Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 28.04.2011


BGH 28.04.2011 - V ZA 20/10

Übergang des Eigentums eines vertraglich genutzten ehemals volkseigenen Grundstücks auf den in eine Kapitalgesellschaft umgewandelten vormals volkseigenen Betrieb


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
28.04.2011
Aktenzeichen:
V ZA 20/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Dresden, 15. Juni 2010, Az: 5 U 1611/09vorgehend LG Leipzig, 2. Oktober 2009, Az: 2 O 8370/02
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat.

Gründe

1

Es liegen keine Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) vor.

2

1. Dies gilt auch für die von dem Kläger behauptete abweichende Auslegung des § 2 Abs. 1 5. DDR-DVO/TreuhG durch das Bundesverwaltungsgericht und den Bundesgerichtshof. Eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen einer solchen Divergenz ist nur dann geboten, wenn die unterschiedlich beantwortete Rechtsfrage streiterheblich ist (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - X ZR 193/93, BGHZ 186, 90, 96 Rn. 15), woran es hier jedoch fehlt.

3

a) Es kann nämlich dahinstehen, ob der Übergang des Eigentums eines vertraglich genutzten, ehemals volkseigenen Grundstücks auf den in eine Kapitalgesellschaft umgewandelten vormals volkseigenen Betrieb nach § 2 Abs. 1 5. DDR-DVO/TreuhG dem Wortlaut der Vorschrift entsprechend voraussetzte, dass nach dem Inhalt des Nutzungsvertrags das Grundstück Gegenstand des Vertrags war (so BVerwG, Beschluss vom 24. September 1997 - 3 B 153/97, VIZ 1997, 694), oder - unabhängig davon - ein Eigentumsübergang auf das vertraglich zur Nutzung von Gebäuden oder Gebäudeteilen berechtigte Unternehmen auch dann erfolgte, wenn das Unternehmen durch den Nutzungsvertrag eine den Rechten und Pflichten eines Rechtsträgers entsprechende Rechtsstellung erlangt hatte (so Senat, Urteil vom 9. Januar 1998 - V ZR 263/98, VIZ 1998, 259, 262).

4

b) Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 5. DDR-DVO/TreuhG hätte die Schuldnerin hier schon deshalb kein (Mit-)Eigentum erworben, weil Gegenstand der Nutzungsverträge von 1983 und 1990 nicht das Grundstück, sondern die zur sogenannten Funktionsunterlagerung gehörenden Teile des Gebäudes waren.

5

Eine Betrachtung der durch den Vertrag begründeten Rechte und Pflichten führte zu keinem anderen Ergebnis. Die vertragliche Nutzung der Schuldnerin ist auch bei einer am Normzweck orientierten Auslegung, den umgewandelten Wirtschaftseinheiten die Grundlage für die Aufrechterhaltung ihres Betriebes zu sichern, einer Nutzung auf Grund Rechtsträgerschaft im Sinne des § 11 Abs. 2 TreuhG nicht gleichzustellen. Auch bei einer solchen Betrachtung ist es nämlich nicht gerechtfertigt, zum Nachteil des Unternehmens, das (auch) nach dem 1. Juli 1990 die aus dem Bau und der Instandhaltung des Gebäudes entstandenen Kreditkosten abzutragen hatte (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1993 - XI ZR 222/92, BGHZ 124, 1, 3 ff. und vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 341/95, BGHZ 127, 267, 279; BVerfGE 97, 267 ff. = VIZ 1997, 302, 304; BVerfG, WM 2000, 61, 62), dem vertraglichen Nutzer das (Mit-)Eigentum an dem volkseigenen Grundstück - mit dem Gebäude als dessen Bestandteil - zuzuweisen, wenn dieser zwar zur Nutzung des Gebäudes (oder von Teilen davon) berechtigt war, aber die aus dem Bau und der Unterhaltung des Gebäudes entstandenen Kosten bis dahin weder getragen hatte noch nach dem 1. Juli 1990 tragen musste. Eine Anwendung der Vorschrift des § 2 Abs. 1 5. DDR-DVO/TreuhG auf miet- und pachtähnliche Überlassung (hier von Stockwerken eines Gebäudes) entspricht nicht dem Zweck der Verordnung, eine wirtschaftliche sinnvolle Verteilung des Volkseigentums herbeizuführen (Lambsdorff, DtZ 1992, 102, 194).

6

So war es hier, da die Schuldnerin das Grundstück auf Grund eines einem Gewerberaummietvertrag ähnlichen Nutzungsvertrags nutzte, nach dem sie lediglich ein nach den laufenden Kosten bemessenes monatliches Nutzungsentgelt zu entrichten und die eingebauten technischen Anlagen zu warten, instandzuhalten und -zusetzen, sich an den Kosten der Errichtung und der Unterhaltung des Gebäudes jedoch nicht zu beteiligen hatte.

7

2. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Sache im Ergebnis richtig entschieden worden ist, so dass eine Zulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ausscheidet. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn - wie hier - eine unterschiedlich beantwortete Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2004 - XII ZR 323/02, juris Rn. 6).

VRiBGH Prof. Dr. Krüger

ist infolge Urlaub an der

Unterschrift gehindert.

Karlsruhe, den 2. Mai 2011

Der stellv. Vorsitzende

Lemke

Lemke     

Schmidt-Räntsch

Stresemann     

Czub