Entscheidungsdatum: 13.01.2012
Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 5. Mai 2011 wird auf Kosten des Klägers zu 1 zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft; die meisten Wohnungen gehören zwei Immobiliengesellschaften. Die Wohnungseigentümer ließen das Anwesen unter Inanspruchnahme einer öffentlichen Förderung in Höhe von 450.000 € umfangreich sanieren. Die Förderung war von dem Abschluss der Sanierung noch im Jahr 2009 abhängig; ein Teilbetrag von 190.000 € sollte erst nach deren Abschluss ausgezahlt werden. Am 2. Juli 2009 beschlossen die Wohnungseigentümer, eine früher beschlossene, in Raten zu zahlende Sonderumlage in Höhe von 341.050,32 € sofort fällig zu stellen und eine weitere Sonderumlage von 230.000 € aufzubringen, um eine Finanzierungslücke zu schließen.
Mit Schreiben vom 22. September 2009 lud die Verwalterin zu einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung am 1. Oktober 2009 ein, auf der wegen nicht ausreichender Mittel zur Bezahlung der Sanierungskosten unter Tagesordnungspunkt 6 eine weitere Sonderumlage von 750.000 € beschlossen werden sollte, was auch geschah. Die Sanierung wurde danach termingerecht abgeschlossen, die restlichen Fördergelder ausgezahlt.
Mit der Anfechtungsklage wendet sich der Kläger zu 1 gegen die am 1. Oktober 2009 beschlossene Sonderumlage. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision will der Kläger weiterhin eine Aufhebung des Beschlusses erreichen. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Beschluss über die weitere Sonderumlage von 750.000 € entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Bei der Beschlussfassung über eine Sonderumlage hätten die Wohnungseigentümer einen weiten Spielraum gehabt, der an dem Finanzierungsbedarf und an den zu erwartenden Zahlungsausfällen auszurichten gewesen sei. Die beiden Immobiliengesellschaften seien nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen.
II.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.
1. Die Revision ist statthaft und auch sonst zulässig. Das Berufungsgericht hätte sie zwar nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zulassen dürfen, weil keiner der dort genannten Zulassungsgründe vorliegt. Die dennoch erfolgte Zulassung ist aber für den Senat bindend (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
2. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
a) Der Beschluss verstößt nicht gegen § 23 Abs. 2 WEG.
aa) Nach dieser Vorschrift setzt die Gültigkeit eines Beschlusses voraus, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. Was dazu erforderlich ist, bestimmt sich nach dem Zweck der Regelung. Der besteht darin, den Wohnungseigentümer vor überraschenden Beschlüssen zu schützen. Er soll die Möglichkeit haben, sich anhand der Tagesordnung auf die Versammlung vorzubereiten und sich zu entscheiden, ob er daran teilnehmen will (Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 23 Rn. 76; Riecke/Schmid/Drabek, WEG, 3. Aufl., § 23 Rn. 29 f.). Dazu ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Tagesordnungspunkte und die vorgesehenen Beschlüsse so genau bezeichnet sind, dass die Wohnungseigentümer verstehen und überblicken können, was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen der vorgesehene Beschluss insoweit auf die Gemeinschaft und sie selbst hat; regelmäßig reicht eine schlagwortartige Bezeichnung aus (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2002, 83; Merle in Bärmann, aaO, § 23 Rn. 77).
bb) Diesen Anforderungen genügt die Einladung. Sie beschreibt den Tagesordnungspunkt mit einem Thema, das schon für sich genommen klar macht, worum es geht, nämlich um die Aufbringung einer Sonderumlage von 750.000 € zur Sicherung der Sanierung und der Bewirtschaftung der Anlage. Daran schließt sich eine Erläuterung an, in welcher der zugrundeliegende Sachverhalt in seinen wesentlichen Punkten beschrieben wird. Damit erschloss sich jedem Wohnungseigentümer ohne weiteres, worum es gehen sollte. Mehr kann und muss die Bezeichnung des Gegenstands der Beschlussfassung in der Einladung nicht erreichen (vgl. Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, WM 2011, 1293, 1294 Rn. 9 f.).
cc) Die Verwalterin war nicht gehalten, den Wohnungseigentümern mit der Einladung eine Unterlage zu übermitteln, in welcher die Notwendigkeit und der Umfang der zur Abstimmung gestellten Sonderumlage erläutert wird.
(1) Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung kann es allerdings im Einzelfall erfordern, den Wohnungseigentümern unabhängig von der ausreichenden Bezeichnung des Gegenstands der Beschlussfassung in der Einladung eine Unterlage zur Verfügung zu stellen, um ihnen eine inhaltliche Befassung mit dem Beschlussgegenstand zu ermöglichen (Elzer in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 23 Rn. 54 aE). Das mag etwa bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan geboten sein (vgl. Elzer in Jennißen, aaO, § 24 Rn. 93). Bei dem Beschluss über eine Sonderumlage kann es ähnlich liegen, weil er der Sache nach die Beitragspflichten der Wohnungseigentümer aus dem geltenden Wirtschaftsplan ändert. Wann das der Fall ist, muss hier allerdings nicht allgemein entschieden werden.
(2) Die Wohnungseigentümer waren nämlich ausreichend informiert. Sie haben sich am 1. Oktober 2009 nicht zum ersten Mal mit der Sonderumlage befasst. Vorausgegangen war vielmehr die Eigentümerversammlung am 2. Juli 2009, auf der die Deckung der aufgetretenen Finanzierungslücke im Wege der Aufstockung und beschleunigten Aufbringung einer Sonderumlage beschlossen worden war. Grundlage dieses Beschlusses war eine Liquiditätsplanung, in welcher die Verwalterin die Situation dargelegt hatte. Aus welchen Gründen die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse das Finanzierungsproblem nicht gelöst hatten, hatte die Verwalterin in der Beschreibung des Tagesordnungspunktes in der Einladung kurz, aber nachvollziehbar erläutert. Daraus ergab sich, dass Anlass der erneuten Sonderumlage zu hoch angesetzte verfügbare Mittel einerseits und nicht erfolgte Zahlungen der Wohnungseigentümer andererseits waren. Auf dieser Grundlage konnten sich die Wohnungseigentümer auf die Erörterung vorbereiten und noch offene Fragen in der mündlichen Erörterung dieses Tagesordnungspunktes klären.
b) Die beschlossene zusätzliche Sonderumlage ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
aa) Sie ist, wie ausgeführt, der Sache nach eine Ergänzung des geltenden Wirtschaftsplans und wie dieser gemäß § 21 Abs. 2 und 4 WEG am Maßstab einer ordnungsmäßigen Verwaltung zu messen. Sie kann danach beschlossen werden, wenn die Ansätze des Wirtschaftsplans unrichtig waren, durch neue Tatsachen überholt werden oder wenn der Plan aus anderen Gründen nicht durchgeführt werden kann (Senat, Beschluss vom 15. Juni 1989 - V ZB 22/88, BGHZ 108, 44, 47). In diesem Rahmen haben die Wohnungseigentümer ein weites Ermessen (Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 57). Dieses müssen sie an dem Zweck ausrichten, der mit der Sonderumlage verfolgt wird, und an dem dafür bestehenden Kapitalbedarf (Timme/Batschari, WEG, § 28 Rn. 22). Den erforderlichen Umlagebetrag können die Wohnungseigentümer großzügig bemessen (KG, NJW-RR 1995, 397). Sie dürfen dabei zu erwartende Zahlungsausfälle bei den Wohnungseigentümern berücksichtigen (Senat, Beschluss vom 15. Juni 1989 - V ZB 22/88, BGHZ 108, 44, 48 f.; Merle in Bärmann, aaO, § 28 Rn. 40; Einsiedler, ZMR 2009, 573, 574).
bb) An diesen Grundsätzen hat sich das Berufungsgericht ausgerichtet. Seine tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden.
(1) Die Stadt hat der Gemeinschaft zwar nach Abschluss der Sanierung die restlichen Fördermittel von 190.000 € ausgezahlt, was zu einem Überschuss führt, der jetzt an die Wohnungseigentümer, die auf die Sonderumlage gezahlt haben, verteilt werden soll. Gleichwohl liegt in der Beschlussfassung kein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Gemeinschaft konnte, wie sich aus der von dem Kläger selbst vorgelegten Mitteilung der Stadt ergibt, diesen Teil der Fördermittel nur erhalten, wenn sie die Sanierung vorfinanzierte.
(2) Dazu wäre die zusätzliche Sonderumlage nicht erforderlich gewesen, hätte die Gemeinschaft über ausreichende Mittel verfügt. Das war - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht der Fall. Die Wohnungseigentümer sind bei ihren Beschlüssen vom 2. Juli 2009 über die Sonderumlagen von der in der Liquiditätsplanung der Verwalterin ausgewiesenen Finanzierungslücke von über 500.000 € für das Geschäftsjahr 2009 ausgegangen. Der Vortrag des Klägers, die seinerzeit gefassten Beschlüsse hätten zur Schließung dieser Finanzierungslücke ausgereicht, steht in Widerspruch zu den unstreitigen Tatsachen. Die Verwaltung war davon ausgegangen, die noch ausstehenden öffentlichen Fördermittel von 190.000 € könnten für die Bezahlung der ausstehenden Arbeiten verwendet werden. Das war unzutreffend. Diese Fördermittel waren von der Gemeinschaft vorzufinanzieren. Unzutreffend war auch die weitere Annahme der Verwaltung, die sofort fällig gestellte Sonderumlage ergebe einen verfügbaren Betrag von 461.000 €. Unstreitig waren es nur 341.050,32 €. Schon damals waren demnach etwa 300.000 € nicht gedeckt. Dass das niemandem aufgefallen ist, ändert an der sachlichen Berechtigung der weiteren Sonderumlage nichts. Diese war auch in der beschlossene Höhe gerechtfertigt, weil die zuvor beschlossene Sonderumlage in Höhe von 314.440,28 € von den Wohnungseigentümern nicht aufgebracht worden war. Dass ein Teilbetrag von 100.000 € bei dem Amtsgericht hinterlegt worden sein soll, ändert daran nichts. Dieser Betrag musste von den hinterlegenden Wohnungseigentümern erst freigegeben werden und stand deshalb nicht, wie zur Vermeidung einer Rückforderung der öffentlichen Mittel geboten, kurzfristig zur Verfügung.
(3) Ob die angefochtene Sonderumlage ordnungsmäßiger Verwaltung widersprochen hätte, weil, wie der Kläger behauptet hat, die übrigen Eigentümer den Anteil der beiden Immobiliengesellschaften hätten vorfinanzieren müssen, ist zweifelhaft, bedarf aber keiner Entscheidung. Dazu fehlt schlüssiger Vortrag des Klägers. Die Beklagten haben vorgetragen, dass diese beiden Gesellschaften ihre Anteile an den Sonderumlagen bezahlt haben. Für die Sonderumlagen, deren sofortige Aufbringung die Wohnungseigentümer am 2. Juli 2009 beschlossen haben, ist das durch die von dem Kläger selbst vorgelegten Buchungsunterlagen nachgewiesen. Nachvollziehbaren Vortrag dazu, wie die Sanierung angesichts der Finanzierungslücke und der Zahlungsausfälle ohne die Zahlungen der Immobiliengesellschaften hätte erreicht werden können, hat der Kläger nicht gehalten.
c) Nicht schlüssig vorgetragen ist auch der Einwand des Klägers, die Immobiliengesellschaften hätten bei der Beschlussfassung über die zusätzliche Sonderumlage nicht mitstimmen dürfen.
aa) Mit diesem Einwand ist der Kläger nicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ausgeschlossen. Das wäre er zwar, wenn er ihn - wie das Berufungsgericht meint - im Berufungsverfahren erstmals vorgetragen hätte. Ein Beschluss, der auf Grund der rechtsmissbräuchlichen Stimmabgabe eines sog. Mehrheitseigentümers zustande kommt, ist nämlich nicht nichtig, sondern anfechtbar (Senat, Beschluss vom 19. September 2002 - V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 61; Elzer in Jennißen, aaO, § 25 Rn. 118; Merle in Bärmann, aaO, § 25 Rn. 180). Das hat zur Folge, dass eine Beschlussanfechtungsklage hierauf nur gestützt werden kann, wenn dieser Anfechtungsgrund in der Klagebegründungsfrist seinem wesentlichen Kern nach vorgetragen worden ist. Das ist hier aber geschehen. Der Kläger hat am Ende seiner Klageschrift die Befürchtung geäußert, er könne mit der Stimmenmehrheit der Immobiliengesellschaften gezwungen werden, die auf diese entfallenden Fehlbeträge nachzufinanzieren. Damit wird der Anfechtungsgrund seinem wesentlichen Kern nach beschrieben.
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht - und mit der Revision nicht angegriffen - dem Vortrag des Klägers keine Umstände entnommen, die sich als rechtsmissbräuchlich, nämlich als Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gemeinschaft und damit gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung darstellen, wie etwa bei der Verschaffung unangemessener Vorteile oder der Bestellung eines persönlich ungeeigneten oder fachlich unfähigen Verwalters (Senat, Beschluss vom 19. September 2002 - V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 62).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Czub
Brückner Weinland