Entscheidungsdatum: 10.04.2018
Die Beschwerde des Beschwerdegegners gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. März 2017 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerinnen zu 1a und 1b trägt der Beschwerdegegner.
Der Wert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf bis 850.000 Euro festgesetzt.
I. Die Beteiligte zu 1 beabsichtigte, von den Beteiligten zu 3 und 8 sämtliche Geschäftsanteile an den Beteiligen zu 4 bis 7 zu erwerben. Nachdem das Bundeskartellamt das Zusammenschlussvorhaben mit Beschluss vom 31. März 2015 untersagt hatte, erteilte der Beschwerdegegner am 9. März 2016 eine Ministererlaubnis. Hiergegen wandten sich die Beschwerdeführerinnen zu 1 bis 3 mit der Beschwerde. Zugleich beantragten die Beschwerdeführerinnen zu 1 und 2 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde.
Das Beschwerdegericht ordnete mit Beschluss vom 12. Juli 2016 die aufschiebende Wirkung der Beschwerden an und begründete dies damit, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis.
Die Ministererlaubnis wurde Ende 2016 durch Rücknahme der Beschwerden bestandskräftig.
Der Beschwerdegegner hat mit der Beschwerdeführerin zu 3 eine Vereinbarung dahin getroffen, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Zu den Gerichtskosten ist vereinbart, dass die Beschwerdeführerin zu 3 25% und der Beschwerdegegner 50% der gesamten Gerichtskosten übernehmen. Mit den weiteren Beschwerdeführern konnte keine Einigung erzielt werden.
Das Beschwerdegericht hat die verbleibenden Gerichtskosten dem Beschwerdegegner auferlegt. Es hat ferner beschlossen, dass dieser die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerinnen zu 1 und 2 zu tragen hat. Schließlich hat es eine Kostenerstattung zugunsten des Markenverbands angeordnet.
Die Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beschwerdegegners, der die Beschwerdeführerinnen zu 1a und 1b entgegentreten.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 74 Abs. 2, § 75 Abs. 1 GWB liegen nicht vor.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht sei mit seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Senats zur Kostenverteilung nach Rücknahme der Beschwerde oder Rechtsbeschwerde (BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - KVR 19/06, WuW/E DE-R 1982 - Kostenverteilung nach Rechtsbeschwerderücknahme mwN) abgewichen, denn danach seien bei offenem Verfahrensausgang demjenigen die Kosten aufzuerlegen, der sich durch die Rücknahme in die Rolle des Unterlegenen begeben habe.
Diese Rüge greift nicht durch, weil das Beschwerdegericht den Verfahrensausgang nicht als offen angesehen hat. Es hat seiner Kostenentscheidung vielmehr zugrunde gelegt, dass nach seiner Sachprüfung, die im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde der Beschwerdeführerinnen zu 1 und 2 erfolgte, der Beschwerdegegner ohne die Rücknahme unterlegen wäre.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, die Zulassung sei geboten, weil die Auffassung des Beschwerdegerichts, die Beschwerden hätten Erfolg gehabt, unzutreffend sei. Entgegen dieser Auffassung sei die Ministererlaubnis nicht rechtswidrig erteilt worden.
Damit kann sie aus Rechtsgründen keinen Erfolg haben.
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO ist anerkannt, dass die Revision oder Rechtsbeschwerde gegen eine solche Entscheidung nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zugelassen werden darf. Es ist nicht Zweck des Kostenverfahrens, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Die Kostenentscheidung ergeht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands, also auf der Grundlage einer nur summarischen Prüfung, bei der das Gericht davon absehen kann, grundsätzliche Rechtsfragen zu entscheiden. Die Zulassung eines Rechtsmittels kommt daher in solchen Fällen nur in Betracht, soweit es um die Klärung prozessualer Fragen zu § 91a ZPO geht (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - VIII ZB 91/11, WuM 2012, 332 Rn. 7; Beschluss vom 7. Oktober 2008 - XI ZB 24/07, WM 2008, 2201 Rn. 9; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, WuM 2008, 748 Rn. 5; Urteil vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, NJW 2007, 1591 Rn. 22 mwN). Daraus folgt, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht mit Erfolg darauf gestützt werden kann, das Berufungsgericht habe materiell-rechtliche Fragen rechtsfehlerhaft beurteilt.
b) Diese Grundsätze beanspruchen auch für den Fall einer Kostenentscheidung gemäß § 78 Satz 1 GWB nach Rücknahme der Beschwerde Geltung. Auch in solchen Fällen ist eine Entscheidung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu treffen. Auch hier ist es - wie in Fällen der Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - KVR 10/16 Rn. 6 mwN) - nicht angezeigt, im Rahmen der Entscheidung über die Kosten materiell-rechtliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären.
Hat das Beschwerdegericht - wie hier - die Verteilung der Kosten mit den Erfolgsaussichten der Beschwerde begründet, sich also auf eine notwendigerweise nicht abschließende sachliche Prüfung gestützt, kann demgemäß die Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht damit begründet werden, dass diese sachliche Prüfung rechtsfehlerhaft sei.
3. Die Nichtzulassungsbeschwerde meint, eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sei geboten, weil das Beschwerdegericht seiner Kostenentscheidung die Sachprüfung zugrunde gelegt hat, die es anlässlich seiner Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung vornahm, ohne die später, nach der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde eingereichten Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen.
Auch diese Rüge greift nicht durch.
a) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Verfügung des Bundeskartellamts, mit dem ein Zusammenschlussvorhaben freigegeben wird, kommt es nach der Rechtsprechung des Senats auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Freigabeverfügung an (BGH, Beschluss vom 24. Juni 2003 - KVR 14/01, BGHZ 155, 214, 227 - HABET/Lekkerland). Für die Ministererlaubnis gilt nichts anderes. Maßgeblich ist danach die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ministererlaubnis. Auf Änderungen der Sachlage, die nach der Ministererlaubnis eingetreten sind, kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an. Mit Rücksicht darauf kann es nicht als willkürlich angesehen werden, wenn das Beschwerdegericht der Kostenentscheidung das Ergebnis der sachlichen Prüfung zugrunde gelegt hat, die es einige Monate zuvor vorgenommen hat.
b) Daraus ergibt sich zugleich, dass der Streitfall keinen Anlass zur Klärung der Frage gibt, auf welchen Zeitpunkt das Gericht für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Kostenentscheidung nach § 78 Satz 1 GWB abzustellen hat.
Zwar beträfe diese Frage die Anwendung von § 78 Satz 1 GWB und wäre damit grundsätzlich geeignet, die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu begründen. Die Frage bedarf aber keiner Klärung. Ist Gegenstand der Anfechtungsbeschwerde - wie hier - eine Verfügung, die keine Dauerwirkung beansprucht, kommt es für die Kostenentscheidung nach Rücknahme der Beschwerde nicht anders als für eine Entscheidung in der Hauptsache auf die Sach- und Rechtslage zu dem Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung ergangen ist.
c) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht auch nicht auf einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG.
aa) Die Nichtzulassungsbeschwerde zeigt nicht auf, dass das Beschwerdegericht tatsächliches Vorbringen übergangen hat. Nach ihrer eigenen Darstellung haben die Verfahrensbeteiligten im Zeitraum zwischen der Entscheidung des Beschwerdegerichts im Eilverfahren und der Rücknahme der Beschwerden im Oktober bzw. Dezember 2016 ergänzend zur Rechtslage Stellung genommen.
bb) Die Rüge kann aber auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, das Beschwerdegericht habe Rechtsausführungen der Verfahrensbeteiligten in den Schriftsätzen, die nach der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eingereicht wurden, nicht berücksichtigt.
Die Verfahrensbeteiligten hatten schon vor der Entscheidung des Beschwerdegerichts im Eilverfahren Gelegenheit zur Äußerung und haben hiervon auch Gebrauch gemacht. Unter diesen Umständen käme ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG allenfalls dann in Betracht, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde aufzeigte, dass die später eingereichten Schriftsätze Rechtsausführungen enthielten, die in den früheren Schriftsätzen noch nicht enthalten waren. Dies zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf.
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