Entscheidungsdatum: 13.12.2018
1. Die Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG entsteht auch bei einer Rechnungserteilung an Nichtunternehmer.
2. Im Rechtsstreit über die Anwendung einer Steuersatzermäßigung ergibt sich die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nicht daraus, dass der Steuerpflichtige für die streitige Leistung eine Rechnung mit einem höheren Steuerausweis erteilt hat und die Anfechtungsklage dann aufgrund einer nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG bestehenden Steuerschuld unbegründet ist.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 15. November 2017 1 K 2/16 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein gemeinnütziger Verein, erbrachte im Zusammenhang mit seinem steuerbegünstigten Satzungszweck der Verbraucherberatung auch Leistungen gegen gesondertes Entgelt bei der Beratung einzelner Verbraucher. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) teilte dem Kläger mit Schreiben vom 2. Dezember 2010 Folgendes mit:
"Nicht in den steuerbegünstigten Bereich (als sogenannter Zweckbetrieb - § 65 AO) gehört ... jedoch die entgeltliche Vertretung von Einzelinteressen – einschl. der individuellen (Rechts-)Beratung – durch Verbraucherzentralen. Diese Tätigkeit ist vielmehr als ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) anzusehen. |
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Für die Verbraucherzentralen bedeutet dies insbesondere, dass |
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1. |
die Umsätze in diesem Tätigkeitsbereich nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 8a Umsatzsteuergesetz dem ermäßigten Steuersatz unterliegen; |
2. |
der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb buchhalterisch und finanziell getrennt von den steuerbegünstigten Tätigkeitsbereichen geführt werden muss; |
3. |
Verluste in dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht durch Mittel der steuerbegünstigten Tätigkeitsfelder oder der Vermögensverwaltung des Vereins ausgeglichen werden dürfen. |
Verstöße gegen diese Bestimmungen können insgesamt zum Verlust des gemeinnützigen Status des Vereins führen. |
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... Soweit die Verbraucherzentrale ... zu den betroffenen Verbraucherzentralen gehört, bitte ich bis zum 31.12.2011 die notwendigen Schritte für eine korrekte Besteuerung der entgeltlichen Vertretung von Einzelinteressen ab 01.01.2012 zu veranlassen." |
Seit Jahresanfang 2012 (Streitjahr) erteilte der Kläger für die entgeltliche Einzelberatung von Verbrauchern Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes. Gegen seine dem entsprechende Umsatzsteuer-Voranmeldung März 2012 legte der Kläger Einspruch ein. Die Umsatzsteuerjahreserklärung 2012, die nach § 168 der Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand, wurde gemäß § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des erfolglos geführten Einspruchsverfahrens.
Demgegenüber hatte die zum Finanzgericht (FG) erhobene Klage Erfolg. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 792 veröffentlichten Urteil war die mit Zustimmung des FA erfolgte Änderung der zunächst als Anfechtungsklage erhobenen Klage in eine Feststellungsklage zulässig und begründet. Das FA habe den Kläger durch sein Schreiben vom 2. Dezember 2010 unter Androhung des Verlustes der Gemeinnützigkeit dazu gedrängt, Rechnungen mit Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes zu erteilen. Im Hinblick auf eine sich hieraus ergebende Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) bei Leistungen, die gesetzlich dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, sei die Feststellungsklage zulässig, da eine Gestaltungsklage keinen (gleichwertigen) Rechtsschutz biete. Die Klage sei auch begründet, da § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auf die entgeltliche Einzelberatung von Verbrauchern anzuwenden sei.
Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Die Leistungen des Klägers unterlägen dem Regelsteuersatz.
Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er sei zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Unzulässigkeit der Feststellungsklage sei mit dem Gebot, umfassenden Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar. Die Feststellung sei unabhängig von dem für das Streitjahr vorliegenden Steueränderungsbescheid zu treffen. "Dessen Rechtmäßigkeit" stehe "wegen der Ausgabe von Rechnungen mit dem regelmäßigen Steuersatz, die nicht berichtigt worden waren, außer Streit". Anlass für das Feststellungsbegehren sei der im Schreiben der Finanzbehörde angekündigte Verlust der Gemeinnützigkeit, falls entgeltliche Beratungsleistungen von Verbraucherschutzvereinen nicht zum regelmäßigen Steuersatz ausgeführt werden würden. Es gehe "nicht um die Rechtmäßigkeit des Steueränderungsbescheides für 2012". Die Feststellungsklage könne sich auf einzelne Verpflichtungen aus dem Steuerschuldverhältnis beziehen. Diese Feststellung sei auch dann zulässig, wenn sie sich unmittelbar erst in einem Besteuerungszeitraum nach 2012 auswirke, in dem der Kläger keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis eines höheren Steuerbetrages ausgegeben habe. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) setze eine verfahrensrechtliche Möglichkeit voraus, die Rechte effektiv durchzusetzen. Die Subsidiarität der Feststellungsklage beziehe sich nur auf formale Hindernisse. Vorliegend fehle es bereits an einer hypothetischen Alternative. Ein berechtigtes Interesse ergebe sich aus dem angedrohten Verlust der Gemeinnützigkeit, "falls er die entgeltlichen Beratungsleistungen an einzelne Verbraucher mit dem ermäßigten Steuersatz abrechne und anmelde". Der Grundsatz der Rechtsschutz gewährenden Auslegung von Klagebegehren sei dahingehend fortentwickelt worden, dass "Verfahrensvorschriften einem erkennbaren Klageziel eines Steuerpflichtigen nicht entgegenstehen dürfen". Aus § 14c UStG dürfe sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) keine unangemessene Belastungswirkung ergeben. Das Neutralitätsgebot sei zu beachten, da nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) davon auszugehen sei, dass Vorsteuer von privaten Leistungsempfängern nicht geltend gemacht werden könne.
Während des Revisionsverfahrens erging der Änderungsbescheid vom 12. Juli 2018, den das FA im Hinblick auf eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung nochmals am 10. August 2018 geändert hat. Der Kläger hat hierzu erklärt, dass sich der Streitstoff nicht geändert habe.
II.
Das Urteil des FG ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat (§ 127 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). An die Stelle des Umsatzsteuerbescheids vom 30. Mai 2013, über den das FG entschieden hat, ist während des Revisionsverfahrens der Bescheid vom 12. Juli 2018, geändert durch Bescheid vom 10. August 2018, getreten und nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden. Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben (BFH-Urteile vom 2. März 2011 II R 5/09, BFH/NV 2011, 1147; vom 3. Juni 2014 II R 45/12, BFHE 245, 374, BStBl II 2014, 806; vom 22. Juli 2015 II R 15/14, BFH/NV 2015, 1584, und vom 15. März 2017 II R 10/15, BFH/NV 2017, 1153).
Einer Zurückverweisung der Sache an das FG nach § 127 FGO bedarf es jedoch nicht, da sich aufgrund des Änderungsbescheids an den zwischen den Beteiligten streitigen Punkten nichts geändert hat (vgl. zu diesem Erfordernis BFH-Urteile vom 12. Januar 2011 II R 30/09, BFH/NV 2011, 755; in BFHE 245, 374, BStBl II 2014, 806, und in BFH/NV 2015, 1584), wie sich aus der Erklärung des Klägers ergibt.
III.
Die Revision des FA ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage ist im Hinblick auf eine nach § 14c Abs. 1 UStG bestehende Steuerschuld unbegründet, so dass über die Frage einer gesetzlich nur nach Maßgabe des ermäßigten Steuersatzes entstandenen Steuerschuld nicht zu entscheiden ist. Zudem ist das FG zu Unrecht von der Zulässigkeit einer Feststellungsklage ausgegangen. Da das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen vom Revisionsgericht von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen ist (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009 X R 54/06, BFHE 228, 111, BStBl II 2010, 732, unter II.3.a aa), liegt keine wirksame Klageänderung nach § 67 FGO vor. Diese setzt voraus, dass auch für das geänderte Klagebegehren die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Februar 2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764, unter II.2.a). Hieran fehlt es.
1. Der Kläger ist Steuerschuldner nach § 14c Abs. 1 UStG, ohne dass diese Steuerschuld entfallen ist.
a) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden (§ 14c Abs. 1 Satz 2 UStG). Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 203 MwStSystRL, wonach jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist, die Mehrwertsteuer schuldet.
b) Ein unrichtiger Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer für Leistungen, die --wie hier nach Auffassung des Klägers-- einer Steuersatzermäßigung unterliegen, auf der Grundlage des Regelsteuersatzes Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt.
Das Erteilen von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes hat zur Folge, dass, selbst wenn die abgerechnete Leistung gesetzlich einer Steuersatzermäßigung unterliegt, über eine Steuerentstehung in geringerer als in der Rechnung für die Leistung ausgewiesenen Höhe, erst aufgrund einer Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG für den Besteuerungszeitraum der Berichtigung (BFH-Urteil vom 12. Oktober 2016 XI R 43/14, BFHE 255, 474, Leitsatz 3) zu entscheiden ist.
c) Dies gilt nach dem Wortlaut von § 14c Abs. 1 UStG auch, wenn eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis an Nichtunternehmer erteilt wird. Dass Rechnungen i.S. des § 14c UStG dann nach den gesetzlichen Bedingungen des § 15 Abs. 1 UStG nicht zu einem Vorsteuerabzug führen können, steht dem nicht entgegen, da auch hier aufgrund der Rechnungserteilung die Gefahr des Abzugs einer gesetzlich nicht geschuldeten Steuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) besteht. So ist es nicht nur bei rechtlichen Zweifelsfragen in Bezug auf das Bestehen einer Unternehmereigenschaft des Rechnungsempfängers, sondern auch bei einer Rechnungserteilung an eine Person, die im Hinblick auf ihre persönlichen Lebensumstände als "Verbraucher" handelt, gleichwohl aber in anderer Hinsicht, z.B. als Vermieter oder Betreiber einer Photovoltaikanlage oder als eBay-Verkäufer umsatzsteuerrechtlich Unternehmer sein kann, so dass sich auch hier eine Gefährdung des Steueraufkommens ergeben kann.
Dementsprechend ordnen § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG an, dass das dort vorgesehene Berichtigungsverfahren zur Beseitigung einer Gefährdung des Steueraufkommens auch dann anzuwenden ist, wenn "ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt" worden ist. Dies erfasst auch die Rechnungserteilung an Nichtunternehmer. Der erkennende Senat hat dabei nicht zu entscheiden, ob dieses Berichtigungsverfahren auch in anderen Fällen des § 14c Abs. 1 UStG als durch dessen Satz 3 angeordnet --alternativ neben § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG-- zur Anwendung kommen kann. Denn der Kläger hat den für die Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG erforderlichen schriftlichen Antrag (§ 14c Abs. 2 Satz 5 UStG), der sich auf näher zu bezeichnende Rechnungen beziehen muss, nicht gestellt, so dass auch nicht die weiter notwendige Zustimmung des FA vorliegen kann. Damit kommt es auch nicht auf die zeitliche Zuordnung der Berichtigung (vgl. hierzu Abschn. 14c.2 Abs. 5 Satz 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses) an.
d) Gegen das Berichtigungserfordernis bestehen keine Zweifel im Hinblick auf das Unions- oder das Verfassungsrecht.
aa) Der EuGH sieht es als zulässig an, das Entfallen einer Steuerschuld aufgrund einer Rechnungserteilung von einer Berichtigung abhängig zu machen. Er geht davon aus, dass "es grundsätzlich nicht über das zur Erreichung des Ziels, die Gefährdung des Steueraufkommens vollständig auszuschließen, Erforderliche hinausgeht, die Berichtigung der zu Unrecht in einer Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuer davon abhängig zu machen, dass diese Rechnung berichtigt wird (EuGH-Urteil Stadeco vom 18. Juni 2009 C-566/07, EU:C:2009:380, Rz 47). Der EuGH begründet dies mit folgender Erwägung: "Da sowohl eine berichtigte Rechnung als auch eine Gutschrift dem Dienstleistungsempfänger klar anzeigen, dass im fraglichen Mitgliedstaat keine Mehrwertsteuer geschuldet wird und der Empfänger daher insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann mit einer solchen Bedingung grundsätzlich sichergestellt werden, dass eine Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist" (EuGH-Urteil Stadeco, EU:C:2009:380, Rz 42). Zudem billigt der EuGH den Mitgliedstaaten ein Regelungsermessen zu (EuGH-Urteil Stadeco, EU:C:2009:380, Rz 35).
bb) Das Erfordernis einer Rechnungsberichtigung besteht unionsrechtlich auch für den Fall einer Rechnungserteilung an Nichtunternehmer. Der EuGH hat hier zu einem Steuerausweis in der Rechnung eines Nichtunternehmers (Arbeitnehmers) gegenüber einem Nichtunternehmer (Arbeitgeber des Rechnungsausstellers), entschieden, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens besteht und daher "die Darlegung des guten Glaubens des Ausstellers der Rechnung nicht erforderlich [ist], um den zu Unrecht in Rechnung gestellten Betrag zu berichtigen" (EuGH-Urteil Karageorgou vom 6. November 2003 C-78/02 bis C-80/02, EU:C:2003:604, Rz 52). Der EuGH folgert hieraus, dass die Richtlinie dann der "Rückerstattung" nicht entgegensteht (EuGH-Urteil Karageorgou, EU:C:2003:604, Rz 52). Danach können die Mitgliedstaaten die ihnen in diesem Bereich zustehenden Regelungsbefugnisse (EuGH-Urteil Karageorgou, EU:C:2003:604, Rz 49) dahingehend ausüben, dass das Berichtigungserfordernis auch bei einer Rechnungserteilung mit Steuerausweis an Nichtunternehmer besteht. Für eine dem Wortlaut des § 14c Abs. 1 UStG widersprechende Auslegung, nach der es in derartigen Fällen auf der Grundlage dieses EuGH-Urteil an einem Steuerausweis oder einem Berichtigungserfordernis fehlen soll (so Oldiges, Der Betrieb 2017, 1233, und dem folgend Korn, in Bunjes, UStG, 17. Aufl. 2018, § 14c, Rz 13), besteht somit keine Rechtfertigung.
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger in Bezug genommenen EuGH-Rechtsprechung, nach der es der Finanzverwaltung verboten ist, dem Erbringer einer steuerfreien Leistung auf der Grundlage einer nationalen Rechtsvorschrift zur Umsetzung von Art. 203 MwStSystRL die Erstattung der einem Kunden fälschlich in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer mit der Begründung zu versagen, dass er die fehlerhafte Rechnung nicht berichtigt habe. Denn dies bezieht sich auf eine nationale Besonderheit, nach der "dem Kunden das Recht auf Abzug dieser Steuer von der Finanzverwaltung endgültig versagt wurde und dies zur Folge hat, dass die im nationalen Recht vorgesehene Berichtigungsregelung nicht mehr anwendbar ist" (EuGH-Urteil Rusedespred vom 11. April 2013 C-138/12, EU:C:2013:233, Rz 35 und 21). Damit geht es hier nur um den Fall, dass bei "der Berichtigung einer fehlerhaften Rechnung die fälschlich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer erstattet werden kann, gleichzeitig aber eine Rechnungsberichtigung endgültig ausscheidet, wenn dem Leistungsempfänger das Vorsteuerabzugsrecht aus dieser Rechnung versagt wurde" (Nieskens, UStB 2013, 43). Eine derartige Einschränkung der Rechnungsberichtigungsmöglichkeit sieht das nationale Recht nicht vor, so dass "die Entscheidung des EuGH keine Auswirkungen auf das deutsche Recht" hat (Nieskens, a.a.O.).
dd) Eine abweichende Beurteilung folgt auch nicht aus der vom Kläger angeführten Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG-Kammerbeschluss vom 5. Mai 1992 2 BvR 271/92, Information StW 1992, 431), die sich auf die Rechtslage vor der im Streitfall maßgeblichen Neuregelung in § 14c UStG durch Art. 5 Nr. 18 i.V.m. Art. 25 Abs. 4 des Steueränderungsgesetzes 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) bezieht.
2. Die Feststellungsklage ist unzulässig. Ist eine Anfechtungsklage im Hinblick auf eine jedenfalls nach § 14c Abs. 1 UStG bestehende Steuerschuld unbegründet, gebietet es der aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitende Grundsatz effektiven Rechtsschutzes nicht, dem Rechnungsaussteller eine Feststellungsklage zu ermöglichen, um die Frage zu klären, ob die Leistungen des Unternehmers einer Steuersatzermäßigung unterliegen.
a) Nach § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
Eine Feststellung kann gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Hieraus ergibt sich insbesondere eine Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Anfechtungsklage (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2012 VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739, unter II.2.).
b) Entgegen dem Urteil des FG ist die Feststellungsklage im Streitfall nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO unzulässig.
aa) Der Kläger hätte seine Rechte durch Anfechtungsklage verfolgen können, wenn er über die streitigen Leistungen keine Rechnungen mit Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes (§ 14 Abs. 4 UStG) erteilt hätte. Für die Erteilung derartiger Rechnungen bestand keine Veranlassung, da der Unternehmer nur in den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG und damit nur bei den dort bezeichneten grundstücksbezogenen Leistungen und bei einer Leistungserbringung an Unternehmer für deren Unternehmen zu einer Rechnungserteilung mit gesondertem Steuerausweis verpflichtet ist. Danach bestand im Streitfall keine rechtliche Verpflichtung zur Erteilung von Rechnungen mit Steuerausweis für die hier streitigen Leistungen an Verbraucher bei deren entgeltlicher Beratung.
Das Erfordernis, nach Art. 19 Abs. 4 GG Rechtsschutz effektiv zu gewähren, ändert hieran aus Gründen des materiellen Umsatzsteuerrechts und der sich aus § 14c Abs. 1 UStG ergebenden Rechtsfolgen nichts. Ohne die --rechtlich nicht erforderliche-- Rechnungserteilung an Verbraucher besteht für den Steuerpflichtigen eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit durch Klage gegen den jeweiligen Steuerbescheid. Erteilt er demgegenüber Rechnungen mit Steuerausweis, hat er sich der effektiven Rechtsschutzmöglichkeit durch Anfechtungsklage selbst begeben, so dass für die Gewährung einer alternativen Rechtsschutzmöglichkeit aus Sicht des Steuerrechts kein Sachgrund besteht.
Die gegenteilige Auffassung würde zudem dazu führen, dass der Kläger durch eigenes Verhalten darüber entscheiden könnte, die Zulässigkeit der Feststellungsklage herbeizuführen, so dass für ihn eine faktische Wahlmöglichkeit bestünde. Dies ist weder mit § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO noch mit § 14c UStG vereinbar.
bb) Weiter fehlt der Feststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis, da für die Leistungen, für die der Kläger die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes begehrt, eine höhere Steuerschuld aufgrund der von ihm mit Steuerausweis erteilten Rechnungen feststeht.
Der erkennende Senat berücksichtigt dabei auch, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erklärt hat, auch in den Folgejahren Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes erteilt zu haben. Die vom Kläger begehrte Feststellung ist damit auch für die Folgejahre ohne Bedeutung.
cc) Darüber hinaus ist die Feststellungsklage im Hinblick auf die beim ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 65 AO erforderliche Gesamtwürdigung (BFH-Urteil vom 5. August 2010 V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191, unter II.3.) auch untauglich. Diese Gesamtwürdigung kann nur nach Maßgabe der konkreten Verhältnisse des Einzelfalles für konkrete Leistungen in konkreten Streitzeiträumen erfolgen und ist einer abstrakten Feststellung, die nach Art eines Grundlagenbescheides für eine Vielzahl von Leistungsbeziehungen gelten soll, nicht zugänglich.
dd) Entgegen der Auffassung des FG hat das FA einen gesonderten Steuerausweis in Rechnungen weder angeregt noch veranlasst. Das FA hat in seinem Schreiben vom 2. Dezember 2010 auf seine Auffassung zum maßgeblichen Umsatzsteuersatz, zum Erfordernis der Trennung von Tätigkeitsbereichen und zum Verlustverrechnungsverbot wie auch auf die Gefahr des Verlustes der Gemeinnützigkeit bei Verstößen hingewiesen. Eine Aufforderung zur Erteilung von --gesetzlich nicht erforderlichen Rechnungen-- mit gesondertem Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes und eine Androhung des Verlusts der Gemeinnützigkeit bei einer abweichenden Rechnungserteilung ist dem nicht zu entnehmen.
Für den Kläger bestand daher die Möglichkeit, Rechnungen ohne Steuerausweis zu erteilen oder sogar die Umsätze aus der individuellen Verbraucherberatung nach dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern und das FA über die Erklärung auf der Grundlage der eigenen Rechtsansicht im Widerspruch zur Rechtsauffassung des FA zu informieren. Im Hinblick auf eine derartige Offenlegung besteht für den Steuerpflichtigen auch nicht die Gefahr, den Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO zu verwirklichen.
Der Kläger hätte Rechnungen mit Steuerausweis auch erst nach Ablauf des jeweiligen Besteuerungszeitraums erteilen können, da eine sich hieraus ergebende Steuerschuld nach § 14c UStG erst mit der Rechnungserteilung, nicht aber für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung entsteht (BFH-Urteil vom 8. September 2011 V R 5/10, BFHE 235, 481, BStBl II 2012, 620, unter II.3.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.