Entscheidungsdatum: 06.10.2011
Zur Frage einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit durch den Betrieb und die Administration des EDV-Netzes im Bereich der rechtsprechenden Tätigkeit .
Die Revision der Antragsteller gegen das Urteil des Hessischen Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 20. April 2010 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Die Antragsteller, Vorsitzende Richter am , sehen ihre richterliche Unabhängigkeit dadurch als beeinträchtigt an, dass der Betrieb und die Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz für den Rechtsprechungsbereich des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main bei der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD), einer Oberbehörde der Landesfinanzverwaltung, und nicht bei den Gerichten, d.h. allein dem Gerichtspräsidium verantwortlichen Personen, angesiedelt ist, und der Antragsgegner dies billigt und duldet.
Die HZD ist nach § 1 Abs. 1 und 3 des Hessischen Datenverarbeitungsverbundgesetzes zentraler Dienstleister für Informations- und Kommunikationstechnik für alle Behörden, Gerichte und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes Hessen. Soweit sie Aufgaben für den Geschäftsbereich des Hessischen Ministers der Justiz wahrnimmt, untersteht sie dessen Fachaufsicht. Hinsichtlich der Verfahrensdaten obliegt die Fachaufsicht dem zuständigen Gericht oder der zuständigen Staatsanwaltschaft als datenverarbeitender Stelle.
Die HZD betreut den technischen Betrieb des EDV-Netzes der Hessischen Justiz, das vom EDV-Netz der allgemeinen Landesverwaltung technisch getrennt ist. Diese Betreuung umfasst u.a. die zentrale Benutzerunterstützung und Softwareverteilung, das zentrale E-Mail-System sowie Firewall und Internetzugang. Die Dokumente der Rechtsprechung werden auf dezentralen Servern bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften gehalten. Administratoren der HZD haben Zugriff auf alle Systemdateien des Gesamtnetzes und - in den meisten Betriebssystemen - auf alle Dokumentendateien. Sie verfügen über die technische Möglichkeit, sämtliche im EDV-Netz der Hessischen Justiz gespeicherten Dokumente einzusehen, protokollierte Vorgänge der Datenbearbeitung zur Kenntnis zu nehmen und die Daten zu verarbeiten.
Die Antragsteller haben hiergegen Widerspruch erhoben, soweit die Verantwortung für den Betrieb und die Administration des EDV-Netzes für den Rechtspflegebereich außerhalb des Justizressorts und nicht ausschließlich bei den Gerichten angesiedelt ist und der Hessische Minister der Justiz dies billigt. Der Antragsgegner hat diese Widersprüche am 22. Oktober 2007 zurückgewiesen.
Mit ihrer beim Dienstgericht für Richter erhobenen Klage haben die Antragsteller die Aufhebung der Widerspruchsbescheide und die Feststellung beantragt, dass es unzulässig ist, dass der Hessische Minister der Justiz die Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz für den Rechtsprechungsbereich des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die HZD billigt und duldet. Zur Begründung haben sie ausgeführt, das angegriffene Verhalten des Ministers der Justiz sei eine Maßnahme der Dienstaufsicht, die ihre richterliche Unabhängigkeit beeinträchtige. Die technische Ausgestaltung des EDV-Netzes und seine Administration durch Stellen außerhalb des Justizressorts setzten sie der unzulässigen Beobachtung und Kontrolle durch die Exekutive aus. Die Einsichtnahme in die im Netz enthaltenen Dokumente ermögliche eine Kontrolle der richterlichen Entscheidungsfindung. Der Minister der Justiz dürfe keine technische Einrichtung betreiben oder betreiben lassen, durch die er oder Dritte sich ohne ausdrückliche Zustimmung der Richter Kenntnis vom Inhalt der zur Entscheidungsfindung gehörenden mündlichen oder schriftlichen Erwägungen verschaffen könne. Die Administration des EDV-Netzes für den Rechtsprechungsbereich müsse den Gerichten unterstellt und durch allein den Gerichtspräsidien verantwortliche Personen ausgeübt werden.
Das Dienstgericht für Richter hat die Anträge zurückgewiesen. Auf die Berufung der Antragsteller hat der Dienstgerichtshof für Richter unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels festgestellt, dass die Überlassung der Verwaltung des EDV-Netzes der Hessischen Justiz für den Rechtsprechungsbereich an die HZD unzulässig ist, solange nicht die Art der Behandlung von Dokumenten des richterlichen Entscheidungsprozesses durch die HZD für den Rechtspflegebereich durch Verwaltungsvorschriften seitens des Ministers der Justiz konkret festgelegt und deren Einhaltung durch den Minister der Justiz im gleichberechtigten Zusammenwirken mit gewählten Vertretern der Richter überprüft werden könne.
Zur Begründung hat der Dienstgerichtshof ausgeführt, der Antrag sei zulässig und teilweise begründet. Die Überlassung der Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz durch den Minister der Justiz an die HZD stelle eine Maßnahme der Dienstaufsicht dar. Dies ergebe sich aus der tatsächlich möglichen Wirkung dieses Verhaltens des Ministers der Justiz auf die rechtsprechende Tätigkeit der Richter. Das Bewusstsein, dass Administratoren der HZD Einsicht in die von Richtern zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen angefertigten und in das EDV-Netz gestellten Notizen und Entwürfe nehmen könnten, sei geeignet, einen Richter bei der Findung seiner Entscheidung sachwidrig zu beeinflussen. Die Antragsteller machten auch geltend, die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht verletze sie in ihrer richterlichen Unabhängigkeit.
Die Überlassung der technischen Verwaltung des EDV-Netzes für die Hessische Justiz an die HZD durch den Minister der Justiz für den Bereich der Rechtsprechung in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit der Antragsteller. Die Übertragung des EDV-Netzbetriebs an eine der Dienstaufsicht eines anderen Fachministeriums unterstellte zentrale Dienstleistungsbehörde als solche sei hingegen mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar; insoweit sei das Begehren der Antragsteller unbegründet.
Die Antragsteller wendeten sich nicht gegen die Ausstattung der Richter mit einem Arbeitsmittel, das dessen technischen Verwaltern die Möglichkeit eröffne, die richterlichen Dokumente zur Kenntnis zu nehmen. Ihr Begehren sei vielmehr darauf gerichtet, dass diese Verwalter organisatorisch bei den Gerichten angesiedelt seien und der Aufsicht und Leitung der Gerichte, Richter bzw. Gerichtspräsidien unterstünden.
Die richterliche Unabhängigkeit werde beeinträchtigt, wenn die Dienstaufsicht oder andere staatliche Stellen in von einem Richter oder in seinem Auftrag von anderen Bediensteten im Rahmen seiner rechtsprechenden Tätigkeit bis zur abschließenden Entscheidung angefertigte Dokumente wie Verfügungen, Beschlüsse, Notizen und Entwürfe Einblick nähmen. Eine Kenntnisnahme von diesen noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmten richterlichen Dokumenten wäre die erste Stufe einer möglichen Einflussnahme und als solche, wenn sie den Richtern bekannt würde, geeignet, Einfluss auf den Kernbereich richterlicher Tätigkeit zu nehmen. Der Minister der Justiz habe deshalb die Schutzpflicht, dafür zu sorgen, dass das den Richtern als Arbeitsmittel zugewiesene EDV-Netz nicht in der Weise missbraucht werde, dass Dritte in den richterlichen Arbeitsprozess Einblick nehmen könnten. Soweit aus technischen Gründen ein inhaltlicher Zugriff der Netzadministratoren erforderlich sei, müsse sichergestellt werden, dass erlangte Informationen nicht an die die Dienstaufsicht ausübenden Behörden oder andere Dritte weitergegeben würden.
Gemessen hieran verletze die Ausgestaltung des EDV-Netzes die richterliche Unabhängigkeit nicht bereits deshalb, weil die HZD nicht der Dienstaufsicht des Hessischen Ministers der Justiz, sondern der des Hessischen Finanzministers unterstehe. Es reiche aus, dass dem Minister der Justiz die Fachaufsicht zustehe und damit eine ausreichende Einwirkungs- und Gestaltungsmacht zukomme, um selbst die Schutz- und Kontrollstandards für Datenschutz und Datensicherheit zu bestimmen. Mit der Fachaufsicht seien dem Minister der Justiz die Rechtmäßigkeitskontrolle und die fachliche Leitung übertragen. Eine fachliche Aufsicht finde auch tatsächlich statt. Eine andere Beurteilung sei selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn die Fachaufsicht in der Vergangenheit, wie die Antragsteller geltend machten, in Einzelfällen versagt habe. Die Speicherung verfahrensbezogener Daten der Gerichte in einer Untergliederung eines anderen Ministeriums stelle auch keine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots der organisatorischen Selbständigkeit der Gerichte (Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Art. 92, 97 GG) dar. Im Übrigen hätte eine Verletzung dieses Gebots nicht ohne weiteres eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit zur Folge.
Die richterliche Unabhängigkeit der Antragsteller sei aber deshalb beeinträchtigt, weil die Leitung der HZD nicht so ausgestaltet sei, dass die von Richtern erstellten Dokumente gegen unbefugte Einsicht und Wiedergabe ausreichend geschützt seien. Dazu sei es allerdings nicht erforderlich, den Betrieb des EDV-Netzes durch allein den Gerichtspräsidien verantwortliche Personen ausüben zu lassen. Auch eine Verwaltung unter der Verantwortung des Ministers der Justiz als Teil der Exekutive sei verfassungsrechtlich zulässig. Sie entspreche dem Grundsatz, dass richterliche Arbeitsmittel durch den Minister der Justiz oder unter dessen Fachaufsicht verwaltet würden. Die Möglichkeit, dass der Minister der Justiz sich durch eine unzulässige fachliche Weisung an die das EDV-Netz der Justiz verwaltenden Administratoren Kenntnis vom Inhalt von Notizen oder Entwürfen oder von dem Nutzungsverhalten von Richtern im EDV-Netz verschaffe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Justizverwaltung könne sich in gleicher Weise über Hausmeister von Justizgebäuden Aufzeichnungen von Richtern im Vorfeld rechtsprechender Tätigkeit verschaffen. Die Freiheit der Richter von Beobachtung im Entscheidungsfindungsprozess könne durch entsprechende Weisungen an die Administratoren des EDV-Netzes gewährleistet werden.
Die technischen Möglichkeiten des EDV-Netzes begründeten zwar eine gegenüber anderen Arbeitsmitteln gesteigerte, qualitativ höhere Gefahr des Missbrauchs. Diese werde auch durch die Möglichkeit, Dokumente "offline" zu erstellen, in Ablagen zu speichern, die den Administratoren der HZD nicht zugänglich seien, und zu verschlüsseln, nicht ausgeräumt. Den geschilderten Gefährdungen könne jedoch dadurch begegnet werden, dass verbindliche Regeln für den Umgang mit richterlichen Dokumenten durch die Administratoren des EDV-Netzes aufgestellt würden, und deren Einhaltung durch den Minister der Justiz in gleichberechtigtem Zusammenwirken mit Richtern bzw. ihren gewählten Gremien überwacht würde. Hingegen sei es weder geboten noch zulässig, die das Netz verwaltenden Administratoren der alleinigen Organisationsgewalt der Gerichte und der Aufsicht der Richter zu unterstellen. Die Dienstaufsicht umfasse vielmehr grundsätzlich die Befugnis zur Überprüfung, ob die Richter die ihnen überlassenen Arbeitsmittel, darunter das EDV-Netz, ausschließlich für dienstliche Zwecke nutzten. Außerdem müsse der Antragsgegner die Möglichkeit haben, den Administratoren Weisungen im Hinblick auf eine wirtschaftlich zweckmäßige Ausgestaltung des EDV-Netzes zu geben. Den Gefahren eines unzulässigen Einblicks oder einer unzulässigen Weitergabe von richterlichen Dokumenten sei durch die Aufstellung abstrakt genereller Verhaltensregeln in schriftlicher Form Rechnung zu tragen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Antragsteller mit ihrer - vom Dienstgerichtshof zugelassenen - Revision. Zur Begründung führen sie aus, dass ihre richterliche Unabhängigkeit bereits durch die bloße Eignung des EDV-Netzes der Hessischen Justiz zur unzulässigen Beobachtung und inhaltlichen Kontrolle der richterlichen Tätigkeit durch die Exekutive beeinträchtigt werde. Diese Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit könne durch organisatorische, technische und rechtliche Sicherungsmaßnahmen auf ein rechtsstaatlich noch vertretbares und von den Antragstellern hinzunehmendes Maß reduziert werden. Dies setze aber zwingend voraus, dass der Netzbetrieb einschließlich der Administration, soweit es um die Rechtsprechung gehe, den Gerichten übertragen werde. Wegen des weiteren Vorbringens der Antragsteller wird auf ihre Schriftsätze vom 20. Mai, 17. August, 26. August 2010, 8. März, 12. April, 27. Juni und 31. August 2011 Bezug genommen.
Die Antragsteller beantragen,
das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 20. April 2010, soweit es sie beschwert, abzuändern, das Urteil des Dienstgerichts für Richter beim Landgericht Frankfurt am Main vom 11. Juli 2008 sowie die Widerspruchsbescheide des Hessischen Ministers der Justiz vom 22. Oktober 2007 aufzuheben und festzustellen, dass es unzulässig ist, dass der Hessische Minister der Justiz die Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz für den Rechtsprechungsbereich des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Hessische Zentrale für Datenverarbeitung billigt und duldet.
Der Antragsgegner beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Auf seine Schriftsätze vom 12. August 2010, 23. März, 25. Juli und 29. Juli 2011 wird Bezug genommen.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die zulässige Revision (§ 79 Abs. 2, § 80 Abs. 2 DRiG) ist unbegründet.
I.
1. Der Antrag der Antragsteller ist zulässig, aber, soweit er noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, unbegründet.
Der Antrag ist Gegenstand des Revisionsverfahrens, soweit der Dienstgerichtshof ihm nicht bereits stattgegeben hat. Der Dienstgerichtshof hat festgestellt, dass die Überlassung der Verwaltung des EDV-Netzes der Hessischen Justiz für den Rechtsprechungsbereich an die HZD unzulässig ist, solange nicht die Art der Behandlung von Dokumenten des richterlichen Entscheidungsprozesses durch die HZD für den Rechtspflegebereich durch Verwaltungsvorschriften seitens des Ministeriums der Justiz konkret festgelegt und deren Einhaltung durch den Minister der Justiz in gleichberechtigtem Zusammenwirken mit gewählten Vertretern der Richter überprüft werden kann. Diese Entscheidung ist im vorliegenden Revisionsverfahren nicht zu überprüfen, weil der Antragsgegner sie nicht mit der Revision angefochten hat. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist deshalb nur der Antrag festzustellen, dass es auch unter den vom Dienstgerichtshof genannten Bedingungen unzulässig ist, dass der Hessische Minister der Justiz die Administration des EDV-Netzes für den Rechtsprechungsbereich des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die HZD billigt und duldet.
2. a) Dieser Antrag ist zulässig.
Er richtet sich gegen eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG. Der Begriff der Maßnahme der Dienstaufsicht ist im Interesse eines wirkungsvollen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit weit zu fassen. Es genügt jede Einflussnahme einer dienstaufsichtführenden Stelle, die sich auch nur mittelbar auf die Tätigkeit des Richters auswirkt. Erforderlich ist lediglich, dass ein konkreter Bezug zu der Tätigkeit des Richters besteht (BGH, Urteile vom 10. Januar 1985 - RiZ(R) 7/84, BGHZ 93, 238, 241 und vom 16. November 1990 - RiZ 2/90, BGHZ 113, 36, 38; jeweils mwN).
Diese Voraussetzungen erfüllt die mit dem Antrag angegriffene Billigung und Duldung der Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz durch die HZD. Durch das EDV-Netz wird den Richtern, auch den Antragstellern, ein Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt, das, wie der Dienstgerichtshof in anderem Zusammenhang zutreffend erkannt hat, auch der dienstaufsichtlichen Kontrolle, insbesondere durch Anfragen bei den Administratoren, dient, ob sein Gebrauch, z.B. bei der Nutzung des Internets, ausschließlich zu dienstlichen Zwecken erfolgt. Kontrollen sind typische Maßnahmen der Dienstaufsicht (BGH, Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731, 732). Gegen diese Maßnahme der Dienstaufsicht kann mit der - nachvollziehbaren (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ(R) 3/83, BGHZ 90, 41, 43) - Behauptung, sie verletze die richterliche Unabhängigkeit, das Richterdienstgericht angerufen werden, das darüber im Prüfungsverfahren nach § 50 Nr. 4 f HRiG befindet.
b) Die Prüfungskompetenz der Richterdienstgerichte beschränkt sich dabei auf die Frage, ob die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt (§ 26 Abs. 3 DRiG). Die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem verfassungsrechtlichen Gebot organisatorischer Selbständigkeit der Gerichte (Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Art. 92, 97 GG) und mit anderen Gesetzen und Rechtsvorschriften ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Insbesondere die Überprüfung der Vereinbarkeit der Maßnahme mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist den Verwaltungsgerichten vorbehalten (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731, 732 mwN).
3. Der Antrag ist, soweit er noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, unbegründet. Die Billigung und Duldung der Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz für den Rechtsprechungsbereich des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die HZD beeinträchtigt als solche die richterliche Unabhängigkeit der Antragsteller nicht.
a) Die Beobachtungsfunktion gehört zur Dienstaufsicht, der Richter gemäß § 26 Abs. 1 DRiG unterstehen, soweit nicht ihre Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Die dienstaufsichtführende Stelle kann ihre Aufgaben, eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten und die Einhaltung der Dienstpflichten zu kontrollieren, nur erfüllen, wenn sie befugt ist, sich durch ständige Beobachtung des Dienstbetriebs und der Arbeit der Richter zu informieren (BGH, Urteil vom 14. September 1990 - RiZ(R) 1/90, BGHZ 112, 189, 193). Dazu gehört auch das Recht, den Gebrauch technischer Geräte und anderer Hilfsmittel zu beobachten, etwa um einer missbräuchlichen Benutzung für private Zwecke vorzubeugen und unnötige Kosten zu vermeiden (BGH, Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731, 732).
Eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit kommt allerdings in Betracht, wenn mit der Beobachtung Maßnahmen verbunden werden, die dazu bestimmt oder geeignet sind, die richterliche Rechtsfindung durch psychischen Druck oder auf andere Weise unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen. Dabei sind in den Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit nicht nur die Endentscheidungen, sondern alle der Rechtsfindung auch nur mittelbar dienenden - sie vorbereitenden oder ihr nachfolgenden - Sach- und Verfahrensentscheidungen einbezogen (BGH, Urteile vom 23. Oktober 1963 - RiZ(R) 1/62, BGHZ 42, 163, 169, vom 14. April 1997 - RiZ(R) 1/96, DRiZ 1997, 467, 468 f. und vom 22. Februar 2006 - RiZ(R) 3/05, NJW 2006, 1674, 1675). Erfasst werden alle richterlichen Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des Richters, Recht zu finden und den Rechtsfrieden zu sichern, unmittelbar in Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 14. April 1997 - RiZ(R) 1/96, DRiZ 1998, 467, 469). Dazu gehören auch von einem Richter zur Vorbereitung seiner Entscheidung angefertigte und in das EDV-Netz gestellte Dokumente, z.B. Entscheidungsentwürfe, Voten, Notizen oder Vermerke über Beratungen. Maßnahmen der Dienstaufsicht, die einen Richter veranlassen können, seinen Dienstcomputer und das EDV-Netz zur Erledigung dieser oder anderer richterlicher Aufgaben nicht in dem von ihm für sachgerecht gehaltenen Umfang zu benutzen, können die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigen (vgl. für die Nutzung von Telefonanlagen BGH, Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731, 732).
b) Gemessen hieran liegt eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit der Antragsteller nicht vor.
Die Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz für den Rechtsprechungsbereich des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die HZD gibt Richtern vernünftigerweise keine Veranlassung, damit zu rechnen, das EDV-Netz werde von dienstvorgesetzten Stellen oder Dritten, die nicht allein der Aufsicht und Leitung der Gerichte, d.h. der Richter bzw. der Gerichtspräsidien, unterstehen, zu einer inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente im Kernbereich der Rechtsprechung genutzt, und deshalb von der Erstellung und Speicherung solcher Daten im EDV-Netz abzusehen. Die systemimmanente Einsichts- und Zugriffsmöglichkeit der obersten Administratoren des EDV-Netzes ist nicht zur inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente bestimmt. Sie dient vielmehr dem sachgerechten Betrieb und der ordnungsgemäßen Verwaltung des EDV-Netzes und ist zu diesem Zweck unerlässlich. Allein die - nach den Feststellungen des Dienstgerichtshofes bestehende - Eignung des EDV-Netzes zur inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente im Kernbereich der Rechtsprechung beeinträchtigt die richterliche Unabhängigkeit der Antragsteller entgegen ihrer Auffassung auch dann nicht, wenn die Administration des EDV-Netzes nicht allein der Aufsicht und Leitung der Gerichte, d.h. der Richter bzw. Gerichtspräsidien, untersteht. Sie eröffnet zwar die technische Möglichkeit, dass das EDV-Netz zur inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente, etwa zur systematischen Suche, Einsichtnahme, Kopie, Bearbeitung und Weiterleitung richterlicher Dokumente, genutzt wird. Diese Möglichkeit besteht aber unabhängig davon, ob das EDV-Netz durch eine nicht zum Geschäftsbereich des Ministers der Justiz gehörende Behörde wie die HZD oder durch den Minister der Justiz bzw. die Gerichtspräsidenten als unmittelbare Dienstvorgesetzte betrieben und verwaltet wird. Eine solche theoretische Zugriffsmöglichkeit der dienstaufsichtführenden Stellen auf richterliche Dokumente im Kernbereich der Rechtsprechung ist in der deutschen Justiz weithin gegeben. Es gibt aber ungeachtet etwaiger Fehler in seltenen Ausnahmefällen keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie bewusst zur inhaltlichen Kontrolle dieser Dokumente genutzt wird. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die richterliche Arbeitsweise durch die Befürchtung einer solchen Kontrolle beeinflusst wird. Da somit nicht davon ausgegangen werden kann, dass die bloße Eignung des EDV-Netzes zu einer inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente Richter veranlasst, das EDV-Netz nicht in dem von ihnen für sachgerecht gehaltenen Umfang zu nutzen, liegt eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit nicht vor.
Dies gilt hier jedenfalls deshalb, weil der Dienstgerichtshof in seiner insoweit nicht angefochtenen Entscheidung die Überlassung der Verwaltung des EDV-Netzes an die HZD zum Schutz vor einer unzulässigen inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente von weit reichenden Auflagen abhängig gemacht hat. Danach dürfen Mitarbeiter der HZD auf richterliche Dokumente inhaltlich nur Zugriff nehmen, wenn dies, z.B. bei Reparaturen oder Neuinstallationen, für das EDV-Netz betriebsnotwendig ist. Ferner dürfen richterliche Dokumente weder an den Minister der Justiz noch an den Finanzminister als Dienstaufsichtsbehörde noch an sonstige Dritte weitergegeben werden. In gleicher Weise ist die Speicherung oder Weitergabe so genannter Metadaten richterlicher Dokumente, z.B. des Autors oder der Zeit ihrer Erstellung, unzulässig. Ausnahmen sind nur bei einem konkreten Verdacht des Missbrauchs des EDV-Netzes zu dienstfremden Zwecken zulässig. Diese Regelungen sind schriftlich niederzulegen. Ihre Einhaltung ist durch den Minister der Justiz unter gleichberechtigter Mitwirkung von gewählten Vertretern der Richterschaft zu überwachen. Jedenfalls unter diesen Umständen besteht für einen Richter kein Grund anzunehmen, das EDV-Netz werde zur inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente im Kernbereich der Rechtsprechung genutzt, und dieses Netz deshalb bei seiner richterlichen Tätigkeit nicht in dem von ihm für sachgerecht gehaltenen Umfang zu benutzen. Dies und nicht die bloße Eignung technischer Einrichtungen wie einer Telefonanlage oder eines EDV-Netzes zur inhaltlichen Kontrolle richterlicher Tätigkeit ist, anders als die Antragsteller meinen, nach der Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes (BGH, Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731, 732) das maßgebliche Kriterium zur Beurteilung einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit. Danach liegt eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit der Antragsteller nicht vor.
Ob dies auch ohne die Auflagen des Dienstgerichtshofes der Fall wäre, ist im vorliegenden Revisionsverfahren nicht zu entscheiden, weil die Entscheidung des Dienstgerichtshofes insoweit nicht mit der Revision angefochten worden ist. Im Übrigen ist das Dienstgericht des Bundes an die im Berufungsurteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden (§ 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 137 Abs. 2 VwGO). Der im Revisionsverfahren gehaltene Vortrag der Parteien über die nach Erlass des Berufungsurteils erfolgte bzw. künftig beabsichtigte Ausgestaltung des Betriebs und der Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz ist für die Entscheidung unbeachtlich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 137 Rn. 24 mwN).
II.
Die Revision der Antragsteller ist demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5.000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).
Bergmann Joeres Fischer
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