Entscheidungsdatum: 30.09.2010
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 28. April 2010 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 6.100,03 € festgesetzt.
I.
Das Landgericht hat die Klage mit dem Kläger am 15. März 2010 zugestelltem Urteil abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit einem Schriftsatz vom 15. April 2010 Berufung eingelegt, der dem Oberlandesgericht Zweibrücken noch an diesem Tag vorab per Telefax zugeleitet werden sollte. Das Telefax ist am 15. April 2010 um 16.17 Uhr abgesendet worden, hat das Berufungsgericht jedoch nicht mehr erreicht, weil die mit der Übermittlung beauftragte Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten des Klägers versehentlich die Faxnummer des Landgerichts Zweibrücken in das Telefaxgerät eingegeben hatte. Von dem Landgericht am 16. April 2010 auf den Fehler hingewiesen, hat der Kläger noch am selben Tag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Sie ist zwar nach § 238 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Zulässig ist sie nach § 238 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO aber nur, wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das ist nicht der Fall.
2. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Zulassung ist insbesondere auch nicht deshalb geboten (dazu: Senat, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227; Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368; Beschluss vom 13. Mai 2004 - V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217), weil die Anforderungen, die das Berufungsgericht stellt, überzogen wären und dem Kläger den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschwerten (vgl. dazu: BVerfGE 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; BVerfG, NJW 1996, 2857; 2000, 1636; 2001, 1566; FamRZ 2002, 533; Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368).
a) Die Rechtsbeschwerde ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht schon deshalb zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht.
aa) Das Berufungsgericht hatte dem Kläger die Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrags weder anzukündigen noch ihm die wesentlichen Gründe hierfür mitzuteilen. Eine solche Verpflichtung sieht § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur für den Fall vor, dass die Berufung durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurückgewiesen werden soll. Diese Regelung lässt sich auf den hier gegebenen Fall der Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Berufungsfrist nicht übertragen. Sie ist nämlich als Ausgleich dafür gedacht, dass die Zurückweisung der zulässigen Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO nach § 522 Abs. 3 ZPO unanfechtbar ist (Begründung des Entwurfs des ZPO-RG von 2001 in BT-Drucks. 14/3750, 68 f.). Diese Besonderheit besteht im Verfahren über einen Wiedereinsetzungsantrag nicht.
bb) Das Berufungsgericht war auch nicht nach § 139 ZPO verpflichtet, den Kläger auf die Notwendigkeit ergänzenden Vortrags zur Organisation der Ausgangskontrolle hinzuweisen. Veranlassung zu einem solchen Hinweis besteht zwar, das ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsantrag in einem wesentlichen Punkt unklar (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06, NJW 2007, 3212) oder ersichtlich unvollständig ist (BGH, Beschluss vom 3. April 2008 - I ZB 73/07, GRUR 2008, 837, 838). So lag es hier aber nicht. Der Kläger hatte sich in der Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags mit der Frage einer ausreichenden Postausgangskontrolle nicht befasst. Anzeichen dafür, dass dies auf einem Versehen beruhte, bestanden nicht. Vielmehr war nach der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags davon auszugehen, dass im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers die gebotene Kontrolle der aus dem Sendebericht ersichtlichen Telefaxnummer mit der in der Faxliste nicht vorgesehen ist.
b) Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht in der Sache der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die weder fortzubilden noch zu ergänzen ist und auch die Anforderungen an die Einlegung von Rechtsmitteln nicht überspannt.
aa) Danach darf der Rechtsanwalt zwar die Ermittlung der Telefaxnummer des von ihm selbst zutreffend bezeichneten Gerichts seiner zuverlässigen Angestellten übertragen und sich darauf verlassen, dass die ermittelte Telefaxnummer zutrifft (BGH, Beschluss vom 23. März 1995 - VII ZB 19/94, NJW 1995, 2105, 2106). Eine durch einen Fehler bei der Ermittlung der Telefaxnummer verursachte Fristversäumung entschuldigt das aber nur, wenn er für die Absendung eines Telefax auch eine ausreichende Postausgangskontrolle eingerichtet hat. Durch organisatorische Maßnahmen muss sichergestellt sein, dass nach der Absendung eines Telefax in der Regel ein Sendebericht ausgedruckt und überprüft wird (BGH, Beschluss vom 17. April 2007 - XI ZB 39/06, FamRZ 2007, 1095). Dabei muss festgestellt werden, ob die in dem Sendebericht ausgewiesene Telefaxnummer auch die des Adressaten ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04, NJW 2006, 2412, 2413 und vom 26. September 2006 - VIII ZB 101/05, NJW 2007, 996, 997), und zwar durch einen Vergleich der Telefaxnummer in dem Sendebericht mit der in dem heranzuziehenden Verzeichnis (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04, NJW 2006, 2412, 2413, vom 17. April 2007 - XI ZB 39/06, FamRZ 2007, 1095 und vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09, MDR 2010, 779, 780).
bb) In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche Postausgangskontrolle im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht besteht.
(1) Nach dem Vortrag des Klägers in dem Wiedereinsetzungsantrag hat die Mitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten die Telefaxnummer - offenbar anordnungsgemäß - der Faxliste der Zweibrücker Gerichte entnommen. Dass die Mitarbeiter der Kanzlei angewiesen sind, die Telefaxnummer auf dem Sendebericht nach Übermittlung des Telefax stets noch einmal - wie geboten - mit der Nummer zu vergleichen, die die Faxliste ausweist, hat er nicht vorgetragen.
(2) Eine solche Anweisung ergibt sich auch aus der Gegenvorstellung des Klägers nicht. Danach ist zwar "zur Rationalisierung und zur doppelten Kontrolle" auf dem Telefaxgerät noch ein Merkzettel angebracht, der die Telefaxnummern der ordentlichen Gerichte in der näheren Umgebung ausweist, darunter auch die zutreffenden Telefaxnummern der Zweibrücker Gerichte. Der Kläger hat aber schon nicht behauptet, dass die Mitarbeiter seines Prozessbevollmächtigten angewiesen sind, die aus der Faxliste der Zweibrücker Gerichte entnommene Telefaxnummer vor dem Absenden eines Telefax stets mit der aus dem Merkzettel ersichtlichen zu vergleichen. Das genügte nicht einmal, weil so Eingabefehler unentdeckt blieben. Vielmehr muss sichergestellt werden, dass die aus dem Sendebericht ersichtliche Telefaxnummer nach der Absendung stets mit der in der Faxliste verglichen wird. Das hat der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
cc) Dieses Organisationsdefizit hat das Berufungsgericht zu Recht nicht deshalb für unerheblich gehalten, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers seiner Mitarbeiterin eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es zwar auf allgemeine organisatorische Defizite nicht entscheidend an, wenn im Einzelfall konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935 f.; vom 15. November 2007 - IX ZB 219/06, NJW 2008, 526, 527; Beschluss vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09, MDR 2010, 779, 780). Fehlen - wie hier - solche konkreten zusätzliche Anweisungen, bleibt es insoweit bei den bestehenden allgemeinen Anweisungen (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369), die hier aber gerade nicht ausreichen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Roth