Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 06.10.2015


BFH 06.10.2015 - V B 23/15

Unzulässigkeit einer Anfechtungsklage - Darlegungserfordernisse bei der Rüge eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
06.10.2015
Aktenzeichen:
V B 23/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend FG Düsseldorf, 10. März 2015, Az: 9 K 3245/14 AO, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. NV: Eine erst nach der Zusendung des Prüfungsberichtes gegen die Prüfungsanordnung erhobene Anfechtungsklage ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.

2. NV: Ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler wird nicht mit der Behauptung dargelegt, das Finanzgericht habe die Verfassungskonformität einer Norm prüfen müssen, wenn für die Entscheidung über diesen Antrag der Finanzrechtsweg nicht eröffnet ist.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015  9 K 3245/14 AO wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

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1. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde erfordert, dass die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO "dargelegt" werden. Dies setzt voraus, dass die Klägerin das Vorliegen eines der Zulassungsgründe substantiiert und schlüssig vorträgt.

3

a) Die Klägerin hat in ihrer Beschwerdebegründung vorgetragen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, "weil es der Bundesregierung bisher noch nicht gelungen sei, den Missbrauch des Spruchrichterprivilegs und des § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung (VerpackV) wirksam zu begegnen und zu erwarten ist, dass der Staat und damit das Berufungsgericht zum Schutz künftiger Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen nach Art. 20 A des Grundgesetzes mit dieser Entscheidung sichern, damit in anderen Berufungsverfahren nach § 6 Abs. 3, 2 und 1 VerpackV, z.B. vor dem Finanzgericht (FG) Hamburg gemäß Urteil vom 4. Juni 1996 IV 6/94 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1996, S. 311) die angegriffene Handlung nicht mehr dazu dienen kann, dass Käufer von Finanzierungszeichen z.B. für Exportwaren nach … nicht mehr über die geschäftlichen Verhältnisse '… Systembetreiber' getäuscht werden (...)". Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil die Klage ohne Prüfung der Verfassungskonformität des § 6 Abs. 3 VerpackV, auf deren Gültigkeit es im Verfahren ankomme, abgewiesen worden sei. Das FG habe der Klage voll umfänglich stattgeben müssen.

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b) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist erforderlich, dass die Klägerin in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Sie muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung auch möglich ist --Klärbarkeit-- (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Januar 2011 V B 144/09, BFH/NV 2011, 863). Diesen formellen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht, da es an der Formulierung einer abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtsfrage fehlt.

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c) Die Ausführungen der Klägerin sind auch nicht geeignet, die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Dazu hätte ein offensichtlicher (materieller oder formeller) Rechtsanwendungsfehler des FG von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung dargetan werden müssen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 2012 IX B 126/11, BFH/NV 2012, 741, und vom 10. Februar 2010 IX B 163/09, BFH/NV 2010, 887). Die bloße Behauptung, dass erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden und der Klage vollumfänglich stattgegeben werden müsse, reicht hierfür nicht aus.

6

aa) Soweit die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren beantragt hatte, die Anordnung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung aufzuheben, hat das FG die Klage zu Recht abgewiesen. Die Anordnung einer Außenprüfung gemäß § 196 der Abgabenordnung (AO) ist Verwaltungsakt (§ 118 AO). Darin wird dem betroffenen Steuerpflichtigen aufgegeben, die Außenprüfung in dem in der Anordnung näher umschriebenen Umfang zu dulden. Die sich aus der Anordnung ergebende Duldungspflicht des Steuerpflichtigen endet mit dem Abschluss der Außenprüfung. Die Außenprüfung ist abgeschlossen, wenn die prüfende Behörde den Abschluss ausdrücklich oder konkludent erklärt. In der Regel kann die Außenprüfung mit der Zusendung des Prüfungsberichtes (§ 202 Abs. 1 AO) als abgeschlossen angesehen werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erledigt sich deshalb die Prüfungsanordnung als Verwaltungsakt in der Hauptsache. Eine nach diesem Zeitpunkt gegen die Prüfungsanordnung erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig, weil der Kläger an der nachträglichen Aufhebung der Prüfungsanordnung kein rechtliches Interesse mehr geltend machen kann. Der Anfechtungsklage fehlt somit das allgemeine Rechtsschutzinteresse (BFH-Urteile vom 4. Februar 1988 V R 57/83, BFHE 152, 217, BStBl II 1988, 413, sowie vom 17. Juli 1985 I R 214/82, BFHE 144, 333, BStBl II 1986, 21; FG Köln, Urteil vom 27. November 2013  12 K 3723/11, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2015, 1082).

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bb) Einen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler des FG legt die Klägerin auch nicht mit der Behauptung dar, das FG habe die Verfassungskonformität des § 6 VerpackV prüfen müssen. Sie hat zwar im finanzgerichtlichen Verfahren beantragt, die Verfassungswidrigkeit des § 6 VerpackV festzustellen. Hierfür fehlt es jedoch an der Zuständigkeit des FG. Für eine Entscheidung über diesen Antrag ist nicht der Finanzrechtsweg (§ 33 FGO), sondern der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 der Verwaltungsgerichtsordnung) eröffnet. Der Feststellungsantrag betrifft eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über die Gültigkeit einer Rechtsverordnung. Dies gilt auch dann, wenn die Verfassungswidrigkeit mit der Verletzung von Grundrechten begründet wird (Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 22. März 2000  1 BvR 1500/93, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report 2000, 473).

8

2. Von einer weiteren Begründung, insbesondere der Wiedergabe des Tatbestands, sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.