Entscheidungsdatum: 21.07.2014
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Kammergerichts vom 11. November 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr.1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO). Das Kammergericht hat zu Recht angenommen, dass durchgreifende Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers für das Amt des Notars bestehen.
1. Das Kammergericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass in dem auf die Besetzung einer Notarstelle gerichteten Verwaltungsverfahren zu Gunsten des Bewerbers eine "Eignungsvermutung" nicht besteht; die persönliche Eignung des Bewerbers für das Notaramt ist vielmehr positiv festzustellen. Hat die Justizverwaltung begründete Zweifel an der persönlichen Eignung eines Bewerbers, darf sie ihn nicht oder noch nicht zum Notar bestellen (vgl. Senatsbeschluss vom 5. März 2012 - NotZ(Brfg) 13/11, ZNotP 2012, 275 Rn. 7 mwN).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die persönliche Eignung nicht nur dann zu verneinen, wenn der Bewerber durch falsche Angaben versucht hat, die Aufsichtsbehörde im Bewerbungsverfahren zu täuschen, um seine Bewerbungschancen zu verbessern (vgl. dazu Senatsurteil vom 23. Juli 2012 - NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 14). Vielmehr können berechtigte Zweifel an der persönlichen Eignung auch dadurch begründet werden, dass bei dem Bewerber eine sehr nachlässige und mit den Anforderungen an die Tätigkeit als Notar unvereinbare Umgangsweise mit ihm obliegenden Auskunftspflichten zu Tage getreten ist. Denn als Träger eines öffentlichen Amtes, der auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege wichtige Funktionen wahrnimmt, ist der Notar in besonderem Maße zur Integrität verpflichtet. Wesentliche Voraussetzung dafür, dass der rechtsuchende Bürger dem Notar Achtung und Vertrauen entgegen bringen kann, ist dessen uneingeschränkte Wahrhaftigkeit und Redlichkeit. Diese Eigenschaften kommen maßgeblich auch im Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden zum Tragen. Denn zur Wahrnehmung ihrer für die Gewährleistung einer funktionsfähigen vorsorgenden Rechtspflege wesentlichen Aussichtsbefugnis müssen sich die Aufsichtsbehörden darauf verlassen können, dass der Notar ihnen vollständige und wahrheitsgemäße Auskünfte erteilt. Mit diesen Anforderungen verträgt sich weder ein vorsätzlicher Täuschungsversuch noch ein wiederholter nachlässiger Umgang mit in notariellen Angelegenheiten erteilten Auskünften (vgl. Senatsbeschluss vom 5. März 2012 - NotZ(Brfg) 13/11, aaO Rn.11 mwN).
Entgegen der Auffassung des Klägers gilt dies nicht nur für Auskünfte im Bewerbungsverfahren um das Amt des Notars, sondern auch für Auskünfte in früheren Verfahren zur Bestellung als Notarvertreter. Auch hier müssen sich die Aufsichtsbehörden darauf verlassen können, dass der Bewerber ihnen gegenüber vollständige und wahrheitsgemäße Angaben macht. Der Senat vermag insbesondere nicht der Auffassung des Klägers zu folgen, bei der Ausfüllung von Anträgen auf Bestellung zum Notarvertreter sei nur ein erheblich geringeres Maß an Aufmerksamkeit geboten als bei der Bewerbung um ein eigenes Notaramt, da es dabei um Fälle von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung gehe. Der Kläger verkennt, dass die Verpflichtung sowohl des Notars als auch des Notarvertreters zu vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben gegenüber den Aufsichtsbehörden nicht durch eine geringe wirtschaftliche Bedeutung der zu bearbeitenden Angelegenheiten relativiert wird. Bei der Beurteilung der persönlichen Eignung darf und muss auch ein früheres Fehlverhalten als Rechtsanwalt oder Notarvertreter einbezogen werden (vgl. Senatsurteil vom 23. Juli 2012 - NotZ(Brfg) 12/11, aaO Rn. 14).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Kammergericht die persönliche Eignung des Klägers zu Recht verneint. Es hat bei der erforderlichen Gesamtbewertung aller Umstände, die in der Persönlichkeit und dem früheren Verhalten des Klägers zu Tage getreten sind, zu Recht der Tatsache ausschlaggebendes Gewicht beigemessen, dass der Kläger in seinen Selbstauskünften vom 11. März, 19. Juli und 1. Dezember 2010 sowie vom 15. Februar, 24. Juni und 24. August 2011 trotz der ausdrücklichen Frage nach anhängigen "Rüge- oder anwaltsgerichtliche Verfahren" die Rüge verschwiegen hat, die ihm die Anwaltskammer am 9. Dezember 2009 aufgrund des gegen ihn am 11. Februar 2009 eingeleiteten Verfahrens erteilt hat. Anlass der bestandskräftigen Rüge war ein Verstoß gegen die Verpflichtung, fremde Gelder unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten (§ 43a Abs. 5 BRAO). Nach den Feststellungen des Kammergerichts verschwieg der Kläger diese Rüge vorsätzlich. An der Richtigkeit dieser Feststellung bestehen keine ernstlichen Zweifel. Die von dem Kläger vorgebrachte Erklärung, nach seinem Verständnis habe sich die Frage nur auf notarielle Rügeverfahren bezogen, während hinsichtlich der Gerichtsverfahren anwaltsgerichtliche Verfahren abgefragt worden seien, hat das Kammergericht zu Recht als Schutzbehauptung gewertet. Es ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger die allgemein gehaltene Frage nach Rügeverfahren ausschließlich auf "notarielle Rügeverfahren" bezogen haben will. Abgesehen davon, dass das notarielle Berufsrecht die Erteilung einer Rüge nicht vorsieht (vgl. § 39 Abs. 4 i.V.m. §§ 75, 94 BNotO), bieten weder der Wortlaut der Frage noch der Zusammenhang, in dem sie gestellt ist, Anhaltspunkte für eine Beschränkung der Fragestellung auf Verfehlungen allein im notariellen Bereich.
Galke Wöstmann von Pentz
Müller-Eising Brose-Preuß