Entscheidungsdatum: 01.07.2011
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. November 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten um die Anspruchsberechtigung des Klägers nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz an einem von ihm und seiner Ehefrau genutzten 803 qm großen Grundstück (Flurstück 4/5), dessen Eigentümer die Beklagten aufgrund eines seit Mai 2003 bestandskräftigen Restitutionsbescheids sind. Es ist Teil eines ursprünglich ca. 6.000 qm großen Grundstücks, welches seit 1952 unter staatlicher Verwaltung stand. Im Jahr 1978 wurde das Grundstück in Volkseigentum überführt; Rechtsträger war der Rat der Gemeinde. Aufgrund Teilung entstanden im Jahr 1980 die jetzigen Flurstücke 4/1 bis 4/5.
Am 26. April 1983 schlossen der Rat der Gemeinde und die heutige Ehefrau des Klägers einen "Pachtvertrag", mit welchem ihr ab dem 1. Januar 1983 ein 1.120 qm großes Grundstück "zur Nutzung für Ferien- und Wochenendzwecke" überlassen wurde. Gemeint waren und genutzt wurden die Flurstücke 4/4 und 4/5. Auf letzterem errichtete die Ehefrau des Klägers einen Bungalow mit Wohn- und Schlafraum, Küche, Bad, Diele und Terrasse, welcher eine Fläche von 45 qm hatte.
Am 6. März 1990 einigten sich der Rat der Gemeinde, der Kläger und seine Ehefrau schriftlich darüber, dass alle Rechte und Pflichten aus dem "Pachtvertrag" mit Wirkung vom 1. März 1990 auf den Kläger übergingen. Nach der Kündigung des Vertrags hinsichtlich des Flurstücks 4/4 gab der Kläger dessen Nutzung zum 31. Dezember 2005 auf.
Mit der Behauptung, der Bungalow habe von Anfang an eine Hauswasseranlage, einen Stromanschluss und eine Abwasserentsorgung gehabt, im Jahr 1984 sei eine Veranda angebaut worden und von Oktober 1989 bis Juli 1990 habe er - mit Einverständnis seiner Ehefrau - aufgrund einer Genehmigung der Staatlichen Bauaufsicht Anbauten in massiver Bauweise errichtet, welche zu einer Gesamtfläche des Hauses von ca. 100 qm geführt hätten, und am 2. Oktober 1990 hätten seine Ehefrau und er in dem Haus gewohnt, hat der Kläger die Feststellung seiner Anspruchsberechtigung nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz an dem Flurstück 4/5 beantragt. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolgreich gewesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision wollen die Beklagten ihre Abweisung erreichen. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage für zulässig und begründet. Das Flurstück 4/5 sei vor dem 2. Oktober 1990 mit Billigung staatlicher Stellen mit einem als Wohnhaus geeigneten Gebäude bebaut gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei allerdings nicht der Kläger, sondern seine Ehefrau Nutzer im Sinne des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes gewesen; denn sie sei trotz der Überleitung des "Pachtvertrags" auf den Kläger Eigentümerin des Gebäudes geblieben. Rechtlich sei sie deshalb unabhängig davon, wer die Baugenehmigung beantragt und die Anbauten errichtet habe, als diejenige anzusehen, die die Bebauung vorgenommen habe. Diese sei aufgrund des Pachtvertrags erfolgt. Schließlich sei davon auszugehen, dass sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau am 2. Oktober 1990 ihren Lebensmittelpunkt auf dem Grundstück begründet hätten.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Fehlerfrei - und von den Beklagten nicht angegriffen - hat das Berufungsgericht die Klage als zulässig angesehen (vgl. § 108 Abs. 1 SachenRBerG).
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Anspruchsberechtigung des Klägers bejaht.
a) Die Ansprüche nach § 3 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 SachenRBerG setzen voraus, dass das Grundstück in einer nach § 5 SachenRBerG bereinigungsfähigen Weise genutzt wird, die Ehefrau des Klägers Nutzerin des Grundstücks im Sinne von § 9 SachenRBerG war und der Kläger ihr Rechtsnachfolger ist oder dass der Kläger selbst Nutzer war. Die bereinigungsfähige Nutzung nach § 5 SachenRBerG wiederum erfordert eine den Anforderungen des § 12 SachenRBerG entsprechende Bebauung des Grundstücks.
b) Diese liegt nach § 12 Abs. 1 SachenRBerG entweder bei der Neuerrichtung eines Bauwerks auf dem Grundstück oder bei Baumaßnahmen an einem bestehenden Bauwerk vor, welche den Umfang einer Neuerrichtung angenommen (§ 12 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 SachenRBerG) oder zu einer Veränderung der Nutzungsart geführt (§ 12 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 2 SachenRBerG) haben. Eine solche bauliche Investition ist hier zu bejahen. Das Berufungsgericht hat - durch Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts - festgestellt, dass die Ehefrau des Klägers den Bungalow im Jahr 1983 und damit in den zeitlichen Grenzen des § 8 SachenRBerG errichtet hat. Damit liegt eine bauliche Investition in der Form der Neuerrichtung eines Gebäudes vor. Weitere Anforderungen an die Bebauung stellt § 12 SachenRBerG nicht. Ob die vorgenommene Bebauung zu einer bereinigungsfähigen Nutzung führt, bestimmt sich somit nicht nach dieser Vorschrift, sondern nach den §§ 5 bis 7 SachenRBerG (Senat, Urteil vom 20. November 2009 - V ZR 175/08, NJW-RR 2010, 740, 741 f. Rn. 14), hier nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. e SachenRBerG.
c) Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger oder seine Ehefrau die neben der Bebauung erforderlichen Voraussetzungen für eine bereinigungsfähige Nutzung, hier die Eignung des Gebäudes zum Dauerwohnen und die Nutzung als Lebensmittelpunkt, geschaffen hat. Anspruchsberechtigt ist nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SachenRBerG nämlich nicht nur der Nutzer, der das Gebäude errichtet hat und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SachenRBerG anspruchsberechtigt ist, sondern auch sein Rechtsnachfolger. Das Gebäude muss nicht schon bei seiner Errichtung zum Dauerwohnen geeignet sein, sondern kann auch später in diesen Zustand versetzt werden. Das führt dazu, dass eine Anspruchsberechtigung auch dann besteht, wenn nicht der ursprüngliche Nutzer, der das Gebäude errichtet hat, sondern sein Rechtsnachfolger die neben der Bebauung erforderlichen Voraussetzungen für eine bereinigungsfähige Nutzung geschaffen hat. Für den mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck, die am 2. Oktober 1990 vorhanden gewesenen Investitionen des Nutzers zu schützen, stellt das Gesetz allein auf das an diesem Stichtag erreichte Ergebnis ab; wann und durch den Beitrag welchen Nutzers die Nutzung bereinigungsfähig geworden ist, ist danach unerheblich (siehe zu allem Senat, Urteil vom 20. November 2009 - V ZR 175/08 aaO, Rn. 15 mwN).
d) Die Vereinbarung zwischen dem Kläger, seiner Ehefrau und dem Rat der Gemeinde vom 6. März 1990 ist - was das Berufungsgericht unterlassen hat - dahingehend auszulegen, dass - wie von allen Beteiligten gewollt - der Kläger nicht nur anstelle seiner Ehefrau Berechtigter des "Pachtvertrags", sondern auch Eigentümer der Baulichkeiten geworden ist. Damit ist er Nutzer im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SachenRBerG geworden. Sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für eine bereinigungsfähige Nutzung liegen in seiner Person vor. Er hat den Bungalow in ein als Wohnhaus geeignetes Gebäude umgebaut; der Umbau erfolgte aufgrund des "Pachtvertrags", die Baumaßnahmen waren nach den von den Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bis zum 2. Oktober 1990 fertig gestellt, und der Kläger hatte nach der ebenfalls von den Beklagten nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts dort an diesem Stichtag seinen Lebensmittelpunkt. Schließlich erfolgten die Baumaßnahmen entgegen der Ansicht der Beklagten auch mit Billigung staatlicher Stellen. Das folgt aus den von dem Kläger vorgelegten Bauzeichnungen, auf denen die Baugenehmigung der Staatlichen Bauaufsicht angebracht ist, und der Zustimmung der Gemeinde zu der Veränderung eines Bauwerks vom 13. Juni 1990. Dass der Kläger entgegen der hierin enthaltenen Aufforderung die Fertigstellung der Baumaßnahme nicht der Gemeinde angezeigt hat, hat den rechtlichen Bestand der Zustimmung nicht berührt. Zum einen ist die Anzeigepflicht nicht als Bedingung der Baugenehmigung ausgestaltet. Zum anderen ist mangels gegenteiliger Feststellungen davon auszugehen, dass die Baumaßnahmen in der Weise ausgeführt wurden, wie sie beantragt und genehmigt worden sind. Die unterlassene Fertigstellungsanzeige konnte sich deshalb auf die Wirksamkeit der von der Gemeinde erteilten Genehmigung nicht auswirken.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub