Entscheidungsdatum: 22.01.2010
Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages über landwirtschaftliche Flächen ist der Käufer grundsätzlich nicht verpflichtet, Zahlungsansprüche nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz, die ihm im Hinblick auf die Bewirtschaftung dieser Flächen zugeteilt worden sind, an den Verkäufer oder einen von diesem zu benennenden Dritten zu übertragen .
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 7. August 2008 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Feststellung aufgehoben, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche Zahlungsansprüche aufgrund des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes, die ihm im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der im Grundbuch von G. des Amtsgerichts Neustrelitz, Blatt 1342, unter den laufenden Nummern 4 bis 43 sowie der im Grundbuch von N. …, Blatt 9, des Amtsgerichts Strasburg unter den laufenden Nummern 5 bis 35 eingetragenen Grundstücke zugeteilt wurden, an einen von der Klägerin zu benennenden Dritten zu übertragen.
In diesem Umfang wird auf die Berufung des Beklagten das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 29. September 2006 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges tragen der Beklagte 92 % und die Klägerin 8 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Der Beklagte erwarb von der mit der Privatisierung der ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen in den neuen Bundesländern beauftragten Klägerin durch notariellen Vertrag vom 26. Februar 2002 landwirtschaftliche Flächen in Mecklenburg-Vorpommern zu einem nach dem Ausgleichsleistungsgesetz ermäßigten Preis. Es wurde ein Rücktrittsrecht der Klägerin für den Fall vereinbart, dass der Abschluss des Vertrages auf falschen Angaben des Beklagten beruht oder dass der Beklagte seinen für den Erwerb maßgeblichen Wohnsitz nicht in der Nähe der Betriebsstätte beibehält.
Nachdem die Klägerin auf dieser Grundlage von dem Kaufvertrag zurückgetreten ist, verlangt sie Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises die Rückübertragung und Herausgabe der landwirtschaftlichen Flächen, die Feststellung, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug befindet sowie die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die ihm aus der Bewirtschaftung der verkauften Flächen ab Rechtskraft der Entscheidung zustehenden Ansprüche nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz auf einen von der Klägerin zu benennenden Dritten zu übertragen.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Mit der von dem Senat (nur) hinsichtlich des die Ansprüche nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz betreffenden Feststellungsantrags zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf dessen Abweisung weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
I.
Das Berufungsgericht meint, nach Rückabwicklung des Kaufvertrages sei ein Anspruch des Beklagten auf Einbehalt der im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der verkauften Ackerflächen bestehenden Zahlungsansprüche nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich. Ob dem Beklagten die Ansprüche als Pächter zu belassen gewesen wären, könne dahinstehen, weil der früher bestehende Pachtvertrag durch den notariellen Kaufvertrag aufgehoben worden sei.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, ob sich ein Recht des Beklagten finden lässt, die ihm zugewiesenen Zahlungsansprüche nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz zu behalten. Die Feststellung seiner Verpflichtung, diese Ansprüche an einen von der Klägerin zu benennenden Dritten abzutreten, erfordert vielmehr einen entsprechenden Anspruch der Klägerin. Hieran fehlt es.
1. Die aufgrund der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP-Reform) erlassenen Verordnungen enthalten ebenso wenig wie das zur Umsetzung des Gemeinschaftsrechts erlassene Betriebsprämiendurchführungsgesetz Vorschriften, nach der Zahlungsansprüche mit der Beendigung des Rechts, bestimmte landwirtschaftliche Flächen zu nutzen, auf den neuen Eigentümer oder Bewirtschafter übergehen oder auf diesen zu übertragen sind (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 2006, LwZR 1/06, NJW-RR 2007, 1279, 1280 Rdn. 10).
2. Aus der Vorschrift des § 346 Abs. 1 BGB, die bestimmt, dass die Vertragsparteien nach einem Rücktritt die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben haben, folgt ein solcher Übertragungsanspruch ebenfalls nicht.
a) Bei den Zahlungsansprüchen nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz handelt es sich nicht um eine aufgrund des Kaufvertrages empfangene Leistung. Dem Beklagten sind von der Klägerin keine solchen Ansprüche oder andere Beihilfen, sondern nur das Eigentum und der Besitz an den landwirtschaftlichen Flächen übertragen worden. Die Zahlungsansprüche sind weder rechtliche Bestandteile dieses Eigentums (§ 96 BGB) noch bilden sie mit den herauszugebenden landwirtschaftlichen Flächen eine wirtschaftliche Einheit, die nur als Ganzes zurückgewährt werden könnte.
Wie der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Beendigung von Pachtverträgen ausgeführt hat, handelt es sich bei Zahlungsansprüchen nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz um eine dem Betriebsinhaber zugewiesene, personenbezogene Beihilfe. Ihre erstmalige Zuweisung erfolgte zwar flächenbezogen und setzte somit die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen voraus. In der Folge sind die Zahlungsansprüche aber nicht an die Bewirtschaftung bestimmter Flächen oder an eine konkrete landwirtschaftliche Nutzung gebunden, vielmehr kann der Betriebsinhaber über sie (auch ohne eine Fläche) verfügen und diese entweder durch Veräußerung oder durch Aktivierung auf anderen Flächen nutzen (vgl. näher BGH, Urt. vom 24. November 2006, LwZR 1/06, NJW-RR 2007, 1279, 1281 f.; Urt. v. 24. April 2009, LwZR 11/08, NJW-RR 2009, 1714, 1715). Die Zuordnung auf den Betriebsinhaber hindert eine Einbeziehung der Ansprüche in den pachtrechtlichen Herausgabeanspruch (BGH, Beschl. vom 24. November 2006, LwZR 1/06, a.a.O., S. 1281 Rdn. 27) ebenso wie in einen landwirtschaftliche Flächen betreffenden Rückgewähranspruch nach § 346 BGB.
b) Aus der in § 346 Abs. 1 BGB enthaltenen Verpflichtung, gezogene Nutzungen herauszugeben, folgt der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ebenfalls nicht.
Bei den Zahlungsansprüchen handelt es sich nicht um Nutzungen der verkauften Ackerflächen. Der Begriff der Nutzung umfasst neben den Früchten zwar auch die Vorteile, welcher der Gebrauch der Sache gewährt (§ 100 BGB). Allerdings fallen Vorteile, die nicht durch den Gebrauch, sondern nur mittels der Sache gewonnen werden, nicht darunter (vgl. RGRK-Kregel, BGB, 12. Aufl., § 100 Rdn. 4; Staudinger/Jickeli/Stieper, BGB [2004], § 100 Rdn. 4). Um einen solchen, nur mittels der Sache erzielten Vorteil handelt es bei den Zahlungsansprüchen nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz schon deshalb, weil die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen nur eine von mehreren Voraussetzungen für deren erstmalige Zuteilung war.
Im Übrigen haben die Parteien die Verpflichtung des Beklagten zur Herausgabe von Nutzungen durch die Regelung in § 8 des Kaufvertrages ("Rechtsfolgen bei Beendigung des Vertrages") abbedungen; denn darin hat die Klägerin für den Fall eines Rücktritts auf die Geltendmachung eines Nutzungsentgelts für die Ausübung des Besitzes durch den Käufer nach Eingang des Kaufpreises verzichtet. Dieser Verzicht umfasst zwar nur die während der Besitzzeit gezogenen Nutzungen, stünde also der Pflicht zur Herausgabe von Vorteilen, die dem Beklagten nach Rückgabe der Flächen verbleiben, nicht entgegen. Jedoch kann es sich bei solchen Vorteilen nicht um Nutzungen im Rechtssinne (§ 100 BGB) handeln. Bestehen sie nach Aufgabe des Besitzes fort, belegt dies, dass sie nicht aus der Sache oder deren Gebrauch gezogen werden, sondern (ursprünglich) nur mittels der Sache erlangt worden sind.
3. Ein Anspruch der Klägerin auf Übertragung der Zahlungsansprüche folgt schließlich nicht aus einer ergänzenden Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages.
Es fehlt an der hierfür notwendigen planwidrigen Regelungslücke. Eine solche kann nur angenommen werden, wenn die Parteien mit den getroffenen Regelungen ein bestimmtes Ziel erreichen wollten, dies wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten aber nicht gelungen ist. Hingegen darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht herangezogen werden, um einem Vertrag aus Billigkeitsgründen einen zusätzlichen Regelungsgehalt zu verschaffen, den die Parteien objektiv nicht vereinbaren wollten (vgl. Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 225/03, WM 2004, 2125, 2126 m.w.N.).
Vorliegend fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien eine Verpflichtung des Käufers begründen wollten, im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der verkauften Flächen erlangte staatliche Beihilfen bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrages auf die Klägerin oder einen von ihr zu benennenden Dritten zu übertragen. Der Vertrag enthält keine Verpflichtungen des Käufers, die sicherstellen sollen, dass die Bewirtschaftung der verkauften Flächen bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrages unverändert fortgeführt werden kann, insbesondere keine Vereinbarung, nach der der Käufer alle diesem Zweck dienenden Ansprüche auf Beihilfe an die Klägerin oder einen neuen Erwerber der Flächen zu übertragen hat (vgl. zur Annahme eines solchen Parteiwillens: BGH, Urt. vom 24. April 2009, LwZR 11/08, NJW-RR 2009, 1714, 1715 f. Rdn. 20.).
Der Einwand der Revisionserwiderung, der Beklagte habe kein schutzwürdiges Interesse daran, die ihm letztlich durch falsche Angaben zugeteilten Ansprüche nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz zu behalten, ist als reine Billigkeitserwägung nicht geeignet, eine planwidrige Regelungslücke aufzuzeigen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth