Entscheidungsdatum: 21.02.2013
Ansprüche des Schuldners auf eine höchstpersönliche Dienstleistung unterliegen nicht dem Insolvenzbeschlag, denn sie sind nicht übertragbar und deshalb auch nicht pfändbar.
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 17. Februar 2012 und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 15. Dezember 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung von 4.105,50 € nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 65 vom Hundert, der Beklagte 35 vom Hundert.
Von Rechts wegen
Der Kaufmann B. (fortan: Schuldner) beauftragte den Beklagten im Januar 2008, ihn in einer wirtschaftlichen Krise zu beraten. Die Abrechnung sollte nach erbrachter Leistung erfolgen. Am 1. Februar 2008 leistete der Schuldner an den Beklagten einen Vorschuss in Höhe von 6.842,50 €. Mit Beschluss vom 4. Februar 2008 bestellte das Amtsgericht auf den Eigenantrag des Schuldners einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners nur noch mit dessen Zustimmung wirksam sind. Am 17. März 2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf die vom Insolvenzverwalter erhobene Stufenklage wurde der Beklagte verurteilt, über den erhaltenen Vorschuss abzurechnen. Das Insolvenzgericht hob das Insolvenzverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans mit Beschluss vom 29. Mai 2009 auf. Am 3. Juni 2009 hob es diesen Beschluss wieder auf. Mit Vereinbarung vom 8./9. Juli 2009 trat der Insolvenzverwalter die Ansprüche des Schuldners gegen den Beklagten, insbesondere auf Zahlung des sich aus der geschuldeten Abrechnung ergebenden Betrags, an die Klägerin ab. Mit Beschluss vom 9. Juli 2009 hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren erneut auf. Im April 2010 erteilte der Beklagte die geschuldete Abrechnung. Aus ihr ergab sich für Beratungsleistungen vor dem 4. Februar 2008 eine Vergütung von brutto 2.586,47 €, für Leistungen zwischen dem 4. Februar und dem 17. März 2008 eine Vergütung von brutto 4.105,50 € und für später erbrachte Leistungen eine Vergütung von brutto 985,32 €.
In Fortführung der vom Insolvenzverwalter erhobenen Stufenklage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Rückzahlung des Vorschusses, soweit er nicht durch die Tätigkeit des Beklagten vor dem 4. Februar 2008 verbraucht ist. Die Vorinstanzen haben dem auf Zahlung von 4.256,03 € gerichteten Klageantrag stattgegeben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage in Höhe des Teilbetrags von 4.105,50 €, der den Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung betrifft.
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung des Berufungsurteils zur Abweisung der Klage.
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt: Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Der Insolvenzverwalter habe zum Zeitpunkt der Abtretung noch wirksam über den Erstattungsanspruch des Schuldners verfügen können, weil das Insolvenzgericht seinen Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens innerhalb der Rechtsbehelfsfrist habe abändern dürfen. Die geltend gemachte Forderung sei auch begründet. Der Beratungsvertrag habe zwar im Eröffnungsverfahren trotz des angeordneten Zustimmungsvorbehalts fortbestanden. Der Beklagte habe jedoch seine Vergütungsansprüche nicht mehr wirksam mit dem Vorschuss verrechnen können. Die im Zustimmungsvorbehalt liegende Verfügungsbeschränkung hindere die Verrechnung von Forderungen, die erst nach Anordnung des Zustimmungsvorbehalts entstanden seien, auch wenn die Verrechnungsvereinbarung vor der Anordnung der Verfügungsbeschränkung getroffen worden sei. Nur so könne die Masse wirksam geschützt werden. Soweit der Bundesgerichtshof für Vorausverfügungen eine andere Auffassung vertreten und auf die Anfechtungsvorschriften verwiesen habe (BGH, Urteil vom 20. März 1997 - IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140, 144 ff), sei es um die Rechtslage unter Geltung der Konkursordnung gegangen. Eine Insolvenzanfechtung komme im vorliegenden Fall nicht mehr in Betracht, weil das Insolvenzverfahren aufgehoben sei.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Insolvenzverwalter stand der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung des Vorschusses im noch anhängigen Umfang nicht zu. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob er den Anspruch wirksam an die Klägerin abgetreten hat.
Der Vertrag, durch den sich der Beklagte gegenüber dem Schuldner zur entgeltlichen wirtschaftlichen Beratung verpflichtete, ist rechtlich als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter einzuordnen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1994 - VIII ZR 39/93, WM 1994, 501, 502). Gewährt der Dienstberechtigte in einem solchen Fall dem Berater einen Vorschuss auf künftige Vergütungsansprüche, kann er auf vertraglicher Grundlage oder in zumindest entsprechender Anwendung von § 667 BGB die Rückzahlung des Vorschusses verlangen, soweit sich der Berater die Vergütung nicht durch entsprechende Leistungen verdient hat (BGH, Urteil vom 3. Februar 1988 - IVa ZR 196/86, WM 1988, 763, 764; zum Vorschuss beim Rechtsanwaltsmandat Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 20. Aufl., § 9 Rn. 22). Ein solcher Anspruch scheidet im noch anhängigen Umfang aus, weil der Beklagte Leistungen erbracht hat, die einen fälligen Vergütungsanspruch in entsprechender Höhe begründeten, und die Anrechnung des Vorschusses auf diesen Vergütungsanspruch trotz der während der Zeit der Leistungserbringung bestehenden Verfügungsbeschränkung des Schuldners (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO) wirksam war.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte während der Dauer der vorläufigen Insolvenzverwaltung gegenüber dem Schuldner Beratungsleistungen erbracht hat, die nach der getroffenen Vereinbarung mit einem Honorar in der geltend gemachten Höhe von 4.105,50 € zu vergüten waren.
2. Diese Honorarforderung war fällig und durchsetzbar. Ihr stand nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrags entgegen. Der Beklagte war durch die an den Schuldner erbrachte Leistung von seiner Leistungspflicht frei geworden, weil dieser trotz der Anordnung des Insolvenzgerichts, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO), für die Beratungsleistungen empfangszuständig geblieben war.
Verfügungsbeschränkungen im vorläufigen Insolvenzverfahren und ihre Rechtsfolgen (§ 24 Abs. 1, §§ 81, 82 InsO) erstrecken sich nur auf Gegenstände der (künftigen) Insolvenzmasse, nicht auf das beschlagsfreie Vermögen des Schuldners (HK-InsO/Kayser, 6. Aufl., § 82 Rn. 7; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 82 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, 2. Aufl., § 82 Rn. 4; Jaeger/Windel, InsO, § 82 Rn. 6). Nicht zur Insolvenzmasse gehören Forderungen, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO). Um eine solche unpfändbare Forderung handelte es sich bei dem Anspruch des Schuldners auf die Beratungsleistungen, denn dieser war nach gesetzlicher Regelung nicht übertragbar (§ 613 Satz 2 BGB) und deshalb nicht pfändbar (§ 851 Abs. 1, § 857 Abs. 1 und 3 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 336/01, WM 2004, 540, 541).
a) Die Übertragbarkeit des Anspruchs auf eine Dienstleistung ist nach § 613 Satz 2 BGB zwar nur „im Zweifel“ ausgeschlossen. Der Anspruch kann übertragbar sein, wenn dies vereinbart ist oder es sich aus den Umständen ergibt. Dies ist hier aber nicht der Fall. Der Dienstvertrag hatte die Beratung des Schuldners in der Krisensituation seines Unternehmens zum Gegenstand. Das schloss auch die Beratung des Schuldners in seinem Verhältnis zum Insolvenzgericht und zu einem vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalter ein. Mit diesem an die Vertragsparteien persönlich gebundenen Inhalt der Leistungspflicht des Beklagten war eine Übertragung des Leistungsanspruchs auf einen Dritten nicht zu vereinbaren.
b) Auch der Grundsatz des § 851 Abs. 1 ZPO, wonach nur übertragbare Forderungen pfändbar sind, kennt Ausnahmen, etwa wenn das Befriedigungsinteresse der Gläubiger im konkreten Fall die schutzwürdigen Belange des Schuldners überwiegt (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1999 - IX ZR 223/97, BGHZ 141, 173; Beschluss vom 17. Februar 2005 - IX ZB 62/04, BGHZ 162, 187, 191 f mwN). Auch ein solcher Ausnahmefall liegt aber wegen des besonderen Inhalts der dem Schuldner höchstpersönlich zu erbringenden Leistung nicht vor, zumal eine Pfändung des Anspruchs auf die Dienstleistung kaum geeignet gewesen wäre, die Befriedigungsaussichten der Gläubiger zu verbessern.
3. Der fällig und durchsetzbar entstandene Vergütungsanspruch des Beklagten wurde durch Anrechnung des gezahlten Vorschusses erfüllt, ohne dass es einer besonderen Aufrechnung bedurfte. Im entsprechenden Umfang verringerte sich der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung des nicht verbrauchten Teils des Vorschusses.
a) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Verrechnung sei gescheitert, weil sie auf der Grundlage einer Verrechnungsvereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Beklagten vorgenommen wurde, die eine Vorausverfügung darstelle und mit der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts am 4. Februar 2008 mangels Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO unwirksam geworden sei, trifft nicht zu.
Der Sachverhalt bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass der Schuldner bei der Leistung des Vorschusses im Voraus über seinen Anspruch auf Rückzahlung verfügte. Grundsätzlich kann eine Aufrechnung zwar auch durch einen Vertrag vollzogen werden, der dann Verfügungen über die aufgerechneten Forderungen enthält. Bezieht sich der Vertrag auf künftige Forderungen, ist die Verfügung aufschiebend bedingt (Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 387 Rn. 19 ff). Im Streitfall ist eine solche Gestaltung aber nicht gegeben. Nach dem Vortrag des ursprünglichen Klägers erbat der Beklagte mit Schreiben vom 1. Februar 2008 einen Vorschuss auf das zu erwartende Honorar mit der Maßgabe, dass die Abrechnung nach erbrachter Leistung erfolgen sollte. Der Schuldner kam dieser Bitte nach. Weitere Vereinbarungen wurden nicht getroffen. Leistet der Dienstberechtigte dem aus einem Dienstvertrag Verpflichteten einen Vorschuss, handelt es sich regelmäßig um eine vorweggenommene Tilgung des Vergütungsanspruchs, die ohne Aufrechnung oder sonstige Erklärung die Erfüllung des später entstehenden Lohnanspruchs bewirkt (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 18; Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., § 614 Rn. 3; BAGE 103, 1, 6).
So liegt der Fall auch hier. Mit seinem Vorschuss erfüllte der Schuldner den Vergütungsanspruch des Beklagten im Umfang der späteren Abrechnung. Die Verfügung, die in der Zahlung des Vorschusses lag, war mit der Übergabe des Vorschusses an den Beklagten abgeschlossen. Die damit einhergehende stillschweigend getroffene Absprache betreffend die spätere Abrechnung hatte einen ausschließlich schuldrechtlichen Charakter. Für die Annahme, es sei eine aufschiebend bedingte Aufrechnungsvereinbarung getroffen worden, ist daher kein Raum. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob eine vereinbarte Aufrechnung als Vorausverfügung unwirksam wäre, weil ein Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO angeordnet wurde, bevor die aufzurechnende Vergütungsforderung entstand.
b) Eine der angeordneten Verfügungsbeschränkung unterfallende und deshalb mangels Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters unwirksame Verfügung des Schuldners, die den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch begründen könnte, lässt sich auch sonst nicht feststellen. Der Abruf von weiteren Beratungsleistungen durch den Schuldner nach Anordnung der Verfügungsbeschränkung, der zu Vergütungsansprüchen des Beklagten und damit zur Verminderung des Anspruchs des Schuldners auf Rückzahlung des Vorschusses führte, stellte kein Verfügungsgeschäft dar, sondern allenfalls ein Verpflichtungsgeschäft. Verpflichtungsgeschäfte kann der Schuldner auch nach der Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts uneingeschränkt eingehen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 1/09, WM 2010, 222 Rn. 26).
III.
Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die Klage ist im noch anhängigen Umfang abzuweisen. Sie ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung begründet (§§ 129 ff, § 143 Abs. 1 InsO). Die Klägerin ist für einen solchen Anspruch nicht aktivlegitimiert, weil sich die mit dem Insolvenzverwalter am 8./9. Juli 2009 geschlossene Abtretungsvereinbarung nicht auf Ansprüche wegen Insolvenzanfechtung erstreckte. Nach dem Wortlaut der Erklärung trat der Insolvenzverwalter sämtliche Ansprüche des Schuldners gegen den Beklagten im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit für den Schuldner an die Klägerin ab, insbesondere den Anspruch auf ordnungsgemäße Abrechnung des Vorschusses sowie auf Zahlung des gemäß ordnungsgemäßer Abrechnung zur Rückzahlung anstehenden Betrages. Das Recht zur Insolvenzanfechtung steht allein dem Insolvenzverwalter zu, Ansprüche auf anfechtungsrechtliche Rückgewähr sind deshalb keine Ansprüche des Schuldners im Sinne der Abtretungsvereinbarung. Der Insolvenzverwalter hat im Übrigen im vorliegenden Rechtsstreit selbst vorgetragen, er habe die streitgegenständlichen Ansprüche auf Abrechnung und Rückzahlung des Überschusses abgetreten, Anfechtungsansprüche seien hingegen "mitnichten" Gegenstand des Rechtsstreits. Gegen die Einbeziehung von Anfechtungsansprüchen in die Abtretungserklärung spricht ferner, dass die rechtliche Möglichkeit der Abtretung von Anfechtungsansprüchen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung erst später anerkannt wurde (BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 - IX ZR 91/10, WM 2011, 1080). Es kommt deshalb weder darauf an, ob die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs gegeben waren, noch
braucht die im Urteil vom 17. Februar 2011 (aaO Rn. 12 f) offen gelassene Frage entschieden zu werden, ob der Zessionar einen abgetretenen Anfechtungsanspruch auch dann noch weiterverfolgen kann, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben ist.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring