Entscheidungsdatum: 05.03.2012
Zur Bedürfnisprüfung der Landesjustizverwaltung bei der Entscheidung über die Ausschreibung und Wiederbesetzung einer freigewordenen Notarstelle.
Auf die Berufung des Beklagten und des Beigeladenen zu 1 wird das Urteil des 1. Senats für Notarsachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 11. Februar 2011 abgeändert und neu gefasst.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist seit 1991 Notar in E. . Er wendet sich mit seiner Klage gegen die beabsichtigte Wiederbesetzung einer frei gewordenen Notarstelle im Amtsgerichtsbezirk E. .
Nach einem "Erlass" des Thüringer Justizministeriums vom 18. August 1994 war vorgesehen, dass eine Mittelzahl von 1.500 (bereinigten) Geschäftsvorfällen als ausreichend anzusehen sei für eine gute Alimentierung eines Notars einerseits und eine einwandfreie Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen andererseits.
Beginnend ab 1998 entwickelten sich die Beurkundungszahlen in Thüringen rückläufig. Das Urkundsaufkommen im Amtsgerichtsbezirk E. ging von 16.680 Urkunden im Jahr 1998 auf ca. 10.000 in der Zeit von 2002 bis 2008 zurück. Aufgrund dieser Entwicklung hielt der Beklagte nicht mehr an dem "Erlass" vom 18. August 1994 fest, sondern nahm eine Einzelbetrachtung vor, ob eine frei gewordene Notarstelle eingezogen oder wieder besetzt werden sollte. Nach Anhörung der Notarkammer und der örtlichen Notare entschied sich der Beklagte dafür, die in E. zum 31. August 2009 frei gewordene Stelle des Notars M. auszuschreiben und mit dem Beigeladenen zu 1 wieder zu besetzen.
Hiergegen wendet sich der Kläger und meint, die Ausschreibung und Besetzung der frei gewordenen Notarstelle widerspreche § 4 BNotO. Er macht geltend, dass die Notariatsstruktur in E. ungesund sei, weil die Masse der Urkunden nur geringe Urkundswerte hätten, während der wesentliche Umsatz mit ganz wenigen Urkunden erwirtschaftet werde. Dies bedinge, dass die Auftraggeber dieser für das Einkommen jeden Notars sehr wesentlichen Urkunden eine solche wirtschaftlich starke Stellung besäßen, so dass die Unabhängigkeit der Notare in E. beeinträchtigt sei.
Die Situation in E. sei mindestens so angespannt wie die Lage der Notare in C. in den Jahren 1999/2000, welche Gegenstand des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2001 (NotZ 7/01, DNotZ 2002, 70) gewesen sei. Der Beklagte setze sich auch in Widerspruch zu seiner eigenen Verwaltungspraxis. Seit 1999 seien - abgesehen von einzelnen Ausnahmen - keine neuen Notarstellen besetzt, sondern die frei gewordenen seien eingezogen worden. Insbesondere die Situation bezüglich der hier streitgegenständlichen Notarstelle sei vergleichbar mit derjenigen der Notarstelle "S. " in J. , die trotz des entgegenstehenden Votums der Ländernotarkasse und der Notarkammer eingezogen worden sei.
Während des laufenden Verfahrens wurde 2010 im Amtsgerichtsbezirk E. die Notarstelle "Dr. L. " eingezogen und im Amtsgerichtsbezirk J. die weiter frei gewordene Stelle "T. " ausgeschrieben. Der Beigeladene zu 1 wurde auch dort wie bei der hier im Verfahren streitgegenständlichen Notarstelle für die Besetzung ausgewählt. Im dortigen Verfahren kann derzeit eine Ernennung des Beigeladenen zu 1 nicht erfolgen, weil die Auswahlentscheidung von Mitbewerbern zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wurde.
Unter Berücksichtigung der eingezogenen Notarstelle "Dr. L. " in E. ergab sich für 2010 unter Zugrundelegung einer geschätzten Kostenquote von rund 70 % ein monatlicher Durchschnittsgewinn vor Steuern von mindestens 9.450 €. Der Kläger hatte selbst im Jahr 2008 eine bereinigte Urkundenzahl von 957,4. Er erzielte aus diesem Urkundenaufkommen einen steuerlichen Gewinn von 76.500 €.
Das Oberlandesgericht hat den Beklagten, nachdem bereits zuvor einem Antrag auf einstweilige Anordnung stattgegeben worden war, verurteilt, die am 17. Dezember 2009 ausgeschriebene Stelle für einen Notar in E. (frühere Stelle "M. ") nicht erneut zu besetzen.
Hiergegen richten sich die vom Senat zugelassenen Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1.
Die Berufungen haben Erfolg.
I.
Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass der Beklagte zulässigerweise von seinem ursprünglichen "Erlass" Abstand habe nehmen und zu einer einzelfallbezogenen Prüfung übergehen dürfen. Dann müsse sich der Beklagte aber auch an diese neuen Prüfungsmaßstäbe halten, was im vorliegenden Fall nicht geschehen sei. Es könne allerdings im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass unter Zugrundelegung des durchschnittlich erwirtschafteten Gebührenaufkommens der Notare in E. eine Gefährdung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der dortigen Notare zu besorgen sei.
Die Situation in J. , wo eine Notarstelle eingezogen worden sei, weise keine wesentlichen Umstände tatsächlicher Art auf, die eine unterschiedliche Handhabung der Frage der Einziehung der Notarstelle in E. rechtfertigten. Die äußeren Rahmenbedingungen hinsichtlich der Notariate in beiden Städten wichen nicht signifikant voneinander ab. Die Entscheidung des Beklagten zur Wiederbesetzung in E. beruhe jedenfalls teilweise auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage. Zwar habe der Beklagte seinen Abwägungen die tatsächliche Ungewissheit in Bezug auf das mutmaßliche Ausscheiden der Notarin Mes. mit Amtssitz in E. erkannt und ausgeführt, diesem Umstand sei deshalb kein entscheidendes Gewicht beizumessen. Andererseits habe er mehrfach diesen Grund als Argumentationsbaustein benutzt. Käme diesem Umstand keinerlei Relevanz zu, hätte sich jegliche Argumentation hierzu erübrigt. Dem von dem Beklagten angeführten Gesichtspunkt der Altersstruktur und der Aufrechterhaltung des Notarassessorensystems komme keine entscheidende Bedeutung zu. Jedenfalls könne ihm nicht in einem Land, in dem es das "Nur-Notariat" gebe, der von der Beklagten zugemessene Stellenwert zukommen.
II.
Die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1 sind begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten nicht beanspruchen, dass er die Besetzung der ausgeschriebenen Notarstelle in E. unterlässt. Die in Aussicht genommene Nachbesetzung mit dem Beigeladenen zu 1 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Der Beklagte ist kraft seiner Organisationsgewalt befugt, die Zahl der Notarstellen nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu bestimmen. Ihm steht insoweit ein weites Organisationsermessen zu (vgl. BVerfG DNotZ 2002, 889, 890). Bei der Ausübung dieses Organisationsermessens hat die Landesjustizverwaltung nach § 4 BNotO subjektive Rechte von Amtsinhabern insoweit zu wahren, als jedem Notar zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe als unabhängiger und unparteiischer Berater ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu gewährleisten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juli 2007 - NotZ 42/07, BGHZ 173, 297 Rz 24). Bei der Bedürfnisprüfung nach § 4 BNotO steht dem Beklagten ein Beurteilungsermessen zu, dass die Gerichte lediglich darauf überprüfen dürfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 111d Satz 2 BNotO i.V.m. § 125 Abs. 1, § 114 VwGO). Jedoch wird dieses Ermessen durch die von § 4 BNotO vorgegebenen Regelungsziele (Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege unter besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen und der Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notarberufs) sachlich begrenzt. Entsprechend dieser Vorgabe muss die Justizverwaltung dafür sorgen, dass die den Notaren gestellten Aufgaben möglichst gut erfüllt werden können. Dies setzt voraus, dass ihnen eine Berufsausübung ermöglicht wird, die dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Seine Aufgabe kann der Notar nur erfüllen, wenn ihm ein solches Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit gewährleistet ist, dass er sich nötigenfalls wirtschaftlichem Druck widersetzen kann (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2005 - NotZ 1/05, DNotZ 2005, 947, 948). Es dürfen deshalb nicht so viele Notarstellen geschaffen werden, wie gerade noch lebensfähig sind. Für eine bestehende, aber frei gewordene Stelle bedeutet dies, dass ihre Wiederbesetzung den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege nicht entspricht, wenn dadurch in einem Amtsgerichtsbezirk so viele Notarstellen besetzt wären, wie gerade noch oder nicht mehr lebensfähig wären.
Darüber hinaus muss die Justizverwaltung, wenn sie sich bei der Bedürfnisprüfung nach § 4 BNotO durch eine Richtlinie oder ständige Übung gebunden hat, die entsprechenden Prüfungsmaßstäbe grundsätzlich beachten, um eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der von ihren Maßnahmen betroffenen Notare zu vermeiden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 2005 aaO; und vom 22. März 2004 - NotZ 25/03, NJW-RR 2004, 861).
2. Gemessen an diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Beklagten, die frei gewordene Notarstelle nach Ausschreibung vom 17. Dezember 2009 mit dem Beigeladenen zu 1 zu besetzen, nicht zu beanstanden. Der Kläger ist hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt. Ein Ermessensfehler liegt nicht vor.
a) Den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege ist die Entscheidung des Beklagten gerecht geworden. Durch die Wiederbesetzung der Notarstelle werden nicht so viele Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk besetzt, wie gerade noch oder nicht mehr lebensfähig wären. Auszugehen ist dabei davon, dass diese untere Grenze sich auf Durchschnittszahlen im jeweiligen Amtsgerichtsbezirk, von der hier die Bedürfnisprüfung ausgehen muss, bezieht (Senatsbeschluss vom 22. März 2004 aaO).
Das durchschnittliche im Amtsgerichtsbezirk E. erwirtschaftete Gebührenaufkommen der Notare lag im Jahr 2009 bei etwa 265.000 €. Unter Hinzurechnung von nicht meldepflichtigen Geschäftsvorgängen, ergibt sich unter Berücksichtigung einer realistisch geschätzten Kostenquote von 70 % ein jährliches Durchschnittseinkommen von 91.494 € und dementsprechend ein monatlicher Gewinn vor Steuern von mindestens 7.625 €. Im Jahr 2010 betrug dieser Betrag sogar unter Berücksichtigung der eingezogenen Notarstelle mindestens 9.450 €. Zutreffend geht deshalb das Oberlandesgericht davon aus, dass von einer Gefährdung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Notare im Amtsgerichtsbezirk E. nicht ausgegangen werden kann. Der Kläger ist deshalb in dieser Hinsicht in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt. Er selbst liegt mit seinem steuerlichen Gewinn deutlich außerhalb des Bereichs, in dem eine Beeinträchtigung seiner Unabhängigkeit als Notar zu besorgen wäre. Demgemäß ist auch der weitere Vortrag des Klägers in diesem Zusammenhang nicht durchgreifend, dass die Unabhängigkeit der Notare in E. dadurch beeinträchtigt werde, dass es wenige Urkunden mit erheblichen Werten gebe, was die Notare wirtschaftlich von den Auftraggebern dieser Urkunden abhängig mache. Zudem ist inzwischen durch den Wegfall der Notarstelle "Dr. L. " wie dargelegt die ohnehin nicht bedenkliche Situation entspannt worden.
Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es habe neben im Parallelverfahren vor dem Senat (NotZ(Brfg) 4/11) klagenden Notar, der nur 2002 und 2010 keine Einkommensergänzung erhalten habe, zwei weitere Notare in 2003 und bis 2005 gegeben, die Einkommensergänzungen bezogen hätten. Ein weiterer Notar sei in Vermögensverfall geraten. In den letzteren Fällen handelt es sich um Vorgänge, die teilweise deutlich vor der Ausschreibung der hier streitigen Notarstelle liegen und deswegen bei der Frage der Wiederbesetzung der frei gewordenen Notarstelle nicht maßgeblich sein können. Auch die vom Kläger als problematisch angeführten Notariate Me. , Mes. und K. in E. indizieren nicht, dass die wirtschaftliche Unabhängigkeit der E. Notare in Gefahr gewesen ist. Einkommensergänzung erhielt 2010 keiner von ihnen, ebenso wenig der Kläger im Parallelverfahren. Aus der Gesamtschau der Situation - insbesondere angesichts des oben dargestellten jährlichen Durchschnittseinkommens - kann eine strukturell zu hohe Anzahl von Notaren im Amtsgerichtsbezirk E. nicht festgestellt werden.
Unbegründet ist deswegen auch die Rüge des Klägers, die Situation in E. sei vergleichbar mit derjenigen, die der Senatsentscheidung vom 16. Juli 2001 (NotZ 7/01, NJW 2001, 3548) betreffend die Stellensituation in C. zugrunde gelegen hat. Entscheidend war damals, dass drei Notare in dem in den Blick zu nehmenden Amtsgerichtsbezirk Einkommensergänzungen erhielten und die Justizverwaltung sich nicht an den von ihr selbst vorgegebenen Urkundenrichtwert gehalten hatte. Beide Gesichtspunkte liegen im vorliegenden Fall anders.
b) Der Kläger kann die Unterlassung der Nachbesetzung auch nicht deshalb verlangen, weil der Beklagte bei seiner Bedürfnisprüfung nach § 4 BNotO von einer Richtlinie oder ständigen Übung abgewichen wäre und der Kläger als von den Maßnahmen des Beklagten betroffener Notar eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung erdulden müsste.
aa) Zutreffend geht insoweit das Oberlandesgericht davon aus, dass der Beklagte aufgrund der veränderten Verhältnisse im Freistaat Thüringen ab 1999 einen hinreichenden Grund dafür hatte, von der ursprünglichen Ermessensausübung nach dem "Erlass" von 1994 abzuweichen. Das damals für erforderlich gehaltene bereinigte Aufkommen von 1.500 Geschäftsvorfällen pro Notar konnte angesichts des nachhaltigen Zurückgehens des gesamten Urkundenaufkommens nicht als Maßstab aufrechterhalten werden. Dieses ist im Landesdurchschnitt auf knapp über 1.000 bereinigte Urkundenvorgänge zurückgegangen und seit Jahren auf diesem Niveau stabil. Ein Festhalten an den alten Zahlen würde bedeuten, dass neben den bislang seit mehr als zehn Jahren bereits eingezogenen Notarstellen auf absehbare Zeit keine frei werdende Notarstelle im Freistaat Thüringen mehr besetzt werden könnte. Es liegt deshalb ein hinreichender sachlicher Grund vor, von der ursprünglichen Verwaltungspraxis abzuweichen und in eine Einzelfallbetrachtung einzutreten.
bb) Die hier erfolgte Einzelfallentscheidung der Beklagten war fehlerfrei.
(1) Ohne Erfolg rügt der Kläger einen Ermessensfehler des Beklagten, soweit dieser bei der Besetzungsentscheidung davon ausgehe, dass die frei gewordene Notarstelle lebensfähig sei. Der Beigeladene zu 1 könne die Sozietät mit dem bisherigen Notar Z. nicht fortführen, da dieser zu alt und deswegen eine Genehmigungsfähigkeit dieser Sozietät nicht gegeben sei.
Im Freistaat Thüringen gibt es keine Rechtsnorm, die einen Zusammenschluss der Notare verbietet, wenn ein Partner bereits über 60 Jahre alt ist. Vielmehr soll nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 der Thüringer Notarverordnung (GVBl. 2011, 79), die Genehmigung für eine Sozietät erteilt werden, wenn die Fortführung der gemeinsamen Berufsausübung mit dem Amtsnachfolger des Sozius ermöglicht wird. Zwingende Gründe, die Fortführung der Sozietät mit dem zur Ernennung vorgesehenen Beigeladenen zu 1 zu versagen, liegen deshalb nicht vor. Anderes lässt sich auch nicht aus der von dem Kläger herangezogenen Senatsentscheidung vom 11. Juli 2005 (NotZ 5/05, NJW-RR 2005, 1722 ff.) herleiten. Die damalige Situation ist mit der vorliegenden nicht vergleichbar.
(2) Ein den Kläger in seinen subjektiven Rechten verletzender Ermessensfehler bei der Besetzungsentscheidung durch den Beklagten ist auch nicht im Hinblick auf die frei gewordene und eingezogene Stelle "S. " in J. gegeben. In J. wie in E. sind zwei Notarstellen freigeworden; jeweils eine ist eingezogen und eine ausgeschrieben worden. Der Rechtsauffassung des Klägers, die auch das Oberlandesgericht geteilt hat, wegen des Einzugs der Notarstelle "S. " in J. müsse auch die hier streitgegenständliche eingezogen werden, fehlt damit die Grundlage.
(3) Ermessensfehlerfrei hat der Beklagte auch die Altersstruktur der Thüringer Notare im Rahmen seiner Ermessenserwägung berücksichtigt. Dieses Abwägungskriterium ist in § 4 BNotO ausdrücklich genannt und in der Rechtsprechung des Senats sowie auch des Bundesverfassungsgerichts anerkannt (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Juni 2003 - NotZ 47/02, NJW-RR 2004, 1067, 1068; BVerfG DNotZ 2002, 891, 893). Bei der Besetzungsentscheidung hat der Beklagte auch zu Recht die Aufrechterhaltung des Notarassessorensystems als abzuwägenden Belang in seine Erwägung eingestellt. Die Notarassessoren stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Staat (§ 7 Abs. 4 Satz 1 BNotO). Das Gesetz sieht die Ernennung zum Notar und die Einweisung in eine Notarstelle nach Ablauf von drei Jahren (vgl. § 7 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1, Abs. 7 Satz 1 und 2 Nr. 3 BNotO) als Regel an. Zu einem funktionierenden Notariat gehört auch ein geordnetes Notarassessorensystem. Die gemäß § 4 Satz 2 BNotO zu berücksichtigende geordnete Altersstruktur des Notarberufs wird insbesondere durch die Bestellung von Notarassessoren zu Notaren gewahrt, da dies in der Regel zu einer Absenkung des Durchschnittsalters der Notare führt. Dies kann aber nur dann gewährleistet werden, wenn auch die Notarassessoren nicht überaltern. Neue und junge Notarassessoren können regelmäßig nur bestellt werden, wenn ältere durch Bestellung zum Notar die Assessorenzeit beendet haben. Des Weiteren kommt den Notarassessoren bei der Übernahme von Vertretungen gemäß § 39 Abs. 3 Satz 2 BNotO und Notariatsverwaltungen gemäß § 56 Abs. 5 BNotO besondere Bedeutung zu. Dies dient der Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen im Sinne des § 4 Satz 2 BNotO (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Juni 2003 - NotZ 47/02, NJW-RR 2004, 1067, 1068).
(4) Das Oberlandesgericht hat die Nachbesetzungsentscheidung für rechtsfehlerhaft gehalten, weil sie jedenfalls teilweise auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage beruhe. Der Beklagte habe in seine Abwägung das mutmaßliche Ausscheiden der Notarin Mes. mit einbezogen, was sich daraus ergebe, dass diese ungewisse und künftige Tatsache mehrfach als Argumentationsbaustein benutzt worden sei. Käme diesem Umstand keinerlei Relevanz zu, hätte sich jede Argumentation erübrigt. Dem ist nicht zu folgen. Nach § 111d Satz 2 BNotO i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 114 Satz 2 VwGO können Ermessenserwägungen auch noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Der Beklagte hat, wie das Oberlandesgericht unter Bezugnahme auf dessen "Entscheidung über die Wiederbesetzung" selbst angeführt hat, darauf hingewiesen, dass er dem mutmaßlichen Ausscheiden der Notarin Mes. kein entscheidendes Gewicht für seine Ausschreibung und Wiederbesetzungsentscheidung beigemessen habe. Von dieser Grundlage aus ist deshalb die Entscheidung des Beklagten zur Wiederbesetzung der Notarstelle zu bewerten. Die Beanstandung des Oberlandesgerichts, die Ermessenserwägungen des Beklagten beruhten teilweise auf tatsächlich ungesicherter Grundlage, geht daher fehl.
Die Ermessensentscheidung des Beklagten verletzt deshalb nicht den Kläger in seinen Rechten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 111d Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Galke Wöstmann von Pentz
Brose-Preuß Frank