Entscheidungsdatum: 14.06.2012
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 570.000 € festgesetzt.
I.
Die im Beschlusseingang aufgeführten Grundstücke bilden zusammen den Markwald B. . Auf den zugehörigen Grundbuchblättern ist in Abteilung I Spalte 2 (Eigentümer) jeweils folgendes eingetragen:
"Markgenossenschaft zu F. , G. , Be. und H. und zwar:
A. die Markgenossen zu F. zu 57/100 Anteile
B. die Markgenossen zu G. zu 71/300 Anteile
C. die Markgenossen zu Be. zu 15/100 Anteile
D. die Markgenossen zu H. zu 13/300 Anteile"
Nachfolgend sind die Markgenossen zu G. , H. und Be. jeweils namentlich aufgeführt, nicht jedoch die zu F. .
In der Satzung der Markgenossenschaft vom 31. Januar 2008 heißt es, dass der Markwald auf eine Schenkung des Landgrafen Heinrich II. im Jahr 1360 zurückgehe. Die Markgenossenschaft habe eigene Rechte und Pflichten. Alle Markgenossen seien Miteigentümer des Markwaldes. Die Markgenossen von F. seien im Einzelnen nicht bekannt und würden bis auf weiteres von der Stadt Fe. - der Antragstellerin - vertreten. Sie hätten das Recht, ihr Miteigentum formgerecht nachzuweisen und sich in das Grundbuch eintragen zu lassen. Nach Ablauf von zwei Jahren sei die Stadt Fe. - soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen - berechtigt, die unbekannten Markgenossen von F. im Wege des Aufgebotsverfahrens ausschließen zu lassen. Der anschließenden Eintragung der Stadt Fe. als Markgenosse im Grundbuch werde zugestimmt.
Nach Ablauf der zweijährigen Frist hat die Antragstellerin beantragt, das Aufgebotsverfahren zum Ausschluss der unbekannten Markgenossen von F. durchzuführen. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen; die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, den Anteil der Markgenossen zu F. seit mindestens dreißig Jahren im Eigenbesitz zu haben. Sie sei nach ihrem eigenen Vortrag bisher als Vertreterin der unbekannten Markgenossen aufgetreten, also nicht wie ein Eigentümer. Ein Aufgebotsverfahren scheitere weiter daran, dass die Markgenossenschaft, welche rechts- und grundbuchfähig sei, im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen sei. Auch soweit man nur auf die Anteile der Markgenossen zu F. abstelle, seien Eigentümer im Grundbuch eingetragen, nämlich diese Markgenossen. Dass sie tot oder verschollen seien, könne nicht festgestellt werden.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Es kann dahinstehen, wer materiell-rechtlich Eigentümer des Markwaldes Be. ist, die Markgenossenschaft oder die einzelnen Markgenossen, und welches Gemeinschaftsverhältnis zwischen letzteren bestünde. Denn das Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin nicht antragsberechtigt ist, weil sie nicht glaubhaft gemacht hat, den Grundbesitz - anteilig - seit dreißig Jahren im Eigenbesitz zu haben.
a) Nach § 443 FamFG, § 927 Abs. 1 Satz 1 BGB kann nur derjenige das Aufgebot zum Ausschluss des Grundstückseigentümers beantragen, der das Grundstück seit dreißig Jahren im Eigenbesitz hat. Eigenbesitzer ist nach § 872 BGB, wer eine Sache als ihm gehörend besitzt. Das Merkmal, das den Besitz zum Eigenbesitz macht, ist mithin der Wille, die Sache wie ein Eigentümer zu beherrschen; sein Ausdruck im Rechtsverkehr ist die Eigentumsbehauptung, der Anspruch, die Sache selbständig und andere Personen ausschließend zu besitzen (Senat, Urteil vom 29. März 1996 - V ZR 326/94, BGHZ 132, 245, 257).
2. Eigenbesitz der Antragstellerin kann nach ihrem der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts allein unterliegenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen, wie er sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergibt (§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO), nicht festgestellt werden. Denn danach hat die Antragstellerin die Rechte der unbekannten Markgenossen von F. seit unvordenklicher Zeit wahrgenommen. Diese Rechtswahrnehmung steht der Annahme von Eigenbesitz entgegen. Daran ändert nichts, dass die wirtschaftliche Verwertung des Markwaldes gegenüber den Bürgern von F. Sache der Antragstellerin war, und dass diese selbst einen Anteil am Holzertrag erhalten hat. Auch der Umstand, dass Einnahmen und Lasten aus dem Markwald im Haushalt der Antragstellerin geführt und erfasst wurden, spricht für sich allein nicht für Eigenbesitz der Antragstellerin. Dagegen sprechen jedenfalls deutlich die Regelungen in § 2 Nr. 2 und in § 12 Nr. 1-3 der Satzung der Markgenossenschaft vom 31. Januar 2008. Darin heißt es, dass alle Markgenossen von F. , die im Einzelnen nicht bekannt sind, Miteigentümer des Grundbesitzes sind und bis auf weiteres von der Antragstellerin, die das Stimmrecht für sie ausübt, vertreten werden. Mit ihrer Zustimmung zu der Satzung (vgl. deren § 14) hat die Antragstellerin zu erkennen gegeben, dass sie den Grundbesitz - anteilig - nicht wie ein Eigentümer, sondern für andere besitzen will. Daran muss sie sich festhalten lassen, mag sie auch früher - wie 1962 in einem bei dem Verwaltungsgericht Kassel geführten Rechtsstreit - eine andere Ansicht vertreten haben.
3. Für die Antragsberechtigung der Antragstellerin ist ein dreißigjähriger Eigenbesitz nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Markgenossenschaft dem Aufgebotsverfahren zugestimmt hat (§ 12 Nr. 6 der Satzung). Denn zum einen ist das Aufgebotsverfahren nicht auf den Ausschluss der Markgenossenschaft, sondern auf den der Markgenossen von F. gerichtet; deren Zustimmung liegt nicht vor. Zum anderen steht die Zustimmung unter dem Vorbehalt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung des Verfahrens vorliegen. Daran fehlt es - wie ausgeführt - jedoch.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. In dem Verfahren über Rechtsmittel gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens stehen sich der Antragsteller und die auszuschließenden Eigentümer nicht wie in einem kontradiktorischen Verfahren gegenüber (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZB 140/08, WM 2009, 756, 759 Rn. 30). Die Pflicht zur Gerichtskostentragung ergibt sich aus dem Gesetz.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 1 KostO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Brückner Weinland