Entscheidungsdatum: 13.10.2016
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 2. Juli 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Reihe von mit Wohngebäuden bebauten Grundstücken in der L. in B. . Der Beklagte ist langjähriger Mieter einer der Wohnungen in den aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts stammenden Mietshäusern. Mit Schreiben vom 27. Mai 2009 kündigte die Klägerin ihren Mietern an, umfangreiche Sanierungs- und Energieeinsparungsmaßnahmen in den Häusern vorzunehmen, mit deren Durchführung am 15. September 2009 begonnen werden sollte. Am 4. September 2009 stellte der Beklagte einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, gerichtet auf Feststellung des Instandsetzungsbedarfs an den Mietshäusern der Klägerin. Zugleich beantragte er den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Klägerin die ab dem 15. September 2009 beabsichtigten Baumaßnahmen bis zu einer vollständigen Begutachtung durch den zu bestellenden Sachverständigen untersagt werden sollten. Mit Beschluss vom 7. September 2009 untersagte das Amtsgericht weitgehend antragsgemäß den Beginn der Baumaßnahmen.
Am 16. November 2009 legte die Klägerin Widerspruch gegen die vom Amtsgericht erlassene einstweilige Verfügung ein. Sodann ruhte das Verfahren mit Zustimmung beider Parteien bis zur Wiederaufnahme durch die Klägerin im Februar 2010. Mit Urteil vom 29. April 2010 bestätigte das Amtsgericht den Beschluss vom 7. September 2009 nur teilweise. Im nachfolgenden Berufungsverfahren nahm der Beklagte auf Anregung des Landgerichts mit Schriftsatz vom 9. August 2010 den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurück. Das vom Amtsgericht abgetrennte selbständige Beweisverfahren lief noch bis zum Februar 2011.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Sie habe die Bauarbeiten wegen der einstweiligen Verfügung in der Zeit vom 15. September 2009 bis zur Rückgabe der Ausfertigung der einstweiligen Verfügung im September 2010 nicht durchführen können. Deshalb verlangt sie Ersatz einer an die Generalübernehmerin erbrachten Schadensersatzleistung in Höhe von 39.330,11 €, Ersatz von Zinsen für die Bereitstellung und den teilweisen Abruf von zwei Bankdarlehen in Höhe von 5.183,89 € und des Mietausfalls für vier Dachgeschosswohnungen in Höhe von 29.415 €. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen den Beklagten, weil sie der Generalübernehmerin keinen pauschalierten Schadensersatz nach § 6 Nr. 1 des Bauvertrages geschuldet habe, denn sie habe die Verzögerung des Baubeginns nicht zu vertreten gehabt. Eine Entschädigung aus § 642 Abs. 1 BGB scheide ebenfalls aus. Die Klägerin habe die Voraussetzungen für eine angemessene Entschädigung nach dieser Vorschrift nicht vorgetragen. Welche Dispositionen die Generalübernehmerin im Hinblick auf den vereinbarten Baubeginn 15. September 2009 getroffen habe, sei nicht erkennbar. Es könne deshalb offen bleiben, inwiefern der von der Klägerin behauptete Schaden auf ein Mitverschulden zurückzuführen sei, weil sie den Bauvertrag am 28. August 2009 in Kenntnis des drohenden Baustopps abgeschlossen habe.
Auf einen Schadensersatzanspruch wegen der angefallenen Zinsen könne sich die Klägerin wegen des Abschlusses der Darlehensverträge erst nach Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht berufen. Mögliche Bereitstellungszinsen könnten deshalb nicht auf deren Vollziehung zurückzuführen sein. Mit einer Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens im November 2009 habe die Klägerin nicht rechnen können, weil sie ihren Widerspruch erst am 16. November 2009 eingelegt habe.
Der Mietausfallschaden sei nicht dargelegt, denn es sei völlig unklar, welchen Umfang die Bauarbeiten gehabt hätten und wann die in dem Haus belegenen Wohnungen bezugsfertig geworden wären, wenn das Generalunternehmen mit den Arbeiten tatsächlich schon am 15. September 2009 begonnen hätte. Die Klägerin habe darüber hinaus kein taugliches Beweisangebot für ihre Behauptung gemacht, dass die Wohnungen sofort nach Fertigstellung ohne weiteres hätten vermietet werden können.
II.
Diese Erwägungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand. Mit der Begründung des Berufungsurteils kann ein der Klägerin entstandener kausaler Schaden nicht abgelehnt werden. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass ein ersatzfähiger Schaden schon dann gegeben sein kann, wenn die selbstschädigende Handlung des Gläubigers durch den Schädiger herausgefordert ist.
1. Grundlage des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ist § 945 ZPO. Diese Vorschrift begründet eine weder Rechtswidrigkeit noch Schuld voraussetzende Risikohaftung des Gläubigers. Wer aus einem noch nicht endgültigen Titel die Vollstreckung betreibt, soll das Risiko tragen, dass sich sein Vorgehen nachträglich als unberechtigt erweist (BGH, Urteil vom 2. November 1995 - IX ZR 141/94, BGHZ 131, 141, 143; Beschluss vom 22. Januar 2009 - I ZB 115/07, BGHZ 180, 72 Rn. 16; Urteil vom 10. Juli 2014 - I ZR 249/12, WM 2015, 978 Rn. 14). Ersatzfähig ist allerdings nur der aus der Vollziehung der einstweiligen Verfügung verursachte Schaden im Sinne der §§ 249 ff BGB (BGH, Urteil vom 19. September 1985 - III ZR 71/83, BGHZ 96, 1, 2; vom 1. April 1993 - I ZR 70/91, BGHZ 122, 172, 179; vom 23. März 2006 - IX ZR 134/04, NJW 2006, 2557 Rn. 23; vom 20. Juli 2006 - IX ZR 94/03, BGHZ 168, 352 Rn. 19 und 30). Für die Bemessung des Schadens gelten nach ständiger Rechtsprechung die allgemeinen Grundsätze, insbesondere §§ 249 ff BGB und § 287 ZPO (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 aaO; vom 10. Juli 2014, aaO Rn. 34). Der Schadensersatzanspruch umfasst grundsätzlich den durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung adäquat kausal verursachten, unmittelbaren oder mittelbaren Schaden einschließlich des infolge des Vollzugs von Verbotsverfügungen entgangenen Gewinns des Schuldners (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006, aaO Rn. 19).
2. Das Berufungsgericht meint, der Klägerin sei trotz der behaupteten Zahlung von 39.330,11 € an die Generalübernehmerin kein ersatzfähiger Schaden in dieser Höhe entstanden, denn die Klägerin habe der Generalübernehmerin pauschalen Schadensersatz wegen Bauverzögerungen nach § 6 Nr. 1 Bauvertrag nicht geschuldet. Nach ihrem Vorbringen habe die Verzögerung auf der einstweiligen Verfügung beruht. Es sei aber weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb die Klägerin dies im Verhältnis zur Generalübernehmerin zu vertreten haben sollte. Soweit die Klägerin sich auf einen Schadensersatzanspruch des Generalübernehmers aus § 642 Abs. 1 BGB berufe, habe sie zu den Voraussetzungen für einen solchen Anspruch nicht ausreichend vorgetragen. Diese Schadensbetrachtung widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
a) Der Zurechnungszusammenhang zwischen einem schädigenden Ereignis und dem Schaden bei eigenen selbstschädigenden Handlungen des Geschädigten bleibt bestehen, wenn die Handlung durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde oder für sie ein rechtfertigender Anlass im Sinne einer nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewertenden Entschließung bestand (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1971 - VI ZR 125/70, BGHZ 57, 25, 29 f; vom 3. Dezember 1992 - IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141; vom 4. Juli 1994 - II ZR 126/93, NJW 1995, 126, 127; vom 20. Oktober 1994 - IX ZR 116/93, NJW 1995, 449, 451; vom 17. Oktober 2000 - X ZR 169/99, NJW 2001, 512, 513; vom 18. Januar 2007 - IX ZR 122/04, WM 2007, 567 Rn. 12; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 44; MünchKomm-BGB/Oetker, 7. Aufl., § 249 Rn. 167 ff; BeckOK-BGB/Schubert, März 2011, § 249 Rn. 64 und 88; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., Seite 136 f; für die Anwaltshaftung G. Fischer in G. Fischer/Vill/D. Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 5 Rn. 46). Er fehlt, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden endgültig herbeiführt (BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1331; vom 29. Oktober 1987 - IX ZR 181/86, NJW 1988, 1143, 1145; vom 19. Mai 1988 - III ZR 32/87, NJW 1989, 99, 100; vom 10. Oktober 1996 - IX ZR 294/95, NJW 1997, 250, 253).
b) Von dieser Rechtsprechung weicht das Berufungsgericht ab, indem es in seiner Entscheidung ausschließlich an das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der Generalübernehmerin gegen die Klägerin anknüpft und eine Herausforderung der Klägerin zur Zahlung der 39.330,11 € an die Generalübernehmerin durch die vom Beklagten erwirkte einstweilige Verfügung nicht in Erwägung zieht. Unter Beachtung der von Rechtsprechung und Literatur zu einer vom Schädiger herausgeforderten Selbstschädigung entwickelten Grundsätze hätte das Berufungsgericht eine Ersatzfähigkeit der behaupteten Zahlung an die Generalübernehmerin nicht von vornherein verneinen dürfen. Die Klägerin hat unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe auf die Zahlungsaufforderung der Generalübernehmerin vom 9. Mai 2012 an diese am 30. Oktober 2012 einen Betrag von 39.330,11 € überwiesen. In dieser Zahlung liegt der Vermögensschaden der Klägerin. Die Klägerin hat auch ausreichend vorgetragen, der durch die einstweilige Verfügung angeordnete Baustopp habe zu einer Verzögerung geführt, aus dem die Generalübernehmerin nach § 6 Nr. 1 des Bauvertrages ihren Zahlungsanspruch ableiten könne. Insoweit liegt es nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Bauherr infolge einer Untersagung des Baubeginns Schadensersatzforderungen eines Bauunternehmens ausgesetzt sieht.
Geht man mit der Auslegung des Bauvertrages durch das Berufungsgericht hingegen davon aus, dass das Zahlungsbegehren der Generalübernehmerin unberechtigt gewesen sei, weil sich ein Schadensersatzanspruch nicht aus § 6 Nr. 1 Bauvertrag ergebe und die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 642 Abs. 1 BGB nicht dargetan seien, so musste das Berufungsgericht prüfen, ob die Klägerin nach den bei Vornahme der Zahlung erkennbaren Umständen von einer Berechtigung der Generalübernehmerin ausgehen und die Zahlung an diese als vernünftig und zweckmäßig ansehen durfte. Diese Prüfung ist hier unterblieben.
3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein aus den Darlehensverträgen resultierender etwaiger Schaden in Form von Bereitstellungszinsen sei nicht auf die Vollziehung der einstweiligen Verfügung zurückzuführen, weil die Darlehensverträge erst nach deren Zustellung abgeschlossen worden seien, greift ebenfalls zu kurz. Das Berufungsgericht hätte sich mit den von der Klägerin angegebenen Gründen für den möglicherweise erst nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung erfolgten Abschluss der Verträge sachlich befassen müssen.
a) Als Vollziehungsschaden sind die geltend gemachten Zinsen ersatzfähig, wenn zwischen ihrer Entstehung bei der Klägerin und der nach dem Klägervortrag durch die einstweilige Verfügung verursachten Verschiebung der Baumaßnahme ein Zurechnungszusammenhang besteht. Der Klägerin kommt insoweit die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 94/03, BGHZ 168, 352 Rn. 25; vom 10. Juli 2014 - I ZR 249/12, WM 2015, 978 Rn. 34).
b) Sollte der Abschluss der Darlehensverträge am 27. Oktober 2009 erst nach Zustellung der einstweiligen Verfügung vom 7. September 2009 - deren Zeitpunkt die Vorinstanzen nicht eindeutig festgestellt haben - erfolgt sein, wären wie bei der Zahlungsverpflichtung gegenüber der Generalübernehmerin die Grundsätze zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs bei schadensursächlichen oder den Schaden vergrößernden Willensentschlüssen des Geschädigten zu beachten. Zu fragen ist danach, ob die Entscheidung der Klägerin, trotz des gerichtlich angeordneten Baustopps bis zu einer Begutachtung im Selbständigen Beweisverfahren die in den Darlehensverträgen vorgesehenen Verpflichtungen einzugehen, durch das Erwirken des Baustopps herausgefordert wurde oder als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewerten ist und ob die Klägerin hiermit ein unverhältnismäßiges Risiko auf sich nahm.
c) Soweit die Klägerin als Schadensposition den Ersatz vertraglicher Zinsen für den zur Finanzierung entstandener Planungskosten abgerufenen Darlehensteilbetrag geltend macht, kommt ein Anspruch nicht in Betracht. Diese Zinsen wären nach den bisherigen Feststellungen auch angefallen, wenn es infolge der einstweiligen Verfügung nicht zu einem Baustopp und zu einer Verschiebung der Maßnahmen gekommen wäre.
4. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann auch die Ablehnung eines Mietausfallschadens betreffend die Dachgeschosswohnungen wegen nicht hinreichend konkreter und in sich plausibler Schadensdarstellung keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die von der Klägerin geschuldeten Ausführungen zu dem Mietausfallschaden überspannt. Die Begründung, weil die Finanzierung erst Ende Oktober 2009 vereinbart worden sei, sei unklar, welchen Umfang die schon zum 15. September 2009 geplanten Arbeiten gehabt hätten, ist nicht tragfähig. Das Berufungsgericht hätte die deshalb von der Klägerin angebotenen Beweise nicht als ungeeignet zurückweisen dürfen.
a) Die Klägerin macht einen Mietausfallschaden geltend, der eine Form des entgangenen Gewinns im Sinne von § 252 BGB ist und auf den die dortigen Grundsätze Anwendung finden (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 12. Aufl., § 546a Rn. 99; BeckOK-BGB/Zehelein, Oktober 2015, § 546 Rn. 130 ff; Staudinger/Rolfs, BGB, 2014, § 546a Rn. 62). Sie muss die Umstände darlegen und in den Grenzen des § 287 ZPO beweisen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falles die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintrittes ergibt. Liegt eine solche Wahrscheinlichkeit vor, wird widerleglich vermutet, dass der Gewinn gemacht worden wäre (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2010 - XII ZR 128/09, GuT 2010, 343 Rn. 3). Dem Ersatzpflichtigen obliegt dann der Beweis, dass er nach dem späteren Verlauf oder aus anderen Gründen dennoch nicht erzielt worden wäre. Dabei dürfen keine zu strengen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Mai 2001 - VIII ZR 70/00 - NJW-RR 2001, 1542; vom 19. Oktober 2005 - VIII ZR 392/03, NJW-RR 2006, 243, 244; Beschluss vom 27. Oktober 2010, aaO).
b) Ein Mietausfallschaden ist hinreichend dargelegt, wenn nach dem Vortrag des Vermieters angesichts des Mietobjektes und der Marktlage üblicherweise ein neuer Mieter innerhalb einer bestimmten Frist nach Beendigung der Baumaßnahmen gefunden worden wäre. Anknüpfend an das Tatbestandsmerkmal der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 252 Satz 2 BGB hat der Bundesgerichtshof betont, dass es eine feste Regel für die an die Darlegung zu stellenden Anforderungen nicht gebe, sondern vieles von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhänge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2010 - VIII ZR 326/09, NZM 2010, 815 Rn. 4).
Die Klägerin hat zu der Verzögerung des Baubeginns durch die seitens des Beklagten erwirkte ungerechtfertigte einstweilige Verfügung ausreichend vorgetragen. Hinsichtlich der Dauer der Bauarbeiten hat sie sich auf einen dem Berufungsgericht bekannten Terminplan berufen. Sie hat ferner unter Benennung der Verwalterin der von ihr vermieteten Wohnung als Zeugin für die sofortige Vermietbarkeit der Wohnungen zu dem verlangten Mietzins Beweis angetreten. Diesen Vortrag und den dazugehörigen Beweisantritt hätte das Berufungsgericht nicht übergehen dürfen.
III.
Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das Berufungsgericht wird sich zunächst mit der Frage zu befassen haben, ob der Klägerin durch den aufgrund der einstweiligen Verfügung ergangenen Baustopp ein Schaden erwachsen ist, weil auch die selbstschädigende Handlung des Gläubigers, wenn sie durch den Schädiger herausgefordert ist, zu einem ersatzfähigen Schaden führen kann. Sodann wird es unter Berücksichtigung des übergangenen Vortrags und der bislang nicht erhobenen Beweise festzustellen haben, ob die Klägerin infolge des Erlasses der einstweiligen Verfügung einen ersatzfähigen Mietausfallschaden erlitten hat.
2. Sollte das Berufungsgericht danach zur Feststellung eines ersatzfähigen Schadens kommen, wird es sich weiter mit der Frage eines Mitverschuldens der Klägerin auseinanderzusetzen haben. Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sich der nach § 945 ZPO in Anspruch genommene Schuldner auf ein Mitverschulden des Gläubigers nach § 254 Abs. 1 BGB berufen kann, weil diese Vorschrift auch anzuwenden ist, wenn eine Ersatzpflicht ohne Rücksicht auf Verschulden gesetzlich angeordnet ist (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1965 - Ib ZR 141/63, WM 1966, 192, 193). Dieses mitwirkende Verschulden kann vor allem darin bestehen, dass der Gegner im Arrest- oder Verfügungsverfahren dem Antragsteller durch sein schuldhaftes Verhalten zur Ausbringung des Arrestes oder der Verfügung Anlass gegeben hat (RGZ 143, 118, 122 f; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1965, aaO; vom 16. Oktober 1973 - VI ZR 142/71, WM 1973, 1357, 1358; vom 22. März 1990 - IX ZR 23/89, NJW 1990, 2689, 2690; vom 23. März 2006 - IX ZR 134/04, NJW 2006, 2557 Rn. 23 und 25; vom 20. Juli 2006 - IX ZR 94/03, BGHZ 168, 352 Rn. 31). Hierbei geht es um ein Verschulden in eigenen Angelegenheiten, welches in der Außerachtlassung derjenigen Sorgfalt bestehe, die nach Auffassung des Verkehrs ein ordentlicher und verständiger Kaufmann hätte anwenden müssen, um sich tunlichst vor Schaden zu bewahren (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1965, aaO). Zu prüfen ist, ob dem Geschädigten ein eigenes Verhalten zur Last zu legen ist, welches den später eingetretenen Schaden - für ihn erkennbar - begünstigt hat und ihm vor allem deshalb auch von dem Schädiger billigerweise entgegengehalten werden kann (BGH, Urteil vom 9. Mai 1978 - VI ZR 212/76, NJW 1978, 2024, 2025). Insoweit gebietet es der Normzweck des § 945 ZPO, der das Vollstreckungsrisiko aus dem vorläufigen Titel und die Gefahr der sachlich-rechtlichen Unbegründetheit seines Rechtsschutzbegehrens dem Gläubiger zuweist, dass erhöhte Anforderungen an die Annahme eines mitwirkenden Verschuldens des Schuldners gestellt werden (BGH, Urteil vom 22. März 1990, aaO Seite 2690; BeckOK-ZPO/Mayer, September 2015, § 945 Rn. 36; Hk-ZPO/Kemper, 6. Aufl., § 945 Rn. 15). Ein mitwirkendes Verschulden kann auch bei Unterlassen eines aussichtsreichen Widerspruchs in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 23. März 2006, aaO Rn. 27 mwN; OLG München GRUR 1996, 998, 999 f; BeckOK-ZPO/Mayer, aaO Rn. 37; MünchKomm-ZPO/Drescher, 4. Aufl., § 945 Rn. 26).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird sich das Berufungsgericht mit der Frage zu befassen haben, ob die Klägerin Anlass zur Erwirkung der einstweiligen Verfügung durch den Beklagten gegeben hat. Dabei wird es insbesondere den Streit um die Sanierungsbedürftigkeit der Wohnhäuser und um den Abschluss der Vereinbarung einer Modernisierungsumlage sowie einer Vereinbarung, vor Beginn der Arbeiten die Begutachtung durch einen Sachverständigen abzuwarten, zu würdigen haben. Ferner wird in Rechnung zu stellen sein, dass die Klägerin gegen die ihr nach eigenem Vortrag bereits am 16. September 2009 zugestellte einstweilige Verfügung erst am 16. November 2009 Widerspruch eingelegt und später einem Ruhen des Verfahrens zugestimmt und erst am 19. Februar 2010 die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt hat.
Kayser Lohmann Pape
Möhring Schoppmeyer