Entscheidungsdatum: 23.07.2015
Der gutgläubig lastenfreie Erwerb eines Miteigentumsanteils oder einer Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit erstreckt sich auch auf nicht eingetragene, jedoch eintragungsbedürftige Dienstbarkeiten am Grundstück. Nicht gebuchte Dienstbarkeiten, welche an einzelnen Miteigentumsanteilen nicht fortbestehen können, erlöschen dann insgesamt und damit auch im Verhältnis zu den anderen Miteigentümern bzw. Wohnungs- oder Teileigentümern.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. November 2013 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
I.
Der Antragsteller, ein kommunaler Zweckverband in B. , beantragte im Januar 2013 unter Bezugnahme auf eine Leitungs- und Anlagenbescheinigung des Landkreises die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit für eine Schmutzwasserleitung auf einem nach dem Liegenschaftskataster bezeichneten Flurstück (Flur 132, Flurstück 37) unter Angabe einer Grundbuchblattnummer. Das Grundstück ist in 26 Wohnungs- und Teileigentumseinheiten aufgeteilt. Bei einer Einheit (Wohnungsgrundbuchblatt 10276) ist ein Antrag auf Umschreibung des Eigentums im Februar 2012 gestellt und die Eintragung im gleichen Monat vorgenommen worden.
Das Grundbuchamt hat den Antrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgt der Antragsteller seinen Eintragungsantrag weiter.
II.
Das Beschwerdegericht sieht das Grundbuch nicht als unrichtig an. Zwar sei außerhalb des Grundbuchs kraft Gesetzes eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten des Antragstellers entstanden, diese sei aber durch den gutgläubig lastenfreien Erwerb einer der Eigentumswohnungen erloschen. § 892 Abs. 1 BGB sei gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG anzuwenden, da der Umschreibungsantrag nach dem 31. Dezember 2010 gestellt worden sei. Dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit nicht den zum veräußerten Wohnungseigentum gehörenden Miteigentumsanteil am Grundstück, sondern das Grundstück insgesamt belastet habe, stehe einem gutgläubig lastenfreien Erwerb nach § 892 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Folge des lastenfreien Erwerbs einer Wohnungseigentumseinheit sei das Erlöschen der Belastung am Grundstück insgesamt.
III.
Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eintragung einer Leitungsdienstbarkeit zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Eintragungsantrag ist zutreffend dahin ausgelegt, dass er sich nicht lediglich auf das im Antragsvordruck bezeichnete Wohnungsgrundbuchblatt, sondern auf die Grundbücher aller Wohnungs- und Teileigentumseinheiten bezieht, in die eine das Grundstück insgesamt belastende Dienstbarkeit gemäß § 4 Abs. 1 WGV einzutragen wäre. Eintragungsanträge an das Grundbuchamt sind verfahrensrechtliche Erklärungen, welche die Rechtsmittelgerichte selbst nach dem Grundsatz auslegen können, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senat, Beschluss vom 15. November 2012 - V ZB 99/12, NJW 2013, 934 Rn. 16). Eine entsprechende Klarstellung hat der Antragsteller zudem in der Beschwerdeschrift vorgenommen.
2. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Leitungsdienstbarkeit liegen jedoch nicht vor, weil die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht nachgewiesen ist.
a) Die Berichtigung des Grundbuchs erfolgt auf Grund eines Unrichtigkeitsnachweises nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO, wenn das Versorgungsunternehmen - wie hier der Antragsteller - seinen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs nicht auf eine Bewilligung des Betroffenen nach § 19 GBO i.V.m. § 8 Abs. 1 SachenR-DV stützt, sondern eine Berichtigung gemäß dem Inhalt einer von der Aufsichtsbehörde erstellten Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung (vgl. Senat, Beschluss vom 24. November 2005- V ZB 94/05, BGHZ 165, 119, 122) verlangt (vgl. OLG Jena, FGPrax 2012, 55, 56; Beschluss vom 29. August 2011 - 9 W 356/11, juris Rn. 10; Böhringer, Rpfleger 2002, 186, 188; ders., Rpfleger 2011, 409, 410).
b) Nach der Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung des Landkreises ist für das Berichtigungsverfahren nach § 22 GBO davon auszugehen, dass an dem Grundstück zunächst nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Abs. 5 GBBerG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b SachenR-DV kraft Gesetzes außerhalb des Grundbuchs eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit des Antragstellers entstanden ist. Für das Berichtigungsverfahren nach § 22 Abs. 1 GBO ersetzt die Bescheinigung der Aufsichtsbehörde den sonst in der Form des § 29 GBO zu führenden Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs (vgl. OLG Jena, FGPrax 2012, 55, 56; Beschluss vom 29. August 2011 - 9 W 356/11, juris Rn. 10; Böhringer, Rpfleger 2002, 186, 188; ders., Rpfleger 2011, 409, 410). Der Bescheinigung der Behörde kommt für den Nachweis des Entstehens einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zwar keine materiell-rechtliche (vgl. Senat, Urteil vom 9. Mai 2014 - V ZR 176/13, NJW 2014, 2959 Rn. 9 f.), aber eine bindende Wirkung für das Berichtigungsverfahren vor dem Grundbuchamt zu (vgl. OLG Jena, FGPrax 2012, 55, 66; Beschluss vom 30. Mai 2012- 9 W 240/12, juris Rn. 3). Für die Eintragung der Berichtigung ist die von der Behörde ausgestellte Bescheinigung ausreichend (BT-Drucks. 12/6228, 78). Der Eigentümer, der der Erteilung der Bescheinigung nicht widersprochen hat, wird auf die Klage auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB verwiesen (§ 9 Abs. 5 Satz 4 GBBerG), wobei das Unternehmen dann allerdings die Beweislast für die Richtigkeit des von der Behörde bescheinigten Lagenachweises trägt (§ 9 Abs. 5 Satz 5 GBBerG).
c) Das Grundbuch ist in Ansehung des außerhalb des Grundbuchs entstandenen Rechts nur dann unrichtig, wenn dieses Recht im Zeitpunkt des Eingangs des Berichtigungsantrags noch besteht. Ein Antragsteller, der eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO beantragt, hat - mit Ausnahme ganz entfernt liegender, theoretischer Möglichkeiten - lückenlos alles auszuräumen, was der begehrten berichtigenden Eintragung entgegenstehen könnte (BayObLGZ 1985, 225, 228, KG, KGR 2004, 544; OLG Hamm, OLGZ 1989, 9, 10). Dazu gehört insbesondere auch die Möglichkeit eines lastenfreien gutgläubigen Erwerbs (BayObLGZ 1985, 401, 402; 1995, 413, 416; KG, Rpfleger 1973, 21, 23).
aa) Die außerhalb des Grundbuchs entstandenen, jedoch nicht gebuchten beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten der Versorgungsunternehmen können durch einen gutgläubig lastenfreien Erwerb des Grundstücks nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG i.V.m. § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB erlöschen, wenn der Antrag auf Eintragung der Umschreibung des Eigentums nach dem 31. Dezember 2010 gestellt wird. Die Anlagen- und Leitungsdienstbarkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GBBerG sind - anders als die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Grunddienstbarkeiten nach Art. 187 Abs. 1 EGBGB - nämlich nicht auf Dauer, sondern nur für eine befristete Zeit von dem Buchungszwang zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs befreit worden (vgl. BT-Drucks. 12/6228, S. 75, 76; Böhringer, ZfIR 2011, 409; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2011, 625, 631).
bb) Der Anlage- und Leitungsrechtsbescheinigung der Aufsichtsbehörde kommt keine Bedeutung für die Entscheidung der Frage zu, ob die außerhalb des Grundbuchs entstandene Dienstbarkeit (§ 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 GBBerG i.V.m. § 1 SachenR-DV) durch einen gutgläubigen Erwerb nach § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB wieder erloschen ist. Die Bescheinigung gibt nämlich nur über das Entstehen, aber nicht über das mögliche Erlöschen der Dienstbarkeit Auskunft. Der Inhalt der Bescheinigung der Behörde nach § 9 Abs. 4 GBBerG reicht nicht über das hinaus, was nach § 7 Abs. 2 SachenR-DV Gegenstand der Prüfung der Behörde ist. Das sind die der Behörde von dem Versorgungsunternehmen vorzulegenden Unterlagen über den Verlauf der Leitungen, die von diesem betroffenen Grundstücke, die Nutzung der Anlage am 3. Oktober 1990 sowie den Betrieb der Anlage am 25. Dezember 1993. Ob über das belastete Grundstück zwischenzeitlich verfügt worden und ob der Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung nach dem für den Schutz des guten Glaubens maßgeblichen Stichtag, dem 31. Dezember 2010, bei dem Grundbuchamt eingegangen ist, unterliegt nicht der behördlichen Prüfung. Diese Frage kann und muss das Grundbuchamt auf Grund der ihm vorliegenden Eintragungsunterlagen selbst entscheiden (vgl. KG, GWF/Recht und Steuern 2012, 43; OLG Brandenburg, NJW-RR 2015, 15; OLG Jena, FGPrax 2012, 55, 56).
cc) Ein gutgläubig lastenfreier Erwerb nach § 892 Abs. 1 BGB ist hier möglich, weil nach den getroffenen Feststellungen im Februar 2012 - somit nach dem Ablauf der Schutzfrist für die nicht gebuchten Rechte - ein Antrag auf Umschreibung des Eigentums in Vollzug eines notariellen Kaufvertrags bei dem Grundbuchamt einging, die zwei Tage später erfolgte.
Kommt ein gutgläubig lastenfreier Erwerb gemäß § 892 Abs. 1 BGB in Betracht, darf das Grundbuchamt das nicht gebuchte Recht im Wege der Grundbuchberichtigung nach § 22 Abs. 1 GBO nur eintragen, wenn der Antragsteller nachweist, dass der Erwerber die Unrichtigkeit des Grundbuchs positiv kannte (BayObLGZ 1985, 401, 402). So etwas hat der Antragsteller weder vorgetragen noch den Nachweis dafür in der erforderlichen Form des § 29 Abs. 1 GBO (BayObLGZ 1971, 336, 339; 1985, 225, 228; 1885, 401, 402) geführt. Der Eintragungsantrag ist daher mangels Nachweises der Unrichtigkeit des Grundbuchs wegen der Möglichkeit eines gutgläubig lastenfreien Erwerbs zurückzuweisen.
dd) Anders wäre es nur, wenn die nicht gebuchte Leitungsdienstbarkeit nicht nach § 892 Abs. 1 BGB erlöschen könnte, solange nicht das belastete Grundstück insgesamt, sondern lediglich einzelne Wohnungs- und Teileigentumseinheiten veräußert werden. Ob der Erwerb eines Miteigentumsanteils am Grundstück oder einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit an diesem- wenn der Erwerber in Ansehung der nicht gebuchten Belastung am gesamten Grundstück im guten Glauben ist - zum Erlöschen des Rechts führt, ist streitig.
(1) Nach einer Ansicht (OLG Dresden, ZfIR 2010, 545, 547; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 892 Rn. 224; ebenfalls dieser Auffassung zuneigend: OLG Rostock, FGPrax 2014, 205, 206), auf die sich die Rechtsbeschwerde stützt, geht der Schutz des guten Glaubens nach § 892 Abs. 1 BGB nicht über das erworbene Recht und die sich auf dieses beziehenden Eintragungen im Grundbuch hinaus. Durch eine Verfügung über einen Miteigentumsanteil oder eine Wohnungseigentumseinheit sollen nur die daran bestehenden Belastungen erlöschen können. Da die Dienstbarkeit an den von dem Erwerbsgeschäft nicht betroffenen anderen Miteigentumsanteilen nicht fortbestehen könne, beschränke sich die Wirkung des § 892 Abs. 1 BGB auf die an dem erworbenen Miteigentumsanteil bzw. Wohnungseigentum bestehenden Belastungen. Ein Recht, das nach seinem Inhalt - wie hier die Leitungsdienstbarkeit - nur als Belastung des gesamten Grundstücks bestehen könne (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 1961 - V ZR 181/60, BGHZ 36, 187, 189), erlösche deswegen durch den Erwerb eines Miteigentumsanteils am Grundstück oder von Wohnungs- oder Teileigentum auch dann nicht, wenn der Erwerber in dessen Ansehung gutgläubig gewesen sei.
(2) Die gegenteilige Auffassung bestimmt den Schutz des guten Glaubens des Erwerbers allein nach dem Inhalt des Grundbuchs (OLG Brandenburg, NJW-RR 2015, 15; OLG Jena, FGPrax 2012, 55, 56; Beck-OK-BGB/Eckert, 35. Edition, § 892 Rn. 26; Heggen, ZfIR 2010, 550, 552; MüKo-BGB/Kohler, 6. Aufl., § 892 Rn. 70; NK-BGB/Otto, BGB, 3. Aufl., § 1018 Rn. 118; Staudinger/Meyer, BGB [2009], § 1018 Rn. 185). Mit Rücksicht auf den Zweck der Gutglaubensschutzregelung, im Interesse des Rechtsverkehrs das Vertrauen des Erwerbers auf die Richtigkeit und die Vollständigkeit des Grundbuchs zu schützen, gelte der Inhalt des Grundbuchs auch wegen der das gesamte Grundstück betreffenden Eintragungen als richtig, unabhängig davon, ob das Grundstück insgesamt, ein Miteigentumsanteil oder eine Wohnungs- oder Teileigentumseinheit erworben werde.
(3) Die Rechtsfrage ist im Sinne der letztgenannten Auffassung zu entscheiden. Der gutgläubig lastenfreie Erwerb eines Miteigentumsanteils oder einer Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit erstreckt sich auch auf nicht eingetragene, jedoch eintragungsbedürftige Dienstbarkeiten am Grundstück. Nicht gebuchte Dienstbarkeiten, welche an einzelnen Miteigentumsanteilen nicht fortbestehen können, erlöschen dann insgesamt und damit auch im Verhältnis zu den anderen Miteigentümern bzw. Wohnungs- oder Teileigentümern.
(a) Dafür, dass es für den Schutz des guten Glaubens nicht auf den Inhalt des erworbenen Rechts am Grundstück, sondern auf den Inhalt des Grundbuchs ankommt, spricht schon der Wortlaut des § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB, nach dem zugunsten des Erwerbers der Inhalt des Grundbuchs als richtig gilt. Die Vorschrift entscheidet den Konflikt zwischen dem Interesse der Rechtsinhaber an der Erhaltung ihrer tatsächlich bestehenden, jedoch nicht eingetragenen Rechte an Grundstücken und dem Interesse des Verkehrs an der Verlässlichkeit des Inhalts des Grundbuchs zugunsten eines weitgehenden Verkehrsschutzes. Der Schutz des rechtsgeschäftlichen Erwerbs beruht auf der Verlässlichkeit der amtlichen Verlautbarung (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 2007 - V ZR 5/07, BGHZ 173, 71 Rn. 32) und ist nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers umfassend gedacht. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs gilt unabhängig davon, welches Recht an dem Grundstück erworben wird (vgl. Motive III, S. 211 = Mugdan, Materialien, Bd. 3, S. 117), und er gilt sowohl in positiver als auch - hier von Interesse - in negativer Hinsicht. Nicht eingetragene Rechte, welche der Eintragung bedürfen, gelten als nicht bestehend und gelöschte Rechte als nicht mehr bestehend (Motive III, S. 215 = Mugdan, Materialien, Bd. 3, S. 119). § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nach dem 31. Dezember 2010 auch auf die nicht eingetragenen, nach § 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, § 1 SachenR-DV kraft Gesetzes entstandenen Dienstbarkeiten anzuwenden. Sind diese Rechte nicht (gemäß § 10 GBV in Abt. II des Grundbuchs des Grundstücks oder - wenn dieses infolge der Bildung von Wohnungseigentum gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 WEG geschlossen wurde - nach § 4 Abs. 1 WGV in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern) gebucht, gelten sie zugunsten des Erwerbers, dessen Eintragungsantrag nach dem 31. Dezember 2010 bei dem Grundbuchamt eingeht, als nicht existent. Welches Recht an dem Grundstück erworben wird, ist für den Gutglaubensschutz dagegen ohne Belang. Die Vorschrift ist daher auch dann anzuwenden, wenn ein Miteigentumsanteil an dem Grundstück oder ein auf dem Grundstück befindliches Wohnungs- oder Teileigentum erworben wird.
(b) Richtig ist allerdings, dass eine Leitungsdienstbarkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GBBerG an den von dem Erwerbsgeschäft nicht betroffenen Miteigentumsanteilen oder Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten nicht fortbestehen kann, weil das Recht nur das Grundstück in seiner Gesamtheit belasten kann. Das rechtfertigt es jedoch nicht, den öffentlichen Glauben des Grundbuchs in Bezug auf die Vollständigkeit der eingetragenen Rechte bei dem Erwerb von Miteigentumsanteilen am Grundstück oder von Wohnungs- bzw. Teileigentum einzuschränken und einen lastenfreien Erwerb trotz Gutgläubigkeit des Erwerbers insoweit auszuschließen. Der gutgläubig lastenfreie Erwerb führt in diesen Fällen vielmehr dazu, dass die Dienstbarkeit an dem Grundstück insgesamt erlischt. Das hat der Senat für den Fall entschieden, dass ein Wohnungseigentümer gegenüber dem Berechtigten einen Anspruch auf Löschung der Dienstbarkeit hat. Wird der Anspruch durchgesetzt, erlischt die Dienstbarkeit insgesamt, auch wenn den anderen Wohnungseigentümern ein Anspruch auf Löschung nicht zusteht (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juni 1974- V ZR 164/72, NJW 1974, 1552, 1553 – insoweit in BGHZ 62, 388 ff. nicht abgedruckt). Die Rechtslage stellt sich nach einem gutgläubig lastenfreien Erwerb durch einen Wohnungseigentümer nicht anders dar. Da diesem gegenüber nach § 892 Abs. 1 BGB die nicht eingetragene Dienstbarkeit nicht besteht, könnte er von dem Berechtigten deren Löschung verlangen, falls die Dienstbarkeit zu Unrecht im Nachhinein durch das Grundbuchamt im Wege einer „Grundbuchberichtigung“ nach § 22 GBO eingetragen würde.
(c) Da die einzutragende Leitungsdienstbarkeit somit durch einen gutgläubig lastenfreien Erwerb eines Wohnungseigentums erloschen sein kann, ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs von dem Antragsteller nicht gemäß §§ 22, 29 GBO nachgewiesen und der Eintragungsantrag zu Recht zurückgewiesen worden.
IV.
Die Kostenfolge aus der Zurückweisung des Rechtsmittels ergibt sich- ohne dass es einer Entscheidung bedarf - aus KV 14520 der Tabelle B zu § 34 Abs. 1 GNotKG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 61 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 u. 3 GNotKG. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist - mangels genügender Anhaltspunkte für eine konkrete Schätzung des Vorteils einer Dienstbarkeit auf dem Flurstück 36 für die Antragstellerin - nach dem Auffangwert in § 36 Abs. 3 GNotKG festzusetzen. Die Regelung ist nach den Übergangsvorschriften in § 134 Abs. 1 Satz 2, § 136 Nr. 2 GNotKG anzuwenden. Die Überleitungsvorschriften haben insoweit Vorrang vor der allgemeinen Vorschrift des § 61 Abs. 2 Satz 1 GNotKG, nach der der Wert des Rechtsmittels durch den Geschäftswert des ersten Rechtszugs begrenzt ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. August 2006 - 9 BV 05.1863, juris Rn. 10).
Stresemann Czub Brückner
Weinland Kazele