Entscheidungsdatum: 10.11.2017
Wird einer von mehreren Klageanträgen durch Teilurteil abgewiesen und erklärt der Kläger mit der Berufungseinlegung insoweit die (Teil-)Erledigung, bemisst sich die Beschwer des Klägers nach seinem Kosteninteresse. Dieses ist nicht nach der Differenzrechnung, sondern dadurch zu ermitteln, dass der Streitwert des abgewiesenen Klageantrags ins Verhältnis zum Gesamtstreitwert gesetzt und die sich nach dieser Quote auf den abgewiesenen Antrag entfallende Kostenbelastung errechnet wird (Abgrenzung u.a. zu BGH, Beschluss vom 13. Juli 2005, XII ZR 295/02, NJW-RR 2005, 1728, 1729).
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26. Juli 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger hat die Beklagten vor dem Landgericht auf Zustimmung zur Löschung von zwei Sicherungshypotheken im Nennbetrag von insgesamt 4.133,45 €, auf Zahlung von 12.657,30 € sowie auf Feststellung verklagt, dass sie verpflichtet sind, ihn von jedweden Ansprüchen des ehemaligen Zwangsverwalters seines Grundstücks freizustellen.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Kläger in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz den Antrag auf Zustimmung zur Löschung für erledigt erklärt. Das Landgericht hat mit Teilurteil die Klage hinsichtlich des Löschungsbewilligungsantrags abgewiesen. Die Erledigungserklärung des Klägers hat es als verspätet angesehen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er zugleich beantragt hat, die Erledigung der Klage hinsichtlich des Löschungsbewilligungsantrags festzustellen, als unzulässig verworfen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger seinen Erledigungsantrag weiter.
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts erreicht die Beschwer des Klägers nicht den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorgegebenen Wert von mehr als 600 €. Die Beschwer bemesse sich nach den Kosten, die im ersten Rechtszug auf den für erledigt erklärten Teil entfielen. Diese seien nach der Differenzrechnung zu ermitteln. Danach sei maßgeblich, um welchen Betrag diejenigen Kosten überschritten würden, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an über den Wert der nicht erledigten Hauptsache geführt hätte. Somit betrage der Wert des Beschwerdegegenstandes 391,83 €.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts übersteigt die Beschwer des Klägers 600 €. Seine Berufung ist daher zulässig.
1. Zwar kann in der Revisionsinstanz die gemäß §§ 2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts liegende Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes im Sinne von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 - VIII ZR 98/16, NZM 2017, 358 Rn. 15; Senat, Beschluss vom 21. Januar 2016 - V ZB 66/15, NJW-RR 2016, 509 Rn. 7).
2. Dieser Prüfung hält die angefochtene Entscheidung aber nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerhaft an, der Wert der Beschwer des Klägers liege nicht über 600 €.
a) Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Der Kläger will die Abänderung des seine Klage auf Zustimmung zur Löschung von zwei Sicherungshypotheken abweisenden Urteils des Landgerichts erreichen. Grundsätzlich ist bei einem Streit um die Löschung einer Zwangssicherungshypothek für die Beschwer des Klägers der Nennbetrag des eingetragenen Rechts maßgebend (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 232/04, NJW 2006, 1286 Rn. 4, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 166, 74). Hier hat der Kläger aber mit der Berufungseinlegung gegen das klageabweisende Teilurteil zugleich den Antrag gestellt festzustellen, dass die Klage hinsichtlich des Löschungsbewilligungsantrags erledigt ist. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass es ihm nicht mehr um eine Verurteilung der Beklagten zur Löschungsbewilligung geht, sondern sich sein Interesse an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung darauf beschränkt, nicht mit den insoweit in der Vorinstanz angefallenen Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beschwer des Klägers in einem solchen Fall nicht nach der Differenzrechnung zu bestimmen.
Bei der Differenzrechnung wird ermittelt, um welchen Betrag diejenigen Kosten überschritten werden, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an über den Wert der nichterledigten Hauptsache geführt hätte. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass dem Kosteninteresse ein Wert nur insoweit beizumessen ist, als die Kosten nicht ohnehin angefallen sind (BGH, Beschluss vom 13. Juli 1988 - VIII ZR 289/87, MDR 1989, 58 f.; Beschluss vom 25. September 1991 - VIII ZR 157/91, WM 1991, 2009, 2010; Beschluss vom 13. Juli 2005 - XII ZR 295/02, NJW-RR 2005, 1728, 1729; Beschluss vom 28. Januar 2010 - III ZR 47/09, juris Rn. 5).
Zur Bemessung der Rechtsmittelbeschwer eignet sich die Differenzrechnung aber nur, wenn in dem angefochtenen Urteil über eine Teilerledigung entschieden worden ist. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht dagegen eine Sachentscheidung getroffen. Ließe der Kläger das Teilurteil rechtskräftig werden, hätte dies zur Folge, dass das Landgericht in dem späteren Schlussurteil bei der Kostenentscheidung zugrunde zu legen hätte, dass der Kläger mit seinem Sachantrag auf Löschungsbewilligung unterlegen ist. Würde der Kläger - was zu seinen Gunsten zu unterstellen ist - mit seinen übrigen Anträgen obsiegen, müsste eine verhältnismäßige Verteilung der Kosten des Rechtsstreits gemäß § 92 Abs. 1 ZPO erfolgen, indem die Verlust- und Obsiegensquote ins Verhältnis zum Gesamtstreitwert gesetzt wird. Danach ergäbe sich eine Unterliegens- und dem Kläger aufzuerlegende Kostenquote von 23,04 %, was einem Kostenanteil von 1.328,50 € entspricht. Diese mögliche Kostenbelastung zu vermeiden, ist das Ziel der Berufung des Klägers. Sein Kosteninteresse und damit seine Beschwer durch das Teilurteil überschreitet daher den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bezeichneten Wert.
III.
Das Urteil des Berufungsgerichts ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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