Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 14.11.2013


BGH 14.11.2013 - V ZB 204/12

Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufgebotsverfahren zum Ausschluss der unbekannten Erben eines Buchgrundpfandrechtsgläubigers


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
14.11.2013
Aktenzeichen:
V ZB 204/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 11. Oktober 2012, Az: 2 Wx 21/11, Beschlussvorgehend AG Halle (Saale), 2. Februar 2011, Az: 90 II 32/10
Zitierte Gesetze
§§ 1960ff BGB

Leitsätze

Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufgebotsverfahren zum Ausschluss der unbekannten Erben des eingetragenen Gläubigers eines Buchgrundpfandrechts fehlt nicht deshalb, weil für die unbekannten Erben ein Nachlasspfleger bestellt und von diesem die Bewilligung der Löschung des Grundpfandrechts verlangt werden könnte.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 11. Oktober 2012 und der Beschluss des Amtsgerichts Halle vom 2. Februar 2011 aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Halle zurückverwiesen.

Das Amtsgericht wird angewiesen, den Antrag auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens vom 15. Juli 2010 nicht aus den Gründen des Beschlusses vom 2. Februar 2011 zurückzuweisen.

In den Rechtsmittelverfahren entstandene Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.556,46 €.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Eigentümer von zwei im Land Sachsen-Anhalt belegenen, auf dem im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuchblatt eingetragenen Grundstücken. Vorheriger Eigentümer der Grundstücke war der 1922 geborene, in den Vereinigten Staaten von Amerika lebende H.    H.   , der auf Grund des Ersuchens des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 28. Oktober 1992 als Eigentümer eingetragen worden war. Auf das behördliche Ersuchen wurden zugleich in der Abteilung III des Grundbuchs zwei Grundpfandrechte über 7.000 Goldmark Darlehen und 3.000 Reichsmark Darlehen jeweils nebst 5 % Zinsen für einen Meister He.   He.   in das Grundbuch eingetragen.

2

Mit notariellem Vertrag vom 17. Januar 1994 verkaufte H.   H.   (im Folgenden: Veräußerer) den Grundbesitz für 50.000 DM an den Antragsteller. Zu den im Grundbuch eingetragenen Belastungen enthält der Kaufvertrag u.a. folgende Angaben:

„Der Berechtigte der Rechte in Abt. III ... [der beiden vorgenannten Grundpfandrechte] ist der Bruder des Verkäufers, der unverheiratet am 14. Oktober 1944 verstorben ist. Nach gesetzlicher Rechtsfolge ist er von seinen Eltern beerbt worden, die wiederum - wie bereits dargelegt - von dem Verkäufer beerbt worden sind. Der Verkäufer ist somit Berechtigter der Rechte. Er bewilligt und beantragt deren Löschung im Grundbuch.“

3

Das Eigentum an dem Grundstück wurde im November 2002 auf den Antragsteller umgeschrieben. Die Löschung der Grundpfandrechte im Grundbuch scheiterte daran, dass ein Erbnachweis für den Veräußerer nach dem als Gläubiger eingetragenen He.    He.   nicht beigebracht wurde. Im Jahre 2007 brach der Kontakt des Antragstellers zu dem Veräußerer ab.

4

Im Juli 2010 hat der Antragsteller die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens nach § 1170 BGB mit dem Ziel beantragt, die unbekannten Gläubiger der vorgenannten Grundpfandrechte mit ihren Rechten auszuschließen. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag weiter.

II.

5

Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2013, 967 ff. veröffentlicht ist, meint, dass der Antrag von dem Amtsgericht zu Recht zurückgewiesen worden sei. Der Antragsteller habe nämlich kein rechtlich schützenswertes Interesse an einem Gläubigerausschluss nach § 1170 BGB, weil für die unbekannten Erben des eingetragenen Gläubigers eine Nachlasspflegschaft nach §§ 1960 ff. BGB eingerichtet werden könne. Diese verfahrensrechtliche Möglichkeit habe aus verfassungsrechtlichen Gründen Vorrang vor der Durchführung eines Aufgebotsverfahrens nach § 1170 Abs. 1 BGB, das für den Gläubiger zu einem vollständigen Verlust eines eingetragenen Rechts ohne geldwerte Kompensation führe. Das Aufgebotsverfahren sei daher auf die Fälle zu beschränken, in denen die Gläubigerrechte weniger beeinträchtigende Möglichkeiten nicht bestünden.

III.

6

1. Die Rechtsbeschwerde ist auf Grund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 70 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG). Die gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens nach § 434 Abs. 1 FamFG zulässigen Rechtsbehelfe bestimmen sich nach den Vorschriften über die Rechtsmittel in §§ 58 ff. FamFG (Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 439 Rn. 7).

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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Antrag auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens hätte nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen werden dürfen.

8

a) Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, dass der Gläubiger der im Beschlusseingang genannten Grundpfandrechte im Sinne des § 1170 Abs. 1 Satz 1 BGB unbekannt ist. § 1170 BGB stellt das Aufgebotsverfahren bereits dann zur Verfügung, wenn unsicher ist, wem das Grundpfandrecht zusteht (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2004 - IV 38/03, NJW-RR 2004, 664, 665). Bei Buchhypotheken ist deren Inhaber dann unbekannt, wenn der eingetragene Gläubiger verstorben, aber nicht aufzuklären ist, wer ihn beerbt hat (Senat, Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZB 140/08, NJW-RR 2009, 660, 661 Rn. 12).

9

Dass der Veräußerer des belasteten Grundstücks in dem Kaufvertrag angegeben hat, die Grundpfandrechte seien infolge Vereinigung mit dem Eigentum am Grundstück Eigentümergrundschulden geworden (§ 1177 Abs. 1 BGB), steht der Einleitung des Aufgebotsverfahrens nicht entgegen. Dem Fall der Unbekanntheit des Gläubigers ist der Fall gleichzustellen, dass die sich als Gläubiger ausgebende Person - wie hier der Veräußerer - ihr Recht nicht nachzuweisen vermag. In diesem Fall ist das Aufgebotsverfahren mit dem Ziel ihrer Ausschließung zulässig, weil mangels Nachweises ihre Gläubigerschaft unbekannt ist (RGZ 67, 95, 99 f.). Diesen Fall meinte der Gesetzgeber im Gesetz deshalb nicht gesondert erwähnen zu müssen, weil hier ungewiss sei, ob das eingetragene Recht einem anderen als dem Prätendenten zustehe, also ebenfalls unbekannt sei, wer der Berechtigte ist (vgl. Stenografische Berichte der Zweiten Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Reichstag, S. 2787 f. = Mugdan, Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 3, S. 1007).

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b) Die Zehn-Jahres-Frist seit der letzten sich auf die Hypothek beziehenden Eintragung ist ebenfalls verstrichen. Ob - wie es das Beschwerdegericht gemeint hat - die letzten Eintragungen im Sinne dieser Vorschrift die in den Jahren 1930 und 1944 erfolgten Buchungen (über die Bestellung und die Abtretung) waren, ist allerdings nicht zweifelsfrei; es spricht nämlich einiges dafür, dass dies die im Jahr 1992 auf Ersuchen des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen erfolgten Wiedereintragungen gewesen sind. Selbst wenn man davon ausginge, dass Eintragungen im Sinne des § 1170 Abs. 1 Satz 1 BGB nur diejenigen Buchungen sind, an deren der Gläubiger mitgewirkt hat (so Erman/Wenzel, BGB, 13. Aufl., § 1170 Rn. 3; jurisPK-BGB/Reischl, 6. Aufl., § 1170 Rn. 13, MünchKomm-BGB/Eickmann, 6. Aufl., § 1170 Rn. 9; NK-BGB/Krause, 3. Aufl., § 1170 Rn. 8; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl., § 1170 Rn. 2; RGRK-BGB/Thumm, 12. Aufl., § 1170 Rn. 4; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2009], § 1170 Rn. 16; aA Planck/Strecker, BGB, 5. Aufl., § 1170 Anm. 2b; Soergel/Konzen, BGB, § 1170 Rn. 2, nach deren Ansicht auch eine von Amts wegen erfolgte Eintragung die Zehn-Jahres-Frist neu laufen lässt), könnte bei den nach § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG in der bis zum 21. Juli 1992 geltenden Fassung (gemäß der Bekanntmachung vom 18. April 1991, BGBl. I 957, 966) wieder eingetragenen Grundpfandrechten insofern etwas anderes gelten, weil die Tatbestandswirkung des Restitutionsbescheids nicht nur die restituierte Eigentumslage, sondern auch die Gläubigerstellung der wieder eingetragenen Grundpfandrechte umfasst (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2006 - IV ZR 6/04, NJW-RR 2006, 1091, 1093 Rn. 26). In diesem Fall bedarf es jedoch deshalb keiner Entscheidung der Frage, weil auch eine von 1992 an laufende Zehn-Jahres-Frist bei Eingang des Antrags im Jahre 2010 verstrichen war.

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c) Ebenfalls verstrichen war die Zehn-Jahres-Frist seit der letzten Anerkennung des Rechts des Gläubigers durch den Grundstückseigentümer. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich auch insoweit als richtig dar.

12

aa) Die Fristbestimmung in § 1170 Abs. 1 BGB ist so zu verstehen, dass der Eigentümer mit dem Gläubiger in den zehn Jahren vor der Antragstellung nicht durch als Anerkenntnisse zu wertende Handlungen in Verbindung gestanden haben darf (vgl. KG, OLGZ 1970, 323, 324; Hallermann, Die Löschung von Reichs- und Goldmarkhypotheken sowie -grundschulden im Grundbuch, S. 77; MünchKomm-BGB/Eickmann, aaO, Rn. 10). Für die Nichtanerkennung gilt die gleiche Frist wie für die letzte auf das Grundpfandrecht bezogene Eintragung (allgM: Erman/Wenzel, aaO; jurisPK-BGB/Reischl, aaO; MünchKomm-BGB/Eickmann, aaO Rn. 7; NK-BGB/Krause, aaO Rn. 9; Palandt/Bassenge, BGB, aaO Rn. 2; RGRK-BGB/Thumm, aaO Rn. 5; Soergel/Konzen, aaO Rn. 2; Staudinger/Wolfsteiner, aaO Rn. 18).

13

bb) Anerkannt werden kann das Recht des Gläubigers entsprechend § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Abschlagszahlung, Zinszahlung oder Sicherheitsleistung oder in anderer sonstiger Weise, wobei hier allein Letzteres in Betracht kommt. Als ein Anerkenntnis in anderer Weise ist auch bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 1170 Abs. 1 BGB grundsätzlich jedes tatsächliche Verhalten des Grundstückseigentümers gegenüber dem Gläubiger zu verstehen, aus dem sich das Wissen von dem Bestehen der Schuld unzweideutig ergibt (vgl. KG, OLGZ 1970, 323, 325 zu § 1170 BGB sowie allgemein zu dem zum Neubeginn der Verjährung führenden Anerkenntnis im Sinne des § 212 BGB: BGH, Urteil vom 24. Januar 1972 - VII ZR 171/70, BGHZ 58, 103, 104; Urteil vom 1. März 2005 - VI ZR 101/04, NJW-RR 2005, 1044, 1047 mwN). Ein Anerkenntnis nach § 212 BGB muss allerdings gegenüber dem Berechtigten erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1993 - VII ZR 136/92, NJW-RR 1994, 373; BeckOK-BGB/Henrich, 28. Edition, § 212 Rn. 9; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 212 Rn. 4; jurisPK-BGB/Lakkis, 6. Aufl., § 212 Rn. 2; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 212 Rn. 11; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 212 Rn. 7; aA PWW/Kesseler, BGB, 8. Aufl., § 212 Rn. 3, nach dessen Ansicht ein Anerkenntnis gegenüber dem vermeintlichen Gläubiger genügt). Ob das so war, lässt sich jedoch nicht feststellen, wenn eine Person, die sich als Inhaber des Grundpfandrechts ausgibt, ihr Gläubigerrecht nicht nachzuweisen vermag. Vor dem Hintergrund, dass ein Anerkenntnis des Gläubigerrechts durch den Grundstückseigentümer in den letzten Jahren das Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB im Interesse des unbekannten Gläubigers ausschließen soll, sind als Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift alle Handlungen des Eigentümers des belasteten Grundstücks anzusehen, aus denen sich ergibt, dass dieser den Handlungsadressaten als Gläubiger des eingetragenen Rechts anerkennt (vgl. Hartmann, Die Löschung von Reichs- und Goldmarkhypotheken sowie –grundschulden im Grundbuch, S. 78; MünchKomm-BGB/Eickmann, 6. Aufl., § 1170 Rn. 10).

14

cc) Ein solches Anerkenntnis der Rechte des eingetragenen Gläubigers in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens liegt hier nicht vor. Der Veräußerer hat die eingetragenen Rechte nicht anerkannt. Ein Grundstückseigentümer, der sich selbst als Inhaber der Grundpfandrechte ausgibt, erkennt die Hypotheken oder Grundschulden nicht als Rechte des eingetragenen Gläubigers an. Der Antragsteller hat die Rechte ebenfalls nicht anerkannt. Der Kaufvertrag enthält zwar die Feststellung, dass die Hypotheken sich in Eigentümergrundschulden umgewandelt hätten. Der Verkäufer hatte jedoch deren Löschung bewilligt und beantragt, so dass die Rechte nicht gegenüber dem Antragsteller fortbestehen sollten. Eine Erklärung des Antragstellers, dass er die von dem Verkäufer behauptete Gläubigerstellung in Bezug auf die zur Löschung zu bringenden Grundpfandrechte damit anerkenne, ergibt sich daraus nicht.

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d) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Rechtsansicht des Beschwerdegerichts, ein auf § 1170 BGB gestützter Antrag des Grundstückseigentümers, ein Aufgebotsverfahren zum Ausschluss der unbekannten Erben des eingetragenen Gläubigers eines Buchgrundpfandrechts einzuleiten, sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen, weil für die unbekannten Erben ein Nachlasspfleger bestellt werden könne (§§ 1960, 1961 BGB), dem gegenüber Ansprüche auf Bewilligung der Löschung zu verfolgen seien.

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aa) Im Schrifttum wird allerdings vertreten, dass dem Aufgebot zur Ausschließung des unbekannten Gläubigers das Rechtsschutzbedürfnis fehle, wenn für die unbekannten Erben des eingetragenen Gläubigers ein Nachlasspfleger bestellt werden könne (Heinemann, NotBZ 2009, 300, 306; Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 449 Rn. 3; Prütting/Helms/Holzer, FamFG, 3. Aufl., § 449 Rn. 3). Dies wird einmal damit begründet, dass die Bestellung eines Nachlasspflegers einen das Aufgebotsverfahren ausschließenden einfacheren und schnelleren Weg zur Klärung der Rechtslage darstelle (Heinemann, aaO; Prütting/Helms/Holzer, aaO). Zum anderen wird argumentiert, dass die unbekannten Erben des eingetragenen Gläubigers vor der gravierenden Rechtsfolge des § 1170 Abs. 2 BGB geschützt werden müssten, die zu einem entschädigungslosen Rechtsverlust führe. Der Umstand, dass die Erben des eingetragenen Gläubigers unbekannt seien, sei deswegen nicht anders zu behandeln als der Fall, in dem lediglich der Aufenthalt des Gläubigers unbekannt sei. In jenen Fällen ist ein Verfahren nach § 1170 BGB unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 38/03, NJW-RR 2004, 664, 665), zur Durchsetzung eines Anspruchs des Grundstückseigentümers auf Bewilligung der Löschung muss ein Abwesenheitspfleger (§ 1913 BGB) bestellt werden (Keidel/Zimmermann, aaO).

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bb) Dieser Auffassung ist nicht beizutreten.

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(1) Ein Vorrang der klageweisen Durchsetzung von Ansprüchen auf Löschung gegen den unbekannten Gläubiger im Verhältnis zu seiner Ausschließung führenden Aufgebot ist weder in den materiell-rechtlichen (§§ 1170, 1171 BGB) noch in den verfahrensrechtlichen Vorschriften (§§ 433 ff. und §§ 447 ff. FamFG) angeordnet worden. Der Senat hat zu dem Verhältnis der zur Herbeiführung der Löschung der Grundpfandrechte unbekannter Gläubiger in Betracht kommenden Verfahren bereits entschieden, dass die Aufgebotsverfahren nach § 1170 und § 1171 BGB selbständig neben der klageweisen Durchsetzung von Ansprüchen auf Bewilligung der Löschung stehen (Senat, Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZB 140/09, NJW-RR 2009, 660, 661 Rn. 9).

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(2) Die für den Schutz des unbekannten Gläubigers angeführten Gründe für einen Vorrang der Verfolgung der Ansprüche auf Bewilligung der Löschung der Eintragung gegenüber einem zu bestellenden Nachlasspfleger widersprechen den der Vorschrift des § 1170 BGB zugrunde liegenden Entscheidungen des Gesetzgebers. Der danach von dem Grundstückseigentümer im Aufgebotsverfahren herbeizuführende Ausschließungsbeschluss durchbricht das Konsensprinzip, nach dem die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts nur erfolgen kann, wenn sie von demjenigen, den das Grundbuch als den Berechtigten ausweist, bewilligt wird (Motive III, S. 739 = Mugdan, Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 3, S. 412). Das Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB ist auch für die Fälle eröffnet worden, in denen der Grundstückseigentümer das Erlöschen der Forderung (Hypothek) oder des Rechts selbst (Grundschuld) nicht einmal behaupten kann. Dennoch soll der Grundstückeigentümer nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist durch ein Aufgebotsurteil (nunmehr durch einen Beschluss nach § 439 FamFG) in die gleiche Lage versetzt werden, in der er sich befände, wenn der eingetragene Gläubiger ihm eine löschungsfähige Quittung erteilt hätte (Prot. II, S. 4523 ff. = Mugdan, Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 3, S. 856, 857). Allein das Vorliegen der in § 1170 Abs. 1 BGB bestimmten Voraussetzungen führt demnach dazu, dass der Grundstückseigentümer mit der Rechtskraft des auf seinen Antrag hin ergehenden Ausschlussbeschlusses das Grundpfandrecht nach § 1170 Abs. 2 Satz 1 BGB erwirbt, und zwar unabhängig davon, ob der Grundstückseigentümer von dem unbekannten Gläubiger die Löschung aus einem anderen Rechtsgrund hätte verlangen können.

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Diese Entscheidung des Gesetzgebers würde durchkreuzt, wenn der Grundstückseigentümer trotz Vorliegens der Voraussetzungen für ein Aufgebotsverfahren in § 1170 Abs. 1 BGB darauf verwiesen werden könnte, seine Ansprüche auf Löschung des Grundpfandrechts gegenüber einem zu bestellenden Pfleger geltend zu machen. Die Durchsetzung von Ansprüchen auf Bewilligung der Löschung setzt nämlich den Nachweis des Erlöschens der grundpfandrechtlich gesicherten Forderung voraus. Der Grundstückseigentümer müsste gegenüber einem Pfleger entweder nachweisen können, an den Berechtigten (hier an den wahren Erben) geleistet zu haben, oder aber ein zweites Mal nach §§ 1142, 372 BGB zahlen, um die Löschungsbewilligung zu erlangen (so zutreffend Schaal, RNotZ 2008, 569, 590). Das widerspräche dem Zweck der Vorschrift des § 1170 BGB, mit dem Aufgebot zugleich die Unsicherheiten über das Bestehen der Gläubigerrechte auszuschließen (Schaal, aaO).

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(3) § 1170 BGB enthält demnach eine eindeutige gesetzliche Bestimmung der Voraussetzungen für das Aufgebotsverfahren, die die Gerichte auf Grund ihrer Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) zu befolgen haben und nicht durch das Hinzufügen weiterer ungeschriebener Voraussetzungen teilweise außer Kraft setzen dürfen. Die von dem Beschwerdegericht geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift teilt der Senat nicht, da die Rechtsinstitute der Verjährung und der Verwirkung ebenfalls zu einem kompensationslosen Rechtsverlust führen und § 1170 BGB eine sachrechtliche Ausformung des Verwirkungsgedankens gegenüber dem sich zehn Jahre lang um sein Recht nicht kümmernden Gläubiger darstellt (vgl. juris PK-BGB/Reischl, aaO Rn. 1; MünchKomm-BGB/Eickmann, 6. Aufl., § 1170 Rn. 1; RGRK-BGB/Thumm, 12. Aufl., § 1170 Rn. 3). Anders läge es nur, wenn ein Aufgebot zugelassen werden soll, obwohl nicht alle in § 1170 BGB bestimmten Voraussetzungen vorlägen (zur Unzulässigkeit der analogen Anwendung: BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 38/03, NJW-RR 2004, 664, 666).

IV.

22

1. Der angefochtene Beschluss ist danach aufzuheben (§ 74 Abs. 5 FamFG). Die Sache ist gemäß § 74 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FamFG an das Amtsgericht zurückzuverweisen, das erneut über den Antrag auf der Grundlage der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung und gegebenenfalls über die Anordnung weiterer Ermittlungen nach § 450 Abs. 3 FamFG zu entscheiden haben wird.

23

2. Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist klarstellend auszusprechen, dass in den durchgeführten Rechtsmittelverfahren keine Gerichtskosten zu erheben sind. Ansonsten ist über die Kosten nicht zu entscheiden, weil im Verfahren über eine Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens sich der antragsberechtigte Grundstückseigentümer und der mit seinen Rechten im Aufgebotsverfahren auszuschließende unbekannte Gläubiger nicht wie in einem kontradiktorischen Verfahren gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZB 140/08, WM 2009, 756, 759 Rn. 30). Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Stresemann     

        

Lemke     

        

     Schmidt-Räntsch

        

Czub     

        

RiBGH Dr. Kazele ist infolge Urlaubs

an der Unterschrift gehindert.

Karlsruhe, den 22. November 2013

        
                          

Die Vorsitzende

Stresemann