Entscheidungsdatum: 02.09.2015
1. NV: Die Rechtsfrage, ob bei einer Staatenlosen, die im Zeitpunkt der Einreise aus einem Drittland kommt, die nicht anwendbare Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 dann gilt, wenn der Einreisestaat 19 Jahre später in die EU aufgenommen wird, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sich aus dieser Verordnung ohnehin kein Anspruch auf Kindergeld ergibt (Anschluss an das BFH-Urteil vom 20. März 2013 XI R 37/11, BStBl II 2014, 831, Verfassungsbeschwerde 2 BvR 2338/13 nicht angenommen durch Beschluss vom 23. Januar 2014).
2. NV: Die Differenzierung in § 62 Abs. 2 EStG für die Kindergeldberechtigung eines Ausländers nach der Integration in den Arbeitsmarkt ist verfassungsgemäß.
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 20. November 2014 3 K 1510/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Beschwerde ist unbegründet; die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) oder wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.
1. Die Rechtsfrage, "ob sich das EU-Mitgliedsland Deutschland auf ein sogenanntes Rückwirkungsverbot beziehen darf, wenn es Leistungen verneint, weil zum Zeitpunkt der Einreise die Klägerin nicht zu dem bevorzugten Personenkreis der Norm gehörte", sondern erst 19 Jahre nach der Einreise im Jahre 2007 Rumänien in die EU aufgenommen wurde, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 20. März 2013 XI R 37/11, BFHE 240, 394, BStBl II 2014, 831; ebenso Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 62 Rz 8) ergibt sich aus der Richtlinie 1408/71 kein Rechtsanspruch auf Zahlung von Kindergeld, weil es sich hierbei nur um eine Kollisionsnorm und nicht um eine selbständige Anspruchsgrundlage handelt. Aus demselben Grunde ist auch eine Revisionszulassung wegen Divergenz zu einem angegebenen --nicht mit Fundstelle bezeichneten-- Urteil des Sozialgerichts Nürnberg "vom 22.06.2009 S 9 EG 8/09" nicht geboten, weil geklärt ist, dass die Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich ist.
2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach der Vorlage des Finanzgerichts Köln an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), da die Vorlage vom BVerfG als unzulässig verworfen wurde (BVerfG-Beschluss vom 6. November 2009 2 BvL 4/07, BFH/NV 2010, 153) und der BFH von der Verfassungsmäßigkeit einer Differenzierung des Kindergeldanspruchs nach Maßgabe der Integration des Ausländers in den Arbeitsmarkt ausgeht (BFH-Beschluss vom 14. Juni 2013 III B 119/12, BFH/NV 2013, 1417). Die Kindergeldberechtigung eines nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländers von der tatsächlichen Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels zu Beginn des Leistungszeitraums abhängig zu machen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BFH-Beschluss vom 5. Februar 2015 III R 19/14, BFH/NV 2015, 1167). Weiteren Klärungsbedarf hat die Klägerin und Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Soweit der Bevollmächtigte ausführt, dass der BFH "den tieferen Sinn des Kindergeldes als negative Einkommensteuer nicht erkennt", ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs --die Gerichte bindend-- in § 62 EStG geregelt hat. Die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes wird durch den Abzug des Kinderfreibetrages nach § 32 Abs. 6 EStG vom --soweit vorhanden-- Einkommen erreicht. Im Übrigen wird es als Sozialleistung gezahlt (§ 31 EStG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.