Entscheidungsdatum: 12.03.2015
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 4. Dezember 2012 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die gegen die Abweisung der Darlehensansprüche gerichtete Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer 87 des Landgerichts Berlin vom 29. Juni 2010 in Höhe eines je erstrangigen Teilbetrages von 10 v.H. zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. September 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der L. mbH i.L. Die Beklagte ist eine Beteiligungsgesellschaft, die 94 v.H. der Geschäftsanteile der Schuldnerin hält. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten ist mangels Masse abgewiesen worden. Aufgrund eines Vertrages vom 10. Januar 2002 gewährte die Schuldnerin der Beklagten ein Darlehen in Höhe von 400.000 €, dessen Laufzeit nach einmaliger Verlängerung am 31. Dezember 2003 endete. Aufgrund eines Vertrages vom 31. Juli 2002 gewährte die Schuldnerin der Beklagten ein weiteres Darlehen in Höhe von 210.277,47 €, dessen Laufzeit ebenfalls am 31. Dezember 2003 endete.
Der Kläger hat unter Darlegung von Einzelheiten behauptet, die Schuldnerin sei planmäßig "ausgenommen" und in die Insolvenz geschickt worden. Er hat neben der Rückzahlung der beiden Darlehen auch die Rückgewähr von Kostenumlagen für Dienstleistungen sowie Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Verkauf von Ersatzteilen verlangt, insgesamt Zahlung von 5.206.229,72 € nebst Zinsen. Die Beklagte hat gegenüber den Darlehensrückzahlungsansprüchen mit nachberechneten Dienstleistungsvergütungen und Zinsen aufgerechnet. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Senat hat die Revision hinsichtlich der Darlehensrückzahlungsansprüche zugelassen, welche der Kläger jeweils in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 10 v.H. des seiner Ansicht nach bestehenden Anspruchs von insgesamt 609.003,79 € weiterverfolgt.
Da die Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, musste auf Antrag des Revisionsklägers durch Versäumnisurteil entschieden werden. Das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81; vom 4. Juli 2013 - IX ZR 229/12, WM 2013, 1615 Rn. 6; insoweit in BGHZ 198, 77 nicht abgedruckt). Danach ist die Revision im Umfang ihrer Zulassung begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es die Darlehensrückzahlungsansprüche betrifft, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Landgericht hat die auf Rückzahlung der Darlehen gerichtete Klage ohne nähere Erläuterung wegen der von der Beklagten erklärten "Aufrechnung/Verrechnung mit nachberechneten Dienstleistungshonoraren" abgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen, auf die Klageschrift Bezug genommen und gemeint, die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO seien wegen Fehlens einer Gläubigerbenachteiligung nicht erfüllt.
II.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Begründung ist dem Senat nicht möglich. Das Urteil unterliegt der Aufhebung, weil es, wie die Revision zutreffend rügt, insoweit nicht mit Gründen versehen ist (§ 547 Nr. 6 ZPO).
1. Eine Entscheidung ist dann nicht mit Gründen versehen, wenn aus ihr - insgesamt oder bezogen auf einzelne prozessuale Ansprüche - nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren. Der "fehlenden" Begründung gleichzusetzen ist der Fall, dass zwar Gründe vorhanden sind, diese aber unverständlich und verworren oder aber sachlich inhaltslos sind und sich auf leere Redensarten oder einfach auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränken (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1962 - I ZB 27/62, BGHZ 39, 333, 337).
2. In der Klageschrift, auf welche das Berufungsurteil hinsichtlich des Erlöschens der Darlehensforderungen verweist, hat der Kläger Forderungen dargestellt, welche die Beklagte vorprozessual gegen die Darlehensrückzahlungsansprüche verrechnet habe. Die Summe dieser Forderungen beträgt 452.603,79 €. Dieser Betrag findet sich auch im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils. Gegenforderungen von 452.603,79 € können Forderungen in Höhe von insgesamt 609.003,79 € selbst dann nicht zum Erlöschen bringen, wenn sie fällig und einredefrei bestehen. Warum das Berufungsgericht das klagabweisende Urteil des Landgerichts gleichwohl vollumfänglich bestätigt hat, lässt sich nicht nachvollziehen.
III.
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Rein rechnerisch ist der nun noch geltend gemachte Betrag von 60.900,38 € geringer als die Differenz zwischen der Summe der ursprünglichen Forderungen von 609.003,79 € und der Summe der Gegenforderungen von 452.603,79 €; es fehlen jedoch Feststellungen dazu, welche der Gegenforderungen gegen welche Ausgangsforderung zur Aufrechnung gestellt oder verrechnet worden ist. Die Sache wird daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO), welches die von der Beklagten erklärten Aufrechnungen oder vorgenommenen Verrechnungen den nunmehr noch geltend gemachten Teilforderungen zuzuordnen und zu prüfen haben wird, ob und wie weit es auf diese noch ankommen kann. Der Senat weist vorsorglich auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
Hinsichtlich der in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag vorgenommenen Verrechnungen werden im Hinblick auf § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Tatbestände der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130, 131 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) zu prüfen sein. Ergibt sich der Anspruch zur Auf- oder Verrechnung nicht aus dem zuerst zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsgeschäft, ist die Aufrechnungslage inkongruent erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - IX ZR 121/03, NZI 2006, 345 Rn. 14).
Eine objektive Gläubigerbenachteiligung kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb verneint werden, weil die fehlende Werthaltigkeit des Anspruchs auf die Pauschalvergütung nicht festgestellt wurde. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs benachteiligt die Aufrechnung die übrigen Insolvenzgläubiger schon deshalb, weil die Forderung der Masse im Umfang der Aufrechnung zur Befriedigung der Forderung eines einzelnen Insolvenzgläubigers verbraucht wird (BGH, Urteil vom 5. April 2001 - IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233, 238). Bereits die Herstellung der Aufrechnungslage ist gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 12).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Kayser Vill Lohmann
Pape Möhring