Entscheidungsdatum: 17.01.2014
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. März 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Mit notarieller Erklärung vom 8. Dezember 2006 gab die Klägerin gegenüber der L . Immobilien und A. GmbH ein Angebot zum Kauf einer Eigentumswohnung ab. Dieses enthält u.a. folgende Bestimmung:
„Der Anbietende hält sich an das Angebot innerhalb einer Frist von 42 Tagen ab Beurkundung gebunden. In dieser Zeit ist das Angebot unwiderruflich.
Sollte das Angebot in dieser Frist nicht angenommen sein, dann erlischt es nicht. Der Anbietende hat jedoch das Recht, nach diesem Termin jederzeit den Widerruf vom Angebot gegenüber dem Angebotsempfänger zu erklären.
Zusätzlich wird vereinbart, dass der Angebotsempfänger das Kaufangebot frühestens annehmen kann, wenn eine verbindliche Finanzierungszusage eines deutschen Kreditinstituts für das Kaufobjekt abgegeben wurde. Der Anbietende hat sich unverzüglich um eine entsprechende Zusage zu bemühen, ohne jedoch für deren Erhalt einzustehen.
Bei Erteilung wird er die Finanzierungszusage unverzüglich an den Angebotsempfänger weiterleiten."
Dem Angebot vorausgegangen waren Kontakte der Klägerin mit den Anlageberatern Ke. und Ka. , die ihr eine „Finanzoptimierung" und eine Prüfung ihrer Finanzsituation angeboten hatten.
Mit notarieller Urkunde vom 2. Februar 2007, mithin nach Ablauf von 58 Tagen seit der Beurkundung, erklärte die L. Immobilien und A. GmbH die Annahme des Angebots. Die Klägerin, die am 26. Februar 2007 ein Darlehen zur Finanzierung des gesamten Kaufpreises aufnahm, zahl- te den Kaufpreis von 100.200 € und wurde in der Folge als Eigentümerin der Wohnung in das Grundbuch eingetragen. Die L. Immobilien und A. GmbH wurde im Jahre 2009 mit der Beklagten verschmolzen.
Die Klägerin verlangt die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung der Wohnung, die Feststellung sowohl des Annahmeverzugs der Beklagten als auch von deren Pflicht zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens, soweit er im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung steht. Außerdem verlangt sie den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihre Anträge weiter.
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin von der Beklagten keinen Schadensersatz wegen der Verletzung von Beratungspflichten verlangen. Es könne dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen sei, da jedenfalls eine falsche Beratung nicht schlüssig dargelegt sei. Dass die Klägerin bei Fortführung der anfänglichen Finanzierungsmodalitäten im Zeitpunkt der vollständigen Darlehensrückführung um die 78 Jahre alt sein werde, habe sie selbst erkennen können. Auch spreche dies alleine nicht gegen die Ungeeignetheit des Kaufs der Immobilie zum Zwecke der Altersversorgung. Der Klägerin stünden auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche zu, da zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Aufgrund der Angebotsfortgeltungsklausel habe das Kaufangebot der Klägerin über die Bindungsfrist von 42 Tagen hinaus fortbestanden. Die als Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten verwendete Klausel sei weder gemäß § 308 Nr. 1 BGB noch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Über die Revision der Klägerin ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82).
1. Das Berufungsgericht verneint rechtsfehlerhaft einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage von § 280 Abs. 1 BGB wegen einer fehlerhaften Beratung.
a) Soweit das Berufungsgericht allerdings den Vortrag der Klägerin zu einer Falschberatung bezüglich der monatlichen Belastung und einer künftigen Wertsteigerung der Wohnung als nicht schlüssig ansieht, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht überspannt nicht die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es von der Klägerin verlangt, dass sie vorträgt, warum sie einer gegenüber den Berechnungen der Anlageberater höheren monatlichen Belastung ausgesetzt ist und woraus sich ergibt, dass die entsprechende Abweichung bereits im Zeitpunkt der Beratung absehbar war. Auch hält sich seine Annahme, bei der angegebenen Wertsteigerung der Immobilie nach 10 Jahren habe es sich für die Klägerin erkennbar lediglich um eine Anpreisung gehandelt, im Rahmen der möglichen, revisionsrechtlich nur beschränkt nachprüfbaren tatrichterlichen Würdigung.
b) Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht dagegen eine fehlerhafte Beratung über das zeitliche Ausmaß der monatlichen Belastung der Klägerin und die daraus folgende mangelnde Eignung der Anlage für Zwecke der Alterssicherung.
Nach dem vom Berufungsgericht wiedergegebenen Vortrag der Klägerin wird sie das zum Zwecke der Finanzierung der gekauften Eigentumswohnung aufgenommene Darlehen unter Berücksichtigung der vorgesehenen Endfinanzierung erst im Alter von 78 Jahren vollständig zurückgezahlt haben. Darauf war die Klägerin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unmissverständlich hinzuweisen; zugleich war sie darüber aufzuklären, dass sich die Anlage aus diesem Grund nicht als Alterssicherung eignete. Zwar ist gerade bei einer Immobilienfinanzierung regelmäßig mit langen Rückzahlungslaufzeiten und auch damit zu rechnen, dass sie 30 Jahre und mehr erreichen. Bei einer Eigentumswohnung, deren Erwerb der Alterssicherung dienen soll, rechnet ein vernünftiger Erwerber in der Lage der Klägerin aber nicht damit, dass die vorgeschlagene Finanzierung, wie hier, erst mehrere Jahre nach Eintritt des Rentenalters vollständig abgeschlossen ist. Denn sie führt dann nicht zu der in Aussicht gestellten zusätzlichen Altersversorgung, sondern im Gegenteil zu einer Belastung, die gerade vermieden werden soll (vgl. OLG Celle, ZIP 2005, 199, 204; OLG Oldenburg, OLGR 2008, 104, 106).
2. Das Berufungsgericht verneint ferner rechtsfehlerhaft einen Anspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückabwicklung des Erwerbsgeschäfts. Zwischen den Parteien ist kein Kaufvertrag zustande gekommen.
a) Bei der Angebotsannahme durch die Beklagte waren sowohl die Zeitspanne, innerhalb deren der Antragende auf sein Angebot zum Kauf einer Eigentumswohnung den Eingang der Antwort des Empfängers unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (§ 147 Abs. 2 BGB), als auch die im Kaufangebot bestimmte Bindungsfrist, die sich regelmäßig mit der dem Empfänger für die Annahme des Angebots eingeräumten Frist (§ 148 BGB) deckt, verstrichen; denn die Beklagte hat das Angebot der Klägerin erst nach Ablauf von mehr als 42 Tagen angenommen. Zu diesem Zeitpunkt war deren Angebot gemäß § 146 BGB erloschen und zwar unabhängig davon, ob die Bindungsfrist von mehr als einem Monat wirksam ist (siehe dazu Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873, Rn. 8; Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, WM 2013, 2315 Rn. 12).
Zwar enthält das Angebot der Klägerin die Erklärung, dass nach Ablauf der Bindungsfrist von 42 Tagen nur die Bindung an das Angebot, nicht aber das Angebot selbst erlöschen solle. Diese Fortgeltungsklausel, die nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung verwiesen hat, von der Beklagten als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellt worden ist und die daher der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegt, ist aber unwirksam. Der Senat hat - allerdings erst nach dem Erlass des angegriffenen Urteils - entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen das Angebot des anderen Teils unbefristet fortbesteht und von dem Verwender jederzeit angenommen werden kann, auch dann mit § 308 Nr. 1 Halbs. 1 BGB unvereinbar sind, wenn sich der andere Teil durch einen Widerruf von seinem Angebot lösen kann (Senat, Urteil vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, MDR 2013, 958, 18 ff.). Dass die hier zu beurteilende Klausel die weitere Bestimmung enthält, dass das Angebot frühestens nach Abgabe einer Finanzierungszusage angenommen werden kann, stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keinen hinreichenden Schutzmechanismus des Antragenden dar, der eine andere Bewertung im Rahmen der Inhaltskontrolle rechtfertigt. Zum einen ändert dies nichts an der überlangen Bindung des Antragenden; auch wenn er die Finanzierungszusage beschafft, bleibt er gleichwohl im Ungewissen, ob und wann die Beklagte das Angebot annehmen wird. Zum anderen kann er nicht verhindern, dass die Beklagte für ihn eine Finanzierungszusage beschafft und ihn nach Monaten mit einer Annahmeerklärung überrascht.
b) Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die verspätete Annahmeerklärung der Beklagten, die gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot gilt, angenommen hat, sind nicht ersichtlich. Eine Annahme durch Schweigen kommt bei beurkundungsbedürftigen Grundstücksgeschäften nicht in Betracht. Die von dem anderen Teil zur Erfüllung vorgenommenen Handlungen wie etwa die Kaufpreiszahlung sind grundsätzlich nicht als schlüssige Annahmeerklärung auszulegen (Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 16 ff.).
III.
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
1. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob die Beklagte wegen der Verletzung eines Beratungsvertrages nach § 280 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist. Zu der von ihm offen gelassenen Frage, ob zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, weist der Senat auf sein Urteil vom 1. März 2013 hin (V ZR 279/11, WM 2013, 839).
2. Soweit es auf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung ankommt, ist diese nach den Grundsätzen der Saldotheorie vorzunehmen, indem durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Aktiv- und Passivposten ermittelt wird, ob und in welcher Höhe sich für die Klägerin ein Überschuss ergibt (Senat, Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, WM 2013, 2315 Rn. 31 ff. mwN).
Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch
Czub Kazele