Entscheidungsdatum: 08.07.2010
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 4. November 2009 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.000 Euro.
I.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. Dezember 2003 kauften die Kläger von den Beklagten deren, wie sie wussten, im Außenbereich von Weimar gelegenes Wohnhaus unter Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel für 235.000 Euro. Im Frühjahr 2004 räumten die Beklagten das Anwesen. Die Kläger zahlten den Kaufpreis und wurden als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Als sie die Genehmigung für einen größeren Umbau des Gebäudes beantragten, stellte sich heraus, dass von dem Gebäude mit einer Grundfläche von insgesamt 198 m² ein Teil, der etwa 80 m² in Anspruch genommen hat, ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden war. Die Stadt genehmigte ihnen nur einen Umbau, der einen Rückbau der nicht genehmigten Teile des Gebäudes enthielt. Zur Umsetzung dieser Planung ließen die Kläger das Gebäude einschließlich der Fundamente abbrechen. Zur Errichtung des vorgesehenen Neubaus kam es nicht, weil ein Nachbar Rechtsmittel einlegte und die Stadt die Genehmigung mit der Begründung versagte, mit dem Abbruch des Altbaus sei der Bestandsschutz erloschen. Die Kläger verkauften das Grundstück für 22.000 Euro als Gartenland weiter und verlangen jetzt einen Teilbetrag von 50.000 Euro als Schadensersatz, den sie mit insgesamt etwa 271.000 Euro angeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, da das Berufungsgericht den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 83, 24, 35; 96, 205, 216) und erhebliche Beweisanträge nach den Grundsätzen der Zivilprozessordnung zu berücksichtigen (BVerfGE 50, 32, 36; 69, 141, 144; NJW 2009, 1585, 1586). Diesen Anforderungen ist das Berufungsgericht nicht gerecht geworden.
2. Es hat die Berufung der Kläger mit der Begründung zurückgewiesen, der geltend gemachte Schaden beruhe nicht auf der fehlenden Baugenehmigung, sondern auf dem voreiligen Abbruch des vorhandenen Gebäudes, den die Kläger selbst zu vertreten hätten. Dabei hat es entscheidungserheblichen Vortrag der Kläger übergangen.
a) Nach ihrem Vortrag können die Kläger dem Grunde nach von den Beklagten nach § 437 Nr. 3 i.V.m. §§ 311a Abs. 2, 284 BGB Schadensersatz statt der Leistung und Ersatz frustrierter Aufwendungen verlangen. Das verkaufte Grundstück war mangelhaft. Die nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB geschuldete Baugenehmigung war nicht für alle Teile des auf dem Grundstück errichteten Gebäudes erteilt und konnte für diese auch nicht erteilt werden, weil das Grundstück im Außenbereich liegt. Dieses Leistungshindernis haben die Beklagten nach dem Vortrag der Kläger schon deshalb zu vertreten, weil sie die betroffenen Teile ohne Baugenehmigung errichtet hatten und entweder wussten oder infolge von Fahrlässigkeit nicht wussten, dass sie dafür eine Baugenehmigung brauchten. Von diesem Vortrag ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auszugehen, da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat und nicht auszuschließen ist, dass er zutrifft.
b) Einen Anspruch der Kläger auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen hat das Berufungsgericht auf dieser Grundlage allerdings zu Recht verneint. Die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen - 35.000 Euro Erwerbskosten und weitere 15.000 Euro Investitions- und Planungskosten - waren nämlich nicht wegen der fehlenden Baugenehmigung, sondern deswegen vergeblich, weil die Kläger durch den Abriss des Gebäudes dessen Nutzung und Veränderung unmöglich gemacht hatten.
c) Mit dieser Begründung lässt sich aber ein Anspruch der Kläger auf Ersatz des Minderwerts in der eingeklagten Höhe nicht verneinen. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht zwar an, dass die Kläger Ersatz des durch den Abbruch des Gebäudes entstandenen völligen Wertverlusts die Kläger nach § 254 Abs. 1 BGB nicht verlangen können. Diesen haben sie allein zu vertreten (§§ 278, 276 Abs. 2 BGB). Das Berufungsgericht hat aber übersehen, dass die Kläger ihre Teilklage nicht nur auf diesen völligen Wertverlust gestützt haben. Sie haben vielmehr in dem Schriftsatz vom 13. Februar 2009, der ihnen von dem Landgericht auch zu diesem Zweck nachgelassen worden war, vorgetragen, sie machten auch die Wertminderung geltend, die ihnen durch das Fehlen der Baugenehmigung für Teile des Gebäudes entstanden sei. Diese haben sie nach dem Verhältnis der genehmigten zu der nicht genehmigten Grundfläche des Gebäudes mit etwa 85.000 Euro berechnet. Ihren Vortrag haben sie in der Berufungsbegründung vom 6. Juni 2009 wiederholt. Diese "kleine" Wertminderung beruht aber anders als der völlige Wertverlust auf dem Leistungshindernis, nämlich der fehlenden Baugenehmigung, und ist den Klägern nach §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB zu ersetzen, wenn ihr Vortrag zutrifft. Das wird in der neuen Verhandlung zu prüfen sein.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth