar entsprechen die von der Landesärztekammer Hessen herausgegebenen, ebenfalls nicht verbindlichen Erläuterungen.
Darin heißt es unter 3.1.1 der in die Richtlinien der Landesärztekammern übernommenen Muster-RL zu den statusrechtlichen Voraussetzungen: "Methoden der assistierten Reproduktion sollen unter Beachtung des Kindeswohls grundsätzlich nur bei Ehepaaren angewandt werden. ... Methoden der assistierten Reproduktion können auch bei einer nicht verheirateten Frau angewandt werden. Dies gilt nur, wenn die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt zu der Einschätzung gelangt ist, dass die Frau mit einem nicht verheirateten Mann in einer festgefügten Partnerschaft zusammenlebt und dieser Mann die Vaterschaft an dem so gezeugten Kind anerkennen wird." In der Kommentierung ist interpretierend ausgeführt, bei nicht miteinander verheirateten Paaren sei einer heterologen Insemination im Hinblick auf das Ziel, dem so gezeugten Kind eine stabile Beziehung zu beiden Elternteilen zu sichern, mit besonderer Zurückhaltung zu begegnen. Aus diesem Grund sei eine heterologe Insemination zurzeit bei Frauen ausgeschlossen, die in keiner Partnerschaft oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebten.
Mangels entsprechender Richtlinie steht die ärztliche Berufsordnung des Landes Berlin, in dem ein Teil der bei der Klägerin vorgenommenen Kinderwunschbehandlung stattgefunden hat, der IVF nicht entgegen. Aber auch die der Muster-RL entsprechende Richtlinie der Landesärztekammer Hessen enthält seit der Änderung der Berufsordnung zum 1. Juni 2007 kein explizites Verbot (mehr), was das Hessische Ministerium für Soziales und Integration unter Verweis auf eine Stellungnahme der Landesärztekammer Hessen in einem Schreiben aus Juni 2015 bestätigt hat. Die Entscheidung liegt danach bei dem jeweiligen Reproduktionsmediziner, ohne dass dieser ein aufsichtsrechtliches Einschreiten des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration befürchten muss.
bb) Ebenso wie bei Ehepaaren und heterosexuellen Lebenspartnerschaften kann in entsprechenden Fällen einer künstlichen Befruchtung zur Umgehung einer vorhandenen Sterilität eines Partners auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren eine tatsächliche Zwangslage damit nicht verneint werden (ebenso Schmidt/ Loschelder, EStG, 36. Aufl., § 33 Rz 35 "Künstliche Befruchtung"; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 33 Anh 1 ABC der ag Belastungen "Künstliche Befruchtung" Rz 6; wohl auch Meurer, Der Ertragsteuerberater 2007, 402; a.A. Mellinghoff in Kirchhof, a.a.O., § 33 Rz 54 "Befruchtung").
cc) Infolgedessen kommt auch eine Aufteilung der Krankheits-kosten nicht in Betracht. Die Aufwendungen dienten dazu, die Fertilitätsstörung der Klägerin auszugleichen, und waren als insgesamt --einschließlich der auf die Bereitstellung und Aufbereitung des Spendersamens entfallenden Kosten-- auf dieses Krankheitsbild abgestimmte Heilbehandlung darauf gerichtet, die Störung zu überwinden. Die Behandlung ist insoweit ebenso wie eine heterologe Insemination (Senatsurteil in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414; zur Kombination mit einer intrazytoplasmatischen Spermieninjektion Senatsurteil in BFHE 258, 358; s. zur einheitlichen Gesamtmaßnahme auch BGH-Urteil in BGHZ 158, 166) als untrennbare Einheit zu sehen (ebenso Bleschick, EFG 2017, 476; a.A. Hermenns/Modrzejewski/Rüsch, Finanz-Rundschau 2017, 270, 275). Die Behandlung zielte auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit der Klägerin und ihrer Lebenspartnerin. Auch wenn der Kinderlosigkeit selbst kein Krankheitswert zukommt (Senatsurteil in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414), wird die krankheitsbedingte Empfängnisunfähigkeit der Klägerin durch eine medizinische Maßnahme (IVF unter Verwendung von Spendersamen) überwunden.
c) Entsprechend sind die von der Klägerin nachgewiesenen Kosten für die künstliche Befruchtung in Höhe von XX.XXX € als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Nicht abzugsfähig sind hingegen Aufwendungen in Höhe von XXX €, die von der Klägerin nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des FG nicht hinreichend belegt wurden.
3. Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.