Entscheidungsdatum: 07.03.2012
1. NV: Eine Festsetzung des Gegenstandswerts durch den Bundesfinanzhof kommt nicht in Betracht, wenn sich die Anwaltsgebühren nach dem für Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen und es an einem solchen Wert nicht fehlt.
2. NV: Einem Antrag auf gerichtliche Festsetzung des Streitwerts fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sich die Höhe des Streitwerts eindeutig aus den gestellten Sachanträgen sowie aus den von der Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts in gleichartigen Fällen entwickelten Grundsätzen ermitteln lässt.
Die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde und der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts sind unzulässig.
1. Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts dient (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder Verfahrensmängel vorliegen, auf denen die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO im Einzelnen dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt:
a) Die Voraussetzungen einer Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Beschwerdeschrift weder einen Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch eine klärungsbedürftige und klärungsfähige abstrakte Rechtsfrage enthält.
b) Soweit dem Vorbringen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die Rüge der Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO zu entnehmen sein sollte, führt dies nicht zur Zulassung der Revision, da es an der hinreichenden Darlegung des Zulassungsgrundes fehlt.
aa) Eine hinreichende Darlegung der Divergenz erfordert, dass der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeitet und einander gegenüberstellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Januar 2011 V B 144/09, BFH/NV 2011, 863; vom 24. August 2006 V B 36/05, BFH/NV 2007, 69). Der pauschale und unter Hinweis auf eine Kommentarstelle erfolgte Vortrag der Klägerin, dass der inländische Wohnsitz von Kindern bei Auslandsaufenthalten zwecks Studiums "nach ständiger Rechtsprechung" unter drei bestimmten Voraussetzungen aufrechterhalten werde, genügt diesen Anforderungen nicht. Selbst wenn es sich bei diesen Voraussetzungen um abstrakte Rechtssätze aus einem Urteil des BFH oder eines FG handeln sollte, hat die Klägerin keinen abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen Urteil des FG herausgearbeitet, der davon abweicht.
bb) Mit den ausdrücklich gerügten Rechtsfehlern des FG bei der Frage eines Wohnsitzes von Kindern während des Auslandsstudiums macht die Klägerin Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend, die eine Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn es sich bei dem behaupteten Fehler um einen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung handelt, die geeignet wäre, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. März 2010 X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455; vom 1. September 2008 IV B 4/08, BFH/NV 2009, 35). Hierfür bieten jedoch weder der Sachverhalt noch der Vortrag der Klägerin irgendwelche Anhaltspunkte.
c) Die Rüge der Klägerin, das FG habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 FGO) verletzt, führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, da sie auch diesen Verfahrensmangel nicht hinreichend dargelegt hat.
Bei der Sachaufklärungsrüge handelt es sich um einen Verfahrensfehler, auf dessen Geltendmachung gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung verzichtet werden kann (BFH-Beschluss vom 15. Juni 2011 IV B 143/09, BFH/NV 2011, 1694). Deshalb bedarf es entweder einer rechtzeitigen Rüge in der Vorinstanz oder einer Darlegung, weshalb eine derartige Rüge von der in der Vorinstanz fachkundig vertretenen Klägerin nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 25. März 2010 X B 71/09, BFH/NV 2010, 1457, unter II.1.b aa der Gründe). Die in der Vorinstanz durch einen Rechtsanwalt fachkundig vertretene Klägerin hat ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung am 27. Juni 2011 keinen Verstoß gegen § 76 FGO gerügt. Sie hat in ihrer Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt, weshalb ihr eine solche Rüge nicht möglich war.
2. Die von der Klägerin begehrte Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 Abs. 1 und 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) kommt nicht in Betracht, da sich die Anwaltsgebühren im Streitfall nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen und es an einem solchen Wert nicht fehlt.
Der Antrag ist daher als Antrag auf Festsetzung des Streitwerts gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes zu verstehen. Dieser Antrag ist jedoch mangels des erforderlichen besonderen Rechtsschutzbedürfnisses für die Festsetzung des Streitwerts durch den beschließenden Senat unzulässig.
Die Ermittlung und Festsetzung des Streitwerts sind im Regelfall unselbständiger Teil des Kostenansatzverfahrens bzw. -festsetzungsverfahrens und obliegen daher in erster Linie dem Kostenbeamten (vgl. Ratschow in Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Rz 111). Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Streitwertfestsetzung durch das Gericht als Spruchkörper fehlt daher, wenn sich --wie im Streitfall-- die Höhe des Streitwerts eindeutig aus den gestellten Sachanträgen sowie aus den von der Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts in gleichartigen Fällen entwickelten Grundsätze ermitteln lässt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. Oktober 2008 X B 248/07, BFH/NV 2009, 186, und vom 27. Januar 1994 VII S 36/93, BFH/NV 1994, 818; Ratschow, a.a.O., Vor § 135 Rz 115).