Entscheidungsdatum: 21.02.2013
Zu den anfechtungs- und gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen des Insolvenzverwalters einer schuldnerischen Gesellschaft aus dem Verkauf ihrer Vermögensgegenstände an eine, dem Gesellschafter gleichgestellte Person.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 17. Februar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) Ansprüche unter den rechtlichen Gesichtspunkten der Insolvenzanfechtung, des existenzvernichtenden Eingriffs sowie des Verstoßes gegen eigenkapitalersatzrechtliche Bindung geltend. Die Schuldnerin befasste sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Replikationsanlagen zur Herstellung optischer Datenträger. Einen Bestandteil dieser Anlagen bildete jeweils eine Spritzgussmaschine, welche die Schuldnerin von einem japanischen Hersteller zukaufte. Die Beklagte zu 1 ist eine Beteiligungsgesellschaft. Sie gehörte seit dem Jahr 1997 zur Unternehmensgruppe der Beklagten zu 2, welche eine Mehrheit von 96,81 v.H. der Aktien der Beklagten zu 1 erworben hatte. Die Beklagte zu 1 erwarb ihrerseits ab Juli 1998 Anteile an der Schuldnerin. Ab Mai 1999 hielt sie Geschäftsanteile an der Schuldnerin im Nennbetrag von 411.500 DM bei einem Stammkapital in Höhe von 500.000 DM.
Am 13. Juli 1999 vereinbarte die Beklagte zu 2 mit der Schuldnerin deren Übernahme in ihr Cash-Management. Ausweislich der auf unbestimmte Zeit geschlossenen und binnen Wochenfrist kündbaren Vereinbarung wurde das Bankkonto der Schuldnerin zu Gunsten oder zu Lasten des Kontos der Beklagten zu 2 täglich durch einen automatischen Kontoübertrag auf Null gestellt. Die Umsätze wurden bei der Beklagten zu 2 als täglich fälliges Guthaben beziehungsweise Darlehen der Schuldnerin verwaltet.
Am 23. Februar und am 30. März 2000 verzichtete die Beklagte zu 1 gegenüber der Schuldnerin auf Forderungen aus dem Cash-Management in Höhe von 3.000.000 DM und 3.500.000 DM. Mit Wirkung zum 1. April 2000 trat die Beklagte zu 1, die am 27. April 2000 Alleingesellschafterin der Schuldnerin wurde, an Stelle der Beklagten zu 2 in das Cash-Management-Verhältnis ein. Unter dem 22. Juni/5. Juli 2000 bezifferten die Beklagte zu 1 und die Schuldnerin in einer Rangrücktrittsvereinbarung die Forderungen der Beklagten zu 1 gegen die Schuldnerin aus dem Cash-Management mit 35.786.000 DM. Übereinstimmend stellten sie die Überschuldung der Schuldnerin fest und vereinbarten, dass die Beklagte zu 1 aus dem vorgenannten Betrag mit einer Forderung von 10.000.000 DM unwiderruflich hinter sämtliche Forderungen derzeitiger und künftiger Gläubiger solange und soweit zurücktritt, als die Schuldnerin überschuldet ist. Am 31. Juli 2000 verzichtete die Beklagte zu 1 gegenüber der Schuldnerin auf einen weiteren Teil-Rückzahlungsanspruch aus dem Cash-Management in Höhe von 6.255.000 DM.
Am 1. Oktober 2000 gründete die Beklagte zu 1 als deren Alleingesellschafterin die Beklagte zu 3. Am 15. November 2000 verzichtete sie gegenüber der Schuldnerin auf eine weitere Forderung aus dem Cash-Management in Höhe von 4.000.000 DM. Durch Kaufvertrag vom 16. November 2000 übernahm die Beklagte zu 3 von der Schuldnerin alle Aktiva und Passiva, welche sich auf die Spritzgussmaschinen bezogen. Als Gegenleistung hatte die Beklagte zu 3 an die Schuldnerin einen Betrag in Höhe von 9.567.600,72 DM (4.891.836,57 €) dadurch zu erbringen, dass sie betragsgleich Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten zu 1 mit befreiender Wirkung übernahm. Die Beklagte zu 1 stimmte dieser Vereinbarung zu.
Bis zum 9. Oktober 2001 erweiterte die Beklagte zu 1 den Rangrücktritt vom 22. Juni/5. Juli 2000 auf insgesamt 30.000.000 DM. Am 28. Mai 2002 veräußerte sie 24,9 v.H. ihrer Geschäftsanteile an der Schuldnerin. Durch Vereinbarung vom 12. Juni 2002 legte sie gemeinsam mit der Schuldnerin deren Verbindlichkeiten ihr gegenüber auf 1.270.000 € zuzüglich Zinsen fest und verzichtete auf darüber hinausgehende Ansprüche. Unter Aufhebung der bestehenden Rangrücktritte vereinbarte sie mit der Schuldnerin, dass sie mit der genannten Forderung hinter sämtliche Forderungen derzeitiger und künftiger Gläubiger solange und soweit zurücktrete, wie die Schuldnerin bilanziell überschuldet sei. Auf Antrag der Schuldnerin vom 12. Februar 2004 wurde am 1. Mai 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Kläger verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung des in dem Kaufvertrag vom 16. November 2000 vereinbarten Betrags von 4.891.836,57 € nebst Zinsen zur Insolvenzmasse. Die Klage hat in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO mit der Begründung verneint, die Schuldnerin habe bei Abschluss des Vertrages vom 16. November 2000 und damit auch bei der darin enthaltenen Verrechnungsabrede nicht den Vorsatz gehabt, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Der Benachteiligungsvorsatz könne nicht vermutet werden, weil die Schuldnerin nach dem erstinstanzlichen Beweisergebnis zwar ihre drohende Zahlungsunfähigkeit gekannt habe, aber aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung der Krise habe rechnen können und auch gerechnet habe. Denn es sei ein schlüssiges Sanierungskonzept erstellt und durch den Kaufvertrag vom 16. November 2000 umgesetzt worden. Dabei sei die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin zwar von einer Fortsetzung der finanziellen Unterstützung durch die Beklagte zu 1 und insbesondere einer weiteren Einbeziehung in das Cash-Management abhängig gewesen. Die Schuldnerin habe mit einer Fortsetzung der finanziellen Unterstützung der Beklagten zu 1 jedoch sicher rechnen dürfen, nachdem diese bereits auf Forderungen verzichtet und Rangrücktritte erklärt habe. Soweit die Schuldnerin der Beklagten zu 1 in der Krise eine inkongruente Deckung gewährt habe, könne wegen der Einbindung in einen ernsthaften, wenn auch letztlich fehlgeschlagenen Sanierungsversuch hieraus nicht auf einen Vorsatz geschlossen werden, die Gläubiger zu benachteiligen. Ein Anspruch aus § 826 BGB scheide ebenfalls aus. Die Beklagten zu 1 und 3 hätten der Schuldnerin nicht planmäßig den Gläubigern haftendes Vermögen entzogen, sondern eine finanzielle Entlastung der Schuldnerin erstrebt. Dies folge aus den durch die Beklagte zu 1 erklärten Rangrücktritten und Forderungsverzichten sowie dem unter Beteiligung der Beklagten zu 1 und 3 erstellten Sanierungskonzept. Ansprüche aus § 31 GmbHG aF beziehungsweise analog § 31 GmbHG aF seien verjährt, weil aus den vorgenannten Gründen eine bösliche Handlungsweise im Sinne des § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG aF nicht festzustellen sei.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Ein Rückgewähranspruch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden, aufgrund des im Kaufvertrag vom 16. November 2000 umgesetzten Sanierungskonzeptes könne eine vorsätzliche Benachteiligung der Gläubiger ausgeschlossen werden. Ein möglicher Anspruch wegen Insolvenzanfechtung ist jedoch verjährt.
a) Sowohl der Gesichtspunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit als auch derjenige der Inkongruenz können ihre Bedeutung als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners verlieren, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist (BGH, Urteil vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 273; vom 1. April 2004 - IX ZR 305/00, WM 2004, 1037, 1039; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, WM 2009, 117 Rn. 52; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17; vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11 und 18; vgl. auch Gehrlein, WM 2011, 577, 578 ff). Denn in diesem Fall ist die Rechtshandlung von einem anderen, anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet, und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger tritt infolgedessen in den Hintergrund (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, aaO Rn. 11). Voraussetzung ist, dass zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegt, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO; vom 8. Dezember 2011, aaO; jeweils mwN).
Ein solches schlüssiges Sanierungskonzept, das zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlung begründete Aussicht auf Erfolg bot, hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt.
Die Feststellungen lassen kein geschlossenes Konzept zur Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeiten der Schuldnerin erkennen. Es ist nicht erkennbar, ob die Ausgliederung des Geschäfts mit den Spritzgussmaschinen auf die Beklagte zu 3 geeignet war, die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin dauerhaft zu stabilisieren, oder ob lediglich eine entsprechende Hoffnung bestand. Darüber hinaus ging die Schuldnerin selbst trotz Umsetzung des Sanierungskonzepts von einem fortdauernden Finanzbedarf aus. Die bloße Aussicht, der jeweilige Finanzbedarf werde von der Beklagten zu 1 im Rahmen des Cash-Managements gedeckt, rechtfertigte schon deshalb nicht die Annahme, die drohende Zahlungsunfähigkeit abwenden und alle Gläubiger befriedigen zu können, weil die dem Cash-Management zugrunde liegende Vereinbarung binnen Wochenfrist kündbar war.
b) Ein Rückgewähranspruch wegen Vorsatzanfechtung ist allerdings verjährt. Alle Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben.
aa) Die Verjährung richtet sich im Streitfall nach der bis zum 14. Dezember 2004 geltenden Fassung des § 146 Abs. 1 InsO. Danach verjährt der Anfechtungsanspruch in zwei Jahren seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Neufassung dieser Vorschrift durch Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3214) wirkt sich nach den maßgeblichen Übergangsvorschriften nicht aus, weil die Verjährungsfrist des neuen Rechts länger ist als diejenige des alten Rechts (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2, Art. 229 § 6 Abs. 1 und 3 EGBGB). Die Verjährungsfrist von zwei Jahren wurde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 2004 in Gang gesetzt. Sie wurde durch die Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags für eine auf Zahlung von 6.891.836,57 € gerichtete und ausdrücklich auch auf eine Vorsatzanfechtung gestützte Klage, dessen Bekanntgabe vom Gericht demnächst veranlasst wurde, am 28. April 2006 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB). Die Hemmung endete am 9. August 2007, sechs Monate nach Zustellung des Beschlusses des Thüringer Oberlandesgerichts vom 23. Januar 2007 an den Kläger, durch den dessen sofortige Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Landgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen wurde (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB). Verjährung trat sonach mit Ablauf des 13. August 2007 ein (§ 209 BGB).
bb) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs wurde nicht vor ihrem Eintritt durch die Einreichung der Klage am 6. August 2007 erneut gehemmt.
Der Umfang der durch Erhebung einer Klage bewirkten Hemmung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) wird durch den Streitgegenstand der Klage bestimmt (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005 mwN; vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06, NJW 2007, 2560 Rn. 15). Gegenstand des Rechtsstreits ist der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5 f; vom 28. September 2006 - IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 Rn. 8; st. Rspr.).
Der Anspruch aus Insolvenzanfechtung gehörte danach nicht zum Streitgegenstand der am 6. August 2007 eingereichten Klage. Der Klageantrag war - anders als in dem Klageentwurf, der dem Antrag auf Prozesskostenhilfe beigefügt gewesen war - nun auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagten verpflichtet sind, „dem Kläger sämtliche durch die Insolvenz der Firma D. GmbH entstandenen Schäden unter Abzug einer etwaigen vorhandenen Insolvenzmasse, die zur Gläubigerbefriedigung erforderlich sind, zu ersetzen.“ Ferner sollte festgestellt werden, dass die Beklagten zum Ersatz der Kosten des Insolvenzverfahrens verpflichtet sind. Im Rubrum der Klage war der Gegenstand der Klage mit "Konzernhaftung/Existenzvernichtungshaftung, §§ 826 BGB" bezeichnet. Die Ausführungen zur Rechtslage befassten sich ausschließlich mit Ansprüchen nach § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB. Zwar war der vorgetragene Sachverhalt teilweise auch für die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO von Bedeutung. Der Anfechtungsanspruch ist aber auf Rückgewähr desjenigen gerichtet, was anfechtbar aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben und dadurch dem Zugriff der Gläubiger entzogen wurde. Die Verpflichtung zum Ersatz des mit der Klage geltend gemachten Insolvenzschadens kann nicht Rechtsfolge einer Insolvenzanfechtung sein. Mit der offenbar bewusst abweichend vom Prozesskostenhilfeantrag vorgenommenen Festlegung auf das gewählte Klageziel hat der Kläger deshalb die insolvenzrechtliche Anfechtung des Kaufvertrags vom 16. November 2000 aus dem Streitgegenstand seiner Klage ausgenommen. Sie wurde erst Gegenstand der Klage, als der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Mai 2008 den Hilfsantrag ankündigte, die Beklagten auf Zahlung des im Kaufvertrag vereinbarten Gegenwerts der Kaufgegenstände in Höhe von 4.891.836,57 € nebst Zinsen zu verurteilen, nachdem er zuvor erstmals mit seinem Schriftsatz vom 31. März 2008 die Klage auch auf eine Vorsatzanfechtung gestützt hatte. Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs konnte zu beiden Zeitpunkten nicht mehr gehemmt werden, weil sie bereits eingetreten war.
2. Auch die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht einen gegen die Beklagten gerichteten Anspruch auf Schadensersatz wegen existenzvernichtenden Eingriffs ausgeschlossen hat, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Die Haftung wegen Existenzvernichtung begründet einen originären Anspruch der GmbH gegen einen Gesellschafter, der seine Grundlage in § 826 BGB findet (BGH, Urteil vom 16. Juli 2007 - II ZR 3/04, BGHZ 173, 246 Rn. 17 ff; vom 13. Dezember 2007 - IX ZR 116/06, WM 2008, 449 Rn. 10). Eine Existenzvernichtung liegt vor, wenn der Gesellschafter auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens keine angemessene Rücksicht nimmt, indem er der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen ohne angemessenen Ausgleich Vermögenswerte entzieht, die sie zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt, und sie dadurch in die Insolvenz führt oder eine bereits bestehende Insolvenz vertieft (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 256/02, WM 2005, 332, 333 f; vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 18; vom 13. Dezember 2007, aaO; vom 23. April 2012 - II ZR 252/10, WM 2012, 1034 Rn. 13). Der existenzvernichtende Eingriff ist sittenwidrig, weil die Gesellschaft dadurch um Vermögen gebracht wird, das sie zur vorrangigen Befriedigung ihrer Gläubiger benötigt (BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 30; vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 10). Als Haftende kommen neben dem unmittelbaren Gesellschafter der GmbH auch mittelbare Gesellschafter (Gesellschafter-Gesellschafter, vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 44) sowie Mittäter, Anstifter und Gehilfen (§ 830 BGB; BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 46; vom 24. Juli 2012 - II ZR 177/11, WM 2012, 1779 Rn. 14) in Betracht, im Streitfall somit grundsätzlich sämtliche Beklagte.
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten haben der Schuldnerin nicht planvoll Vermögen entzogen, das Gegenteil sei der Fall, beruht auf einem Rechtsfehler. Sie unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwar nur der eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen ist und ob er den Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungsgesetze gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 252/10, WM 2012, 1034 Rn. 13; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 286 Rn. 37). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil aber nicht gerecht. Das Berufungsgericht verkennt die subjektiven Voraussetzungen der Haftung wegen Existenzvernichtung. Es stützt sich maßgeblich darauf, dass das Sanierungskonzept, an dem die Beklagten zu 1 und 3 beteiligt gewesen seien, nicht darauf gerichtet gewesen sei, der Schuldnerin Vermögen zu entziehen oder sie gar auszuplündern, sondern sie finanziell zu entlasten. Damit stellt das Berufungsgericht die von den Beklagten vermeintlich verfolgten Ziele in den Mittelpunkt. Eine besondere auf die Schädigung der Gesellschaft oder ihrer Gläubiger gerichtete Absicht setzt die Haftung wegen Existenzvernichtung aber nicht voraus. Die Sittenwidrigkeit folgt bereits aus der Erfüllung der objektiven Voraussetzungen. In subjektiver Hinsicht genügt bedingter Vorsatz. Ein solcher liegt vor, wenn dem handelnden Gesellschafter bewusst ist, dass durch von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung veranlasste Maßnahmen das Gesellschaftsvermögen sittenwidrig geschädigt wird; dafür reicht es aus, dass ihm die Tatsachen bewusst sind, die den Eingriff sittenwidrig machen, während ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit nicht erforderlich ist. Eine derartige Sittenwidrigkeit betrifft nicht nur die Fälle, in denen die Vermögensentziehung geschieht, um den Zugriff der Gläubiger auf dieses Vermögen zu verhindern, sondern ist auch dann anzunehmen, wenn die faktische dauerhafte Beeinträchtigung der Erfüllung der Verbindlichkeiten die voraussehbare Folge des Eingriffs ist und der Gesellschafter diese Rechtsfolge in Erkenntnis ihres möglichen Eintritts billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 30).
c) Ein Anspruch des Klägers wegen existenzvernichtenden Eingriffs kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Gründen verneint werden.
aa) Die Übertragung von Vermögen der Schuldnerin auf eine von ihrem Alleingesellschafter beherrschte Schwestergesellschaft kann zur Haftung des Gesellschafters wegen Existenzvernichtung führen, wenn die Übertragung ohne angemessenen Wertausgleich erfolgt (BGH, Urteil vom 24. Juni 2002 - II ZR 300/00, BGHZ 151, 181, 187; vom 20. September 2004 - II ZR 302/02, ZIP 2004, 2138, 2140; vom 23. April 2012 - II ZR 252/10, ZIP 2012, 1071 Rn. 17 f). An einem solchen Wertausgleich kann es im Streitfall fehlen, falls die von der Beklagten zu 3 übernommenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten zu 1 Darlehen betrafen, die nach den damals geltenden Grundsätzen zum Eigenkapitalersatz rechtlich gebunden waren. Dann konnten sie von der Beklagten zu 1 nicht zurückgefordert werden und waren im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin nachrangig. Die Übernahme solcher Verbindlichkeiten durch die Beklagte zu 3 konnte aus der Sicht der Gläubiger der Schuldnerin den Verlust des übertragenen Vermögens nicht ausgleichen.
Ob die Darlehen der Beklagten zu 1 als Kapitalersatz gebunden waren, lässt sich mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Eine Qualifizierung als funktionales Eigenkapital kommt in Betracht, wenn die Schuldnerin bei der Gewährung der Darlehen und bis zum Vertragsschluss vom 16. November 2000 nicht nur bilanziell, sondern im insolvenzrechtlichen Sinne überschuldet war. Rangrücktritte der Beklagten zu 1 sind bei dieser Beurteilung zu berücksichtigen, sofern sie die Voraussetzungen eines so genannten qualifizierten Rücktritts erfüllen; in diesem Fall sind die betroffenen Darlehensverbindlichkeiten nicht zu passivieren (BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271 f; vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, ZIP 2010, 1078 Rn. 6).
bb) Von weiteren Feststellungen hängt auch ab, ob ein Anspruch wegen Existenzvernichtung zum Zeitpunkt der Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB) im Jahr 2006 bereits verjährt war. Weil sich der Anspruch auf § 826 BGB stützt, richtet sich die Verjährung nicht nach den Sondervorschriften des GmbH-Gesetzes, sondern nach den allgemeinen Regeln (BGH, Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 292/07, BGHZ 179, 344 Rn. 33; vom 24. Juli 2012 - II ZR 177/11, WM 2012, 1779 Rn. 14). Die Verjährung des Anspruchs kann sich unter Berücksichtigung der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB entweder aus § 852 BGB aF oder aus § 195, § 199 Abs. 1 BGB nF ergeben. Beide Normen knüpfen den Beginn der Verjährung an subjektive Voraussetzungen in der Person des Anspruchsinhabers. Da dieser im Streitfall eine GmbH ist, kommt es auf die Kenntnisse ihrer Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter an. Eine Zurechnung scheidet allerdings aus, soweit diese selbst als Schädiger anzusehen sind, weil sie am Abschluss der vertraglichen Vereinbarung vom 16. November 2000 als schädigender Handlung beteiligt waren (BGH, Urteil 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1764; vom 9. Februar 2009, aaO Rn. 34). Zurechenbar sind hingegen Kenntnisse von gesetzlichen Vertretern, die an der schädigenden Handlung nicht beteiligt waren, gleichviel ob sie ihre Organstellung zu diesem Zeitpunkt bereits innehatten oder erst später erworben haben. Es kommt daher für die Bestimmung des Verjährungsbeginns darauf an, ob die Schuldnerin neben den beiden Geschäftsführern B. und R. , die den Kaufvertrag vom 16. November 2000 für die Schuldnerin unterzeichneten, damals noch weitere Geschäftsführer hatte, die an der Übertragung der Assets nicht beteiligt waren, oder ob sie zu einem späteren Zeitpunkt einen oder mehrere neue Geschäftsführer erhielt, welche über die vorausgesetzten Kenntnisse verfügten.
3. Ansprüche unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Eigenkapitalersatzes hat das Berufungsgericht als verjährt erachtet, weil den Beklagten keine "bösliche Handlungsweise" zur Last falle. Die gegebene Begründung trägt diese Beurteilung jedoch nicht.
a) Anzuwenden ist das Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt der Novellenregeln (§§ 32b, 32a Abs. 2, 3 GmbHG aF) und der Rechtsprechungsregeln (§ 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG aF analog). Denn das Insolvenzverfahren ist am 1. Mai 2004 und damit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 1. November 2008 eröffnet worden (BGH, Urteil vom 26. Januar 2009 - II ZR 260/07, BGHZ 179, 249 Rn. 15 ff; vom 28. Februar 2012 - II ZR 115/11, WM 2012, 843 Rn. 14).
Nach § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG in der bis zum 14. Dezember 2004 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 10, § 6 Abs. 3 EGBGB unterliegen die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche aus § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG aF im Grundsatz der fünfjährigen Verjährung ab Zahlung mit der Folge, dass Ansprüche bereits bei Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs im Jahr 2006 - dem frühesten in Betracht kommenden Hemmungstatbestand - verjährt waren. Bei böslicher Handlungsweise des Verpflichteten gilt hingegen eine Verjährungsfrist von zehn Jahren, beginnend mit Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet wurde (§ 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG nF iVm Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2 Satz 1 EGBGB). In diesem Fall wäre ein Anspruch wegen einer im Jahr 2000 erbrachten Zahlung noch nicht verjährt, weil die Verjährung vor ihrem Eintritt im November 2010 gehemmt wurde, spätestens als der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 19. Mai 2008 den Hilfsantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4.891.836,57 € ankündigte und ihn (auch) mit einer Verletzung der kapitalersatzrechtlichen Bindung begründete (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
b) Eine bösliche Handlungsweise der Beklagten kann derzeit nicht ausgeschlossen werden. Es ist bereits nicht erkennbar, ob das Berufungsgericht den richtigen Prüfungsmaßstab angelegt hat. Eine bösliche Handlungsweise im Sinne von § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG aF liegt vor, wenn der Gesellschafter die Zahlung der Gesellschaft in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit entgegennimmt. Dies setzt bei der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens voraus, dass der Gesellschafter die Tatsachen kennt, aus denen sich die Qualifizierung des Darlehens als funktionales Eigenkapital ergibt. Darüber hinaus muss er wissen, dass bereits eine Überschuldung oder eine Unterbilanz besteht oder dass infolge der Auszahlung das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nunmehr angegriffen wird (BGH, Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 131 mwN; vom 29. September 2008 - II ZR 234/07, WM 2008, 2215 Rn. 23). Das Berufungsgericht verweist demgegenüber lediglich auf die Begründung des Landgerichts, eine bösliche Handlungsweise falle den Beklagten im Hinblick auf die Ausführungen zu den subjektiven Merkmalen von Ansprüchen insbesondere aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO, § 826 BGB nicht zur Last. Diese subjektiven Merkmale unterscheiden sich von den Voraussetzungen einer böslichen Handlungsweise. Darüber hinaus sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den subjektiven Merkmalen der vorgenannten Ansprüche nicht ohne Rechtsfehler (vgl. oben II. 1. a und II. 2. b). Auch deshalb vermögen sie nicht die Auffassung zu tragen, eine böswillige Handlungsweise liege nicht vor.
III.
Die Sache ist nach dem festgestellten Sachverhältnis nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den Voraussetzungen der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs (§ 826 BGB) und eines Verstoßes gegen die kapitalersatzrechtliche Bindung (§ 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG aF direkt oder analog) keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Das Gleiche gilt für die Voraussetzungen der Verjährung dieser Ansprüche. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Kayser Raebel Gehrlein
Grupp Möhring