Entscheidungsdatum: 18.06.2015
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 4. Zivilsenat in Freiburg - vom 12. September 2014 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 18.343,51 €.
I.
Der Kläger hat die Beklagte erstinstanzlich auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 110.000 € für einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück in Anspruch genommen. Zusätzlich hat er die Zahlung von Zinsen aus der Hauptforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 25. Oktober 2013 sowie vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.348,94 € begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte am 25. Februar 2014 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz den Kaufpreis in Höhe von 110.000 € geleistet hatte, hat der Kläger zugleich mit Einlegung der Berufung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und den Zinsanspruch sowie den Anspruch auf vorgerichtliche Kosten weiterverfolgt. Das Oberlandesgericht hat die Erledigung der Hauptsache festgestellt und die Beklagte verurteilt, an den Kläger Zinsen aus der Hauptforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 25. Oktober 2013 bis 25. Februar 2014 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.348,94 € zu zahlen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. In dem angestrebten Revisionsverfahren will sie die vollständige Abweisung der Klage erreichen. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Beklagte nicht dargelegt hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
1. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Nach einer einseitigen Erledigungserklärung richtet sich die Beschwer des Rechtsmittelführers in aller Regel - und auch hier - nach der Summe der bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung entstandenen Kosten. An die Stelle des Sachinteresses tritt für beide Parteien das Kosteninteresse (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2015 - V ZA 23/14, juris Rn. 2 mwN).
In die Berechnung der Beschwer miteinzubeziehen sind weiter geltend gemachte Nebenforderungen im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO, soweit sie Hauptforderungen geworden sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Hauptforderung infolge einer Erledigungserklärung - wie hier - nicht mehr Prozessgegenstand ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2012 - IV ZB 19/11, MDR 2012, 738 Rn. 5; Beschluss vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06, NJW 2008, 999 Rn. 8).
2. Danach übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht 20.000 €. Entgegen der Auffassung der Beklagten beträgt er nicht 22.063,93 €, sondern lediglich 18.343,51 €.
a) Zu berücksichtigen sind zunächst die zur Hauptforderung gewordenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.348,94 € sowie die Zinsen aus der nicht mehr rechtshängigen Hauptforderung in Höhe von - beziffert - 1.684,29 €, so dass sich nach der insoweit zutreffenden Berechnung der Beklagten ein Betrag in Höhe von 4.033,23 € ergibt.
b) Als bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung entstandene Kosten sind die Kosten der ersten Instanz hinzuzurechnen, die sich auf insgesamt 12.068,46 € belaufen. Sie setzen sich zusammen aus Gerichtsgebühren in Höhe von 3.078,00 € und Anwaltsgebühren in Höhe von 2 x 4.495,23 €. Auf die erstinstanzlichen Gesamtkosten von 12.068,46 € hat das Berufungsgericht den Berufungsstreitwert festgesetzt.
c) Entgegen der Auffassung der Beklagten können aber nicht auch die gesamten - von ihr auf 5.961,74 € bezifferten - Kosten des Berufungsverfahrens in die Berechnung der Beschwer miteinbezogen werden, sondern lediglich 2.241,82 € (1.068 € Gerichtskosten zuzüglich 1.173,82 € Anwaltskosten).
aa) Für die Beschwer sind nur die bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung bereits entstandenen Kosten zu berücksichtigen, nicht auch die erst danach entstandenen Kosten. Da die einseitige Erledigungserklärung einen Sachantrag beinhaltet, der die Zustellung an den Gegner oder die Abgabe einer entsprechenden Erklärung in der mündlichen Verhandlung voraussetzt (§ 261 Abs. 2 ZPO), genügt es allerdings, dass der Kostentatbestand noch vor diesem Zeitpunkt erfüllt worden ist.
bb) Vorliegend hat die Beklagte die Erledigungserklärung in der Berufungsschrift abgegeben, so dass nur die bis zur Zustellung dieses Schriftsatzes an den Kläger bereits entstandenen Kosten für die Beschwer relevant sind. Dies sind zum einen die Gerichtskosten, die sich bei einem von dem Berufungsgericht gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzten und deshalb für die Gebührenberechnung maßgeblichen Streitwert von 12.068,46 € auf 1.068 € belaufen. Soweit die Beklagte die Kosten auf der Grundlage eines Streitwerts von 16.101,69 € (12.068,46 € + 4.033,23 €) berechnen möchte, lässt sie die gerichtliche Wertfestsetzung unberücksichtigt. Zum anderen ist mit der Berufungseinlegung auch bereits eine 1,6-fache Verfahrensgebühr der Prozessbevollmächtigten der Beklagten nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer entstanden. Unter Zugrundelegung des gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Berechnung der Rechtsanwaltsvergütung maßgeblichen Berufungsstreitwerts in Höhe von 12.068.46 € ergeben sich Anwaltskosten in Höhe von 1.173,82 €. Die weiteren im Berufungsrechtszug angefallenen Anwaltskosten (Terminsgebühr der Prozessbevollmächtigten der Beklagten und Anwaltskosten der Prozessbevollmächtigten des Klägers) sind demgegenüber erst nach dem Wirksamwerden der Erledigungserklärung entstanden und erhöhen die Beschwer der Beklagten deshalb nicht.
d) Bei Addition der sich aus a) bis c) ergebenden Beträge errechnet sich eine Beschwer der Beklagten in Höhe von 18.343,51 € (4.033,23 € + 12.068.46 € + 2.241,82 €), so dass die Beschwer 20.000 € nicht überschreitet.
An dem Ergebnis ändert sich nichts, wenn der Berechnung - dem Ansatz der Beklagten insoweit folgend - ein Berufungsstreitwert in Höhe von 16.101,69 € zugrunde gelegt wird. Dann würden die bis zur Erledigungserklärung entstandenen Kosten des Berufungsverfahrens 2.624,98 € (1.276 € Gerichtskosten zuzüglich 1.348,98 € Anwaltskosten) statt 2.241,82 € betragen; es ergäbe sich eine Beschwer von 18.726,21 €.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts hat ihre Grundlage in § 3 ZPO. Maßgeblich ist die Beschwer der Beklagten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG).
Stresemann Schmidt-Räntsch Czub
Kazele Göbel