Entscheidungsdatum: 13.03.2017
Zur Rechtmäßigkeit von Bewertungen von schriftlichen Prüfungsleistungen im Rahmen der notariellen Fachprüfung.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Kammergerichts vom 14. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 25.000 € festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO). Das Kammergericht hat zu Recht angenommen, dass die Bewertung der im Zulassungsverfahren alleine noch relevanten Aufsichtsarbeit F 20-45 gerichtlicher Nachprüfung standhält.
1. Im Ergebnis zutreffend ist das Kammergericht zunächst davon ausgegangen, dass die Kritik der Korrektoren an der vom Kläger in der Klausur vorgenommenen Zuordnung des Anteils des M an der M-Grundbesitz GbR zum Privatvermögen des M nicht zu beanstanden ist.
a) Im Streit um die Rechtmäßigkeit der Bewertung einer einzelnen Teilprüfungsleistung sind Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle die angefochtenen Ursprungsbewertungen in der Gestalt, die sie durch die Stellungnahmen der Prüfer im Überdenkungsverfahren erhalten haben (VGH Mannheim, Urteil vom 8. März 1994 - 9 S 484/82, Rn. 19, juris; Unger, Möglichkeit und Grenzen der Anfechtbarkeit juristischer (Staats-) Prüfungen, 2016, S. 563 mwN; vgl. auch BVerwGE 91, 262, 270 ff.). Im Streitfall ist mithin nicht (nur) darauf abzustellen, dass der Erstprüfer, dessen Ausführungen sich insoweit auch die Zweitprüferin angeschlossen hat, die Zuordnung des GbR-Anteils zum Privatvermögen des M als "Lapsus" bezeichnet hat, sondern (auch) darauf, dass er im Überdenkungsverfahren ergänzend ausgeführt hat, "die diesbezüglichen Ausführungen des Widerspruchsführers [seien] spekulativ", der Sachverhalt grenze den Bereich der Unternehmen des M und der diesen Unternehmen die Betriebsgrundstücke verpachtenden Grundbesitz-GbR bewusst von der privaten Vermögenslage des M ab. Auch wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die Annahme der Korrektoren, die Ausführungen des Klägers seien spekulativ, auch dessen für die Bewertung der Klausur nicht relevanten Begründungsansätze im Widerspruch mit in den Blick nimmt, wurde dem Kläger damit auch im Hinblick auf die Klausur selbst der Vorwurf gemacht, ohne vertretbare Begründung zu einem in der Sache fernliegenden Ergebnis gekommen zu sein, was als falsch zu bewerten sei. Diese Bewertung trifft zu.
b) Die Beurteilung eines Prüfers, der Prüfling sei ohne vertretbare Begründung zu einem in der Sache fernliegenden Ergebnis gekommen, weshalb die Lösung falsch sei, richtet sich nach fachwissenschaftlichen Kriterien und unterliegt damit im Grundsatz der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl., Rn. 879). Denn bei berufsbezogenen Prüfungen wie der notariellen Fachprüfung folgt schon aus Art. 12 Abs. 1 GG, dass der Prüfling davor geschützt ist, dass eine vertretbare und von ihm mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung als falsch gewertet wird (vgl. BVerfGE 84, 34, 55).
Im Streitfall erweist sich die dargestellte Bewertung aber als zutreffend. Nach der Aufgabenstellung berichtet M dem Notar bezüglich seiner unternehmerischen Tätigkeit von seinem einzelkaufmännischen Unternehmen "Getränke-Service M", seiner Mehrheitsbeteiligung an der "M Mineralbrunnen GmbH" und seiner Beteiligung an der "M-Grundbesitz GbR", die Grundbesitz, nämlich das Betriebsgelände, an den "Getränke-Service M" und die "Mineralbrunnen GmbH" verpachte. In Bezug auf sein Privatvermögen berichtet er dem Notar von seinem Kommanditanteil an der "ImmoInvest GmbH & Co. KG", seinem früheren Elternhaus sowie dem im gemeinsamen Eigentum von ihm und F stehenden Mehrfamilienhaus. F führt unter anderem aus, auch sie halte eine Teilhabe "z.B. an der Steigerung des Unternehmenswertes" im Falle der Scheidung für nicht gerechtfertigt. Bereits dies legt nahe, dass der Anteil an der GbR, als deren Vermögen nur das Grundstück bekannt ist, das als Betriebsgrundstück unmittelbar M's unternehmerischen Zwecken dient, nach dem Willen von M und F dem Teil des Vermögens von M zugeordnet werden soll, dessen Zuwachs im Falle der Scheidung nicht zugewinnausgleichserhöhend wirken soll. Gewichtige Gründe, warum die Zuordnung des GbR-Anteils zum ggf. zugewinnausgleichsrelevanten (Privat-)Vermögen dennoch den Interessen von M und F besser entsprechen soll, finden sich in der insoweit allein maßgeblichen Klausurlösung des Klägers nicht. Warum der Umstand, dass die GbR Pachteinnahmen erzielt, für die Frage relevant sein soll, ob M und F den GbR-Anteil dem zugewinnausgleichsrelevanten Vermögen entziehen wollen oder nicht, erschließt sich nicht. Warum der vom Kläger herangezogenen Tatsache, dass es sich bei der Grundeigentümergesellschaft um eine GbR handelt, insoweit Bedeutung zukommen soll, lässt sich den Ausführungen des Klägers in der Klausur nicht nachvollziehbar entnehmen, noch versteht es sich von selbst. Über die vom Kläger schließlich bemühte Verwendung der Pachteinnahmen sagt der Sachverhalt schon überhaupt nichts aus; die diesbezüglichen Annahmen sind - wie die Korrektoren zutreffend angenommen haben - damit spekulativ.
2. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme der Korrektoren, es fehlten Ausführungen zum Ausschluss der Abänderbarkeit der gewünschten Unterhaltsvereinbarung.
a) Gegenstand des Vorwurfs der Korrektoren ist das (gänzliche) Fehlen von gutachterlichen Ausführungen zum Ausschluss der Abänderbarkeit der gewünschten Unterhaltsvereinbarung. Zwar haben sie das im Überdenkungsverfahren mit der vom Kläger für unzutreffend erachteten Erwägung begründet, bei Zugrundelegung von § 239 FamFG sei die Vereinbarung insbesondere dann abänderbar, wenn sich die Vermögensverhältnisse des M erheblich verschlechterten. Entgegen der Auffassung des Klägers änderte sich dadurch aber der Inhalt des an ihn gerichteten Vorwurfs nicht dahingehend, er habe § 239 FamFG nicht erwähnt; Inhalt der Rüge blieb auch im Überdenkungsverfahren, der Kläger habe sich im Gutachten mit der Frage nach der Erforderlichkeit einer Vereinbarung zum Ausschluss der Abänderbarkeit überhaupt nicht befasst. Dieser Vorwurf ist nicht zu beanstanden.
b) Nach der Aufgabenstellung war zu den für die Eheleute in Betracht kommenden vertraglichen Gestaltungen und - unter anderem - ihren Vor- und Nachteilen gutachterlich Stellung zu nehmen. Bestehen, was der Kläger nicht in Abrede stellt, hinsichtlich der Abänderbarkeit/Unabänderbarkeit der Unterhaltsvereinbarung unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten, so liegt es auf der Hand, dass sich die Kandidaten auch mit diesem Gesichtspunkt gutachterlich zu befassen hatten; denn die Frage, ob und wie die Abänderbarkeit/Unabänderbarkeit der Unterhaltsvereinbarung im konkreten Fall in sinnvoller Weise zu regeln ist, betrifft unmittelbar den Inhalt der zu entwerfenden Vereinbarung.
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