Entscheidungsdatum: 11.05.2017
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. a AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist es mit Art. 38 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vereinbar, eine im Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehene Frist, aufgrund derer aus einem Titel nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht mehr vollstreckt werden darf, auch auf einen funktional vergleichbaren Titel anzuwenden, der in einem anderen Mitgliedsstaat erlassen und in dem Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden ist?
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. a AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist es mit Art. 38 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vereinbar, eine im Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehene Frist, aufgrund derer aus einem Titel nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht mehr vollstreckt werden darf, auch auf einen funktional vergleichbaren Titel anzuwenden, der in einem anderen Mitgliedsstaat erlassen und in dem Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden ist?
I.
Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft italienischen Rechts in der Rechtsform einer società a responsibilità limitata. Sie erwirkte am 19. November 2013 vor dem italienischen Tribunale di Gorizia eine Sicherstellungsbeschlagnahme („sequestro conservativo“) gegen G. H. (im Folgenden: Schuldner). Hierdurch wurde sie ermächtigt, die Sicherstellungsbeschlagnahme bis zu einem Betrag von 1.000.000 Euro auf bewegliche und unbewegliche, materielle und immaterielle Werte sowie Forderungen des Schuldners vorzunehmen. Mit Beschluss vom 22. August 2014 erklärte das Landgericht die Entscheidung in Deutschland für vollstreckbar.
Am 23. April 2015 hat die Antragstellerin beantragt, eine Sicherungshypothek an dem im Rubrum genannten, in Deutschland belegenen Grundbesitz des Schuldners (einer Eigentumswohnung nebst zwei Tiefgaragenstellplätzen) einzutragen. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Antragstellerin weiterhin die Eintragung der Sicherungshypothek erreichen.
II.
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts (OLG München, FGPrax 2016, 68 ff.) steht der beantragten Eintragung der Ablauf der Vollziehungsfrist von einem Monat gemäß § 929 Abs. 2 ZPO entgegen. Die dem ausländischen Titel nach Art. 38 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen verliehene Vollstreckbarkeit decke sich inhaltlich mit der einem entsprechenden inländischen Titel zukommenden Vollstreckbarkeit. Die Vollstreckung als solche richte sich nach der lex fori. Da die Sicherstellungsbeschlagnahme nach italienischem Recht mit einem deutschen Arrestbeschluss vergleichbar sei, seien die hierfür maßgeblichen Verfahrensvorschriften und damit auch § 929 Abs. 2 ZPO einzuhalten. In die Entscheidungshoheit des ausländischen Staates werde hierdurch nicht eingegriffen, da die Vollziehungsfrist die zwangsweise Durchsetzung eines erstrittenen Arresttitels, nicht aber dessen Wirksamkeit als solche beschränke.
III.
Die Begründetheit der statthaften (§ 78 Abs. 1 und 3 GBO) und auch im Übrigen zulässigen (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde hängt in entscheidungserheblicher Weise von der Beantwortung der im Tenor formulierten Vorlagefrage durch den Gerichtshof der Europäischen Union ab.
1. Die italienische Entscheidung vom 19. November 2013 ist nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG 2001 Nr. L 12/01, S. 1 ff., im Folgenden: EuGVVO aF) in Deutschland für vollstreckbar erklärt worden. Grundlage der Zwangsvollstreckung in Deutschland ist die inländische Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16, 18). Wird - wie hier - die Eintragung einer Sicherungshypothek beantragt, hat das Grundbuchamt die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung selbständig zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 151/12, ZfIR 2013, 779 Rn. 7 mwN).
2. Rechtsfehlerfrei und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet ordnet das Beschwerdegericht die italienische Sicherstellungsbeschlagnahme funktional wie einen Arrestbefehl nach deutschem Recht ein. Infolgedessen richten sich die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung in Deutschland nach den deutschen Vorschriften über die Vollziehung des Arrestbefehls.
a) Zu der Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück enthält die deutsche Zivilprozessordnung unter anderem die folgenden Regelungen:
(2) Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist.
(3) Die Vollziehung ist vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig. Sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehenden Absatz bestimmten Frist erfolgt.
(1) Die Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück (…) erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung (…).
(3) Der Antrag auf Eintragung der Hypothek gilt im Sinne des § 929 Abs. 2, 3 als Vollziehung des Arrestbefehls.
b) Ob die in § 929 Abs. 2 ZPO geregelte Vollziehungsfrist abgelaufen ist, muss das Vollstreckungsorgan (hier das Grundbuchamt) von Amts wegen prüfen. Ist die Frist verstrichen, darf der Arrestbefehl nicht mehr vollzogen werden; er kann nicht mehr als Titel für eine neue Vollstreckung dienen. Die Regelung dient dem Schuldnerschutz. Sie soll verhindern, dass Entscheidungen, die aufgrund eines summarischen Eilverfahrens erlassen werden, über längere Zeit und trotz möglicherweise veränderter Verhältnisse vollziehbar, also vollstreckbar bleiben (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1990 - IX ZR 211/89, BGHZ 112, 356, 361; BVerfG, NJW 1988, 3141; MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl., § 929 Rn. 1). Den Interessen des Gläubigers trägt das deutsche Prozessrecht dadurch Rechnung, dass er sogleich erneut einen Arrest (oder eine einstweilige Verfügung) erwirken kann (vgl. BVerfG, NJW 1988, 3141; MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl., § 929 Rn. 14).
3. Die Entscheidung über die Beschwerde hängt davon ab, ob § 929 Abs. 2 ZPO auf die italienische Sicherstellungsbeschlagnahme angewendet werden darf oder nicht.
a) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts war mehr als ein Monat seit dem Zugang der Vollstreckbarerklärung in Deutschland an die Gläubigerin verstrichen, als die Eintragung der Sicherungshypothek beantragt wurde. Da gemäß § 932 Abs. 3 ZPO der Eintragungsantrag maßgeblich ist, könnte die Sicherungsbeschlagnahme nicht mehr vollzogen werden, wenn § 929 Abs. 2 ZPO anwendbar wäre.
b) Ob auch das italienische Recht eine Vollziehungsfrist enthält und wie diese im Einzelnen ausgestaltet ist, ist in dem jetzigen Verfahrensstadium nicht zu prüfen. Denn in Italien ist die Vollstreckbarkeit der Sicherstellungsbeschlagnahme bescheinigt worden (Art. 53, 54 i.V.m. Anhang V EuGVVO aF). Daraufhin ist die italienische Entscheidung in Deutschland anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden. Das Vollstreckungsorgan (hier das Grundbuchamt) hat bei der Vollstreckung ausschließlich deutsches Vollstreckungsrecht als lex fori anzuwenden. Ob das Recht des Urteilsstaats eine Vollziehungsfrist vorsieht und wie diese im Einzelnen ausgestaltet ist, kann das Vollstreckungsorgan weder ermitteln noch dürfte es eine Regelung des ausländischen Rechts anwenden. Dies gilt in gleicher Weise für den erkennenden Senat, der ausschließlich die Entscheidung des Grundbuchamts (und nachfolgend die des Beschwerdegerichts) zu überprüfen hat. Für das Verfahren des Grundbuchamts ist nur bedeutsam, ob § 929 Abs. 2 ZPO beachtet werden muss oder nicht. Sollte der Titel wegen des Zeitablaufs auch nach italienischem Recht nicht mehr vollstreckbar sein, müsste der Schuldner dies mit einem Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung geltend machen; in einem solchen Rechtsbehelfsverfahren könnte die Einhaltung der Vorgaben des italienischen Rechts überprüft werden (so jeweils zur EuGVVO aF: Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 38 EuGVVO Rn. 3; Kropholler/von Hein, EuZPR, 9. Aufl., Art. 38 EuGVVO Rn. 11 und Art. 43 EuGVVO Rn. 30; Geimer/Schütze, EuZVR, 3. Aufl., Art. 38 EuGVVO Rn. 2).
4. Ob es mit Art. 38 Abs. 1 EuGVVO aF vereinbar ist, eine im Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehene Frist (wie § 929 Abs. 2 ZPO), aufgrund derer aus einem Titel (hier: Arrestbefehl) nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht mehr vollstreckt werden darf, auch auf einen funktional vergleichbaren Titel anzuwenden, der in einem anderen Mitgliedsstaat erlassen und in dem Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden ist, lässt sich nicht mit der für eine Entscheidung durch den Senat erforderlichen Gewissheit beantworten (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, CILFIT, C-283/81, EU:C:1982:335, Rn. 16). Diese Rechtsfrage stellt sich in gleicher Weise unter der Geltung von Art. 39 der VO (EU) Nr. 1215/2015 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EU Nr. L351, EuGVVO nF). Sie betrifft nicht nur die Auslegung des deutschen nationalen Rechts, sondern weist Gemeinschaftsbezug auf.
a) Nicht hinreichend geklärt ist, ob eine Regelung wie § 929 Abs. 2 ZPO der Vollstreckbarkeit des Titels zuzuordnen ist, die sich gemäß Art. 38 EuGVVO aF nach dem Recht des Urteilsstaats richtet, oder ob sie als vollstreckungsrechtliche Norm der lex fori anzusehen ist.
aa) Rechtstechnisch gesehen knüpft die Vollziehungsfrist - anders als etwa eine Vorschrift über die Verjährung titulierter Ansprüche - nicht an das materielle Recht an. So gesehen könnte sie dem Vollstreckungsrecht zuzuordnen sein, das die EuGVVO aF nicht erfasst; das Abkommen regelt nur das Verfahren zur Zulassung der Zwangsvollstreckung aus ausländischen vollstreckbaren Titeln und lässt die eigentliche Zwangsvollstreckung unberührt, die dem nationalen Recht des Vollstreckungsstaates unterliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 1985, Capelloni und Aquilini, C-119/84, EU:C:1985:388, Rn. 16; Urteil vom 29. April 1999, Coursier, C-267/97, EU:C:1999:213, Rn. 28; Urteil vom 28. April 2009, Apostolides/Orams, C-420/07, EU:C:2009:271, Rn. 69).
bb) Andererseits führt eine solche Frist aber dazu, dass die Vollstreckbarkeit des Titels durch Zeitablauf endet. Sie wirkt sich im Ergebnis nicht anders aus als eine Aufhebung des Titels im Rechtsbehelfsverfahren. Deshalb könnte der Erstreckung von § 929 Abs. 2 ZPO auf ausländische Arrestbefehle entgegenstehen, dass sich die Vollstreckbarkeit des Titels gemäß Art. 38 Abs. 1 EuGVVO aF (ausschließlich) nach dem Recht des Mitgliedsstaats richtet, in dem er ergangen ist. Eine zeitliche Befristung der Wirksamkeit ausländischer Arrestbefehle nach dem Recht des Vollstreckungsstaats könnte mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs unvereinbar sein, wonach die Anwendung der Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaats die von der Verordnung selbst aufgestellten Grundsätze nicht in Frage stellen darf (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 1985, Capelloni und Aquilini, C-119/84, EU:C:1985:388, Rn. 21; Urteil vom 28. April 2009, Apostolides/Orams, C-420/07, EU:C:2009:271, Rn. 69).
b) In Rechtsprechung und Rechtsliteratur wird diese Frage unterschiedlich beurteilt.
aa) Teilweise wird vertreten, dass § 929 Abs. 2 ZPO die Vollstreckbarkeit betrifft und nur auf deutsche Arrestbefehle angewendet werden darf (vgl. OLG Hamm, RIW 1985, 973, 975 mit insoweit zust. Anm. Linke, RIW 1985, 974, 975 [EuGVÜ]; Kropholler/von Hein, EuZPR, 9. Aufl., Art. 38 EuGVVO Rn. 10; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., Art. 38 EuGVVO Rn. 8). Ob die Vollstreckbarkeit durch Zeitablauf nachträglich entfalle, richte sich nach dem Recht des Urteilsstaats; auf Ausschlussfristen nach dem Recht des Vollstreckungsstaats komme es nicht an (Kropholler/von Hein, EuZPR, 9. Aufl., Art. 38 EuGVVO Rn. 10; ebenso zu Art. 31 EuGVÜ: Linke, IPRax 2000, 8, 9; Keßler, Die Vollstreckbarkeit und ihr Beweis gemäß Art. 31 und 47 Nr. 1 EuGVÜ, S. 26).
bb) Nach anderer Ansicht gilt § 929 Abs. 2 ZPO auch für ausländische Arrestbefehle, die für vollstreckbar erklärt worden sind (MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl., § 929 Rn. 1; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl., Rn. 1066). Solche Ausschlussfristen nach dem Recht des Vollstreckungsstaats seien anzuwenden, wenn die Vollstreckung aus der Vollstreckbarerklärung betrieben werde. Der Lauf der Frist werde nicht mit Erlass der erststaatlichen Entscheidung, sondern erst mit dem Ausspruch der zweitstaatlichen Vollstreckbarerklärung in Gang gesetzt (MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl., § 929 Rn. 1; zu Art. 45 EuGVVO aF Rauscher/Mankowski, EuZPR/EuIPR, 3. Aufl., Art. 45 Brüssel I-VO Rn. 7; Steinmetz, RIW 2009, 301, 304).
cc) Nach dem Verständnis des Beschwerdegerichts kommt es kumulativ sowohl auf das Prozessrecht des Urteilsstaats als auch auf das des Vollstreckungsstaats an. Die Einhaltung einer Vollziehungsfrist nach italienischem Recht sei im Anerkennungsverfahren zu prüfen gewesen, während bei der Vollstreckung die Vollziehungsfrist nach deutschem Recht zu beachten sei. Einerseits könnten der ausländischen Entscheidung nicht mehr Wirkungen als im Erlassstaat zukommen, andererseits gälten für die Vollstreckung dieselben Voraussetzungen wie für vergleichbare inländische Titel (so die Anmerkung zu der Entscheidung des Beschwerdegerichts von Peschke, jurisPR-IWR 4/2015 Anm. 3).
c) Die Rechtslage ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht ausreichend - im Sinne eines acte claire - geklärt.
aa) Klargestellt hat der Gerichtshof allerdings, dass das Recht des Gläubigers, gemäß Art. 47 Abs. 2 EuGVVO aF ab dem Erlass der Vollstreckbarerklärung einstweilige Maßnahmen nach dem Recht des Vollstreckungsstaates in Anspruch zu nehmen, sofern die anzuerkennende Entscheidung im Urteilsstaat vollstreckbar ist, nicht durch die Anwendung nationaler Vorschriften, die eine kürzere Frist vorsehen, zeitlich beschränkt werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 1985, Capelloni und Aquilini, C-119/84, EU:C:1985:388, Rn. 27 ff.); dies bezieht sich jedoch nur auf die Zeit während des (hier bereits abgeschlossenen) Verfahrens der Vollstreckbarerklärung.
bb) Im Übrigen gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zwar einerseits der Grundsatz, dass eine nach der EuGVVO anerkannte ausländische Entscheidung „im ersuchten Staat dieselben Wirkungen entfalten muss wie im Urteilsstaat“ (EuGH, Urteil vom 4. Februar 1988, Hoffmann, C-145/86, EU:C:1988:61, Rn. 11; vgl. auch EuGH, Urteil vom 28. April 2009, Apostolides/Orams, C-420/07, EU:C:2009:271, Rn. 66); dies spricht dagegen, dass eine Vollziehungsfrist aus einer anderen Rechtsordnung angewendet werden darf. Andererseits soll es aber nicht angehen, „einem Urteil bei seiner Vollstreckung Rechtswirkungen zuzuerkennen, die (…) ein unmittelbar im Vollstreckungsstaat ergangenes Urteil derselben Art nicht erzeugen würde“ (EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2011, C-139/10, Prism Investments, EU:C:2011:653, Rn. 38; vgl. auch EuGH, Urteil vom 28. April 2009, Apostolides/Orams, C-420/07, EU:C:2009:271, Rn. 66).
cc) Die Rechtslage erscheint auch deshalb nicht hinreichend geklärt, weil nach einem Urteil des spanischen Tribunal Supremo die in Art. 518 der spanischen Zivilprozessordnung (LEC) geregelte, unter anderem für Urteile geltende fünfjährige Vollziehungsfrist auch auf ausländische Urteile anzuwenden ist, die in Spanien nach Art. 38 ff. EuGVVO für vollstreckbar erklärt werden sollen (Tribunal Supremo, Urteil vom 16. Oktober 2014 - Nr. 573/2014, abrufbar über http://supremo.vlex.es/vid/549269442; nunmehr gesetzlich geregelt in Artikel 50 Abs. 2 des Gesetzes 29/2015 vom 30. Juli zur internationalen rechtlichen Zusammenarbeit in Zivilsachen - Ley 29/2015, de 30 de julio, de cooperación jurídica internacional en materia civil). Der Tribunal Supremo meint, spanisches Recht sei als lex fori anwendbar, da die EuGVVO aF keine Vollziehungsfrist vorsehe. Er hat es in der genannten Entscheidung abgelehnt, ein finnisches Urteil für vollstreckbar zu erklären, weil die fünfjährige Vollziehungsfrist gemäß Art. 518 LEC verstrichen war. Dieses Verständnis zugrunde gelegt, wäre die in § 929 Abs. 2 ZPO geregelte Vollziehungsfrist auch auf einen Arrestbefehl anzuwenden, der in einem anderen Mitgliedsstaat erlassen und in Deutschland anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden ist.
5. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist schließlich nicht deswegen entbehrlich, weil sich die Frage der Anwendung von § 929 Abs. 2 ZPO auf für vollstreckbar erklärte ausländische Arrestbefehle in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stellt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs scheidet in solchen Verfahren eine Vorlagepflicht (nur) für solche Fragen aus, die im summarischen Verfahren lediglich vorläufig entschieden und in einem Hauptverfahren erneut geprüft werden können (EuGH, Urteil vom 15. Januar 1982, C-35/82, Morson, EU:C:1982:368, Rn. 10; vgl. dazu Wegener in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl., Art. 267 Rn. 31 mwN). Dies ist hier nicht der Fall, da in einem Hauptsacheverfahren nicht über eine den Arrestbefehl betreffende Vollziehungsfrist entschieden wird.
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