Entscheidungsdatum: 11.02.2010
Die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG kommt nur bei besonderen Härten wie z.B. dem Überschreiten der nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bestehenden Umsatzgrenze aufgrund außergewöhnlicher und einmaliger Geschäftsvorfälle, nicht aber allgemein aufgrund einer fehlenden Buchführungsverpflichtung in Betracht .
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) vermietete und verpachtete als vermögensverwaltende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Gebäude mit 23 Wohnungen, sieben Büro- und Gewerbeeinheiten, einem Hotel und einem Restaurant. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gestattete der Klägerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2001 die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) für die Jahre 1997 und 1998. Zugleich wies das FA darauf hin, dass diese Art der Steuerberechnung aufgrund des Überschreitens der Umsatzgrenze nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ab 1999 nicht mehr möglich sei. Die Klägerin berechnete die Steuer gleichwohl auch in den Jahren 1999 bis 2001 (Streitjahre) nach vereinnahmten Entgelten.
Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin hinsichtlich der Vermietung und Verpachtung der Büro- und Gewerbeeinheiten, des Hotels und des Restaurants sowie hinsichtlich der Vermietung zweier Wohnungen nach § 9 UStG auf die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 UStG verzichtet hatte und dass die steuerpflichtigen Umsätze ab 1998 die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG überschritten.
Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ das FA geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2001, in denen es die Steuer nach vereinbarten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG berechnete. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Das FA wies die Einsprüche durch die Einspruchsentscheidungen vom 19. Juli 2004 als unbegründet zurück.
Einen darüber hinaus mit Schreiben vom 2. Januar 2003 gestellten Antrag auf Erleichterung nach § 148 der Abgabenordnung (AO) lehnte das FA mit Bescheid vom 22. Juli 2003 ab und wies den hiergegen eingelegten Einspruch gleichfalls mit Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2004 als unbegründet zurück.
Die Klägerin erhob hiergegen Klage zum Finanzgericht (FG) mit dem Antrag, die Umsatzsteuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidungen für die Jahre 1999 bis 2001 aufzuheben und das FA anzuweisen, die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen, hilfsweise den Bescheid vom 22. Juli 2003 wegen Bewilligung nach § 148 AO in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2004 aufzuheben und das FA anzuweisen, die Bewilligung nach § 148 AO zu erteilen und die Umsatzbesteuerung ab dem Jahre 1999 nach vereinnahmten Entgelten festzusetzen.
Das FG gab der Klage insoweit statt, als es unter Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung und der darin enthaltenen Versagung der Gestattung zur Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten dem FA aufgab, über die Gestattung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG sowie in Folge über die Berechnung der Umsatzsteuer nach pflichtgemäßem Ermessen und nach Maßgabe der Rechtsauffassung des FG neu zu befinden.
Das FG stützte sein in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 606 veröffentlichtes Urteil darauf, dass mit der Einführung der AO 1977 die Buchführungspflicht eingeschränkt worden und bei § 20 UStG eine Regelungslücke entstanden sei. Der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers, nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern generell die Möglichkeit zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten zu eröffnen, werde durch die Einschränkung der Buchführungspflicht bei gleichzeitiger Beibehaltung des § 20 Abs. 1 UStG nicht mehr Rechnung getragen. Dies beruhe nicht auf einer beabsichtigten Änderung. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, einem Vermietungsunternehmer die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten zu versagen, wenn dies buchführungspflichtigen, aber aus Billigkeitsgründen befreiten Unternehmern möglich sei. Das FA habe daher das ihm nach § 20 UStG zustehende Ermessen bisher nicht ausgeübt, da es davon ausgegangen sei, dass eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht komme. Da keine Ermessensreduktion auf Null vorliege, habe das FA die Ermessensentscheidung nachzuholen.
Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Das Urteil verletze § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG. Eine Befreiung nach § 148 AO liege nicht vor. Eine abweichende Beurteilung komme nach bestehender Gesetzeslage nicht in Betracht.
Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Da § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG auf nach § 148 AO von der Buchführungspflicht befreite Unternehmer anzuwenden sei, gelte dies auch für die der Buchführungspflicht von vornherein nicht unterliegenden Unternehmer, zumal ansonsten ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vorliege.
II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin ist zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten nicht berechtigt, da sie die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht erfüllt. Entgegen dem FG-Urteil liegt auch keine Regelungslücke vor, die eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten aufgrund einer teleologischen Extension oder Analogie ermöglichen würde.
1. Soweit sich die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 richtet, konnte sie bereits im Hinblick auf die fehlende Gestattung der Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten keinen Erfolg haben.
2. Auch der Hilfsantrag der Klägerin auf Gestattung der Ist-Besteuerung hat keinen Erfolg. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin zwar keinen ausdrücklichen Antrag auf Gestattung der Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG gestellt, sondern mit Schreiben vom 2. Januar 2003 die Bewilligung von Erleichterungen gemäß § 148 AO beantragt. Dieser Antrag war jedoch so auszulegen, dass er den Belangen des Antragstellers entspricht und zu dem von ihm angestrebten Erfolg führen kann (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. November 2008 V R 24/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2009, 817, unter II.1.b bb). Im Hinblick auf das eindeutige Begehren der Klägerin, eine Gestattung des FA zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten zu erhalten, war das Schreiben vom 2. Januar 2003 zumindest auch als Antrag i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG auszulegen.
3. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung konnte das FA auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer,
1. dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 250.000 DM betragen hat, oder
2. der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist, oder
3. soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausführt,
die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.
Die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in 1998 und in den Streitjahren überschritten und auch keine Umsätze als Angehöriger eines freien Berufs i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ausgeführt. Eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten war daher nach diesen Vorschriften nicht möglich.
Hiergegen kann sich die Klägerin nicht auf den von ihr angenommenen Regelungszweck des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG berufen, wonach diese Vorschrift nicht buchführungspflichtigen Unternehmern die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten ermöglichen solle. Denn § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG stellt auf eine betragsmäßige Umsatzgrenze ab, bei deren Überschreiten die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten nicht in Betracht kommt, wobei die Regelung nicht nach dem Bestehen einer Buchführungspflicht differenziert.
4. Überschreitet ein Unternehmer die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, kann die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zu gestatten sein. Diese Vorschrift setzt seit ihrer zum 1. Januar 1977 in Kraft getretenen Änderung durch Art. 17 Nr. 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 (BGBl I 1976, 3341, BStBl I 1976, 694) voraus, dass der Unternehmer von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist. Nach § 148 Satz 1 AO können die Finanzbehörden für einzelne Fälle oder bestimmte Gruppen von Fällen Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Derartige Erleichterungen können gewerblichen Unternehmern sowie Land- und Forstwirten bewilligt werden, die nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet sind, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen.
Da die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielte, unterlag sie nicht der Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO und konnte daher auch nicht von dieser gemäß § 148 AO befreit werden, so dass die Voraussetzungen für eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG nicht vorliegen. Das FA hat deshalb die von der Klägerin beantragte Erleichterung nach § 148 AO zutreffend abgelehnt.
5. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG enthält für den Fall, dass ein nicht zur Buchführung verpflichteter Unternehmer andere als die in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG bezeichneten Umsätze ausführt und dabei die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ständig überschreitet, keine Regelungslücke und kann daher entgegen dem Urteil des FG nicht erweiternd ausgelegt werden.
a) Eine Regelungslücke liegt vor, wenn ein bestimmter Sachbereich zwar gesetzlich geregelt ist, jedoch keine Vorschrift für Fälle enthält, die nach dem Grundgedanken und dem System des Gesetzes hätten mitgeregelt werden müssen (BFH-Urteile vom 9. August 1989 X R 30/86, BFHE 158, 45, BStBl II 1989, 891, unter 2.a, und vom 8. Dezember 1994 V R 33/93, BFH/NV 1995, 666, unter II.3.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Dass eine gesetzliche Regelung nur rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VIII R 21/97, BFHE 190, 343, BStBl II 2000, 220, unter II.2.b aa; ebenso BFH-Urteile vom 24. Januar 1974 IV R 76/70, BFHE 111, 329, BStBl II 1974, 295, unter 2.a; vom 13. Juli 1989 V R 110/84, BFHE 158, 157, BStBl II 1989, 1036, unter II.4.a; vom 14. September 1994 I R 136/93, BFHE 175, 406, BStBl II 1995, 382, unter II.3.; vom 25. Juli 1995 VIII R 25/94, BFHE 178, 418, BStBl II 1996, 684, unter II.2.a; vom 26. Februar 2002 IV R 39/01, BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697, unter 2.b aa, und vom 29. März 2006 X R 55/04, BFH/NV 2006, 1641, unter II.3.b aa).
Ob eine Regelungslücke oder lediglich ein sog. rechtspolitischer Fehler vorliegt, ist unter Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes zu ermitteln, wobei auf die Wertungen und die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist (BFH-Urteil in BFHE 190, 343, BStBl II 2000, 220, unter II.2.b aa; ebenso BFH-Urteile in BFHE 111, 329, BStBl II 1974, 295, unter 2.b; in BFHE 175, 406, BStBl II 1995, 382, unter II.3.; in BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697, unter 2.b aa, und in BFH/NV 2006, 1641, unter II.3.b aa). Die Unvollständigkeit muss sich bereits aus der dem Gesetz immanenten Zwecksetzung ergeben und nicht nur aus einer selbständigen kritischen Würdigung des Gesetzes (BFH-Urteil vom 19. Juli 1972 I R 164/68, BFHE 106, 441, BStBl II 1972, 858, unter I.3.). Auch bei einem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann eine Gesetzeslücke vorliegen (BFH-Urteile vom 2. Juli 1997 I R 32/95, BFHE 183, 496, BStBl II 1998, 176, unter II.2.b aa, und vom 21. Oktober 1997 IX R 29/95, BFHE 184, 466, BStBl II 1998, 142, unter 3.a).
Liegt nach diesen Grundsätzen eine Gesetzeslücke vor, ist diese in einer dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik entsprechenden Weise zu schließen. Zur Lückenfüllung kommen insbesondere Analogie, teleologische Extension oder Reduktion in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 183, 496, BStBl II 1998, 176, unter II.2.b cc). Dies ist Aufgabe der Fachgerichte (vgl. z.B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 1990 1 BvR 1186/89, BVerfGE 82, 6, Neue Juristische Wochenschrift 1990, 1593, unter C.I.1.).
b) § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG enthielt bei seinem Inkrafttreten 1967 keine Regelungslücke. Für die Klägerin bestand bereits nach damaliger Rechtslage keine Berechtigung zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten.
Die nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG 1967 mögliche Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten aufgrund einer nach § 161 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (RAO) zu erteilenden Befreiung kam nach dem BFH-Urteil vom 17. September 1987 IV R 31/87 (BFHE 151, 64, BStBl II 1988, 20, unter II.2.) nur bei besonderen Härten in Betracht, die sich z.B. aus dem Überschreiten der nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1967 bestehenden Umsatzgrenze von 250.000 DM durch außergewöhnliche und einmalige Geschäftsvorfälle ergeben konnten.
Danach war die Klägerin unter der Geltung des UStG 1967 nicht zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten berechtigt, da das Überschreiten der Umsatzgrenze bei ihr nicht auf einem einmaligen und außergewöhnlichen Geschäftsvorfall beruht.
c) Eine Regelungslücke ist auch nicht aufgrund der Einschränkung der Buchführungspflicht durch die AO 1977 entstanden.
aa) Seit dem Inkrafttreten der AO 1977 verweist § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht mehr auf § 161 Abs. 2 RAO, sondern auf § 148 AO. Danach können die Finanzbehörden Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung nicht beeinträchtigt wird. Nach § 148 AO kann der Steuerpflichtige von der seit Inkrafttreten der AO 1977 gemäß § 141 AO nur noch für gewerbliche Unternehmer sowie für Land- und Forstwirte bestehenden Buchführungspflicht befreit werden.
Da gemäß § 141 AO nicht mehr alle Unternehmer, sondern nur noch gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte der Buchführungspflicht unterliegen, kommt bei anderen als den von dieser Vorschrift genannten Unternehmern wie z.B. bei Vermietern mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG eine Befreiung von der Buchführungspflicht nicht mehr in Betracht.
bb) Für Unternehmer, die mit ihren Umsätzen die Grenze von 250.000 DM überschreiten und daher bereits nach dem UStG 1967 nicht zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten berechtigt waren, hat sich aufgrund des Entfallens der Buchführungspflicht durch die AO 1977 die Rechtslage nicht geändert. Sie sind weiterhin nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht berechtigt, die Steuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen.
Zu einer Änderung ist es daher nur insoweit gekommen, als für alle Unternehmer, die aufgrund einmaliger Geschäftsvorfälle die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG überschreiten, eine Befreiung nach § 161 Abs. 2 RAO und damit eine Steuerberechnung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in Betracht kam, während diese Möglichkeit nach § 148 AO i.V.m § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG nur noch für gewerbliche Unternehmer sowie für Land- und Forstwirte besteht.
Ob aufgrund dieser Änderung für Unternehmer, die weder gewerbliche Unternehmer noch Land- und Forstwirte sind, und die aufgrund einmaliger Geschäftsvorfälle die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG überschreiten, eine Regelungslücke entstanden ist, die eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG rechtfertigt, braucht der Senat nach den Verhältnissen des Streitfalls nicht zu entscheiden, da das Überschreiten der Umsatzgrenze durch die Klägerin nicht auf einem einmaligen Geschäftsvorfall beruht.
d) Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Ungleichbehandlung zu den von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder Abs. 2 UStG erfassten Umsätzen berufen.
aa) Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG kann die Steuer für Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG nach vereinnahmten Entgelten berechnet werden. Nach der amtlichen Gesetzesbegründung soll die Vorschrift sicher stellen, dass "den Angehörigen der freien Berufe, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 250 000 Deutsche Mark betragen hat, auch künftig die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gestattet werden kann. Die Ergänzung war erforderlich, da § 141 AO 1977 - im Gegensatz zur Regelung in § 161 RAO - die Angehörigen der freien Berufe nicht mehr zur Buchführung verpflichtet und somit auch § 148 AO 1977, der die Bewilligung von Erleichterungen vorsieht, für Angehörige der freien Berufe nicht mehr gilt" (BTDrucks 7/5458 S. 13).
bb) Die zwischen den nicht buchführungspflichtigen Angehörigen der freien Berufe und den gleichfalls nicht buchführungspflichtigen nichtgewerblichen Vermietern bestehende Differenzierung hinsichtlich der Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten führt nicht zu einer nach Art. 3 Abs. 1 GG zu beanstandenden Ungleichbehandlung.
Anders als bei den steuerpflichtigen Umsätzen der Angehörigen der freien Berufe beruht die Steuerpflicht der gemäß § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien Vermietung unbeweglichen Vermögens auf dem Verzicht nach § 9 UStG. Aufgrund dieser Besonderheit ist eine Gleichbehandlung des auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze verzichtenden Vermieters mit den Angehörigen der freien Berufe, deren Umsätze nicht aufgrund eines derartigen Verzichts, sondern kraft Gesetzes steuerpflichtig sind, nicht geboten. Insoweit ist weiter zu berücksichtigen, dass für die z.B. nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreien Umsätze freier Berufe keine Möglichkeit zum Verzicht nach § 9 UStG besteht. Im Hinblick auf diese Unterschiede war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die Möglichkeit zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten bei Überschreiten der Umsatzgrenze nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG auch nicht buchführungspflichtigen Unternehmern einzuräumen, bei denen die Steuerpflicht auf einem Verzicht nach § 9 UStG beruht. Aus diesem Grund ist auch keine Gleichbehandlung zu den dem § 20 Abs. 2 UStG unterliegenden Unternehmern geboten.
e) Ein Anspruch auf Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten ergibt sich auch nicht aus Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Nach Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird. Unterabs. 3 dieser Bestimmung ermächtigt die Mitgliedstaaten Sonderregelungen zu treffen:
"Abweichend von den vorstehenden Bestimmungen können die Mitgliedstaaten vorsehen, daß der Steueranspruch für bestimmte Umsätze oder für Gruppen von Steuerpflichtigen zu den folgenden Zeitpunkten entsteht:
- entweder spätestens bei der Ausstellung der Rechnung ...
- oder spätestens bei der Vereinnahmung des Preises
- oder im Falle der Nichtausstellung oder verspäteten Ausstellung der Rechnung ..., binnen einer bestimmten Frist nach dem Zeitpunkt des Eintretens des Steuertatbestands."
Nach der zu Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) hat der "Gemeinschaftsgesetzgeber ... den Mitgliedstaaten einen erheblichen Spielraum einräumen wollen" (EuGH-Urteil vom 26. Oktober 1995 C-144/94, Italittica S.P.A., Slg. 1995, I-3653, HFR 1996, 100 Rdnr. 15). Eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung bei Überschreiten der Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG auch den nicht buchführungspflichtigen Unternehmern die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten zu ermöglichen, wenn die Steuerpflicht ihrer Umsätze auf einem Verzicht nach § 9 UStG beruht, besteht danach nicht.
6. Das Urteil des FG entspricht nicht diesen Grundsätzen und war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Gestattung der Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht vorliegen.