Entscheidungsdatum: 10.01.2019
1. Ob ein Rechtsanwalt einen haftpflichtigen Versicherten in dessen Auftrag oder im Auftrag des Haftpflichtversicherers vertritt, hängt von den Umständen des Falles ab. Allein die Befugnis und die Verpflichtung des Versicherers, dem Versicherten durch Bestellung eines Rechtsanwalts Rechtsschutz zu gewähren, macht ihn nicht zum Vertragspartner des Rechtsanwalts.
2a. Ein Rechtsanwalt verstößt mit der Vertretung mehrerer Gesamtschuldner gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, wenn das Mandat nicht auf die Abwehr des Anspruchs im gemeinsamen Interesse der Gesamtschuldner beschränkt ist und nach den konkreten Umständen des Falles ein Interessenkonflikt tatsächlich auftritt.
2b. Ein Rechtsanwalt vertritt in der Regel widerstreitende Interessen, wenn er in dem zwischen dem Bauherrn und dem Bauunternehmer wegen eines Schadensfalls geführten selbstständigen Beweisverfahren das unbeschränkte Mandat zur Vertretung mehrerer als Streithelfer beigetretener Sonderfachleute übernimmt, die teils mit der Planung, teils mit der Bauüberwachung beauftragt wurden.
3. Ist ein Anwaltsvertrag nichtig, weil der Rechtsanwalt mit dem Abschluss des Vertrags gegen das Verbot verstößt, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist ein Bereicherungsanspruch für Leistungen des Rechtsanwalts ausgeschlossen, wenn der Anwalt vorsätzlich gegen das Verbot verstoßen oder sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat (Anschluss an BGH, Urteil vom 21. Oktober 2010, IX ZR 48/10, NJW 2011, 373).
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 27. März 2018 wird auf Kosten der Klägerinnen, die auch die Kosten der Streithelferin zu tragen haben, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerinnen verlangen als Erbinnen des während des Berufungsverfahrens verstorbenen Rechtsanwalts L. von der Beklagten Anwaltshonorar.
Wegen eines Wasser- und Bodeneintritts im Zuge der Baumaßnahme Fernbahntunnel in B. betrieben die D. AG und das Land B. ab Juli 1997 beim Landgericht B. ein selbständiges Beweisverfahren gegen die mit der Bauausführung beauftragte A. . Dabei verkündeten die Antragsteller den am Bauvorhaben mitwirkenden, als Gesellschaften bürgerlichen Rechts tätigen Planungsgemeinschaften IV. , IB. Los 3 und IP. im August 1997 den Streit. Die IV. war insbesondere mit der Entwurfsplanung gemäß den Leistungsphasen 1 bis 4 des § 55 HOAI beauftragt, die IB. mit der Objektüberwachung nach Leistungsphase 8. Die IP. hatte die Ausführungsplanung der Antragsgegner hinsichtlich der Übereinstimmung mit der Entwurfsplanung und auf Einhaltung der technischen Vorschriften und Regelwerke der Antragsteller zu prüfen. Die Gesellschafter der IB. und der IP. waren in einem projektbezogenen Haftpflicht- und Bauleistungsversicherungsvertrag, der im Jahr 1995 mit einem Versicherungskonsortium unter der Federführung der V. , der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig nur: die Beklagte), geschlossen worden war, mitversichert. Der Versicherungsvertrag enthält unter anderem die Bestimmung (Teil E, 10.3): "Kommt es zum Prozess über den Haftpflichtanspruch, so hat der Versicherungsnehmer die Prozessführung den Versicherern zu überlassen, dem von den Versicherern bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder den Versicherern für nötig erachteten Aufklärungen zu geben." Die Planungsgemeinschaft IV. war anderweitig versichert.
In Folge der Streitverkündung beauftragten die drei Planungsgemeinschaften den Rechtsvorgänger der Klägerinnen (fortan: Kläger) damit, sie als Rechtsanwalt in dem selbständigen Beweisverfahren zu vertreten und ihren Beitritt auf Seiten der Antragsteller zu erklären. Nachdem das geschehen war und die Planungsgemeinschaften mit dem Kläger eine Honorarvereinbarung geschlossen hatten, informierten diese über den Versicherungsmakler die Beklagte. Dabei wiesen sie darauf hin, dass die Mandatierung des Klägers ausgesetzt worden sei, und empfahlen, den Kläger mit der Vertretung zu beauftragen. In ihrem Antwortschreiben vom 29. Oktober 1997 führte die Beklagte aus: "…bestätigen wir gern, dass wir im vertraglichen Umfang Rechtsschutz für das Beweisverfahren gewähren. Wie besprochen, sind wir auch damit einverstanden, dass sich die IB. und die … (IP. ) … vorsorglich durch Rechtsanwalt L. in dem Beweisverfahren vertreten lassen, wenn wir von Herrn Rechtsanwalt L. über den Fortgang des Verfahrens unterrichtet gehalten werden und das Vorgehen auch mit uns abgestimmt wird." Eine Vorschussrechnung des Klägers vom Oktober 1997 betreffend die Vertretung der IP. wurde von der Beklagten vollständig beglichen, eine weitere Kostennote vom Juni 1998 für die Vertretung der IB. zum Teil. Im Jahr 1999 traten die IP. und die IB. ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten an den Kläger ab. Nach der Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens wurde der Streitwert im Jahr 2012 gerichtlich auf 150 Mio. € festgesetzt. Der Kläger stellte der Beklagten mit Schreiben vom 17. April 2013 unter Berücksichtigung der erhaltenen Vorschüsse eine Vergütung von 1.606.813,02 € in Rechnung. Die Beklagte lehnte weitere Leistungen ab.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 1.606.813,02 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen seine Erbinnen das Klagebegehren weiter.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Es bestehe kein vertraglicher Anspruch aus eigenem Recht des (ursprünglichen) Klägers. Zwischen ihm und der Beklagten sei kein Anwaltsvertrag zustande gekommen. Dem Schreiben der Beklagten vom 29. Oktober 1997 lasse sich lediglich ein Einverständnis mit der Beauftragung des Klägers durch die Planungsgemeinschaften entnehmen und eine Bestätigung der Kostenerstattung nach § 150 Abs. 1 Satz 1 VVG aF. Ein Wille der Beklagten, ein eigenes Vertragsverhältnis mit dem Kläger zu begründen, sei hingegen nicht ersichtlich. Selbst wenn man in dem Schreiben die Bezeichnung eines Anwalts im Sinne der Vertragsklausel Teil E, 10.3 sehe, könne darin keine Beauftragung des Klägers erblickt werden. Mangels eines auf einen eigenen Auftrag gerichteten Willens der Beklagten könne auch eine Vertragsübernahme oder eine Bevollmächtigung der Planungsgemeinschaften zur Auftragserteilung an den Kläger im Namen der Beklagten nicht angenommen werden. Die Teilzahlungen der Beklagten belegten ebenfalls keine direkte Beauftragung des Klägers; aus der Sicht des Zahlungsempfängers habe sich dies als Leistung eines Dritten auf fremde Schuld dargestellt.
Auch aus abgetretenem Recht der Versicherten könne der Kläger nicht die Zahlung seines Honorars von der Beklagten verlangen. Der Anwaltsvertrag zwischen dem Kläger und den Planungsgemeinschaften sei wegen eines Verstoßes gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, nach § 134 BGB, § 43a Abs. 4 BRAO nichtig. Die drei vom Kläger vertretenen Planungsgemeinschaften hätten zwar in dem selbständigen Beweisverfahren ein gleichgerichtetes Ziel - die Abwehr des von den Antragstellern verfolgten Anspruchs - verfolgt. Gleichwohl hätten die Interessen der Mandanten miteinander konkurriert. Nach den Streitverkündungsschriften hätten Fehler aller drei Planungsgemeinschaften im Raum gestanden. Im Innenverhältnis habe das Interesse der IV. auch darauf gerichtet sein müssen, gegen die Interessen der beiden anderen Planungsgemeinschaften die Sache auf Fehler in deren Bereich zu prüfen. Dass sich die Beklagte auf die Nichtigkeit des Anwaltsvertrags berufe, verstoße nicht gegen Treu und Glauben, weil die Beklagte keinen Vertrauenstatbestand geschaffen habe.
Sei der Anwaltsvertrag nach § 134 BGB nichtig, könne ein Vergütungsanspruch auch nicht aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag abgeleitet werden. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz nach §§ 812, 818 Abs. 2 BGB scheide nach § 817 Satz 2 BGB aus, weil der Kläger leichtfertig vor dem Verbot seines Handelns die Augen verschlossen habe. Des Bewusstseins der Nichtigkeit des Vertrags bedürfe es insoweit nicht.
II.
Die Revision ist insgesamt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor seiner Entscheidung unbeschränkt zugelassen. Zwar kann sich eine Beschränkung der Rechtsmittelzulassung auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Dies muss sich allerdings klar und eindeutig aus den Gründen des Urteils ableiten lassen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - III ZR 368/13, NJW 2014, 2857 Rn. 11; vom 14. November 2017 - VI ZR 534/15, AnwBl. 2018, 168 Rn. 10; je mwN). Mit seiner Ausführung, es stelle eine klärungsbedürftige grundsätzliche Rechtsfrage dar, ob ein Rechtsanwalt Parallelmandate übernehmen dürfe, wenn die Interessen der Mandanten im Außenverhältnis gleichgerichtet seien, im Innenverhältnis aber Interessenkonflikte bestünden, die sich erst in einem späteren Verfahren auswirken könnten, hat das Berufungsgericht seine Zulassungsentscheidung nur erläutert, ohne die Zulassung der Revision erkennbar auf Ansprüche des Klägers aus abgetretenem Recht einschränken zu wollen.
III.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es bestehe kein vertraglicher Anspruch auf Vergütung aus eigenem Recht des Klägers, weil zwischen ihm und der Beklagten kein Anwaltsvertrag zustande gekommen sei, weist keine revisionsrechtlich erheblichen Rechtsfehler auf.
a) Ein Anwaltsvertrag setzt übereinstimmende, auf den Abschluss eines entsprechenden Vertrags gerichtete Willenserklärungen der Vertragsparteien voraus. Die Erklärungen können auch in schlüssigem Verhalten der Vertragsparteien enthalten sein, wenn das Verhalten des anderen Teils von dem Rechtsanwalt bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach Treu und Glauben als eine auf den Abschluss eines Anwaltsvertrags gerichtete Willenserklärung aufzufassen war und sein nachfolgendes Verhalten als Annahme des Auftrags gedeutet werden durfte. Dabei sind im Interesse der Rechtssicherheit an die Annahme eines Anwaltsvertrags durch schlüssiges Verhalten strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 21. März 1991 - IX ZR 186/90, NJW 1991, 2084, 2085 f; vom 22. Juli 2004 - IX ZR 132/03, NJW 2004, 3630, 3631; Rinkler in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 1 Rn. 15). Die entsprechende Beurteilung obliegt grundsätzlich dem Tatrichter, der seine Entscheidung unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB auf Grund einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände zu treffen hat. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht. Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zählt der Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 31. August 2017 - VII ZR 5/17, NJW 2017, 3590 Rn. 24 mwN).
b) Auslegungsfehler der genannten Art können nicht festgestellt werden. Insbesondere hat das Berufungsgericht weder maßgebliche Umstände unberücksichtigt gelassen noch seine Auslegung einseitig an den Interessen der Beklagten ausgerichtet.
aa) Die Würdigung, dem an den Versicherungsmakler gerichteten Schreiben vom 29. Oktober 1997 lasse sich ein Einverständnis der Beklagten mit einer Beauftragung des Klägers durch die Planungsgemeinschaften und eine entsprechende Kostendeckungszusage entnehmen, nicht aber ein Wille der Beklagten zur Begründung eines eigenen Vertragsverhältnisses mit dem Kläger, berücksichtigt auch die vorangegangene und begleitende Korrespondenz. Zwar hatte die Planungsgemeinschaft IB. mit ihrem an den Versicherungsmakler gerichteten Schreiben vom 22. Oktober 1997 empfohlen, den Kläger mit der Vertretung zu beauftragen. Der Kläger selbst hatte aber unter Bezugnahme auf ein am Vortag geführtes Telefongespräch mit Schreiben vom 28. Oktober 1997 an die Beklagte um eine Kostendeckungszusage für das zunächst ausgesetzte Mandat der Planungsgemeinschaften geworben. In diesem Sinne verstand offensichtlich auch der Versicherungsmakler das Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 29. Oktober 1997, denn er teilte der IB. in seinem Begleitschreiben vom selben Tag mit, einer Wiederinkraftsetzung des Mandats durch die IB. stehe nun nichts mehr entgegen.
bb) Den Umstand, dass die Beklagte Rechnungen des Klägers beglich, hat das Berufungsgericht mit Recht nicht als Anerkenntnis einer eigenen vertraglichen Verpflichtung gewertet. Zahlungen des Haftpflichtversicherers an den Rechtsanwalt, der die Interessen des Versicherungsnehmers gegenüber einem Geschädigten vertritt, stellen sich regelmäßig auch für den Rechtsanwalt als Leistungen auf der Grundlage der versicherungsvertraglichen Pflicht des Versicherers zur Tragung solcher Kosten dar (§ 150 Abs. 1 VVG aF, § 101 Abs. 1 VVG nF).
cc) Die Würdigung des Berufungsgerichts steht auch im Einklang mit den versicherungsrechtlichen Gegebenheiten. Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren (vgl. § 3 III Nr. 1 AHB aF, Ziffer 5.1 AHB nF, § 149 VVG aF, § 100 VVG nF). Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangigen Hauptleistungspflicht des Versicherers. Sie umfasst die Führung des Haftpflichtprozesses auf seine Kosten einschließlich der Auswahl und Beauftragung des Anwalts (BGH, Urteil vom 7. Februar 2007 - IV ZR 149/03, BGHZ 171, 56 Rn. 12 f; vom 14. Februar 2007 - IV ZR 54/04, NJW 2007, 2262 Rn. 11, 13). Allein aus dem Bestehen der (zudem disponiblen: Prölss/Martin/Lücke, VVG, 30. Aufl., AHB Ziffer 5 Rn. 4) versicherungsvertraglichen Pflicht kann jedoch nicht auf deren Einhaltung geschlossen werden. Ob ein eigener Auftrag des Versicherers gegenüber dem Rechtsanwalt vorliegt, ist nach den allgemeinen Regeln zu beurteilen. Dabei hat das Berufungsgericht mit Recht auch der Bestimmung in Teil E, 10.3 des Versicherungsvertrags keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Diese Bestimmung begründet die Obliegenheit des Versicherungsnehmers, die Führung des Haftpflichtprozesses dem Versicherer zu überlassen, dem von ihm bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht zu erteilen und ihm die benötigte Aufklärung zu geben. Sie entspricht inhaltlich § 5 Nr. 4 AHB aF und setzt die Befugnis des Versicherers voraus, einen Rechtsanwalt selbst zu beauftragen oder ihn zu benennen. Die Befugnis des Versicherers, einen Rechtsanwalt selbst zu beauftragen, belegt die tatsächliche Erteilung eines solchen Auftrags aber ebenso wenig wie eine diesbezügliche Verpflichtung.
c) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich ein Vergütungsanspruch des Klägers aus eigenem Recht auch nicht aus § 150 Abs. 1 VVG aF (§ 101 Abs. 1 VVG nF). Die dort geregelte Pflicht des Versicherers, die Kosten der Rechtsverteidigung des Versicherungsnehmers zu tragen, begründet einen Anspruch des Versicherungsnehmers auf Freistellung oder Zahlung, aber keinen unmittelbaren Direktanspruch des Rechtsanwalts gegen den Versicherer.
2. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus abgetretenem Recht der Planungsgemeinschaften. Es bestehen weder vertragliche noch gesetzliche Verbindlichkeiten der Planungsgemeinschaften gegenüber dem Kläger, von denen die Beklagte die Planungsgemeinschaften hätte freistellen müssen.
a) Einem vertraglichen Vergütungsanspruch des Klägers waren die bei der Beklagten mitversicherten Planungsgemeinschaften IB. und IP. nicht ausgesetzt. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Anwaltsvertrag zwischen dem Kläger und diesen Planungsgemeinschaften sei wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen nichtig, ist frei von Rechtsfehlern.
aa) Gemäß § 43a Abs. 4 BRAO ist es einem Rechtsanwalt verboten, widerstreitende Interessen zu vertreten. Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 59b Abs. 2 Nr. 1 lit. e BRAO konkretisiert nunmehr § 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) dieses Verbot dahingehend, dass der Rechtsanwalt nicht tätig werden darf, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise im Sinne der §§ 45, 46 BRAO beruflich befasst war. Grundlage der Regelung des § 43a Abs. 4 BRAO sind das Vertrauensverhältnis zum Mandanten, die Wahrung der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts und die im Interesse der Rechtspflege gebotene Geradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung (BT-Drucks. 12/4993, S. 27 f).
bb) Die Regelung in § 43a Abs. 4 BRAO verbietet dem Rechtsanwalt nicht schlechthin, in derselben Rechtssache mehrere Mandanten zu vertreten. Dies zeigt schon die Bestimmung in § 7 RVG. Zulässig ist die Vertretung mehrerer Mandanten, wenn das Mandat auf die Wahrnehmung gleichgerichteter Interessen der Mandanten begrenzt ist (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 - IX ZR 190/07, Rn. 4). Dies kann der Fall sein, wenn mehrere Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden und ihr gemeinsames Interesse im konkreten Verfahren ausschließlich auf die Abwehr des Anspruchs gerichtet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 19). Die bloße (latente) Möglichkeit, dass später bei einem Ausgleich unter den Gesamtschuldnern unterschiedliche Interessen zutage treten, steht dem nicht entgegen. Das Anknüpfen an einen nur möglichen, im konkreten Verfahren tatsächlich aber nicht bestehenden Interessenkonflikt würde gegen das Übermaßverbot verstoßen und wäre deshalb verfassungsrechtlich unzulässig (BGH, Urteil vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11, NJW 2012, 3039 Rn. 14). Die Vertretung mehrerer Mandanten ist dem Rechtsanwalt daher nur verboten, wenn dabei nach den konkreten Umständen des Falles ein Interessenkonflikt tatsächlich auftritt (vgl. Henssler, AnwBl. 2018, 342, 347 mwN).
cc) Ein solcher Interessenkonflikt war im Streitfall, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, bei Übernahme des Mandats durch den Kläger gegeben. Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens, in dem den Planungsgemeinschaften IV. , IB. und IP. der Streit verkündet wurde, war die Leckage eines Baukörpers im Bereich einer Tunnelbaumaßnahme. Der beauftragte Sachverständige sollte, wie in § 485 Abs. 2 ZPO vorgesehen, nicht nur das Schadensbild festhalten, sondern auch Feststellungen zu den Ursachen des Schadensbildes treffen. Die Antragstellerin begründete die Streitverkündungen gegenüber den Planungsgemeinschaften damit, dass als Schadensursache neben Ausführungsfehlern der Antragsgegner auch Handlungen der Fachplaner und Ingenieure in Betracht kämen. Weil das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens nach § 493 ZPO in einem späteren Hauptsacheverfahren verwertet werden konnte, musste den Planungsgemeinschaften daran gelegen sein, möglichen Feststellungen zu eigenen Verursachungsbeiträgen bereits jetzt entgegenzuwirken. Die jeweiligen Interessen der Planungsgemeinschaften waren dabei nicht gleichgerichtet. Im Interesse der mit der Entwurfsplanung und der Prüfung von Sondervorschlägen der Bieter beauftragten IV. lag es, dass der Schaden nicht durch Fehler aus ihrem Bereich verursacht wurde, sondern durch Fehler bei der Ausführungsplanung, die von den Antragsgegnern zu erstellen und von der IP. zu prüfen war, oder durch Fehler bei der Bauausführung durch die Antragsgegner und damit möglicherweise auch durch Fehler der IB. im Rahmen der von ihr geschuldeten Bauüberwachung. Das Interesse der IP. war darauf gerichtet, dass Fehler entweder bei der Entwurfsplanung der IV. oder bei der Bauausführung durch die Antragsgegner und bei deren Überwachung durch die IB. festgestellt wurden und nicht Fehler in ihrem eigenen Leistungsbereich. Der IB. wiederum konnte es nützen, wenn Fehler im Bereich der von der IV. und der IP. zu erbringenden Planungs- und Prüfungstätigkeit zumindest mitursächlich für den eingetretenen Schaden waren.
Der Einwand der Revision, ein Interessenwiderstreit habe nicht bestehen können, weil sämtliche vom Kläger vertretene Planungsgemeinschaften bei der Beklagten versichert gewesen seien, trifft schon deshalb nicht zu, weil die IV. nicht bei der Beklagten versichert war. Im Übrigen sind für die Frage, ob widerstreitende Interessen vertreten werden, die Interessen der Mandanten maßgebend und nicht das Interesse des hinter ihnen stehenden Versicherers.
dd) Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen ist die Nichtigkeit des Anwaltsvertrags (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 241/14, NJW 2016, 2561 Rn. 7 ff). Hierfür genügt, dass der Tatbestand der Verbotsnorm objektiv erfüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1993 - IX ZR 192/92, BGHZ 122, 115, 122 mwN). Ein Verschulden des Rechtsanwalts ist nicht erforderlich. Es kommt deshalb in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Übernahme der Mandate die Verbotswidrigkeit seines Handelns bewusst war.
ee) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte sich auf die Nichtigkeit des Anwaltsvertrags berufen kann, ohne gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu verstoßen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, NJW 2016, 3518 Rn. 20; vom 16. März 2017 - I ZR 39/15, GRUR 2017, 702 Rn. 96; je mwN). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Die tatrichterliche Würdigung der konkreten Umstände ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht insbesondere nicht auf einer unzutreffenden Beurteilung des Beitrags der Beklagten. Entgegen der Darstellung der Revision hat die Beklagte die gemeinsame Vertretung der Planungsgemeinschaften durch den Kläger nicht gewünscht oder gar bestimmt, sondern ihr lediglich zugestimmt.
b) Die Planungsgemeinschaften IB. und IP. waren auch keinen gesetzlichen Ansprüchen des Klägers ausgesetzt.
aa) Aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB) schuldeten die Planungsgemeinschaften dem Kläger keine Vergütung für die Vertretung im selbständigen Beweisverfahren, weil diese Tätigkeit gesetzwidrig war und der Kläger sie deshalb nicht den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Dies entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - IX ZR 48/10, NJW 2011, 373 Rn. 18 mwN).
bb) Ein Anspruch auf Wertersatz nach § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB kommt bei Leistungen auf einen nach § 134 BGB nichtigen Anwaltsvertrag grundsätzlich in Betracht. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach der üblichen, vom Vertragspartner ersparten Vergütung. Dem Wertersatzanspruch kann aber die Regelung des § 817 Satz 2 BGB entgegenstehen. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, dass der Leistende vorsätzlich gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Dem steht es gleich, wenn er sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2010, aaO Rn. 19 f mwN). Dies hat das Berufungsgericht im Streitfall ohne Rechtsfehler angenommen.
(1) Das Berufungsgericht hat im Rahmen tatrichterlicher Würdigung im Einzelnen dargelegt, dass der Kläger das Verbot aus § 43a Abs. 4 BRAO sowie alle Umstände gekannt habe, die das Tätigkeitsverbot in dem hier in Rede stehenden Fall begründeten. Aus diesen Feststellungen, die von der Revision nicht angegriffen werden, konnte das Berufungsgericht ableiten, dass der Kläger sich zumindest leichtfertig der Einsicht in das Gesetzwidrige seiner Tätigkeit verschlossen hat.
Der Einwand der Revision, der Bundesgerichtshof habe erst im Jahr 2016 entschieden, dass ein Verstoß gegen § 43a Abs. 4 BRAO zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrags führe, und der Kläger habe bei Übernahme der Mandate im Jahr 1997 mit einer solchen Rechtsfolge nicht rechnen können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB setzt nur einen bewussten oder zumindest leichtfertigen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot voraus, nicht aber das Bewusstsein der Vertragsnichtigkeit oder ein leichtfertiges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis dieser Rechtsfolge des Verstoßes (BGH, Urteil vom 15. Juni 1993 - XI ZR 172/92, NJW 1993, 2108, 2109). Dass die Interessen der Planungsgemeinschaften in dem selbständigen Beweisverfahren nicht gleichgerichtet waren und ihre gemeinsame Vertretung gegen das Verbot des § 43a Abs. 4 BRAO verstieß, ergab sich aus den Streitverkündungsschriften und lag für den Kläger deshalb auf der Hand. Anders als das Berufungsgericht in der für die Zulassung der Revision gegebenen Begründung anklingen lässt, stellte sich dabei nicht die möglicherweise ungeklärte Rechtsfrage, ob das Verbot des § 43a Abs. 4 BRAO auch dann eingreift, wenn ein Interessenkonflikt ausschließlich im Innenverhältnis der gemeinsam vertretenen Mandanten besteht und dieser sich erst in einem späteren Verfahren auswirken kann. Der Interessenkonflikt bestand vielmehr angesichts der in den Streitverkündungsschriften angesprochenen möglichen unterschiedlichen Verursachungsbeiträge der jeweiligen Planungsgemeinschaften schon im selbständigen Beweisverfahren. Dass unter diesen Umständen die gemeinsame Vertretung der Planungsgemeinschaften offenkundig gegen § 43a Abs. 4 BRAO verstieß, gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtslage im Jahr 1997. Schon damals war höchstrichterlich entschieden, dass Streitverkündungen im selbständigen Beweisverfahren zulässig waren und das Ergebnis der in diesem Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme den Streithelfern in einem nachfolgenden Prozess entgegengehalten werden konnte (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 - VII ZR 108/95, BGHZ 134, 190, 194). Dem Kläger musste sich deshalb aufdrängen, dass die von ihm vertretenen Planungsgemeinschaften, von denen die einen mit der Planung betraut waren und andere die Bauausführung zu überwachen hatten, im damaligen Verfahren gegensätzliche Interessen hatten. Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, hat der Kläger nicht aufgezeigt.
Im Übrigen konnte der Kläger im Jahr 1997 nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, dass die mit den Planungsgemeinschaften geschlossenen Anwaltsverträge trotz des Verstoßes gegen § 43a Abs. 4 BRAO wirksam waren (zum Vertrauensschutz im Falle einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Februar 1996 - IX ZR 153/95, BGHZ 132, 119, 129 ff; BFHE 220, 129 Rn. 100 f mwN). Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2016 (IX ZR 241/14, NJW 2016, 2561) zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrags bei Vertretung widerstreitender Interessen änderte keine anderslautende Rechtsprechung, sondern entschied erstmals eine bis dahin offen gelassene Frage (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 270/02, NJW 2004, 1169, 1171; vom 23. April 2009 - IX ZR 167/07, NJW 2009, 3297 Rn. 31; vom 14. Mai 2009 - IX ZR 60/08, WM 2009, 1296 Rn. 7; vom 14. Mai 2009 - IX ZR 60/08, WM 2009, 1296 Rn. 7; vom 19. September 2013 - IX ZR 322/12, NJW 2013, 3725 Rn. 7). Schon im Jahr 1997 wurde aber sowohl in der Rechtsprechung der Instanzgerichte als auch im Schrifttum darauf hingewiesen, dass ein auf die Vertretung entgegengesetzter Interessen gerichteter Anwaltsvertrag nach § 134 BGB nichtig sein könne (zu § 43a Abs. 4 BRAO: OLG München, AnwBl. 1997, 119; zu der bis zum 8. September 1994 geltenden Regelung in § 45 Nr. 2 BRAO: OLG Hamm, AnwBl.1989, 397; Feuerich, BRAO, 2. Aufl. (1992), § 45 Rn. 54; Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, Kommentar zu den Grundsätzen des anwaltlichen Standesrechts, 2. Aufl. (1988), § 34 Rn. 6; Kleine/Cosack, BRAO (1993), § 45 Rn. 15: "streitig"; zweifelnd Vollkommer, Anwaltshaftungsrecht (1989) § 1 Rn. 32; zu § 146 StPO: OLG München, NJW 1983, 1688; LG Freiburg, NStZ 1985, 330). Mit dieser Rechtsfolge musste der Kläger daher rechnen.
(2) Die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB ist nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen.
Der Bundesgerichtshof hat die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB abgelehnt, wenn Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes die Gewährung eines Bereicherungsanspruchs des Leistenden zwingend erfordern, weil das Verbotsgesetz vor allem zu seinem Schutz erlassen worden ist, oder wenn die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustandes mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar ist und deshalb von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden kann (BGH, Urteil vom 10. April 2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rn. 21 f). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Einer Anwendung des § 817 Satz 2 BGB steht im Streitfall auch der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, aaO Rn. 23 ff). Das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, richtet sich an den Rechtsanwalt. Es dient nicht nur dem Schutz des Mandanten, sondern auch Interessen der Rechtspflege. Der (auch) generalpräventive Schutzzweck wäre gefährdet, wenn ein Rechtsanwalt stets damit rechnen könnte, trotz seines Verstoßes gegen das Verbotsgesetz einen an den gesetzlichen Gebühren orientierten Wertausgleich zu erhalten.
c) Damit kann dahinstehen, ob die Abtretungserklärungen der Planungsgemeinschaften IB. und IP. , die allenfalls Mitversicherte, aber nicht Versicherungsnehmer waren, dem Kläger versicherungsvertragliche Ansprüche gegen die Beklagte verschaffen konnten (vgl. §§ 44, 45 VVG).
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