Entscheidungsdatum: 18.10.2016
Landesbetrieb Berlin Energie
1. Fehlt eine von Amts wegen zu prüfende persönliche Prozessvoraussetzung, ist die Nebenintervention auch dann durch Beschluss zurückzuweisen, wenn der Zurückweisungsantrag einer Partei auch oder ausschließlich auf diesen Mangel gestützt ist.
2. Legen der Nebenintervenient und die Partei, die er unterstützen will, gegen den Zurückweisungsbeschluss Rechtsmittel ein, bilden diese ein einheitliches Rechtsmittel; die unterstützte Partei ist insoweit wie ein Streithelfer zu behandeln.
3. Ein rechtlich unselbstständiger kommunaler Eigenbetrieb ist im Zivilrechtsstreit um die Vergabe des Wegenutzungsrechts für den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes auch dann nicht partiell parteifähig, wenn er an dem Vergabeverfahren als erfolgreicher Bieter beteiligt war.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des Kammergerichts vom 31. August 2015 wird zurückgewiesen.
Der Nebenintervenient trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 30 Mio. € festgesetzt.
A. Die Klägerin zu 1 ist aufgrund einer Konzession des beklagten Landes Eigentümerin des Berliner Gasversorgungsnetzes. Die Klägerin zu 2 wurde 2006 als selbständige Netzbetreiberin aus der Klägerin zu 1 und der E. GmbH ausgegründet. Sie hat das Gasversorgungsnetz von der Klägerin zu 1 gepachtet.
Mit Bekanntmachung vom 20. Dezember 2011 leitete der Beklagte ein Verfahren zur Neuvergabe des Wegenutzungsrechts für den Betrieb des Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung im Gebiet des Landes Berlin ein.
Im März 2012 wurde der Nebenintervenient unter der Bezeichnung "Landesbetrieb Berlin Energie" als rechtlich unselbständiger, abgesonderter Teil der Verwaltung des Beklagten nach Maßgabe des § 26 der Haushaltsordnung des Landes Berlin (LHO Berlin) errichtet und zunächst dem Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Finanzen zugeordnet. Der Beklagte beabsichtigte, sich mit dem Nebenintervenienten an den Konzessionsverfahren für das Gas- und Stromnetz des Landes Berlin zu beteiligen. Durch Geschäftsanweisung vom Dezember 2012 wurde der Nebenintervenient der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zugeordnet. Der Nebenintervenient verfügte zunächst über kein eigenes Personal. Die Geschäftsleitung oblag der zuständigen Referatsleitung in der Senatsverwaltung; seit dem 1. Mai 2013 wird sie vom derzeitigen Geschäftsleiter ausgeübt.
In einem als "Zweiter Verfahrensbrief" bezeichneten Schreiben vom 18. April 2013 erachtete der Beklagte die Klägerinnen und den Nebenintervenienten als geeignete Bieter im Verfahren für die Vergabe der Gaskonzession. Am 3. Juni 2014 teilte der Senator für Finanzen in einer Pressekonferenz mit, dass nach seinem Vorschlag die Konzession an den Nebenintervenienten vergeben werden solle.
Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen den Beklagten auf Abschluss eines Konzessionsvertrags mit der Klägerin zu 2 in Anspruch genommen. Hilfsweise begehren sie die Unterlassung des Abschlusses eines Gaskonzessionsvertrags mit dem Nebenintervenienten oder aus diesem hervorgegangenen anderen Unternehmen. Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag unter Abweisung der weitergehenden Klage stattgegeben. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Unter dem 2. April 2015 hat der Nebenintervenient den Streitbeitritt auf Seiten des Beklagten erklärt und Akteneinsicht begehrt. Die Klägerinnen haben beantragt, die Nebenintervention zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat die Nebenintervention nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen wenden sich der Beklagte und der Nebenintervenient mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Klägerinnen beantragen, die Rechtsbeschwerden als unstatthaft zu verwerfen, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen.
B. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Bei der Parteifähigkeit des Nebenintervenienten handele es sich um eine von Amts wegen zu prüfende Prozesshandlungsvoraussetzung, über die auch nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss und nicht durch Zwischenurteil zu entscheiden sei.
Der Nebenintervenient sei nicht parteifähig und könne auch nicht im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit als parteifähig angesehen werden. Zwar könne im Ausnahmefall ein Bezugsobjekt von Rechten und Pflichten parteifähig sein, selbst wenn es nicht rechtsfähig sei; Betriebe nach der LHO Berlin seien auch einem Eigenbetrieb gemäß § 46 Abs. 4 EnWG gleichzustellen. Daraus ergebe sich indes nur eine Bindung an die Verfahrensvorschriften der § 46 Abs. 2 und 3 EnWG, jedoch keine Notwendigkeit, solche Betriebe wie juristische Personen an Rechtsstreitigkeiten über Konzessionsvergaben zu beteiligen. Eigenbetriebe seien gleichberechtigt an den Auswahlverfahren zu beteiligen. Dies könne aber nicht ihre Unfähigkeit ausgleichen, Inhaber von Rechten zu sein.
Auch eine auf das vorliegende Verfahren beschränkte, partielle Parteifähigkeit des Nebenintervenienten komme nicht in Betracht. Es fehle an einer dem Nebenintervenienten gesetzlich zugewiesenen Aufgabe, die zu erfüllen er ohne Teilrechtsfähigkeit nicht in der Lage sei. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Nebenintervenienten um ein laufendes Unternehmen handele, das ungeachtet seiner rechtlichen Unselbständigkeit gegenüber dem Beklagten eine gewisse Eigenständigkeit erworben habe, so dass sich eigenständige Interessen dieses Unternehmens feststellen ließen. Hinzu komme, dass der Nebenintervenient nach Absicht des Beklagten im Konzessionsvergabeverfahren lediglich eine "Platzhalterfunktion" für einen voll rechtsfähigen landeseigenen Betrieb einnehme, der später Rechtsnachfolger und wirklicher Netzbetreiber werden solle.
C. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Nebenintervention zu Recht zurückgewiesen.
I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend, die Rechtsbeschwerde sei trotz Zulassung durch das Berufungsgericht unzulässig, da das Berufungsgericht durch unanfechtbares Zwischenurteil gemäß § 71 Abs. 2 ZPO hätte entscheiden müssen. Das Berufungsgericht hatte im Streitfall über die Zulässigkeit der Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden und hat gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde wirksam zugelassen.
1. Gemäß § 71 Abs. 1 ZPO wird über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention nach mündlicher Verhandlung durch Zwischenurteil entschieden. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass das Gericht unabhängig von der Rüge einer Partei von Amts wegen zu prüfen hat, ob der Beitretende prozessual handlungsfähig, insbesondere partei- und prozessfähig ist. Fehlt es an einer dieser persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen, ist die Nebenintervention durch - anfechtbaren - Beschluss zurückzuweisen (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6; Beschluss vom 28. April 2015 - II ZB 19/14, WM 2015, 1283 Rn. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 66 Rn. 14; § 71 Rn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Aufl., § 66 Rn. 10; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 71 Rn. 1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 50 Rn. 16).
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn sich ein Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention auch oder sogar ausschließlich auf das Fehlen von Amts wegen zu prüfender persönlicher Prozesshandlungsvoraussetzungen stützt.
a) Allerdings soll nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht durch Zwischenurteil zu entscheiden sein, wenn eine Partei des Hauptverfahrens einen Antrag gemäß § 71 ZPO gestellt und diesen allein oder auch auf das Fehlen persönlicher Prozesshandlungsvoraussetzungen gestützt hat (Weth in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 66 Rn. 13; Bendtsen in Saenger, ZPO, 6. Aufl., § 71 Rn. 5).
b) Dieser Meinung ist nicht zuzustimmen.
Anders als von ihr vertreten (Weth in Musielak/Voit aaO § 66 Rn. 13 Fn. 92) ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen, dass eine Nebenintervention durch Zwischenurteil als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn eine persönliche Prozesshandlungsvoraussetzung fehlt und dies im Verfahren nach § 71 ZPO gerügt worden ist. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof lediglich klargestellt, dass sich die bei der Nebenintervention von Amts wegen vorzunehmende Prüfung auf die persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen beschränkt, also die Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05, BGHZ 165, 358, 362).
Ob das Fehlen einer persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzung von einer Partei des Hauptverfahrens gerügt worden ist oder nicht, ist für den Umfang der Prüfungspflicht des Gerichts und die Form seiner Entscheidung ohne Belang. Ausführungen der Parteien zu von Amts wegen zu berücksichtigenden persönlichen Prozessvoraussetzungen sind lediglich an das Gericht gerichtete Anregungen. Sie können prozessuale Handlungsmöglichkeiten des Gegners weder einschränken noch erweitern.
3. Auf die Frage, ob der Beklagte durch den angefochtenen Beschluss eigenständig beschwert ist, kommt es entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht an. Die Rechtsbeschwerde des Nebenintervenienten ist zulässig, da er im Streit um seine Parteifähigkeit jedenfalls parteifähig ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 1957 - VII ZR 280/56, BGHZ 24, 91, 94; Beschluss vom 13. Juli 1993 - III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944, st. Rspr.) und auch die Zurückweisung seines Beitritts als Nebenintervenient anfechten kann (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2006 - VI ZB 49/05, NJW-RR 2006, 644 Rn. 6). Soweit der Beklagte ebenfalls Rechtsbeschwerde eingelegt hat, handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel, über das nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 1993 - V ZR 235/92, NJW 1993, 2944; BGH, NJW-RR 2006, 644 Rn 7). Unabhängig von einer eigenen Beschwer steht es einer Hauptpartei - gleichsam in Umkehrung der prozessualen Rollen - frei, einen Nebenintervenienten bei dessen Rechtsmittel gegen die Zurückweisung der Nebenintervention zu unterstützen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sowohl den Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde als auch in der Sache rechtlicher Überprüfung stand.
1. Der Rechtsbeschwerde verhilft nicht zum Erfolg, dass der nach der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2015 ergangene Beschluss des Berufungsgerichts nicht von allen bei der mündlichen Verhandlung gegenwärtigen Richtern unterzeichnet worden ist.
a) Gemäß § 329 Abs. 1 ZPO gilt für aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangene Beschlüsse § 309 ZPO entsprechend. Nach § 309 ZPO kann das Urteil nur von denjenigen Richtern gefällt werden, die der dem Urteil zugrundeliegenden Verhandlung beigewohnt haben. Diese Anforderung ist im Streitfall nicht erfüllt, weil der angefochtene Beschluss unter anderem von der Richterin am Landgericht Dr. Picker unterzeichnet worden ist, die der mündlichen Verhandlung nicht beigewohnt hatte, während die Richterin am Kammergericht Lang zwar bei der mündlichen Verhandlung gegenwärtig war, jedoch den Beschluss nicht unterzeichnet hat.
b) § 309 ZPO gilt jedoch nicht für eine Entscheidung durch Beschluss, die nicht aufgrund, sondern lediglich nach (fakultativer) mündlicher Verhandlung ergeht (BGH, Beschluss vom 5. November 2004 - BLw 14/04, MDR 2005, 410; Thomas/Putzo/Reichold aaO § 309 Rn. 2; aA Zöller/Vollkommer aaO § 329 Rn. 12, § 309 Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Rensen, ZPO, 4. Aufl., § 309 Rn. 4). An einer solchen Entscheidung dürfen nur diejenigen Richter mitwirken, die zu diesem Zeitpunkt dazu kraft Geschäftsverteilung berufen waren. Diese Anforderung tritt an die Stelle der in § 309 ZPO vorgesehenen Unterzeichnung durch die an der mündlichen Verhandlung beteiligten Richter. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (MünchKomm.ZPO/Musielak, 5. Aufl., § 329 Rn. 13; ders. in Musielak/Voit aaO § 329 Rn. 18) handelt es sich dabei nicht um eine zusätzliche Voraussetzung für Beschlüsse, die aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen.
Beurteilt das Gericht die Zulässigkeit einer Nebenintervention anhand der von Amts wegen zu prüfenden persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen, ist eine mündliche Verhandlung - anders als im Anwendungsbereich von § 71 Abs. 1 ZPO - fakultativ (§ 128 Abs. 4 ZPO). Entscheidet sich das Gericht in diesem Fall für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, so hat diese lediglich den Zweck, den Akteninhalt zu ergänzen. Anders als im Fall der obligatorischen mündlichen Verhandlung ist Entscheidungsgrundlage des Gerichts dann nicht nur der Prozessstoff, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, sondern der gesamte Akteninhalt zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und das etwaige mündliche Vorbringen (vgl. MünchKomm.ZPO/Fritsche aaO § 128 Rn. 26; Stadler in Musielak/Voit aaO § 128 Rn. 25). Für eine entsprechende Anwendung des § 309 ZPO ist daher kein Raum.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde dagegen, dass das Berufungsgericht dem Nebenintervenienten sowohl eine allgemeine als auch eine auf den vorliegenden Rechtsstreit beschränkte partielle Parteifähigkeit abgesprochen hat.
a) Der Nebenintervenient ist nicht allgemein parteifähig.
Gemäß § 50 Abs. 1 ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Das geltende Prozessrecht beruht damit auf dem Gleichlauf von Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit, wobei Rechtsfähigkeit nur natürlichen und juristischen Personen zukommt (BGH, Urteil vom 17. Mai 1993 - II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 345). Der Nebenintervenient ist als rechtlich unselbständiger Betrieb der Beklagten im Sinne von § 26 LHO Berlin nicht (allgemein) parteifähig.
b) Ihm kommt auch keine partielle Parteifähigkeit zu, die ihm die Nebenintervention gestattete.
aa) Allerdings kann es unterhalb der Stufe der voll rechtsfähigen Person Gebilde geben, die Bezugssubjekt von Rechten und Pflichten sind und im Hinblick darauf eine gegenständlich begrenzte Rechtssubjektivität besitzen (vgl. Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., § 50 Rn. 4; MünchKomm.ZPO/Lindacher aaO § 50 Rn. 4). Die Vorschrift des § 50 Abs. 1 ZPO besagt nicht, dass nur der voll Rechtsfähige parteifähig ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1960 - VII ZR 223/58, NJW 1960, 1204; Stein/Jonas/Jacoby aaO § 50 Rn. 2; Wieczorek/Schütze/Hausmann aaO § 50 Rn. 3). Soweit ein nicht allgemein rechtsfähiges Gebilde selbst Träger von Rechten und Pflichten ist, muss ihm auch ermöglicht werden, über diese Rechte und Pflichten vor Gericht zu streiten (vgl. Stein/Jonas/Jacoby aaO § 50 Rn. 34; Wieczorek/Schütze/Hausmann aaO § 50 Rn. 4). Danach kann unter Umständen auch nicht rechtsfähigen Gebilden eine funktional zu bestimmende, beschränkte Parteifähigkeit zukommen.
Allgemeine Voraussetzungen dafür sind außer der Zuordnung eigener Rechte und Pflichten die Handlungsfähigkeit und die Erkennbarkeit des fraglichen Gebildes als selbständige Einheit nach außen durch eine hinreichende Identitätsausstattung sowie schon im Hinblick auf die Prozesskostenhaftung ein Haftungssubstrat (vgl. Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., § 50 Rn. 4; MünchKomm.ZPO/Lindacher aaO § 50 Rn. 5; Hess, ZZP 2004, 267, 278).
bb) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass ein kommunaler Eigenbetrieb durch § 46 Abs. 4 EnWG nicht in einer Weise zu einem Bezugsobjekt von Rechten und Pflichten wird, die es rechtfertigen könnte, den Nebenintervenienten im vorliegenden Rechtsstreit als partiell parteifähig anzusehen.
(1) Der Nebenintervenient ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, bei der Anwendung von § 46 Abs. 4 EnWG als Eigenbetrieb des Landes Berlin anzusehen. Das folgt aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift.
Nach § 46 Abs. 4 EnWG finden § 46 Abs. 2 und 3 EnWG für Eigenbetriebe der Gemeinde entsprechende Anwendung. Dadurch wird gewährleistet, dass auch im Fall der Wegenutzung durch einen Eigenbetrieb spätestens nach 20 Jahren (§ 46 Abs. 2 Satz 1 EnWG) ein Betreiberwechsel durch eine neue Entscheidung über das Wegerecht, den Zwang zur Einhaltung der Bekanntmachungspflichten (§ 46 Abs. 3 EnWG) und gegebenenfalls einen Anspruch auf Überlassung des Netzes (§ 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG) ermöglicht wird. Außerdem ergibt sich aus dem Zweck der Regelungen des § 46 EnWG, dass die Gemeinde bei einer "Systementscheidung" für den Netzbetrieb durch einen Eigenbetrieb das Diskriminierungsverbot des § 46 Abs. 1 EnWG zu beachten hat (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 65/12, WuW/E DE-R 4139 Rn. 34 bis 38 - Stromnetz Heiligenhafen). Danach soll § 46 Abs. 4 EnWG gewährleisten, dass eine Gemeinde auch dann, wenn sie das allgemeine Versorgungsnetz unter Inanspruchnahme des gemeindlichen Wegenetzes durch rechtlich unselbständige Unternehmen selbst betreiben will, einen Wettbewerb um das Netz entsprechend den für rechtlich selbständige Bieter geltenden Vorschriften ermöglichen muss.
Im Hinblick auf diesen Zweck muss die Norm über die Eigenbetriebe im Sinne der landesrechtlichen Vorschriften hinaus auch auf andere rechtlich unselbständige Betriebsformen Anwendung finden, mit denen die Gemeinde das Ziel zu erreichen sucht, selbst das Netz zu betreiben (vgl. Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., § 46 Rn. 87; Huber in Kment, EnWG, 2015, § 46 Rn. 101). Andernfalls entstünde eine dem Zweck des § 46 EnWG zuwiderlaufende Regelungslücke, wenn die Gemeinde zum Netzbetrieb weder auf eine Eigengesellschaft noch auf einen Eigenbetrieb im kommunalrechtlichen Sinne, sondern auf eine unselbständige Verwaltungsabteilung, insbesondere einen Regiebetrieb oder - wie im Streitfall - einen haushaltsrechtlichen Betrieb, zurückgreift (vgl. Salje, EnWG, 2006, § 46 Rn. 174).
(2) Die Betrauung eines kommunalen Eigenbetriebs mit dem Netzbetrieb darf gegenüber der Konzessionierung eines "Energieversorgungsunternehmens" im Sinne von § 46 EnWG weder erschwert noch erleichtert werden (BGH, WuW/E DE-R 4739 Rn. 79 - Stromnetz Heiligenhafen). Nach dem Gesetzeszweck soll die fehlende Rechtsfähigkeit der Eigenbetriebe ihrer Gleichstellung mit Eigengesellschaften im Konzessionsvergabeverfahren nicht entgegenstehen. Das Energiewirtschaftsrecht trägt damit der durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) gewährleisteten Organisationshoheit der Gemeinde Rechnung.
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ergibt sich daraus aber keine von der Gemeinde losgelöste und gesonderte Position des Eigenbetriebs als Träger eigener Rechte und Pflichten. Vielmehr treffen bei der Konzessionsvergabe einerseits allein die Gemeinde die Pflichten aus § 46 EnWG, während andererseits auch ihr allein das Recht auf kommunale Selbstverwaltung zusteht. In Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgabe, die Versorgung der Einwohner und ortsansässigen Unternehmen mit Energie sicherzustellen, ist die Gemeinde berechtigt, sich mit eigenen Unternehmen oder Eigenbetrieben am Wettbewerb um die Konzessionsvergabe zu beteiligen und auf dieser Grundlage gegebenenfalls den Netzbetrieb selbst zu übernehmen. Dieses Recht der Gemeinde wird begrenzt durch ihre Verpflichtung, diskriminierungsfrei über den Netzbetreiber zu entscheiden (BGH, WuW/E DE-R 4739 Rn. 40, 42 - Stromnetz Heiligenhafen). Bedient sich die Gemeinde zur Erfüllung dieser Pflicht und zur Wahrnehmung jenes Rechts eines rechtlich unselbständigen Eigen- oder Regiebetriebs, so wird dieser dadurch nicht selbst zu einem partiell rechtsfähigen Handlungssubjekt. Ist der Eigenbetrieb aber nicht Träger eigener Rechte und Pflichten bei der Konzessionsvergabe, kommt eine partielle Parteifähigkeit des Nebenintervenienten unter dem Aspekt einer Beteiligtenstellung im Konzessionsvergabeverfahren nicht in Betracht.
(3) Mangels eigener Rechte eines Eigenbetriebs im Konzessionsvergabeverfahren kann eine partielle Parteifähigkeit auch nicht mit der Erwägung begründet werden, seine Rechte könnten von der Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Vielmehr ist die Gemeinde grundsätzlich berechtigt, im Streit um die Vergabe der Gaskonzession auch etwaige eigene Interessen als Bieter gerichtlich wahrzunehmen.
(a) Durch die gleichzeitige Stellung als Vergabestelle und Bieter besteht bei der Gemeinde allerdings ein Interessenkonflikt. Sie hat einerseits diskriminierungsfrei über die Konzessionsvergabe zu entscheiden und darf andererseits ihr eigenes Interesse an der Übernahme des Netzbetriebs verfolgen. Dafür kann sie sich einer Eigengesellschaft oder eines Eigenbetriebes, aber auch einer anderen, ihr zweckmäßig erscheinenden nicht rechtsfähigen Betriebsform bedienen. Unabhängig von der Rechtsform des Bieters, mit dem sich die Gemeinde um die Konzession bewirbt, darf sie bei den Rechtsschutzmöglichkeiten im Konzessionsvergabeverfahren nicht deshalb gegenüber anderen Energieversorgungsunternehmen benachteiligt werden, weil sie zugleich Vergabestelle ist. Hingegen ist sie als solche gegenüber allen Bewerbern um die Konzession zur Neutralität verpflichtet.
(b) Daraus folgt das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung der Vergabestelle von dem als Bieter auftretenden Eigenbetrieb. Ohne eine solche Trennung, wie sie der Beklagte mit der Zuordnung des Nebenintervenienten zu einem gegenüber der Vergabestelle personell und organisatorisch vollständig getrennten anderen Ressort der Senatsverwaltung grundsätzlich vollzogen hat, lässt sich die gebotene diskriminierungsfreie Vergabeentscheidung von vornherein nicht gewährleisten.
(c) Das Trennungsgebot hat jedoch nicht zur Folge, dass in einem Streitverfahren über die Rechtmäßigkeit der Konzessionsvergabe an einen bestimmten Bieter die Bieterrechte der Gemeinde von dieser nicht (wirksam) wahrgenommen werden könnten und durch den Eigenbetrieb selbständig vertreten werden müssten.
Will die Gemeinde die Konzession an einen anderen Bieter vergeben, kann dies von ihrem Eigenbetrieb nicht angegriffen werden. Der Eigenbetrieb ist Teil der Gemeinde und ein eigenes Recht auf diskriminierungsfreie Vergabe steht ihm nicht zu; seine Anerkennung liefe auf ein Recht der Gemeinde gegen sich selbst hinaus.
Will die Gemeinde hingegen - wie im Streitfall - die Konzession an ihren Eigenbetrieb und mithin an sich selbst vergeben, besteht im gerichtlichen Streitverfahren ein Gleichlauf der Interessen der Gemeinde als Vergabestelle und als Bieter. Es ist nicht erkennbar und wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt, inwiefern (nur) der Eigenbetrieb in der Lage sein sollte, zur Wahrung der Bieterrechte der Gemeinde sachdienlichen Vortrag zu halten, der der Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Vergabestelle verschlossen sein sollte. Denn die Auswahl des Eigenbetriebs kann nur mit Erwägungen und aus Gründen verteidigt werden, die bei der Entscheidung über die Vergabe der Konzession Berücksichtigung gefunden haben. Bei einem dem Neutralitätsgebot entsprechendem Vergabeverfahren erscheint daher eine Verkürzung der Wahrnehmung der Bieterrechte der Gemeinde von vornherein ausgeschlossen. Im Übrigen hindert das Trennungsgebot die Gemeinde nicht schlechthin, sich bei ihrer Rechtsverteidigung gegebenenfalls auch des von ihrem Eigenbetrieb erworbenen Sachverstands zu bedienen. Soweit im Einzelfall damit die Gefahr verbunden sein sollte, das auch bei einem neuen Vergabeverfahren zu beachtende Gebot der organisatorischen und personellen Trennung der Vergabestelle von dem als Bieter auftretenden Eigenbetrieb zu verletzen, kann und muss dem durch geeignete Vorkehrungen bei der Organisation der Rechtsverteidigung Rechnung getragen werden.
(4) Für eine partielle Parteifähigkeit des Nebenintervenienten im vorliegenden Rechtsstreit ist unerheblich, dass er in dem in dieser Sache vom Bundeskartellamt geführten Missbrauchsverfahren beigeladen worden ist.
Die Vorschrift des § 77 GWB trifft für das Kartellverwaltungsrecht eine besondere Regelung der Beteiligtenfähigkeit. Danach sind ausdrücklich auch nicht rechtsfähige Personenvereinigungen fähig, am Verfahren vor der Kartellbehörde, am Beschwerdeverfahren und am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt zu sein. Dadurch wird dem Bundeskartellamt die Möglichkeit eröffnet, im Kartellverwaltungsverfahren zur besseren Sachaufklärung auch nicht rechtsfähige Gebilde gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB beizuladen. Von dieser Möglichkeit hat das Bundeskartellamt in dem in dieser Sache geführten Missbrauchsverfahren Gebrauch gemacht. Es hat im Beiladungsbeschluss ausgeführt, die Beiladung diene vornehmlich der Unterstützung kartellbehördlicher Ermittlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - KVR 37/05, BGHZ 169, 370 Rn. 12 - pepcom; Beschluss vom 7. April 2009 - KVR 34/08, WuW/E DE-R 2728 Rn. 10 - Versicherergemeinschaft). Im Hinblick auf diese besondere Funktion ist ein Gleichlauf der Beiladung im Kartellverwaltungsverfahren mit der Parteifähigkeit im Zivilprozess um eine Konzessionsvergabe nicht geboten.
(5) Ebenso ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, dass der Nebenintervenient nach Ansicht der Europäischen Kommission in der dort anhängigen Sache M.7778 Vattenfall/ENGIE/GASAG ein hinreichendes Interesse an einer Anhörung als betroffener Dritter dargelegt hat. Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Anhörung in einem Kommissionsverfahren sind mit der Parteifähigkeit in einem deutschen Zivilprozess nicht vergleichbar.
c) Das Berufungsgericht hat die Nebenintervention damit zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und einer entsprechenden Anwendung des § 101 Abs. 1 ZPO.
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